Die Osterinsel, Rapa Nui, ist eine der isoliertesten bewohnten Gegenden des Planeten. Mitten im Pazifik ist sie mehrere Tausend Kilometer entfernt von der nächsten bewohnten Insel. Die nächste bewohnte Insel ist Pitcairn, die noch heute von den Nachfahren jener Seeleute bewohnt wird, die auf der Bounty meuterten.

Bekannt geworden ist die Osterinsel vor allem für die Moai, die Steinstatuen an der Küste. Die spielten auch eine zentrale Rolle in einer Erzählung über die Osterinsel, in Jared Diamond’s Buch “Kollaps”. Ihm zufolge war der Transport und die Errichtung der Statuen verantwortlich für die Entwaldung der Insel. Dazu sollte man sagen, dass der Stein der Statuen aus Steinbrüchen im Inneren der Insel stammt und an somit auf die eine oder andere Weise erst an die Küste gebracht werden musste.

Jared Diamond ging nun davon aus, dass dieser Transport große Mengen Holz benötigen würde um auf ihm die Steine zur Küste zu rollen. Das somit verbrauchte Holz führte zur Entwaldung der Insel, weil sich die Einwohner in einem Wettstreit befanden und blind für die Entwaldung der Insel wurden. Am Ende führte das zum Kollaps der Bevölkerung auf der Insel.

Bei dieser Theorie gibt es nur ein Problem:

Die Statuen wurden nicht auf Holz an die Küste gerollt – und damit ist die gesamte Geschichte von der blinden Zerstörung der Umwelt hinfällig. Denn was man auf dem Video sieht, ist kein Stunt, sondern das Resultat archeologischer Untersuchungen die noch wesentlich mehr Erkenntnisse brachten.

Eine zentrale Erkenntnis ist, dass die Besiedlung erst ca. 1200 begann – gegen Ende der Zeit, als die Polynesier den gesamten pazifischen Raum besiedelten. Davor ging man davon aus, dass es schon 400-800 Jahre davor eine Urbevölkerung gegeben haben soll – die aber keinerlei Spuren hinterließ, außer einige Gegenstände deren Radiokarbondatierung auf diese Zeit hindeutete. Aber auch die C-14 Methode ist nicht ohne ihre Tücken, sie funktioniert nur, wenn der gesamte Kohlenstoff aus der Atmosphäre aufgenommen wird. Stammt zum Beispiel ein Teil davon aus dem Meer, wo der C-14 Anteil geringer ist, dann verfälscht das die Ergebnisse und man erhält ältere Daten.

Die Osterinsel war nicht die einzige Insel, die kurz nach Ankunft entwaldet wurde. Ganz ähnliches sah man bei der Ankunft der Polynesier in Hawaii. Die Samen der Bäume wurden durch eingeschleppte Ratten gefressen, was letztlich verhinderte, das neue nachwuchsen. Ohne Raubtiere können Pflanzenfresser verheerende Folgen für die Umwelt haben. Für Raubtiere ist aber auf so kleinen isolierten Inseln kein Platz, womit eingeschleppte Tiere ein großes Problem werden können.

Dazu kommt noch, dass das Holz der Palmen als Bauholz nicht geeignet, aber der Boden auf dem sie wuchsen, war aber Ackerbau geeignet. Durch Verbrennen der Palmen konnte man Nährstoffe für den Anbau von Lebensmitteln gewinnen. Später tat man das durch einen “Steinmulch”.

Die Böden auf der Insel sind verwitterte vulkanische Böden, deren Nährstoffe inzwischen größtenteils ausgebleicht waren. Aber vulkanisches Gestein, aus dem die Böden selbst entstanden sind, enthält durch aus Nährstoffe, die während der Verwitterung freigesetzt werden. Deswegen gelten Böden auf die in regelmäßigen Abständen Vulkanasche fällt als fruchtbar. Während der Verwitterung der Steinpartikel aus der die Vulkanasche besteht, werden die Nährstoffe freigesetzt (Stickstoff, Phosphor, Magnesium, Kalium etc.pp).

Wenn man Steine zerkleinert und der Verwitterung preis gibt, kann man so die Erde düngen. Das haben die Polynesier auch getan und so die Fruchtbarkeit ihrer Böden über Jahrhunderte sicher gestellt. Das ging natürlich nur in begrenztem Rahmen, es ist kein Vergleich mit modernem Kunstdünger. Aber ohne dieses Eingreifen und die ständige Arbeit der Menschen wäre dort keine Landwirtschaft möglich gewesen.

Das alles steht ganz im Gegensatz zur Behauptung des “Ökozids”, dass sich die Polynesier auf ihrer Insel durch Zerstörung der Umwelt selbst ausgerottet hätten. Sie haben es verstanden die vorhandenen Mittel auszunutzen wo es ging und so eine stabile Gesellschaft aufgebaut, die in ihrer Umwelt leben konnte.

Kollabiert ist sie erst, als aus Rapa Nui die Osterinsel wurde. Bei der Entdeckung wurden erst Krankheiten eingeschleppt und später die verbliebenen Einwohner von Europäern versklavt. Das hat noch für fast jede Gesellschaft ein ernsthaftes Problem dargestellt.

Wer mehr über die Untersuchung der Geschichte der Osterinsel lesen will, kann das in dem Paper hier tun. Genau kann man auch mehr zu den Wegen lesen, auf denen die Statuen transportiert wurden. Die Untersuchung der frühen Siedlungsgeschichte ist auch dokumentiert. Noch mehr Untersuchungen zu den Bedingungen von Ackerbau und Klima gibt es hier.

Auf die Geschichte bin ich zum ersten Mal über einen Vortrag bei der LongNow Foundation gestoßen.

Kommentare (8)

  1. #1 Manni
    10. August 2015

    “”Die Statuen wurden nicht auf Holz an die Küste gerollt –

    Gibt es dafür handfeste Beweise, dass die Statuen an ihre Bestimmungsorte marschiert sind? Oder ist das nur wieder so ein Archäologengedöns, wie die Geschichte der Ägypter und dem Papyrusboot nach Amerika?

    • #2 wasgeht
      10. August 2015

      Ja, ist unten verlinkt.

      Aus dem Kopf:

      Die Statuen mussten eine bestimmte Form haben, damit der Schwerpunkt für die Transportmethode stimmt. Die passende Form hatten sie am Steinbruch (einige angefangene Statuen waren noch da). Am Ziel angekommen, wurden sie dann in die entgültige Form gebracht.

      Außerdem kann man noch die Wege sehen, die Steinbrüche und Aufstellungsort miteinander verbuden haben.

  2. #3 dgbrt
    11. August 2015

    Deutschland war vor 2.000 Jahren ein Urwald. Heute glaubt jeder, der abseits der Straße ein paar Bäume sieht an eine Wald. Man hat also in Mitteleuropa genauso wie auf den Osterinseln die Bäume abgeholzt.
    1. Weil die einfach im Weg waren.
    2. Weil das ein tolles Material war.
    Ob man da jetzt Statuen mit bewegen kann ist eher irrelevant.

    • #4 wasgeht
      11. August 2015

      Nur, dass das Holz unsere Bäume sehr viel nützlicher ist, als das Holz der Palmen die es dort gab.

  3. #5 Karl Mistelberger
    11. August 2015

    > Auf die Geschichte bin ich zum ersten Mal über einen Vortrag bei der LongNow Foundation gestoßen.
    Die Fragwürdigkeit von Jared Diamond’s Buch bezüglich der Osterinsel wurde mir als Leser von Spektrum der Wissenschaft schon sieben Jahre früher klar durch einen lesenswerten Artikel von Terry L. Hunt:

    https://www.spektrum.de/magazin/kein-kollaps-auf-der-osterinsel/856010

    Neuere detaillierte Forschungen bestätigen seine Einsichten:

    https://www.spektrum.de/news/kaum-kollaps-auf-der-osterinsel/1326138

    https://www.pnas.org/content/112/4/1025.full

  4. #6 Karl Mistelberger
    11. August 2015

    Das Augustheft datiert bereits vom 22. Juli. Ich bin aber nur bis zum Inhaltsverzeichnis gekommen:

    https://www.spektrum.de/magazin/das-raetsel-der-osterinsel-kollaps-oder-niedergang/1356029 (kostenfrei)

  5. #7 demolog
    12. August 2015

    Auf den Osterinseln fand aus Perspektive der Polynesier eine Kulturevolution statt. Denn, soweit ich weiß, gab es auf keiner anderen Insel, die die Polynesier bewohnten, Steinstaturen.

    Solche Kulturevolutionen, die im Falle dann auch intensivere Landwirtschaft beinhalteten, verkraftet kein derart beschränkter Lebensraum.

    Auf den polynesischen Inseln, auf denen es keine solche Kulturevolutionen gab, existierten die Populationen problemlos über Jahrhunderte/tausende stabil. (Abgesehen von einigen Expansionsphasen).

    Die Annahme, das Scheitern der Population auf der Osterinsel läge ausschliesslich ausgerechnet an der Kulturtechnik des Anfertigens der Steinstaturen reflektiert eigendlich nur die Dekadenz des Diagnostizierenden. “Sie haben den Fehler gemacht….” Den “Einen”… und ausgerechnet den. “Das musste ja schiefgehen”. Dabei sind die Staturen nur ein Symptom dieser verheerenden Kulturevolution, die einer Insel nicht angemessen war.
    Am Abstraktionsgrad der künstlerischen Art der Bildhauerei kann man auch eine Art Dekadenz erkennen. Die findet man schon in allen Mittel- und Südamerikas mittleren “Hochkulturen” wieder. Am “ähnlichsten” ist der Stil aber einer bestimmten Kultur des präkolumbianischen Perus. Die Sarkophage der Chachapoya-Kultur haben m.E. die größten Parallelen zu den Osterinselskulpturen.
    Das könnte dann auch ein Hinweis auf das unausweichliche Scheitern der Osterinselpopulation liefern. Denn die Chachapoya sollen keine echte Hochkultur gewesen sein, sondern eine aus vielen Einflüssen zusammengesetzte Mischkultur. (weil an Handelswegen entstanden/evolviert, aber viele benachbarte Hochkulturen überlebt)
    Und vor allem auf einer Insel ist die kritiklose Bedienung aus dem Kulturtechnik/inhalte-Pool aus den Festlandkulturen sehr ungünstig.

  6. #8 demolog
    12. August 2015

    @ #1 Manni
    10. August 2015
    Fand man tatsächlich echten Tabak in Ägyptischen Pyramiden? Dann müsste man erklären können, wie das sein kann.