Manche Technologien sind so primitiv, dass man selbst auf die Idee dafür kommt. Wenn sie vernünftig klingt, dann wundert man sich, warum sie nicht umgesetzt wurde. Bevor man eine Idee haben kann, braucht man ein Problem. Ein permanentes Problem in der Raumfahrt ist die Suche nach möglichst einfachen, zuverlässigen und trotzdem effizienten Triebwerken.

Die einfachsten Triebwerke sind einfache Kaltgasdüsen. Sie bestehen aus einem Druckbehälter mit einem Gas oder einer Flüssigkeit mit hohem Dampfdruck. Ein Ventil führt zu einer Düse nach draußen und das Gas strömt wegen des Drucks nach außen. Man kann das System verbessern. Man benutzt Lachgas oder Hydrazin. Bevor das Gas die Düse erreicht, lässt man es durch einen Katalysator strömen. Der passende Katalysator kann bei diesen Stoffen dafür sorgen, dass sie spontan zerfallen und sich dabei aufheizen. Dadurch steigt der Druck. Mit mehr Druck bekommt man mehr Schub aus der gleichen Menge Treibstoff. Das ist in der Raumfahrt immer hilfreich.

Leider kann man so nicht die gleichen Temperaturen und Drücke erreichen, die man durch Verbrennung mit anderen Stoffen erreichen würde. Aber dann wäre es vorbei mit der simplen Konstruktion. Man braucht zwei Tanks, zwei Einspritzdüsen, muss beide in passendem Verhältnis halten, muss dafür sorgen, dass sich beide gut vermischen und so weiter. Langfristig bekommt man dabei Probleme mit der Zuverlässigkeit.

Aber es gibt einen Weg noch höhere Temperaturen und Drücke zu erreichen. Alles was man braucht ist ein elektrischer Heizstab, der möglichst hohe Temperaturen aushält. Dann muss man nur noch das Ventil vom Druckbehälter öffnen. Das Gas strömt aus dem Behälter und wird vom Heizstab geheizt (oder den Heizelementen, egal welche Form sie haben). Stoffe wie Wolfram können heißer als 3000 Grad werden, ohne zu schmelzen. Es wird heißer als es durch den bloßen chemischen Zerfall der Moleküle werden könnte. Das Prinizip ist nicht komplizierter als eine Kaffeemaschine oder ein Wasserkocher. Man könnte meinen, dass es längst benutzt wird.

Und tatsächlich wird es das auch, unter dem Namen Resistojet. Kaum kennt man den Namen, schon finden sich auch die Beispiele dafür. Je nach System wird der spezifische Impuls dabei verdoppelt oder verdreifacht. Allerdings braucht der Heizstab sehr viel Energie. In einem Beispiel wird angegeben, dass man schon für einen Schub von 0,3 Newton eine Leistung von 750 Watt braucht – und das obwohl man darin nur das heiße Gas aus dem Katalysator noch weiter aufheizt. Im Ergebnis hat man ein einfaches Triebwerk mit lagerbarem Treibstoff, das so effizient ist wie die komplexesten und effizientesten Kerosintriebwerke. Wegen dem niedrigen Molekülgewicht könnte man mit reinem Wasserstoff noch einen wesentlich höheren spezifischen Impuls erreichen. Aber flüssiger Wasserstoff muss auf Temperaturen von unter -250 Grad gehalten werden. Dann ist es aus mit den einfachen Triebwerken.

Resistojets sind keine technischen Wunderwerke, immerhin bin ich selbst auch auf die Idee gekommen (das heißt meistens nichts gutes). Aber man sieht auch wieder das Grundproblem bei der Entwicklung effizienter Triebwerke und elektrischer Triebwerke ganz besonders. Die Effizienz eines Triebwerks hängt von der Geschwindigkeit der ausgestoßenen Masse ab. Aber die Energie die dafür gebraucht wird, steigt mit dem Quadrat der Geschwindigkeit. Weil die Energieversorgung begrenzt ist, bedeutet hohe Effizienz automatisch auch niedriger Schub. Man kann solche Triebwerke sehr gut als Steuertriebwerke von Satelliten benutzen. Die bekanntesten sind wohl die Iridium Satelliten.

Die Entwicklung elektrischer Triebwerke ist fast so alt wie die Raumfahrt selbst. Goddard machte schon 1906 die ersten Vorschläge dazu. In nächster Zeit werde ich auf dem Blog dann auch die weniger primitiven Konzepte beschreiben.

Kommentare (5)

  1. #1 Dr. Webbaer
    25. August 2015
    • #2 wasgeht
      25. August 2015

      Ist für den nächsten Countdown Podcast geplant. Ich wollte schon bei der letzten Ausgabe davon sprechen, aber ich war müde, mein Hals war recht kratzig und die Sendung war auch so lang genug. Deswegen kommt es wohl nächsten Montag im Podcast und dann auch im Blog.

  2. #3 DasKleineTeilchen
    27. August 2015

    ah, der Dr. hat sich ne neue persönlichkeit zugelegt? von dirty h. zu Szavost s. ist auf jeden fall entwicklungstechnisch bemerkenswert *SCNR*

    aber galileoTV?!? is nich dein ernst?

  3. […] die Grundlagen für alles gelegt, was später kam. Dazu gehört auch eine bessere Variante des Resistojets von dem ich vor kurzem geschrieben habe. Technologie wie der Hall–Héroult Prozess werden in der […]

  4. […] elektrische Triebwerke zu entwickeln. Die alten Ansätze hatten damit so ihre Probleme. Die Resistojets sind kaum komplizierter als ein Wasserkocher und damit sehr haltbar, haben aber im Vergleich zu den […]