Auch die Komplexität des Shuttles – der zweiten Stufe – der Triebwerke, der Flügel, der Passagiere und der Ansprüche der Crew auf ein möglichst wahrscheinliches Überleben des Fluges, hat man bei weitem unterschätzt. Die Triebwerke waren viel wartungsanfälliger als man glaubte. Anstatt das frisch gelandete Space Shuttle gleich wieder auf die Startrampe bringen zu können, kam vor jedem Flug etwas, das bei Flugzeugen eine Generalüberholung alle 10-20 Jahre wäre. Wobei ein guter Teil der Probleme auch dem politischen Verfahren der Entwicklung des Shuttles geschuldet ist. Während der Planung sollte es immer größer werden, immer mehr Nutzlast befördern können und immer größere Manöver beim Landeanflug vollführen können. Das Trieb die Kosten und die notwendige Leistung entsprechend immer weiter in die Höhe.
Die Flügel sind beispielsweise nur deswegen so groß, weil das Shuttle einen Flug über die Pole vollführen können sollte, dabei einen Spionagesatellit aussetzen und trotz der Erdrotation wieder zurück zum Startpunkt fliegen sollte. Damit wäre es kein orbitaler Flug gewesen und nur orbitale Flüge müssen nach dem Weltraumvertrag international angekündigt werden. Nichts dergleichen wurde auch nur im Ansatz jemals getan. Die US Airforce, die diese Anforderung aufgestellt hat, verzichtete auf die eigene Shuttle-Flotte (“Blue Shuttles”) die sie eigentlich haben wollte.
Dabei ist es in der Politik offensichtlich nie konsensfähig geworden, erst einmal mit einem kleinen Demonstrationsraumschiff anzufangen, um Erfahrung zu sammeln. Es musste gleich das ganz große Ding sein und natürlich bemannt. Die Triebwerke gehören bis heute zu den komplexesten der Welt. Zuverlässige Technik, die man sofort wieder verwenden kann, ist aber nicht komplex, sondern möglichst einfach aufgebaut. Wenigstens am Anfang, wenn man noch keine Erfahrung hat. Und das SpaceShuttle war das erste seiner Art.
Delta Clipper, X-33 und Hopper
Die einzigen die nach dem Space Shuttle noch von Wiederverwendbarkeit sprachen, waren einige Unverbesserliche, die es mit skeptischen Finanziers zu tun hatten. Dazu gehörte das Team um die DC-X “Delta Clipper”. Ein Prototyp im Modellmaßstab für eine wiederverwendbare Rakete, die im vollen Maßstab ohne Stufentrennung direkt in den Orbit gelangen sollte.
Das Modell wurde erfolgreich getestet. Beim letzten Testflug brach aber eine der Landestützen, die DC-X explodierte und die Finanzierung fehlte für eine Fortsetzung. Das Modell hätte es auch nie in den Orbit geschafft. Es hatte einen Leermasseanteil von etwa 50% und wäre damit maximal auf eine Geschwindigkeit von etwa 2km/s gekommen. Für den Flug in den Orbit hätten aber wenigstens 88-90% der Rakete aus Treibstoff bestehen müssen – den Treibstoff für Rückflug und Landung nicht eingerechnet! Man wäre damit wohl stufenlos unglücklich geworden, weshalb wohl letztlich auch die Finanzierung fehlte. Denn ein wirtschaftliches Konzept war darin kaum zu sehen.
Ganz ähnlich erging es der X-33 die nach $1,2Mrd Investitionen wegen Undichtigkeiten im Kohlefaser-Wasserstofftank noch vor der Fertigstellung des Prototyps eingestellt wurde. Man hätte ihn wohl schwerer bauen müssen. Aber weil auch die X-33 ohne Stufentrennung auskommen sollte, wäre sie dann nicht mehr mit der geplanten Nutzlast in den Orbit gekommen. Und mehr als erwähnen möchte ich die “Rotary Rocket” Ende der 90er Jahre auch nicht.
Hier ging man immer davon aus, dass man eine wiederverwendbare Rakete entwickelt, indem man eine neue Rakete konstruiert die von Anfang an wiederverwendbar ist. Wie ein Flugzeug, nur schneller. Meistens extrem komplex und teuer, bei sehr kleiner Nutzlast, weil man keine zweite Stufe haben wollte.
Etwas besser machte es der Hopper von der ESA. Der sollte von einer Magnetschienenbahn aus mit einer gewissen Anfangsgeschwindigkeit starten, mit drei Vulcain Triebwerken von der Ariane 5 Rakete angetrieben werden und eine zweite Raketenstufe aussetzen. Ein Modell im Maßstab 1:6 wurde gebaut, in 2,5km Höhe ausgesetzt und ist automatisch zurück geflogen. Von dem Projekt hat man nie wieder etwas gehört. Die Investitionen, allein für die Startbahn und die Entwicklung des gesamten Hoppers, wären wohl zu groß geworden.
Baikal und der Liquid Fly-Back-Booster
Aber wie wäre es, nur den unteren Teil der Rakete wiederverwendbar macht und den Rest so läßt wie er ist? Das ist eine bessere Idee, aber auch nicht immer leicht umzusetzen. Da gab es zum Beispiel den Liquid Fly-Back Booster (LFBB) für die Ariane 5. An sich eine gute Idee. Die Rakete ist die gleiche, man baut nur neue Booster. Statt Feststoffboostern benutzt man eine Art Flugzeug mit Wasserstoffraketenantrieb – drei Vulcain 2 Triebwerke pro Stück. Die höhere Leermasse wird durch die effizienteren Triebwerke mehr als nur ausgeglichen. Für den Rückflug kommen Wasserstoffbetriebene Düsentriebwerke zum Einsatz.
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