Letzte Woche habe ich davon geschrieben, wie man mit Fahrzeugen Energie einsparen kann, besonders mit Elektroautos. Heute wurde von Tesla ein Video einer Rekordfahrt mit einem Tesla P85D in Dänemark veröffentlicht. Man erreichte knapp 730km mit etwa 77kWh Strom aus der Batterie.

Dort kann man ganz gut sehen, wie das Energiesparen in der Praxis aussieht. Dänemark ist in der Tat ein gutes Pflaster für so eine Rekordfahrt, denn es ist ein flaches Land. Anstiege sind Gift für niedrigen Energieverbrauch.

Viel wichtiger ist aber die Geschwindigkeit, wie schon im anderen Artikel beschrieben. Die Geschwindigkeit betrug konstant 40km/h. Die Praxistauglichkeit auf den heutigen Straßen kann man damit durchaus anzweifeln. Denn die Betonung liegt sowohl auf konstant als auch auf 40km/h. Man muss also langsam, dauerhaft auf gerader Strecke fahren. Die Testfahrt führte auch nicht von A nach B. Stattdessen beschlossen die Fahrer nach einiger Zeit, nur noch auf einer zweispurigen Landstraße hin und her zu fahren, wo das langsame Auto leicht überholt werden konnte.

Noch langsamere Geschwindigkeiten hätten übrigens nicht viel mehr gebracht. Bei 40km/h überwiegen die mechanischen Reibungskräfte den Luftwiderstand. Der Energieverbrauch auf einer Strecke durch den Luftwiderstand steigt mit dem Quadrat der Geschwindigkeit. Der Energieverbrauch durch die restlichen Reibungskräfte ist aber immer gleich, egal wie groß die Geschwindigkeit ist. Deswegen kann man durch langsames Fahren nicht beliebig viel Energie einsparen. Um diese Reibungskräfte zu reduzieren gibt es zwei Möglichkeiten. Sie sind proportional zum Gewicht des Fahrzeugs. Weniger Masse heißt weniger Gewicht und weniger Reibung. Außerdem verliert man weniger Energie beim Bremsen. Außerdem kann man versuchen noch weniger Reibung in den Lagern und den Reifen zu erzeugen. Vor allem schmalere Reifen könnten helfen, sind aber sehr schlecht für die Fahrbarkeit.

So eine Rekordfahrt beweist im Grunde nur, dass Elektroautos wie ein Tesla fundamentale Leistungsgrenzen haben. Natürlich könnte man noch größere Batterien einbauen, beim P85D macht das Gewicht der Batterie von 540kg “nur” ein Viertel des Gesamtgewichts aus. Wie sinnvoll das wäre, kann jeder selbst beurteilen.

Alternativer Ansatz

Gleichzeitig könnte man darin aber auch ein Potential für einen fundamental anderen Ansatz im Nahverkehr sehen. Man könnte Fahrzeuge konsequent auf niedrige Geschwindigkeiten optimieren. Damit wäre dann aber fast zwangsweise eine beinahe utopische Umstellung des Straßensystems verbunden.

Aber zuerst müsste man einmal die niedrigen Geschwindigkeiten erträglich machen. Die gesamte Inneneinrichtung der Fahrzeuge muss dafür bequemer werden. Die Fahrer im Video waren jedenfalls sichtlich froh aus dem Auto heraus zu kommen. Dabei würde es auch helfen, wenn man auf das Steuern das Autos verzichten könnte. Systeme für selbstfahrende Autos werden derzeit optimiert, scheinen aber in einem Zeithorizont von wenigen Jahrzehnten in greifbarer Nähe zu sein. Auf kurzen Strecken könnte man so die Fahrzeit ernsthaft nutzen und sie wäre wohl auch bequemer als eine schnellere Fahrt in einem normalen Auto. Erst auf langen Strecken würde man wohl lieber mit höheren Geschwindigkeiten mehrere Stunden Fahrzeit einsparen wollen.

Mit der Optimierung auf niedrige Geschwindigkeiten, kann man die Fahrzeuge dann auch gut auch auf kurze Fahrstrecken optimieren. Man kann sofort auf große und schwere Batterien verzichten. 10kWh reichen für Fahrten von 2-3 Stunden Dauer aus, auch wenn man in der Zeit kaum mehr als 100km fährt. Das spart Gewicht und damit Energieverbrauch, gerade bei niedrigen Geschwindigkeiten (wo Reibung wichtiger als Luftwiderstand ist).

Vor allem würde es aber auch Kosten einsparen. Solche Elektroautos wäre zweifellos in mancher Beziehung schlechter und eingeschränkter als andere Autos. Wegen der Geschwindigkeit und der Reichweite. Aber ein schlechteres Auto zu einem niedrigeren Preis wäre allemal am Markt akzeptabler als ein schlechteres Auto zu einem höheren Preis. Auch ganz ohne Subventionen.

Es geht noch weiter. Durch die niedrigen Geschwindigkeiten wären die Gefahren bei Unfällen niedriger. Dazu kommen viel kürzere Bremswege und längere Reaktionszeiten. Schon menschliche Fahrer könnten damit einen großteil der Unfälle vermeiden. Aber mit einem Computer als “Autopilot” und dem Ausbleiben menschlicher Konzentrationsschwächen, Übermut und ähnlichem könnten schwere Unfälle fast verschwinden. Gleichzeitig kann man dann anfangen auf die schweren Teile der Sicherheitsmaßnahmen zu verzichten. Egal ob Verstärkungen der Fahrgastzelle oder Knautschzonen, um so niedriger die Geschwindigkeiten einer möglichen Kollision um so weniger Gewicht braucht man dafür. Wenn die Autopiloten irgendwann so gut werden, dass in der Praxis schlicht keine schwereren Unfälle mehr auftreten, dann wird man dazu übergehen die passive Sicherheit weitgehend aufzugeben. Man könnte wie in der Bahn auf Sicherheitsgurte verzichten und sich im Auto frei bewegen!

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Kommentare (11)

  1. #1 Siskin
    Wien
    26. August 2015

    Ein Komponentensystem im Verkehr wäre cool:
    Individualverkehr mit kleinen, superleichten, bequemen, langsamen, von Autopiloten gesteuerten Elektroautos, die sich dann mühelos in schnelle Fernverkehrsysteme einklinken lassen und dann am Zielort wieder gemütlich durch die Stadt zu gondeln

    • #2 wasgeht
      26. August 2015

      Problem ist nur, dass auch kleine und superleichte Elektroautos auf einem Zug *riesig* sind im Vergleich zu Passagieren ohne die Fahrzeuge. Schon Fahrräder stellen in Zügen ein ernsthaftes Problem für die Transportkapazität dar.

      Entsprechend viel teurer wird dann auch der Transport sein und damit fällt die Idee leider flach. Wenn man auf Züge im Fernverkehr umsteigen will, dann wird an wohl umsteigen und das Auto zurück lassen müssen.

  2. #3 Kathi Keinstein
    26. August 2015

    Die Platzfrage beschränkt sich ja nicht nur auf Züge. Ich versuche mir gerade vorzustellen, der “normale” Individualverkehr würde aus Zürich – einer relativ engen und hügeligen Stadt – verbannt und jeder könnte an den Bahnhöfen in solch ein gemütliches, autopilotiertes Elektromobil umsteigen – und dieses an jedem Bahnhof in der Sperrzone auch wieder abgeben. Würde das die Verkehrssituation wirklich entspannen, oder wäre es da nicht sinnvoller auf ein dichtes Verkehrsnetz mit Grossraum-Fahrzeugen (ergo Tram oder Trolleybus – meinetwegen ohne Fahrleitung, wenn die Batterieversorgung energietechnisch günstiger kommt) zu setzen?

  3. #4 ulfi
    27. August 2015

    Wenn man bereit ist, ein solches Konzept innerstaedtisch umzusetzen, stellt sich die Frage, wo da genau der Vorteil zu einem analogen Radkonzept waere? Anstatt “langsamen Autospuren” koennte man auf dem selben Platz mehrspurige Radwege anlegen. Da die Geschwindigkeit des Stadtverkehrs ultimativ von den Ampelwartezeiten limitiert wird und man in einer Ampelphase wesentlich mehr Raeder als Autos ueber eine Kreuzung bringen kann (Erfahrung in Copenhagen: Faktor 5-10 ist da locker drin), sehe ich da keinen Gewinn eines solchen Konzepts gegenueber den Raedern. Ich weiss, dass Autos auf meinem taeglichen arbeitsweg(8km) ca 20-30% schneller sind. Allerdings auch nur, weil auf der selben Strecke wesentlich mehr Leute mit dem Rad, als mit dem Auto fahren, ansonsten wuerde die Stadt im Stau untergehen.

    Auch der direkte Vergleich von solchen Autos mit separaten Busspuren(ebenfalls eingesetzt in Copenhagen) ist, vom Personendurchsatz und Energieverbrauch her, wahrscheinlich kein Gewinn fuer die Elektroautos.

  4. #5 ulfi
    27. August 2015

    Ganz vergessen: In Kopenhagen ist auch, was Kleintransporte angeht, ein Lastenrad mit Elektroantrieb sehr angesagt. Zuladung sind so 80-100kg und angetrieben wird es mit einem ueblichen Elektromotor+Koerperkraft. Auch hier sehe ich nicht viel, was man mit einem Elektroauto dagegen gewinnen kann.

    Diese Raeder sehen so aus:
    https://www.babybusiness.dk/wp-content/billeder/Nihola-Ladcykel.jpg

    und vorne koennen 1 Erwachsener oder 2 Kinder drin sitzen, falls keine Last transportiert wird. Generell wird das Konzept Elektrobike das Elektroauto in der Stadt wahrscheinlich immer schlagen, die fahren ja auch gut 30km/h.

  5. #6 BreitSide
    Beim Deich
    9. Oktober 2015

    Wir sollten nicht künstlich Probleme aufwerfen, wo es keine gibt.

    Das Konzept, mit dem Zug zu fahren und am Zielbahnhof auf eAutos umzusteigen, wird doch schon seit Jahren erfolgreich betrieben: Flinkster. Auch wenn ich alle Autos eAutos sind.

    Und in vielen Städten stellt der Daimler eSmarts überall hin zum Mieten.

    Der Trend geht heute sowieso weg vom individuellen Auto. Für unsere Generation war das noch selbstverständlich, ein eigenes Auto zu haben, heute greift CarSharing um sich.

    Klar sind Radler nochmal um Klassen umweltfreundlicher als sogar eAutos. Die aber sind um Klassen umweltfreundlicher als Verbrenner. Insofern sollte natürlich der Fokus zuerst auf Fußgängern und Radfahrern stehen. Dann aber auf eAutos.

    Ich kann immer noch nicht verstehen, warum mit Feinstaub gepeinigte Städte wie Stuttgart nicht noch viel stärker auf eAutos setzen. Ok, schon klar, da sind irgenwelche Verbrennerbauer, denen das natürlich nicht passen kann. Wie heißen die nochmal?

  6. #7 BreitSide
    Beim Deich
    9. Oktober 2015

    – “Natürlich könnte man noch größere Batterien einbauen, beim P85D macht das Gewicht der Batterie von 540kg “nur” ein Viertel des Gesamtgewichts aus. Wie sinnvoll das wäre, kann jeder selbst beurteilen.”

    Warum? Gewicht ist kein Fetisch. Man darf die Unzulänglichkeiten der Verbrenner nicht auf eAutos projizieren. Beim eAuto ist das Gewicht eher sekundär, man gewinnt ja einen Großteil der Beschleunigungsenergie wieder zurück. Neues Denken ist angesagt.

    Selbstfahrende Fahrzeuge sind auch – entgegen mancher Ansicht – überhaupt nicht langsamer. Die Daimler-Laster schwimmen zB locker im Verkehr mit. Warum auch nicht? Es ist nicht gut, Pseudonachteile aufzuführen.

    Außerdem wäre es gut, wenn wir in D endlich uns allen anderen entwickelten Nationen anschließen würden und ein allgemeines Tempolimit von max. 130 kmh einführen würden. Aber da sind die Deutschen genauso halsstarrig wie die Amis mit ihrem Waffenwahn :roll:

    EAutos sind auf jeden Fall wesentlich umweltfreundlicher als Verbrenner, egal bei welcher Geschwindigkeit.

    Dass eAutos noch nicht Massenartikel sind, hat u.A. mit den unglaublichen Subventionen für die Verbrenner zusammen. Strom ist zB wesentlich mehr besteuert als Sprit. Und wenn man die ganzen Kosten für die Wirkungen von Feinstaub, NOX, Lärm und CO2 auf die Verbrenner bzw. auf deren Sprit umlegen würde, würde die eMobilität ganz schnell Fuß fassen.

    Norwegen hat es vorgemacht.

  7. #8 André
    12. Oktober 2015

    @wasgeht
    “Problem ist nur, dass auch kleine und superleichte Elektroautos auf einem Zug *riesig* sind im Vergleich zu Passagieren ohne die Fahrzeuge. Schon Fahrräder stellen in Zügen ein ernsthaftes Problem für die Transportkapazität dar.”

    Das trifft natürlich dann zu, wenn man ein völlig neues Konzept für individuelle Fahrzeuge verbindet mit dem steinzeitlichen Konzept des Fahrplangebundenen Schienenverkehrs. Würde man abe auch auf der Schiene umdenken, dann ginge da tatsächlich was. Als ein sehr interessantes Konzept in dieser Hinsicht finde ich das Projekt RailCab der Uni Paderborn – siehe https://de.wikipedia.org/wiki/RailCab

    • #9 BreitSide
      Beim Deich
      13. Oktober 2015

      Ja, das RailCab fand ich auch klasse. Aber es scheint den Weg des TransRapids zu gehen: Ausprobieren bis zum Geht-nicht-mehr, dann bauen es die Chinesen… :roll:

      Da glaube ich eher, dass Elons HyperLoop realisiert wird als dass RailCab kommt. Der hat einfach mehr Eier…

  8. #10 BreitSide
    Beim Deich
    13. Oktober 2015

    Hatte ich schon geschrieben? Mit einer Zoe (Renault) hat jemand auch schon die 300-km-Marke geknackt. Eben auch mit Tempo 40.

    210 km gehen nach NEFZ, 14,6 kWh/100 km sind als “Durchschnittsverbrauch” angegeben, das gibt 151 km Reichweite.

    Ich fahre meistens mit 12,5 kWh/100 km, das gibt 176 km Reichweite.

    Da ist aber immer Reserve drin.

  9. #11 BreitSide
    Beim Deich
    13. Oktober 2015

    Der Titel des Freds ist übrigens m.M. nach recht pejorativ. Jeder Rekord ist mit Schmerzen erkauft. Sonst wäre es ja kein Rekord, weil es Jeder mit Leichtigkeit könnte.