Der bekannteste König Frankreichs ist wohl Ludwig der Vierzehnte, auch bekannt als der Sonnenkönig. Berühmt geworden ist er vor allem durch den Prunk der Paläste und seiner Regierung. Berühmt wurde er auch für seine Schulden. Bei seinem Tod war die Regierung mit drei Milliarden Livre verschuldet, hatte aber pro Jahr nur Einnahmen und Ausgaben von etwa 150 Millionen Livre, die sich (nach dessen Tod) etwa die Waage hielten. Die heutigen Schulden Griechenlands sind im Vergleich dazu trivial. Einem Staatshaushalt von etwa 50% des BIP stehen Schulden von etwa 150% des BIP gegenüber.

Ludwigs Nachfolger hatte also viel Arbeit vor sich. Aber der Thronfolger, Ludwig XV, war erst sieben Jahre alt. Den Vormund über ihn bekam Philipp, der Herzog von Orleans und Bruder von Ludwig XIV, und damit die Macht über Frankreich. Der war aber mit den harten Regierungsgeschäften die nun anstanden überfordert.

Zur gleichen Zeit lebte ein Schotte mit dem Namen John Law. Der hatte sich vor allem einen Namen als Ökonom und erfolgreicher Glücksspieler gemacht, der die Wahrscheinlichkeiten seiner Wetten sehr gut einschätzen konnte. Eine seiner ökonomischen Ideen war die Idee einer “Landbank”. Diese Bank würde Papiergeld ausgeben, dessen Geldwert durch den Wert von Ländereien des Staates gedeckt sein würde.

Zu dieser Zeit war das eine gewagte Idee. Bei Geld dachte man an Gold, Silber und Kupfer. Papier wurde als viel zu unsicher angesehen. Man sollte aber nicht glauben, dass damit Geldwertstabilität garantiert war. Eine der ersten Aktionen nach dem Tod Ludwig XIV war, alles Silbergeld einzuziehen und neu zu prägen. Die neuen Münzen hatten aber nur noch 80% des Silbergehalts der alten Münzen, womit man effektiv einen Schuldenschnitt von 20% gemacht hatte. Bei den französischen Finanzen war das natürlich nicht im Ansatz ausreichend.

John Law war versuchte diverse Fürsten in Europa von seinen Ideen zu überzeugen, zuletzt vor allem in Venedig und Genua. Keiner der Fürsten war interessiert und auch die Französische Regierung unter Ludwig XIV war es nicht. Das änderte sich nach dem Tod des Königs. Da John Law ohnehin ein Bekannter von Philipp war, kam er letztlich zu einigem Einfluss in der französischen Regierung. Philipp gewährte ihm 1716 die Chance, seine Idee der Landbank auszuprobieren.  Sie gab unter John Law am Anfang Geldscheine im Wert von 6 Millionen Livre aus und auf dem Höhepunkt etwa 60 Millionen Livre. Also etwa 2% der französischen Schulden.

Vier Livre Geldscheine konnte man gegen ein Livre Silber und drei Livre in alten Schuldscheinen erhalten. Die Ausgabe der ersten 6 Millionen Livre brachten dem Staat also 1,5 Millionen Livre Bargeld und den Erlass von 4,5 Millionen Livre Staatsschulden. Dieses Geld war sehr beliebt, vor allem weil John Law garantieren konnte, dass man eine bestimmte Menge Silber im Tausch gegen die Scheine bei der Bank ausgezahlt bekam. Denn die Bank bekam von Staat das Recht eigenes Geld aus Silber zu prägen, das vom Staat gestellt wurde. Wenn wir uns an die Neuprägung der Münzen erinnern wird klar, dass die Geldscheine damit wertvoller als Silber waren. Entsprechend erfolgreich waren sie auch.

Die Sicherheit, dass das Geld auch später noch den gleichen Wert haben würde, war auch gut für die Wirtschaft und Philipp war beeindruckt. 1717 machte Law nun einen Vorschlag, wie man die Basis der Landbank verbreitern könnte. Eine Handelsgesellschaft sollte gegründet werden, die das exklusive Recht für den Handel mit den Französischen Kolonien in Amerika bekommen sollte. Die befanden sich am Mississippi und verwalten von der Mississippi Kompanie. Zusammen mit den restlichen französischen Kolonien in der Karibik wurde daraus die “Westindische Kompanie”. Es wurden 200.000 Aktien im Wert von 500 Livre  im Tausch gegen alte Schuldscheine im gleichen Wert ausgegeben. Zusammen 100 Mio Livre. Die alten Schuldscheine über die französischen Staatsschulden hatten aber nur einen Straßenwert von 160 Livre. Geschnitten Brot wäre im Vergleich zu den Aktien fast unverkäuflich gewesen.

Aus der “Banque Generale” wurde 1718 die “Banque Royale”, die Königliche Bank. Aber nun stand Philipp an dessen Spitze und nicht mehr John Law. Und Philipp verstand nicht, dass Papiergeld seinen Wert verliert, wenn man es in beliebigen Mengen ausgibt. Die Banque Royale gab noch mehr Papiergeld aus und die Sache wurde zum Problem. Die königliche Bank gab eine Milliarde Livre an Papiergeld aus und versicherte jedem, dass er es jederzeit gegen Silber austauschen konnte.

1719 wurden der Westindische Kompanie schließlich auch die Handelsrechte über alle anderen französischen Kolonien zugesprochen und aus ihr wurde die Indische Kompanie. Diese Tatsache, zusammen mit den immer größeren Versprechungen von Gold und anderen Reichtümern am Mississippi, ließen den Wert der Aktien immer weiter steigen. Der steigende Preis machte sie um so attraktiver und man kann sich ungefähr ausdenken wie es endete.

Das System kollabierte nach 4 Jahren im Jahr 1720.

Mehr dazu im ersten Band des hervorragenden Buch von Charles MacKay “Memoirs of Extraordinary Popular Delusions“, herausgegeben im Jahr 1841.

Übrigens: Meine Ablassbriefe kann man zwar bei keiner Bank gegen Silber eintauschen, aber sie funktionieren tatsächlich!

Kommentare (4)

  1. #1 meregalli
    12. Juli 2015

    Danke, sehr interessant.
    Wenn man weiterliest, findet man auch das Darién-Projekt. Von dem hörte ich auch noch nie was.

    Gibt es auch eine Möglichkeit, eine Sündenablass durch Erlagscheinzahlung zu erwirken?

  2. #3 oliver
    Bonn
    13. Juli 2015

    Von der South-Sea-Bubble, die gleichzeitig in England platzte, hatte ich schon was gehört. Aber das etwa das gleiche zu etwa der gleichen Zeit auch in Frankreich passiert ist, ist wirklich faszinierend.

    https://en.wikipedia.org/wiki/South_Sea_Company

    • #4 wasgeht
      13. Juli 2015

      Ja. Die kommt auch noch irgendwann dran. (Ist auch gleich das zweite Kapitel in MacKays Buch ;) )