Es ist leicht die Technologie des 19. Jahrhunderts zu unterschätzen. Aber damals wurden die Grundlagen für alles gelegt, was später kam. Dazu gehört auch eine bessere Variante des Resistojets von dem ich vor kurzem geschrieben habe. Technologie wie der Hall–Héroult Prozess werden in der Aluminiumherstellung auch heute noch genauso, nur in größerem Maßstab benutzt.
Auch die ersten Plasmatriebwerke in der Raumfahrt sind auch nichts anderes als angewandte Technik des 19. Jahrhunderts, wenn auch in einem völlig neuen Umfeld. Die Technik um die es geht, ist sogar noch älter als die erste Glühbirne. Denn vor den Glühbirnen gab es die Lichtbogenlampen. Zwei Kohleelektroden werden aneinander geführt, bis die Luft und der Kohlenstoff der Elektroden ionisiert ist und leitend wird. Dann entsteht ein Lichtbogen der durch den Stromfluss äußerst heiß wird. Kurz: Ein Plasma.
So ein Plasma hat einige Vorteile. Denn man kann höhere Temperaturen erreichen als mit einem Heizelement, das im Betrieb besser nicht schmelzen oder verdampfen sollte. Das Plasma ist schon ein Gas. Tatsächlich geht es darum, einen Teil des Treibstoffs in ein Plasma zu verwandeln. Um so höher aber die Temperaturen sind, um so effizienter kann das Triebwerk arbeiten.
Allerdings kann man dazu eine Lichtbogenlampe nicht einfach kopieren. Denn im Betrieb verdampfte ständig ein Teil der Spitze der Kohleelektroden. Das Glühen des Kohlenstoffs sorgte einerseits für ein besonders helles Licht, aber andererseits gingen die Kohlestifte im Betrieb … nunja … stiften. Während man eifrig Mechanismen entwickelte um die Elektroden trotzdem ständig im gleichen Abstand zu halten, blieb das Problem die Elektroden ständig austauschen zu müssen.
Nun kann man nicht mal eben auf eine Leiter steigen und die Kohlestäbe in einem Satelliten austauschen. Aber zum Glück kann man auch Wolframelektroden benutzen, die deutlich mehr aushalten. Denn Licht ist in einem Triebwerk Nebensache, hauptsache es entsteht ein Plasma und es ist heiß. Das so aufgeheizte Gas vermischt sich nun mit dem restlichen Gas, das an dem Lichtbogen vorbei fließt. Teilweise baut man noch ein zusätzliche Kammer ein, in der sich das Gas besser vermischen kann.
Um den Treibstoff auf höhere Temperaturen zu erhitzen, braucht man natürlich auch mehr Energie für die gleiche Menge Treibstoff. Arcjets brauchen deswegen mehr Strom als Resistojets um den gleichen Schub zu erzeugen. Der Vorteil liegt in der kleineren Menge Treibstoff, die man für den gleichen Schub braucht. Es ist der übliche Tausch bei elektrischen Triebwerken. Entweder braucht man für höhere Effizienz mehr Strom für den gleichen Schub. Oder man muss auf Schub verzichten, wenn man nicht mehr Strom liefern kann.
Die Treibstoffeffizienz, also der spezifische Impuls, hängt auch vom Treibstoff ab. Mit Wasserstoff erreichen solche Triebwerke etwa 1000s, aber flüssiger Wasserstoff ist schwierig auf lange Zeit zu lagern. Ammoniak ist als Treibstoff wesentlich angenehmer, bringt aber nur etwas mehr als 700s. Im Vergleich zu den üblichen Hydrazintriebwerken ist das immernoch der dreifache spezifische Impuls und macht eine entsprechend kleinere Treibstoffmenge nötig.
Eine sehr schöne und detaillierte Beschreibung solcher Triebwerke, inklusive technischer Zeichnungen, findet man hier.
Diese Plasmatriebwerke wurden also entwickelt und werden auch benutzt. Aber der Enthusiasmus hält sich in Grenzen. Denn die Energieeffizienz ist recht bescheiden. Nur etwa 30% des Stroms landet auch tatsächlich in der kinetischen Energie des Treibstoffs. Der Rest geht bei der Ionisierung des Treibstoffs und durch Wärmeverluste verloren.
Mit Ionentriebwerken kann man noch wesentlich höhere spezifische Impulse erreichen und Effizienzen von 70-80%. Aber die beschreibe ich im nächsten Artikel dieser Reihe.
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