Das Resultat ist, dass wir in Deutschland mit unserem dezentralen Stromnetz nicht mehr auskommen können. Es ist aber auch nicht so, dass wir jetzt ein teures zentrales Stromnetz aufbauen müssten. Nein, es ist schlimmer als das. Wir müssen mehrere zentrale Stromnetze gleichzeitig betreiben. Denn das Zentrum von dem der Strom kommt, ist eben kein Staudamm. Die Orte von denen der größte Teil des Stroms gerade kommt, wechseln ständig und man muss mit allem zurecht kommen, wie es gerade kommt.

Diese Form der “dezentralen Stromversorgung”, die eigentlich eine zentrale Stromversorgung mit umherwandernden Zentrum ist, braucht das gleiche Netz wie eine dezentrale Stromversorgung. Aber dieses Netz muss in allen Bereichen auf Kapazitäten ausgebaut werden, wie sie sonst nur bei einer zentralen Stromversorgung nötig sind – und zwar für jedes mögliche Zentrum! Deswegen ist der Ausbau aus so dringend nötig und so teuer.

Stromspeicher sind dabei übrigens auch keine bessere Lösung. Stromleitungen haben nämlich den unschlagbaren Vorteil, dass sie fast die gesamte Strommenge weiterleiten, mit sehr geringen Verlusten. Durch den Ausgleich zwischen den ständig wechselnden Zentren konnte man lange Zeit die Notwendigkeit der Stromspeicherung hinaus zögern und durch etwas viel effizienteres Ersetzen.

Aber auch das geht jetzt vorbei, denn die Strommengen bei gutem Wetter gehen längst über den Bedarf hinaus – obwohl sie im Jahresschnitt nur einen Bruchteil der Gesamtmenge darstellen.

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Kommentare (10)

  1. #1 meregalli
    22. Juli 2015

    Interessant und fachlich sicher richtig.
    Nur die Ordografie tut weh.

    • #2 wasgeht
      22. Juli 2015

      Ja, sorry, tut weh. Richtig böse sogar. Aber wie man sieht, ich bin zumindest konsequent. ;)

  2. #3 chris
    22. Juli 2015

    Diese Problematik und das Missverständnis entstammt wohl aus der “Verbundnetzdebatte” aus den frühen neunzigern – nach der Wiedervereinigung.

    So weit ich mich erinnere, (und das nur, weil man wohl das Problem hatte, die Spannung und Frequenz stabil zu halten), mussten die Kraftwerke von West und Ostdeutschland verbunden werden. (und seitdem keine Digitaluhr mehr richtig funktionierte)(ausser die am Videorecorder, weil der ein spezielles Netzteil hatte – wegen der Gleichlaufschwankungen bei Spannungs- oder Frequenzschwankungen)

    Das “Dezantrale” ist dennoch eine intrinsiche Sehnsuchtshoffnung. Es gab damals ein Magazin (der Solarbrief) und der hat mich schon fasziniert – eben die Tatsache, Strom selbst erzeugen zu können. Über die weiteren intendierten Gründe sprech ich hier nicht.

    Der Strompreis war es aber nicht.

  3. #4 Turi
    22. Juli 2015

    Immer* wenn ich Artikel hier lese die die Energiewirtschaft behandeln lerne ich mir absolut neues. Danke dafür.

  4. #5 chris
    22. Juli 2015

    Dezentrale versorgung kann man auch so verstehen, wie jede Zelle unseres Körpers eine eigene Energieversorgung hat. Also jedes Haus seine eigene Stromerzeugung. Das es keinen Sinn macht in urbanen Zentren, spielt nur am rande eine Rolle – oder wenn die Rechnung dafür kommt.

  5. #6 Phil
    22. Juli 2015

    Ging es bei den neuen Stromtrassen nicht eher darum, besser ausgleichen zu können, damit nicht jedes mal halb Europa vom Netz fliegt, nur weil eine Hauptleitung abgerissen wird?
    Wenn man ein paar Masten (koordiniert) geschickt sprengt, dann kann man weite Teile von Europa tagelang vom Netz trennen.

  6. #7 dgbrt
    22. Juli 2015

    Mit dezentral ist eigentlich etwas Anderes gemeint: Nicht ein Kohlekraftwerk, welches eine Stadt versorgt ist gemeint; jeder selbst soll sich zumindest mit einem Teil seiner Grundlast selbst versorgen können.

    Wohnhäuser können da noch viel mehr machen, Häuserblocks auch. In den Zentren von Großstädten wird es dann natürlich schwieriger. Da braucht man schon eine gewisse Grundlasst, wo man anzapfen kann.

    In Paraguay mag sich der Aufwand ja lohnen, aber in Deutschland hat jede größere Fabrik ein eigenes Kraftwerk. Das ist dann auch dezentral.

  7. #8 rolak
    23. Juli 2015

    eigentlich etwas Anderes gemeint

    Falls das eine Beschwerde sein sollte, dgbrt: Genau das steht im Titel. Obwohl klar sein sollte, worum es geht, wird eben geetikettenschwindelt und versucht, den positiv besetzten Begriff umzudeuten und für eigene Zwecke zu benutzen.

  8. #9 PeterT
    23. Juli 2015

    Ob dezentrales Netz oder dezentrale Stromerzeugung, bei Vielen scheint das hauptsächlich eine politische Parole zu sein: “Energieerzeugung gehört in die Hände von Bürgern und Gemeinden”, tönt es. Vermutlich, weil Konzerne grundsätzlich irgendwie böse sind. Wie das physikalisch konkret funktionieren soll, ohne den Strom zu einem absokuten Luxusgut zu machen, konnte mir bisher keiner erklären. Zumal ja eine reale Autarkie, die nicht nur rechnerisch in einer Jahresbilanz steht, m.W. noch von keiner einzigen Gemeinde in D. je realisiert wurde. Selbst dieses Pilotprojekt auf einer friesischen Insel (Name entfallen) ohne weitere Industrie konnte sich nicht wirklich “dezentral” versorgen. Wo bei dem Ganzen dann noch der ökologische Benefit sein soll, ist auch ein Rätsel: viele kleine Anlagen sind nun mal nicht so effizient wie eine große.

  9. #10 der eine Andreas
    25. Juli 2015

    Dezentral (bezogen auf Häuser -> Stadtteile, Dörfer -> Städte) mag sich ja in den Ohren der Sonnen- und Windgläubigen super anhören (und macht sie von den Machenschaften der Energiemafia und den bösen Atomen und Kohlebröckchen) frei, ist aber – und das wird immer verheimlicht – entweder doppelt gemoppelt (weil für die dezentrale Energieversorgung für den Fall des Falles ja noch ein Ersatz vorgehalten werden muss) oder aber nicht versorgungssicher.

    Ich vermute mal gezielte Desinformation durch die Akku-Mafia :-)