In einem der letzten Artikel habe ich erwähnt, dass es im Meer etwa 4,5 Mrd. Tonnen Uran gibt und man dieses potentiell gewinnen könnte. Es wurde aber mehrfach angezweifelt, dass man dieses Uran überhaupt aus dem Meerwasser gewinnen kann. Immerhin sind es nur 3,3 Milligramm Uran pro Kubikmeter Meerwasser.
Es ist nun schon länger bekannt, dass es Uran im Meerwasser gib. Seit der Entwicklung der ersten Kernreaktoren gibt es auch Forschungsprogramme, die versuchen möglichst elegant (und billig) an dieses Uran heran zu kommen.
1980 hat A.D.Kelmers erste Ergebnisse zusammengetragen in “The recovery of uranium from seawater – Status of Technology and Needed Future Research and Development“. Stand der Technik war damals das Meerwasser durch ein Bett aus einem Titanoxidadsorber zu pumpen und anschließend das Uran von dort zu extrahieren. Industrielle Prozesse wurden daraus nie konkret entwickelt, oder kamen zumindest nicht sonderlich weit über den Punkt der Notizzettelsammlung auf einem Schreibtisch hinaus.
Die geschätzten Kosten beliefen sich 1980 auf $2100-3600 pro Pfund Uran, was inflationsbereinigt etwa 14-20.000 Euro pro kg entspricht. Das wäre das 200-fache des aktuellen Marktpreise. Zur Erinnerung: Mit Uran kann man in schnellen Brütern (oder ähnlichen Reaktoren) im günstigsten Fall etwa 8mio kWh Strom pro kg erzeugen. Das würde 0,25 Cent pro kWh entsprechen. Wenn man dieses Uran im ungünstigsten Fall ohne Anreicherung direkt in einem Schwerwasserreaktor verwendet und nicht aufarbeitet, dann kann man pro kg nur 56.000kWh Strom erzeugen. In dem Fall würde das Uran noch im ungünstigesten Fall 36ct pro kWh kosten.
Ein Schwerwasserreaktor erreicht mit Natururan einen Abbrand von etwa 7000 MWd pro Tonne. (Das sind Megawatt Tage Wärme.) Bei einer Effizienz des Kraftwerks von 33% sind das 56000 kWh pro kg.
Das Jahr 1980 liegt jetzt 35 Jahre in der Vergangenheit. Schon in den 10 Jahren danach hat sich einiges getan. Es wurden Adsorber auf Kunststoffbasis entwickelt, die deutlich besser funktionieren als Titanoxid. In den 90er Jahren wurden diese Kunststoffe so weit entwickelt, dass sie stabil genug waren um eine möglichst große Oberfläche zu haben und trotzdem noch im Meer frei schwimmen können, ohne dabei zu zerfallen.
Anstatt Meerwasser durch den Adsorber hindurch zu pumpen, lässt man ihn einfach im Meerwasser treiben und wartet ein paar Wochen ab. Die Arbeit der Pumpen wird dann von der Meeresströmung übernommen. (Was natürlich auch heißt, dass die Menge die man so pro Jahr gewinnen kann, von der stärke der Strömung begrenzt wird.) Dann holt man den Adsorber wieder ein und spült das Uran aus. Es sollte klar sein, dass man so einiges an Kosteneinsparungen haben kann.
Diese Entwicklung führte dazu, dass man ab 1999 nicht nur Notizzettel auf Schreibtischen ausbreitete, sondern in den folgenden zwei Jahren eine Anlage im Meer betrieb. (Die Bilder von dem Paper in Farbe gibt es in dieser Präsentation der IAEA.) Im Testbetrieb wurde mit der Anlage im Pazifik vor Japan ein Kilogramm Uran gewonnen. Damit kann man ernsthafte Kostenabschätzungen machen, die nicht nur aus theoretischen Betrachtungen bestehen. Das beste erzielte Ergebnis entsprach Kosten von 32.000 Yen/kg Uran (knapp $300 pro kg) wobei man glaubt mit dem gleichen Verfahren die Kosten auf 25.000 Yen/kg reduzieren zu können. (Durch die 18-fache Verwendung des Adsorbers, anstatt nur 8-facher Verwendung.)
Natürlich muss man solche Zahlen mit Vorsicht betrachten. Die Realität hat die Angewohnheit, Dinge schwieriger und teurer zu machen, als man zunächst glaubt. Und selbst wenn die Kostenschätzung stimmt, ist sie immernoch ein mehrfaches des aktuellen Marktpreises. Es würde sich also aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht lohnen, auf diese Weise Uran zu gewinnen. Aber das ist nicht das Maß aller Dinge. Selbst ein Preis von $1000/kg würden im ungünstigsten Fall mit Schwerwasserreaktoren ohne Aufbereitung der Brennstäbe weniger als 2 Cent pro kWh zum Strompreis beitragen.
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