Wenn man an Atombomben denkt, dann kommen einem sehr leicht Bilder der ersten Atombomben in den Sinn, mit denen Hiroshima und Nagasaki zerstört werden sollten.  Große Bomben, die kaum in die Flugzeuge passten, die sie abwerfen sollten.

Fat_man

Dabei hatten sie eine, für spätere Verhältnisse, sehr kleine Sprengkraft. Es stellt sich also die Frage, wie man es schaffte die Atombomben kleiner zu machen. Am Material und dem Grundprinzip konnte man nicht viel ändern. Man konnte aber auf andere Prozesse ausweichen.

Eine Atombombe funktioniert bekanntlich durch die Freisetzung von Neutronen, die Atome spalten können, dann noch mehr Neutronen freisetzen und so weiter. Dieser Prozess geht sehr schnell von statten, aber nicht unendlich schnell. Lange bevor alle Atome gespalten werden können, wird das Material von der eigenen Energiefreisetzung auseinander getrieben und die Kettenreaktion beendet. In den beiden Atombomben von Hiroshima und Nagasaki wurde nur je etwa 1kg Uran bzw. Plutonium gespalten. (1kg entspricht einer Sprengkraft von 17kt.)

Anfang der 50er Jahre nutzte man dann zum ersten Mal einen Weg, der den Prozess erheblich beschleunigen konnte. Kernfusion. Damit ist noch längst keine Wasserstoffbombe gemeint. Die Kernfusion trägt in den Fällen nur einen sehr kleinen Teil von 1-2% zur gesamten Energiefreisetzung bei. Aber das ist auch nicht ihre Aufgabe. Kernfusion setzt sehr schnelle Neutronen (14MeV) in kurzer Zeit frei.

Das hat jetzt drei Effekte:

  1. Kernspaltung mit noch schnelleren Neutronen setzen mehr Neutronen pro Spaltung frei (4,6 statt 2,9)
  2. Die sehr schnellen Neutronen haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, Atome zu spalten
  3. Die hohe Geschwindigkeit führt zu einem schnelleren Ablauf der Kettenreaktion

Kurz gesagt werden in kürzerer Zeit mehr Neutronen erzeugt. Dadurch kann die Kettenreaktion schneller voranschreiten, bevor das gesamte Material auseinandergetrieben wurde. Schon die ersten Versuche brachten eine Verdoppelung der Sprengkraft mit sich. Das Verfahren wurde später optimiert. Durch die zusätzlichen Neutronen der Kernfusion war man nicht mehr auf die gleiche, hohe Kompression des Sprengkopfes angewiesen. Damit konnte man auf große Mengen des konventionellen Sprengstoffs verzichten und leichtere Bomben bauen. Ohne die Kernfusion wären dabei vergleichsweise sehr schwache Explosionen, teilweise nur einige hundert Tonnen TNT oder weniger, entstanden. (Was der Grund war, weshalb ich hellhörig wurde, als der erste Test einer nordkoreanischen Atombombe mit “nur” etwa 500T Sprengkraft angegeben wurde.)

Ein extremes Beispiel dafür sind 155mm Artilleriegranaten mit Atomsprengköpfen. Die W48 setzte ausschließlich auf Kernspaltung und hatte bei einem Gewicht von knapp 60kg eine Sprengkraft von 72 Tonnen TNT. Der Nachfolger war die W82 mit einem Gewicht von 43kg und einer Sprengkraft von 2000 Tonnen TNT. Fat Man (auf dem Photo oben) wog 100 mal so viel und hatte die 10fache Sprengkraft.

Als Brennstoff für die Kernfusion kommt nur die Kombination aus Deuterium und Tritium (D-T) in Frage. Sie ist über 30 mal so effizient wie Deuterium Fusion (D-D), die noch dazu höhere Temperaturen braucht und so etwas später einsetzen würde. Bei Bomben ist man aber an möglichst hoher Leistungsdichte interessiert, folglich wird man auf D-T und nicht auf D-D Fusion setzen.

Man kann nun schlichtes Wasserstoffgas unter hohem Druck in einer Mischung aus Deuterium und Tritium in der Bombe benutzen. Das hat aber den Nachteil, dass man das Gas regelmäßig ersetzen muss, denn jedes Jahr zerfallen 5,5% des Tritiums zu Helium-3. Es gibt aber noch eine zweite Möglichkeit. Man nimmt das Tritium nicht mit, sondern erzeugt es vor Ort. Das geht zum Beispiel durch eine Reaktion von Neutronen mit Lithium-6, bei der Tritium und normales Helium-4 entstehen. Das Lithium benutzt man dann nicht als Metall, sondern als Lithiumhydrid. Also ein Salz aus Lithium und Wasserstoff. Selbstverständlich wird man dabei keinen einfachen Wasserstoff benutzen, sondern gleich Deuterium. Damit hat man alle Zutaten zusammen. Der Rest ist nur noch ein Frage der richtigen Geometrie.

Viel detaillierter kann man das alles im Nuclear Weapon Archive zum Beispiel hier nachlesen.

Kommentare (6)

  1. #1 dgbrt
    24. Juli 2015

    “…Atombomben… , die über Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden.”

    Die Bomben wurden nicht einfach abgeworfen sondern hatten das Ziel, möglichst viele Menschenleben zu zerstören.

    Das ist heute ein Kriegsverbrechen!

    Und eine Anleitung für noch perfektere Waffen brauche ich nun wirklich nicht.

    • #2 wasgeht
      24. Juli 2015

      Mist. Stimmt. Normalerweise achte ich darauf, dass ich genau solche Formulierungen nicht verwende. Manchmal rutscht es leider trotzdem durch, weil es überall so gesagt wird. Sorry, ist korrigiert.

  2. #3 PeterD
    24. Juli 2015

    “Das ist heute ein Kriegsverbrechen!”

    Und was will uns das sagen? Dass man während eines Krieges Bomben nur dort abwerfen soll, wo sie möglichst wenig Schaden anrichten? Dass es möglich ist, einen Krieg zu führen, der “zivil” und ohne “Verbechen” verläuft? Mit dieser Wortklauberei ist doch niemandem geholfen.

    Es gibt sogar ein paar gute Gründe anzunehmen, dass die beiten A-Bomben letztlich noch mehr Tote verhindert haben. Die japanische Militärfürung war völlig skrupellos und wollte “bis zum letzten Mann” kämpfen.
    Man kann da freilich darüber streiten, was nun Verbrechen, was nicht und nötig oder unnötig:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Atombombenabw%C3%BCrfe_auf_Hiroshima_und_Nagasaki#Bef.C3.BCrworter_der_Abw.C3.BCrfe
    Die Formulierung “Abwurf über ” dürfte eindeutig genug sein, judizierende Betroffenheitssprache hilft keinem mehr.

    • #4 wasgeht
      24. Juli 2015

      Grundsätzlich muss ich rolak hier zustimmen. “Abwurf” ist ein Euphemismus den man vermeiden und durch etwas deutlicheres ersetzen sollte.

      Auch die Formulierung, dass es heute ein Kriegsverbrechen wäre, ist völlig korrekt. Die Alliierten haben sich im wesentlichen von jeder Verantwortung bei der Bombardierung von Städten selbst freigesprochen, ebenso wie die Deutschen.

      Das war für die Alliierten auch nicht ganz uneigennützig, wenn man einen vorsichtigen Blick auf die Statistiken der eingesetzten Bomben auf beiden Seiten riskiert.

      • #5 rolak
        24. Juli 2015

        rolak .. zustimmen

        Autogenese durch erhöhte KommentarDichte meinerseits? Du meintest sicher den entvokalisierten GeldspeicherBesitzer.

        • #6 wasgeht
          24. Juli 2015

          Och menno. Drei verschiedene Wege mit als Admin mit WordPress auf Kommentare zu antworten sind irgendwie zwei zu viel … zumindest zu viel um immer die Übersicht zu behalten.