Nach dem Unglück des Space Shuttle Columbia beschloss die Regierung der USA unter George W. Bush zurück zum Mond und später zum Mars fliegen. Das Programm sollte nicht nur die Ziele des Apolloprogramms verfolgen. Auch die Technik der Apolloära wurde wieder aus der Mottenkiste geholt.

Das Programm wurde bekannt als Constellation Programm. Es wurde zusammen mit der Bush-Administration beendet. Die Entwicklung der Raketen ging aber weiter, wenn auch ohne klares Ziel. Darüber wohin die Raketen (nicht) fliegen sollen, wird einmal in einem anderen Artikel stehen. Hier soll es um die Technik gehen. Die sollte nicht etwa neu entwickelt werden, sondern so weit wie möglich auf vorhandener Technik basieren. Das Resultat waren Raketen, die fast wie in einem Lego Bausatz aus alten Bauteilen zusammengebaut werden sollten.

Für das Constellation Programm sollten zwei Raketen entwickelt werden. Die Ares I und die Ares V. Beide sollten verbesserte Feststoffbooster aus dem Space Shuttle Programm verwenden, mit fünf statt nur vier Segmenten. Die Entwicklung dieser verbesserten Booster war schon länger vorgesehen, wurde aber bis dahin nie finanziert.

Für die Oberstufe sollten die gleichen Triebwerke zum Einsatz kommen, wie in der alten Saturn V. Die J-2 Triebwerke. Die sollten für die Zeit nach dem Apollo Program zu J-2S Triebwerken mit mehr Schub weiter entwickelt werden. Das Triebwerk ist dann ungefähr genauso stark wie das Vulcain 2 Triebwerk der Ariane 5. Genau diese Triebwerke hat man dann tatsächlich neu entwickelt und gebaut – allerdings unter dem Namen J-2X. Das dauerte 8 Jahre, da man die gesamte Produktion neu planen musste. (Die Planung des Originals wurde übrigens 1959 in Auftrag gegeben und es wurde 1965 zum ersten mal geflogen.) Die Baupläne der alten Triebwerke waren zugeschnitten auf die damals vorhandene Produktionstechnik. Um die gleichen Triebwerke mit neuer Technik herzustellen, muss man die Pläne komplett überarbeiten und anschließend ein volles Testprogramm durchlaufen. Der Aufwand war von einer völligen Neuentwicklung also kaum zu unterscheiden und wegen der unsicheren Finanzierung sogar noch länger.

Für leichtere Nutzlasten ist der Schub dieses Triebwerks in der obersten Stufe aber zu groß und die größeren Nutzlasten wird man erst bei der Marsmission brauchen. Aber für einen Flug zum Mars gibt es immernoch keine konkrete Planung. Das wird nun dazu führen, dass hat nun dazu geführt, dass die fertigen Triebwerke eingemottet werden.

Die Saturn V Rakete hatte aber nicht nur J-2 Triebwerke, sondern auch F-1 Triebwerke. Auch die F-1 Triebwerke sollten verbessert werden zu F-1A Triebwerken, für die Zeit nach Apollo. Auch hier gibt es das gleiche Spiel. Es gibt Pläne, die Feststoffbooster der Shuttleära zu ersetzen durch die Kerosin Triebwerke der Saturn V. Tatsächlich ginge das mit einer deutlich höheren Effizienz einher, einem höheren spezifischen Impuls. (Feststoffraketen sind etwa 10% schlechter als Kerosintriebwerke im Gasgenerator-Zyklus, und etwa 20-25% schlechter als Hauptstromtriebwerke wie das RD-170.)

Auch die F-1A Triebwerke wurden noch dem Ende des Apollo Programms nie entwickelt. Wenn man sie jetzt wieder haben will, dann muss man genauso wie beim J-2X die gesamte Entwicklung nochmal neu auflegen. Tatsächlich ist man dabei. Aber anders als beim J-2X ist man noch längst nicht so weit. Hier hat man den Gasgenerator eines alten F-1 Triebwerks nochmal aus der Mottenkiste geholt und getestet:

Dabei handelt es sich nicht um das Triebwerk an sich. Es ist nur der Gasgenerator. Der verbrennt Kerosin mit etwas Sauerstoff um ein “lauwarmes” Gas zu erzeugen, das dann die Turbine antreibt, die dann die Treibstoffpumpen für das eigentliche Triebwerk antreiben. Man hört sehr wenig von diesen Entwicklungen. Man ist also wahrscheinlich noch weit davon entfernt, ein neues F-1B Triebwerk zu bauen. Auch hier handelt es sich praktisch wieder um eine völlige Neuentwicklung eines Triebwerks – nur dass die zugrundeliegende Technik veraltet ist. Man hat allerdings den Vorteil, dass das Entwicklungsrisiko etwas kleiner ist.

Insofern ist es mit den Raketentriebwerken wie mit dem Fernsehprogramm. Auch wenn es alt und relativ schlecht ist, immerhin weiß man, dass es funktioniert. Also nimmt man lieber ein altes Konzept das man kennt, als ein neues Konzept, bei dem man nicht weiß wie es ankommt.

Für das Land das sich selbst die großartigste Nation der Welt nennt, ist es ein echtes Trauerspiel.

Kommentare (12)

  1. #1 Zenit
    13. August 2015

    Ja, das Constellation-Programm mit dem J-2X war Blödsinn. Man hatte halt das Problem, womit man die Oberstufe der Ares-1 hätte antreiben sollen. F1-Triebwerke werden aber wahrscheinlich genauso wenig in Zukunft zum Einsatz kommen wie das J-2X. Beim Block II des SLS werden die modifizierten Shuttle-Booster höchstwahrscheinlich einfach durch bessere Feststoffbooster ersetzt. Von der Schnapsidee, Uralt-Triebwerke wieder zu entstauben und umzubauen, ist man zum Glück bei dem SLS abgekommen.

    • #2 wasgeht
      13. August 2015

      Es ist keine Schnapsidee, die alte Technik zu verwenden. Die Feststoffbooster sind deutlich schlechter als die F1 Triebwerke.

      Sicher, wenn man inzwischen die RD-180 nachgebaut hätte, würde man die verwenden (oder einen Nachbau des RD-170). Aber das ist genau der Punkt. Man hat in der Zwischenzeit keine anderen geeigneten Triebwerke mehr entwickelt.

      Ganz abgesehen davon sind die RL-10 Triebwerke die z.Z. für die Oberstufe des SLS vorgesehen sind auch nicht mehr Taufrisch und für große Nutzlasten zu Leistungsschwach.

      Da hätte man ein effizientes Triebwerk im Hauptstromverfahren gebraucht, das deutlich größer als das RL-10 und deutlich kleiner als die SSME vom Shuttle sind.

      Stellt sich die Frage, warum sie niemand daran getraut hat, eine passende Zwischengröße zu entwickeln.

  2. #3 Dr. Webbaer
    13. August 2015

    Die ‘großartigste Nation der Welt’, zu vergleichen wäre hier mit den zugrunde liegenden Systemen der Aufklärung, die insbesondere in den Staaten geeignet waren den potentiellen Mehrwert der Menge zu lösen, aber natürlich auch anderswo derart geeignet sind, wenn gesellschaftlich derart implementiert wird, sofern dies kulturell möglich ist, hat wohl schlicht kein Interesse daran erneut Kosten zu tragen, wie hier vergleichbar webverwiesen:
    -> https://en.wikipedia.org/wiki/Budget_of_NASA#Annual_budget.2C_1958-2015

    Der Schreiber dieser Zeilen verweist ergänzend auf dieses Konzept:
    -> https://en.wikipedia.org/wiki/American_exceptionalism

    Weil auf dem Mars und anderswo im solaren System “nicht wirklich” etwas zu holen ist, wirtschaftlich oder der Erkenntnis dienend.
    Was sich natürlich in einiger Zeit ändern kann…

    MFG
    Dr. W (der im Abgang noch auf eine gewisse Minder-Effizienz verweist, was Raketen betrifft, eher hier Potential sieht, vielleicht auch den Klimawandel meinend und steuernde (vs. prohibitiv) wirkende Systeme – wird die extraterrestrische Nutzung einmal wirtschaftlich, kann alles schnell gehen)

    • #4 wasgeht
      13. August 2015

      Das Budget ist nicht das Problem. Wenn man eine halbe Milliarde Dollar hat um den gänzlich nutzlosen Demonstrationsflug der Ares I-X zu finanzieren, dann hat man auch ähnliche Summen um neue Triebwerke zu entwickeln.

      Entweder es fehlen die Ingenieure um neue Technik zu entwickeln oder der Wille das zu tun. Am Geld würde es nicht scheitern, denn die Kosten der Wiederverwendung bewegen sich in ganz ähnlichem Rahmen wie die Neuentwicklung.

  3. #5 Dr. Webbaer
    13. August 2015

    Ihr Kommentatorenfreund hat an mehren Stellen gelesen, dass ein Marsflug, inklusive Landung, inklusive Bemannschaftung, i.p. zu transportierender Masse eine wesentlich größere Herausforderung darstellt als die einstmals so genannte Mondbesteigung, auch Kosten meinend.
    Er könnte auch beibringend werden, belegend, sieht aber keine besondere Notwendigkeit, weil Sie ohnehin um all dies wissen.

    MFG
    Dr. W

  4. #6 Zenit
    13. August 2015

    “Es ist keine Schnapsidee, die alte Technik zu verwenden. Die Feststoffbooster sind deutlich schlechter als die F1 Triebwerke. ”
    Sicherlich sind die Nutzlasten mit den verbesserten Feststoffboostern schlechter als mit den F1-Dingern. Trotzdem kommen sie an das ran, was die NASA braucht, sind in der Fertigung günstiger, erfordern keine großen Änderungen der Bodenanlagen und -sehr wichtig- sind nicht so teuer in der Entwicklung. Das ist auch der Grund, wieso man auf das RL-10 in der Oberstufe setzt: Die Fertigungskapazitäten existieren bereits, da muss man nichts neu entwickeln. Ein Triebwerk komplett neu entwickeln, wenn die Rakete bereits sehr teuer ist und nur einmal im Jahr fliegen soll- ich weiß ja nicht.

  5. #7 dgbrt
    14. August 2015

    @wasgeht:
    Die Ares I-X hat eine GANZE Milliarde Dollar gekostet. Und der Start hat nicht einmal richtig funktioniert. Vier anstatt der vorgesehenen fünf Segmente, obwohl man das ja schon erfolgreich getestet hatte, und dann zerbröselt das Ding im Atlantik.

    Und ich frage mich bis heute, wie man bei dem Ares-1-Projekt eine solche Masse von Geld verbrennen konnte.

    Obama hat das dann ja gestoppt, aber gegen SLS kann der sich auch nicht mehr wehren. Der US-Senat macht halt Weltraumpolitik.

    Das stinkt alles nach Korruption, oder wie kann ein einfacher Space-Shuttle Booster zusammen mit ein paar Artrappen so teuer werden?

  6. #8 Kathi Keinstein
    14. August 2015

    @wasgeht:

    Mir geht zur Zeit immer wieder Kerosin im Kopf herum (im übertragenen Sinne ;) ), und nun fiel mir der in deinem Artikel genannte Gasgenerator ins Auge und macht mich neugierig: Was versteht man unter “lauwarmem” Gas? Und wie heiss kann man Kerosin verbrennen, wenn man es “richtig” befeuert?

    • #9 wasgeht
      14. August 2015

      Man kommt in der Brennkammer weit über 3000 Grad. https://www.braeunig.us/space/comb.htm

      Für die Turbine muss man auf jeden Fall unter 1000 Grad (Celsius) kommen. Wieviel genau weiß ich nicht. Große Turbinen in Kraftwerken laufen derzeit mit etwa 640 Grad. Ich weiß nicht, ob die kleinen Turbinen in den Raketentriebwerken in der kurzen Zeit noch mehr abkönnen.

  7. #10 Turbine
    Gasturbinenwerk Huttenstrasse
    17. August 2015

    @wasgeht

    Die Temperaturangaben möchte ich etwas korrigieren

    Bei unserer 8000er liegen wir mit ca. 1450° Celsius Eintrittstemperatur dank Filmluftkuehlung und keramischer Beschichtung der ersten Schaufelstufe auf der Heissgasseite knapp 100° Celsius unter dem Schmelzpunkt der Schaufeln..Die Abgastemperatur liegt bei ca. 627°.

    • #11 wasgeht
      17. August 2015

      Danke.

      Ich hatte mir bisher nur Dampfturbinen angeschaut und entsprechend war mir klar, dass ich da auch vollkommen daneben liegen kann. Aber es sind immerhin noch 2000 Grad weniger als in der Brennkammer.

  8. […] alt wie die Mondlandung sind auch die Raketentriebswerksinnovationen, berichtet Was geht. Man versucht alte Triebwerke zu verbessern statt komplett neue zu […]