Das Problem ist nur: Das ist schon wieder eine hochkomplexe und teure Maschine. Es ist ein ganzes Flugzeug, das sehr ungewöhnliche Kräfte und extrem hohe Geschwindigkeiten aushalten muss. Es muss ein exotisches Triebwerk gebaut werden und das ganze muss funktionieren. Wenn es nicht funktioniert, oder die Wartungskosten auch nur etwas höher sind als geplant, dann rechnet es sich nicht und bis dahin hat man Milliarden ausgegeben. Folglich wurde das Projekt auch nicht weiter verfolgt.
Ein ganz ähnliches Schicksal wird wohl auch dem russischen Pendant widerfahren, dem Baikal Booster. Wobei man es bei dem noch nicht abschließend sagen kann, denn er ist für die Angara Rakete geplant, die erst letztes Jahr ihre ersten Testflüge absolviert hat.
Falcon 9-R
Der neueste und bisher realistischste Ansatz ist wohl die Falcon 9-R. Sie ist in einer Hinsicht anders als alle anderen Vorschlägen bisher. Es geht nicht darum eine neue, hochkomplexe Rakete zu entwerfen, sie zu bauen und dann zu hoffen, dass das alles schon irgendwie wirtschaftlich sein wird. Die Falcon 9-R ist eine herkömmliche Falcon 9 Rakete, die auch heute schon eine sehr wirtschaftliche, zuverlässig funktionierende Rakete ist.
Anstatt große Flügel und zusätzliche Triebwerke an die ganze Rakete anzubauen (Baikal/LFBB), oder die Triebwerke abtrennbar zu machen und daran Flügel und Triebwerke anzubauen (Adeline – für die Ariane 6) oder die Triebwerke abzutrennen, mit einem Fallschirm auszurüsten und dann mit einem Hubschrauber einzufangen (Vulcan Rakete “Smart Reuse” Konzept) – hat man sich auf minimale Änderungen beschränkt und diese an realen Raketen getestet.
Das waren einmal die Grasshopper Testraketen, die aus einer ersten Stufe der Falcon 9 mit nur einem Triebwerk bestanden. Mit ihnen wurde hauptsächlich die Steuerung der Landung erprobt. Zusätzlich gab es Tests während der ganz normalen Starts der Falcon 9 Rakete. Nach erfolgreich durchgeführter Mission ließ man die erste Stufe probeweise Landemanöver über dem Meer fliegen. Man benutzte zunächst die Raketentriebwerke um die Stufe im Flug abzubremsen, damit die Raketenstufe die Querkräfte durch die Luftreibung übersteht, dann um zum Landegebiet zu fliegen und ein weiteres mal um kurz vor dem Meer abzubremsen.
Nach einigen Versuchen fügte man kleine Gitterflossen zur besseren Steuerung der Raketenstufe hinzu und Landebeine, die man schon mit dem Grasshopper erprobt hat. Für die Landung hat man unbemannte Lastschiffe geleast (engl. Barge … kennt jemand dafür eine griffige deutsche Übersetzung?) und mit einem Landedeck versehen. Noch ist keine Landung geglückt. Aber da die Raketenstufen im Moment der Stufentrennung abgeschrieben sind, sind die Tests vergleichsweise günstig. – Auch wenn der Einsatz der Schiffe gewisse Kosten verursacht, besonders durch die Beschädigungen bei den missglückten Landeversuchen. In einem Fall ist das Schiff auch in einen Sturm geraten und wurde dabei schwer beschädigt.
Der erste Landeversuch scheiterte daran, dass der Steuerung für die Gitterflossen die Hydraulikflüssigkeit ausging und mit vollem Ausschlag in einer Richtung stecken blieben. Der Landecomputer steuerte die Rakete trotzdem zielgenau zur Schiff … was, schräg wie die Rakete angeflogen kam, durchaus unterhaltsam endete:
Es ist jedenfalls absehbar, dass die Landung irgendwann funktionieren wird. Beim letzten Versuch reagierte ein Treibstoffventil langsamer als es sollte, was zu erratischem Steuerverhalten der Rakete im Landeanflug führte. Und trotzdem kam man einer erfolgreichen Landung schon sehr nahe:
Hätte man die Falcon 9-R so entworfen, wie alle anderen Raketen die ich hier vorgestellt habe, wäre das Projekt längst Geschichte. Alle anderen Rakete waren nur wirtschaftlich, wenn von Anfang an alle Flüge und Landungen tadellos klappen. Die Falcon 9-R kann dagegen einige Slapstick Einlagen verkraften, die sehr an die ersten Raketen der 50er und 60er Jahre erinnern, als schon das Starten ein großes Problem war.
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