Auf diese Weise kann man eine Turm beliebig groß bauen, wenn man ihn unten nur beliebig breit baut. Wen das jetzt an die Raketengleichung erinnert, der liegt richtig. Auch dort kann man beliebig große Geschwindigkeiten erreichen, wenn man nur die Rakete groß genug baut. Was dort der spezifische Impuls ist, ist hier die spezifische Festigkeit des Stoffs. Denn eigentlich geht es ja gar nicht darum, wieviel Druck der Stoff standhalten kann. Denn der Druck dem der Stoff standhalten muss, hängt hauptsächlich davon ab, wieviel der Stoff selbst wiegt. Deswegen hilft uns hier auch Aluminium nicht weiter. Das ist zwar leichter, hält aber etwa im gleichen Maß auch weniger Druck stand.
Wie hoch geht es?
Die genauen Formeln kann man hier auf Arxiv unter “Optimal Solid Space Tower” von Alexander Bolonkin durchlesen, der sich auf solche Konzepte spezialisiert hat. Auf Konzepte des gleichen Autors wird übrigens auch in dem Patent zum 20km Turm verwiesen.
Die Querschnittsfläche des Turms muss exponentiell mit der Höhe abnehmen. Alle x Kilometer muss sich die Fläche halbieren. Bei ihm liegt das x für reinen Stahl erstaunlicherweise bei etwa 35km.
Den Fehler sieht man, wenn man seine Angaben zur Kompressionsfestigkeit von Stahl überprüft. Er nimmt an, dass die Kompressionsfestigkeit der meisten Stoffe das dreifache der Reißfestigkeit beträgt. Scheinbar hatte er die gleichen Probleme wie ich, an vernünftige Werte heran zu kommen und nahm dann irgendetwas. Jedenfalls kommt er so auf eine Kompressionsfestigkeit von nicht weniger als 4000MPa. (Er geht dabei von einem sehr optimistischen Wert für die Reißfestigkeit von Cr40 Stahl aus.)
Das ist um einen Faktor 4 zu groß. Es gibt immerhin noch ein paar hochfeste Maraging-Stähle die auch auf etwa 2000MPa kommen und zum Beispiel in Zentrifugen zur Urananreicherung verwendet werden. Ihre Herstellung und Ausfuhr ist deswegen 2009 beschränkt wurden.
Zum Glück skaliert x linear mit der Druckfestigkeit. Anstatt alle 35km würde sich die Fläche etwa alle 8km halbieren. Realistischer sind aber 4km, denn man braucht Sicherheitsmargen und nicht das gesamte Material dient nur dazu das Gewicht von Oben abzustützen.
Vom Wind verweht
Um einen so dünnen Turm aufrecht zu halten, muss man ihn mit Seilen abspannen. Auch die haben eine gewisse Masse und erhöhen somit den Druck auf die Basis des Turms. Hier bietet sich immerhin eine Einsparmöglichkeit. Bei den heute üblichen Türmen werden dafür Stahlseile verwendet, man könnte aber auch Kevlar benutzen, das im Vergleich zu seinem Gewicht sehr viel stärker ist. Allerdings kommen diese Seile in der Berechnung von Herrn Bolonkin nicht vor. Man braucht die Seile hauptsächlich um den Turm vor Windlasten zu schützen und auch Wind spielt bei ihm keine Rolle. Allerdings werden die Windlasten auf einem großen Turm auch im Verhältnis zur Masse des Turms kleiner sein, als bei den Antennentürmen.
Denn die Windlast ist abhängig von der Windangriffsfläche. Die Fläche ist linear abhängig vom Radius des Turms. Die Masse und die Tragfähigkeit eines Turms steigt aber mit dem Quadrat des Radius. Während man doppelt so starke Seile braucht um die doppelte Windlast abzufangen, hat der Turm insgesamt die vierfache Masse. Das Gewichtsverhältnis halbiert sich also. Um so massiver der Turm ist, um so weniger spielt der Wind eine Rolle.
Hier liegt auch der große Schwachpunkt des Plans mit dem aufblasbaren Turm. Aus Sicht der Statik dürfte der viel besser funktionieren als der massive Turm den ich hier beschrieben habe. Der Gasdruck verwandelt die Druckkräfte in Zugkräfte an der Außenwand der Druckblasen. Diese Zugkräfte könnte man dann mit dem viel stärkeren und leichteren Kevlar aufnehmen. Dazu käme noch die Auftriebskraft, wenn man die Behälter mit Helium oder Wasserstoff füllt. Allerdings ist ein gasgefüllter Sack mit hauchdünner Außenhaut auch dem Wind schutzlos ausgeliefert. Die Kräfte wären im Vergleich zum Gewicht immens groß. Trotzdem erwähnt er den Wind in seinem Paper zum aufblasbaren Turm mit keinem Wort.
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