Ich wollte einmal definitiv wissen, ob es möglich ist, Atommüll für längere Zeit sicher aufzubewahren. Es wird nun oft behauptet, dass die Zeiträume unüberschaubar wären. Mit vorhandener Technik reden wir von etwa 10.000 Jahren. Aber es gibt die Menschheit auch schon seit einer ganzen Weile.
Vor etwa 3200 Jahren versank ein Schiff am großen Kap (Uluburun), vor der Küste der heutigen Türkei. Mit an Bord waren über 400 Kupferrohlinge mit einem Gewicht von 10 Tonnen. Einige davon kann man hier auf der Wikipedia sehen. Diese Rohlinge waren nicht perfekt. Ihr einziger Zweck bestand darin, wieder eingeschmolzen und ihre entgültige Form gebracht zu werden. Eine Tonne Zinn, um mit dem Kupfer die passende Bronze herstellen zu können, befand sich ebenso an Bord. Allerdings überstand das Zinn die über 3000 Jahre im Meerwasser nicht so gut wie das Kupfer. Mit an Bord war übrigens auch Bronzeschrott, der ebenso zum Einschmelzen dienen sollte.
Was das Wrack ein für alle mal klärte, war die Existenz des Seehandels im Mittelmeer zu dieser Zeit. Anders als Eisenerze sind die Rohstoffe für Bronze relativ selten anzutreffen, vor allem Zinn. Handel wird in vielen Fällen in der Bronzezeit der beste Weg gewesen sein, an das nötige Material heran zu kommen.
Die Rohlinge wurden jedenfalls gegossen, ohne übermäßig großen Wert auf Reinheit und sauber Oberflächen zu legen. Sie enthielten noch Schlacke, Reste von Kupferoxid und Blasen von gasförmigen Bestandteilen, die sich noch nach dem Gießen des Rohlings bildeten. Die Verunreinigungen und Blasen bilden viele Ansatzpunkte für Korrosion, die man in fertigen Bronzegegenständen auch in der Antike niemals akzeptiert hätte.
Wenn wenige Zentimeter dicke Kupferplatten über 3000 Jahre im offenen, relativ flachen Meer überstehen können, dann ist der dreifache Zeitraum auf keinen Fall unerreichbar. Schon gar nicht mit moderner Technik, die exakte Geometrien und sehr reine Legierungen ermöglichen. Außerdem hat man die Freiheit, sich alle Standorte frei auszusuchen und sie vorzubereiten. Das hat eine ganz andere Qualität als ein Schiffswrack, das zufällig in einem Sturm im salzigen Meer gesunken ist.
Natürlich ist das Wrack von Uluburun nicht nur für mich interessant. Es bildete eine wertvolle Ergänzung zu den Funden von “Ochsenhaut” Rohlingen (so genannt, wegen ihrer Form) und den Markierungen auf ihnen. Sie geben Anhaltspunkt für die Komplexität des Handels in der Bronzezeit, über den ganze Doktorarbeiten geschrieben werden. So weiß man zum Beispiel schon wegen der Menge, dass sich das Schiff wohl auf dem Weg zu einem König befand. 10 Tonnen Bronze waren genug für tausende Schwerter und Speerspitzen.
Nicht zuletzt zeigen auch die Sternenscheibe von Nebra und die Waffen die dabei gefunden wurden, dass Kupferlegierungen Zeiträume von mehreren Jahrtausenden weitgehened unbeschadet überstehen können. Das sind Gegenstände, die nur einige Millimeter dick sind. Die berühmte Sternenscheibe ist an der dicksten Stelle nur etwas mehr als 4 Millimeter dick – trotzdem überstand sie über 3000 Jahre nur wenige Meter unter der Erdoberfläche.
Die Geschichte hält so manche Erkenntnis bereit. Dazu gehört auch, dass manche langen Zeiträume nicht so unübersehbar sind, wie man zunächst meinen möchte. Die Überraschung darüber, dass sich menschliche Konstrukte über Jahrtausende halten können, hält sich freilich in Grenzen. Man muss sich nur ins Gedächtnis rufen, dass die Pyramiden in Ägypten über 4000 Jahre alt sind und die Zikkurate in Mesopotamien noch älter. Antike Gebäude und Gräber der Griechen, Römer und Chinesen die 2000 Jahre und älter sind nehmen wir mit der größten Selbstverständlichkeit hin. Man muss schon die Augen vor der Geschichte fest verschließen um zu behaupten, dass es vollkommen unmöglich sei, einen Zeitraum von einigen Jahrtausenden zu überblicken.
Kommentare (61)