Die Medien haben eine Reihe von Marotten. Dazu gehört es, Dinge auszuschließen, die nie wirklich ausgeschlossen werden mussten. Ein gutes Beispiel dafür liefert heute der Guardian ab.

Japanese volcano Mount Aso on island of Kyushu erupts

Volcano sends plume of ash and smoke 2km into the air as Japanese power company says the recently restarted Sendai nuclear plant would be unaffected

Der Guardian ist natürlich eine englische Zeitung, aber in den deutschen Medien sieht man das gleiche Prinizip.  “Japanischer Vulkan Aso bricht auf der Insel Kyushu aus. Der Vulkan stieß Asche und Rauch 2km in die Luft, während der japanische Betreiber sagt, das wieder in Betrieb genommene Kernkraftwerk Sendai wäre nicht betroffen.”

Die Faktenlage sieht so aus, dass das Kraftwerk nicht betroffen ist. Völlig egal ob es der Betreiber des Kernkraftwerks oder der Dalai Lama sagt. Das sieht man schon auf der Karte die dem Artikel beiliegt. Der Vulkan ist 160km von dem Kraftwerk entfernt. Das ist in der Skala praktisch aller Vulkanausbrüche lächerlich weit weg. Wer möchte, kann sich dazu nochmal meinen Artikel zum Sakurajima durchlesen. Ein anderer Vulkan auf der gleichen Insel, der nur 50km entfernt ist.

Aber man kann sich der Sache auch ganz anders nähern.

Ist es sinnvoll, sich bei einem solchen Vulkanausbruch zuerst Sorgen um die Sicherheit des Kernkraftwerks zu machen? Nehmen wir das Szenario einmal ernst.

An dem Punkt, an dem die Sicherheit eines Druckwasserreaktors ernsthaft gefährdet ist, wären sämtliche Wohngebäude der Umgebung zerstört – kollabiert unter der Last der Asche. Eine Eruption die in dieser Entfernung eine Bedrohung für ein Kernkraftwerk darstellt, würde eine ganze Reihe von Präfekturen auf der Insel Kyushu komplett vernichten. Schließlich fällt die Asche nicht nur auf das Kernkraftwerk, sondern auf die gesamte Umgebung des Vulkans. Noch dazu steht der Vulkan Aso ziemlich zentral auf der Insel. Die Insel ist nur etwas kleiner als die Niederlande, aber fast genauso dicht besiedelt.

Sollte in dieser Situation ausgerechnet dem Kernkraftwerk die erste Sorge gelten? Was ist mit den 13 Millionen Einwohnern der Insel?

Bei einem ausreichend großen Ausbruch wären hunderttausende, vielleicht einige Millionen, in einer Gegend in der man von einer vollständigen Tötung aller verbliebenen Einwohner ausgehen müsste. Nur durch Zufall würden einzelne Bewohner von mehreren Metern Vulkanasche nicht getötet werden. Ironischerweise hätte die Provinz Kagoshima, ganz im Süden mit dem Vulkan Sakurajima, noch die besten Chancen davon zu kommen.

Anstatt zu fragen ob das Kernkraftwerk betroffen ist oder ob Notfallpläne für einen solchen Fall bestehen, drängt sich eine ganz andere Frage auf. Wie sieht es mit den Notfallplänen für die Bevölkerung aus? Es gibt sie nicht, zumindest nicht auf dieser Größenordnung. Man lässt es darauf ankommen, dass so ein Ausbruch niemals passiert.

Diese Herangehensweise erinnert an den Tsunami von 2011 und die Berichterstattung darüber. Die Verantwortung für die große Zahl der Toten dieser Katastrophe lag bei der schlechten Stadtplanung, fehlenden Notfallplänen und der Tatsache, dass die Gefahr von der Bevölkerung nicht ernst genommen wurde. Ernsthafte Sicherheitsmaßnahmen gab es noch nicht einmal in Städten, die schon 1896, 1933 und 1960 von Tsunamis stark betroffen und teilweise zerstört wurden, wie Kesenuma, Kamaiichi, Otsutchi oder Rikuzentakata. (Namen die längst vergessen sind, während Fukushima nie ernsthaft betroffen war.) Aber Menschenleben wurden in dieser Katastrophe schnell aus den Augen verloren, weil es dort ein Kernkraftwerk gab.

Wen interessieren schon knapp zwanzig tausend Tote, wenn der längst herbeigesehnte GAU passiert? Entsprechende Äußerungen nach dem Muster “Es muss nur mal wieder etwas passieren” waren in den Jahren vor 2011 immer wieder zu lesen. Dementsprechend wirkten die Berichte dann auch wie eine geplante Kampagne, bei der die Toten durch den Tsunami als störende Elemente an den Rand gedrängt wurden.

Die Berichterstattung über die Vulkane von Kyushu folgt dem gleichen Muster. Die völlig reale Gefahr für die Stadt Kagoshima, mit einer halben Million Menschen die teilweise nur 10km von dem Vulkan Sakurajima entfernt leben, wurde in der Berichterstattung nie angesprochen. Stattdessen stand das Kernkraftwerk in 50km Entfernung im Zentrum der journalistischen Aufmerksamkeit.

Wen interessieren schon die Leben der 13 Millionen Einwohner von Kyushu, wenn es dort ein laufendes Kernkraftwerk gibt? Zehntausende Tote waren schon beim Tsunami nur eine Statistik, aber ein Kernkraftwerk, das ist eine Story.

Das Problem mit dem Vulkan Aso ist übrigens, dass er tatsächlich in der Lage ist, große Teile der Insel Kyushu zu verwüsten. Der Vulkan hat vier große Vulkankessel (Caldern), die alle auf Ausbrüche in den letzten 300.000 Jahren zurück gingen. Der jüngste und größte der vier Ausbrüche ist 90.000 Jahre alt. Alle entsprachen wenigstens der Größe des Ausbruchs des Tambora von 1815, der für das Jahr ohne Sommer 1816 verantwortlich war. Wobei es durchaus möglich ist, dass der letzte Ausbruch Spuren von Ausbrüchen davor verwischte.

Natürlich kann man verlangen, dass das Kernkraftwerk wegen angeblicher Gefährdung durch die Vulkane auf der Insel stillgelegt werden soll. Aber was ist damit erreicht? Hat man damit der Gefahr eines Vulkanausbruchs in Auge geblickt und für diesen Fall vorgesorgt? Nein. Die Gefahr für die Bevölkerung ist immernoch die exakt gleiche. Hätte man in Japan wegen der Tsunamis keine Kernkraftwerke gebaut, hätte es 2011 nicht weniger Tote gegeben. Die Städte wären noch die gleichen Todesfallen gewesen, als die sie sich erwiesen.

Fakt ist, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsvorkehrungen in den Kernkraftwerken absolut vergleichbar mit den Sicherheitsvorkehrungen in den japanischen Städten waren. Sie waren vergleichbar schlecht.

Es hätte auch nicht anders sein können. Denn es stellt sich die Frage: Wo sollten die Sicherheitsvorkehrungen höher sein? Wer sagt, Kernkraftwerke sollten besser geschützt sein als die Bevölkerung der Städte, der bewertet den Stellenwert seiner Ideologie höher als den Stellenwert von Menschenleben. Diese Bewertung der eigenen Ideologie mag in Deutschland Tradition haben. Aber ich glaube man sollte sich mit dem Standpunkt durchsetzen, dass der Schutz des Lebens der Bevölkerung immer den Vorrang haben sollte.

Es ist aber nicht einfach nur der ethisch bessere Ansatz. Man bekommt den besseren Schutz der Kernkraftwerke ganz ohne weiteren Aufwand dazu. Denn es ist kaum zu rechtfertigen, dass man ein Kernkraftwerk schlechter vor Naturkatastrophen schützt als eine Stadt. Selbst in Japan war das nicht der Fall. Das Problem war nur der fatalistische Ansatz der Japaner, sich vor “zu großen” Katastrophen nicht schützen zu müssen.

Was bei der Diskussion der Kernkraft verloren gegangen ist, ist der Respekt vor Menschenleben. Erstaunlicherweise geschah das in einem Dikurs, der heute von der Seite dominiert wird, die sich einst den Schutz der Menschenleben auf die Fahne schrieb.

Kommentare (21)

  1. #1 Volker Birk
    https://blog.fdik.org
    15. September 2015

    Ich habe eher den Eindruck, die Leute sind es müde, die zusätzliche Gefahr durch Kernkrafte zu haben, die ausser Kontrolle geraten. Die Gefahr, die sie durch geologische Instabilität sowieso schon haben, reicht ihnen.

    Das magst Du nicht verstehen – oder nicht verstehen wollen. Aber der Tsunami vor ein paar Jahren hätte den Leuten dicke gereicht, auch ohne den Unfall in Fukushima obendrauf.

    • #2 wasgeht
      15. September 2015

      Das Problem in Japan ist, dass der Gefahr durch sehr starke Erdbebn, sehr große Tsunamis und sehr große Vulkanausbrüche nie begegnet wurde. Man hat sie immer nur hingenommen. Aber weil das die ganze Gesellschaft betrifft, wird es nicht diskutiert.

      Ganze Städte werden zerstört und immer wieder aufgebaut, aber kritisiert wird es nicht. Es wurde praktisch keine Kritik an den Behörden geübt, die für den Schutz der Bevölkerung zuständig waren.

      Der Bürgermeister von Fudai wurde ausgelacht, als er eine 15m hohe Mauer zum Schutz vor Tsunamis bauen ließ, weil er sich an den bekannten Höhen der Tsunamis orientierte. Heute gehen die Leute zu seinem Grab und bedanken sich bei ihm.
      https://en.wikipedia.org/wiki/Fudai,_Iwate

      Die anderen Städte ließen es einfach wieder darauf ankommen, dann der nächste große Tsunami schon nicht so bald kommen würde.

      Die Gefahren sind in Japan bekannt, aber über ihren Umgang wird nicht gesprochen, denn es betrifft praktisch das gesamte Land. Man kann darüber nicht sprechen, ohne das praktisch alle Beteiligten ihr Gesicht verlieren.

      Die Kernkraft ist dagegen der perfekte Sündenbock. Dort wird all die Kritik geübt, die an den Behörden nicht geübt wird. Anstatt über die Sicherheit einer Stadt zu reden die 10km von einem Vulkan entfernt ist, redet man über die Sicherheit eines Kernkraftwerks das 50km davon entfernt steht.

      Nur das ist keine Lösung, denn über das eigentliche Problem wird nicht geredet.

      Der Tsunami hätte den Leuten sicher dicke gereicht. Ja. Aber sie hätten auch auf 18500 Tote verzichten können.

  2. #3 Markus
    15. September 2015

    Ich hohl schon mal Popkorn ;-)

    Schön klar, logisch und nachvollziehbar argumentiert, so mag ich das.

    “Was bei der Diskussion der Kernkraft verloren gegangen ist, ist der Respekt vor Menschenleben.”

    Gleiches gilt für die grüne Gentechnik. Da gibt es tatsächlich Leute die glauben man könnte mit BIO eine wachsende Weltbevölkerung ernähren.
    Gleichzeitig leiden 250000000 Kinder an Vitamin A Mangel, wovon viele erblinden und an Kleinigkeiten sterben, aber wir müssen unbedingt den goldenen Reis (weil Gentechnik) verbieten um Menschen zu schützen.

  3. #4 DasKleineTeilchen
    15. September 2015

    “Wen interessieren schon knapp zwanzig tausend Tote, wenn der längst herbei gesehnte GAU passiert? ”

    och menno, frank. “längst herbei gesehnte”…solln dette? das ist doch scheisse.

    • #5 wasgeht
      15. September 2015

      Erstaunlicher Weise (und ja, ich musste nachschauen um sicher zugehen, dass das falsch ist) gab es wenigstens vier weitere Fehler in dem Text. Aber ausgerechnet der fällt auf.

      Ich finde es faszinierend, dass das Isolieren von Wörtern manchen Leuten so sehr gegen den Strich geht.

      (Und ja, ich habe keine Ahnung welche Wörter isoliert werden müssen und welche den heiligen Status der Redewendung erreicht haben, die in einem Wort geschrieben werden müssen.)

  4. #6 A-P-O
    15. September 2015

    Sehr gut geschrieben und argumentiert. Ein eye-opener sozusagen…

  5. #7 Gerald
    Jena
    15. September 2015

    Muss tatsächlich die gesammte Gegend verwüstet sein, bis eine Gefahr für das Kraftwerk besteht?

    Wie man z.B. in Fukushima sehen konnte, reichen auch Probleme in der Strom- und/oder Wasserversorgung für die Kühlkreisläufe auch ohne eine Beschädigung der Schutzhülle für extrem kritische Situationen.

    Ich persönlich kann mir daher (als zugegebener Laie) durchaus vorstellen, dass die Asche die Schutzhülle nicht eindrücken muss um z.B. die Kühlwasserversorgung zu blockieren oder Transformatoren kurzzuschliessen.

    Natürlich hast du Recht und es sollte nicht um Ideologien gehen sondern um den Schutz von Menschenleben und realistische Risiko- und Folgenabschätzungen.

    Dazu gehört aber u.a. auch eine Einschätzung bzgl Kernkraftwerken.

    • #8 wasgeht
      15. September 2015

      Wenn in 160km Entfernung auch nur 10 oder 20cm Asche fallen, dann ist es in 100km Entfernung schon mehr als ein Meter.

      Wie gesagt, damit auch nur ansatzweise signifikante Mengen dort ankommen, muss es auch nur etwas näher an dem Vulkan katastrophale Zustände geben. Meterhohe Ascheschichten, die das Land unbewohnbar machen.

      Würde man sich ernsthaft auf diese Situation vorbereiten, dann gilt das nicht nur für die Kernkraftwerke, sondern auch für den ganzen Rest des Gesellschaft. Man denke nur an Krankenhäuser, in denen der Strom auch nicht ausfallen darf. Dann aber wäre es auch ganz selbstverständlich, die Kernkraftwerke auf die gleiche Weise vorzubereiten.

      Ganz abgesehen davon habe ich absichtlich die Diskussion aus dem Artikel heraus gelassen, dass der Wind in Japan meistens in Richtung Osten und nicht nach Südwesten weht. Genauso wie die Unterschiede zwischen den typischen Containments von Druckwasserreaktoren und Siedewasserreaktoren älterer Bauart.

      (Wegen dem größeren Volumen der Containments von Druckwasserreaktoren können die im Fall einer Kernschmelze viel länger dicht bleiben, auch ohne Kühlung, ohne Containmentspray etc. Das ist deswegen wichtig, weil sich in dem Containment die radioaktiven Bestandteile des Fallouts ganz genauso absetzen wie draußen in der freien Natur. Alle 8-12 Stunden setzen sich 90% ab. Nach einem Tag sind es wenigstens 99% und so lange hält das Containment auch im schlimmsten Fall dicht – anders als die alten Containments von Siedewasserreaktoren, die nicht einmal eine Stunde dicht bleiben, wenn es zu einer Kernschmelze kommt. Das war übrigens wenigstens seit den frühen 70er Jahren aus veröffentlichten Berichten bekannt, wie dem WASH-1400. Dummerweise hat Japan erst 2013 den Einbau von Filtern vorgeschrieben, die in dem Fall die Kontamination der Umgebung verhindert hätten. In Deutschland tat man das 1988.)

  6. #9 DasKleineTeilchen
    15. September 2015

    ach @frank, mir gings doch nicht um die rechtschreibung (bin isch grammar-nazi, oda wat? und dat mir als passioniertem kleinschreiber), sondern um die unterstellung des “herbeigesehnten” GAUs.

    • #10 wasgeht
      15. September 2015

      Das stammt aus meiner eigenen Erfahrung, als ich selber noch einige (*überschlägt es kurz im Kopf, schlägt Hände über dem Kopf zusammen*) tausend bis zehntausend Kommentare im Internet geschrieben habe.

      Glaub es ruhig, das gab es.

  7. #11 DasKleineTeilchen
    15. September 2015

    btw. wassn überhaupt mitm seitenlayout los (nur hier)?!? fliegt alles durcheinander, die nummern der kommentare liegen quer über selbigen und die seitenleiste liegt am ende und nicht rechts. yep, und nur bei dem artikel hier.

    • #12 wasgeht
      15. September 2015

      Ist mir auch aufgefallen. Ist schauerlich, hab keine Ahnung.

  8. #13 DasKleineTeilchen
    15. September 2015

    @frank:

    ich *weiss* natürlich, daß es diese gehirn-amputierten gab/gibt; aber dein satz ist so dermassen allgemein gehalten, daß es wie das dogma der KKW-gegner klingt, sich diese eben den GAU offen wünschen, um sich bestätigt zu sehen. präzisiers dann doch wenigstens. denn auch wenn ich gegenüber kernkraft mich nach eigeneinschätzung nicht mehr hysterisch verhalte und denke, wie noch ein paar jahre vorher (ich für meinen teil dachte die ersten wochen bei fukushima durchaus “tja, das wars dann wohl für japan und möglicherweise für einen grossteil der pazifik-region…”), verorte ich mich trotzdem bisher im lager derjenigen, die diese technologie in ihrer bisherigen form der grosskraftwerke für zu riskant halten (die kosten spielen da eher die nebenrolle), und mir vor der “renaissance” derselbigen ziemlich schaudert. und die aktuelle einschätzung bezüglich der statistik, etwa alle 10-20 jahre mindestens ein GAU, scheint sich ja bewahrheitet zu haben.

    gewünscht oder “herbeigesehnt” hab *ich* mir das jedenfalls nicht, *ich* hab ’86 schön im warmen frühlingsregen in bayern auf der wiese gevögelt, als der scheiss dort gerade ankam und noch nicht mal gerüchte die runde machten. weisste, du hast bisher nen guten teil dazu beigetragen, einige vorurteile bezüglich KK bei mir zu entkräften und abzubauen; also versau deine notwendige aufklärung dann bitte nicht durch solche -genauso beschissene wie bei den hysterikern- unterschwellige pauschalisierung der nichtbefürworter. du schreibst eigentlich von forumstrollen, ohne das zu präzisieren. und sieh meinen kommentar bitte nicht als affront sondern als hinweis. ich schätze dein blog nämlich sehr, digger ;)

    • #14 wasgeht
      15. September 2015

      Ja, stimmt schon. Da sind die Pferde etwas mit mir durchgegangen.

      Der Punkt ist einfach, dass die absoluten Holzköpfe in der Zeit nach 2011 tonangebend waren und dabei schlicht über Leichen gegangen sind. Ich hatte gerade in den beiden Jahren davor angefangen mich mit Kernkraft und ihrer Sicherheit auseinander zu setzen. Und mir ist damals klar geworden, dass es trotzder Sicherheitsvorkehrungen sicherlich passieren kann, dass in einem Kernkraftwerk zu ernsthaften Unfällen kommen kann. Aber es würde eine massive Ursache brauchen – ich dachte damals eher an soetwas wie einen Asteroideneinschlag – bei der dann so viel mehr Menschen sterben würden, dass des das Problem mit dem Kernkraftwerk in den Schatten stellen würde.

      Es kam mir nicht in den Sinn, dass man darüber dermaßen hinweg gehen würde. Die Grünen gingen ja so weit, die Toten des Tsunamis der Kernschmelze gleich mit zuzuschreiben! (Und das sind keine Forumstrolle.)

      Ich hatte auf meinem alten Blog 2013 (als ich dort noch englisch geschrieben habe) mal die Wikipedia Einträge zum Tsunami verglichen:
      https://tp1024.wordpress.com/2013/01/06/hiding-the-death-and-devastaion/

      Und es ist wirklich augenfällig, dass die Zahl der Toten im Jahr danach immer weiter herunter gespielt wurde. Die Einträge in der Wikipedia kann man heute immernoch lesen, jeder kann sich selbst davon überzeugen, wie das passierte.

      Mit anderen Worten, ich habe bei dem Thema einen Hals, der so schnell nicht abschwellen wird. (Und glaube mir, die Zurückhaltung die ich hier trotzdem noch an den Tag lege, ist über Jahre mühsam antrainiert.)

  9. #15 dgbrt
    16. September 2015

    Ist schon komisch, wie das Erinnerungsvermögen einiger nach nur viereinhalb Jahren nachlässt. Also hier nochmal kurz der Ablauf dieser Katastrophe in den Medien:
    1.) Ein Erdbeben der Stärke 9,0 östlich von Japan. Es wird ein Tsunami befürchtet.
    2.) Der Tsunami rollt auf die Ostküste Japans zu. Es gibt Bilder, die fast in Echtzeit das vernichtende Werk der teilweise über zehn Meter hohen Wellen zeigen.
    3.) Die Erdbebensicherung hat überragend funktioniert. Alle Züge werden angehalten, die Kernkraftwerke werden abgeschaltet, im Raum Tokio sind die Schäden eher gering. Nur die Spitze des Tokio-Towers ist leicht abgeknickt. Über Schäden außerhalb Tokios gibt es nur wenige Informationen.
    4.) Erste Berichte über einen Störfall im KKW Fukushima-Daiichi. Die erschreckenden Bilder von der Tsunami-Katastrophe beherrschen aber nach wie vor die Medien.
    5.) Erst als bekannt wird, dass in Fukushima-Daiichi das Kühlsystem komplett ausgefallen ist und der Betreiber TEPCO eine zumindest teilweise Kernschmelze nicht ausschließen kann, rückt das KKW mehr in den Fokus der Berichterstattung. Die Bilder von den gewaltigen Zerstörungen durch den Tsunami gibt es aber weiterhin.
    6.) Als dann drei der Reaktorgebäude nach und nach in die Luft fliegen, ändert sich der Fokus der Berichte.

    Der Tsunami hat also durchaus erst im Mittelpunkt gestanden. Wie gut die Erdbebensicherung funktioniert hat ist zu dem Zeitpunkt schon völlig untergegangen. Und die Schäden des Tsunamis dürften heute wohl zu einem größeren Teil behoben sein; auch wenn es sicherlich immer noch viele Ruinen geben dürfte.

    Das KKW Fukushima-Daiichi bleibt dagegen noch mindestens 50 Jahre eine hochradioaktive Baustelle. Nur die abgebrannten Brennstäbe aus dem Abklingbecken des damals nicht in Betrieb befindlichen Block 4 sind wohl mittlerweile geborgen. Das alles kostet verdammt viel Geld. Wenn das (alle 25 Jahre Super-GAU) in die Stromkosten eingerechnet werden würde, wäre Strom aus Kernkraft überhaupt nicht mehr so günstig. Und die Endlagerung bezahlt ja sowieso der Staat und nicht der Verbraucher.

    Und die Japaner haben richtig Schwein gehabt im Gegensatz zu den Sowjets bei Tschernobyl. In Tschernobyl gab es tatsächlich eine ungewöhnliche Wetterlage, ein Ostwind, der alles nach Westen Richtung Mitteleuropa gepustet hatte. Eine solche Wetterlage in Japan hätte große Teile des Landes für lange Zeit zu Sperrgebieten gemacht.

    • #16 wasgeht
      16. September 2015

      Niedlich. Die Erdbebensicherung hat funktioniert und die Züge haben angehalten. Nur die Sache mit dem Tsunami, die zerstörten Städte und die Toten, die hast du ausgeblendet. Hast recht, komisch wie das Erinnerungsvermögen nachlässt.

  10. #17 dgbrt
    16. September 2015

    @wasgeht:
    Eigentlich wollte ich mich ja auch noch über das “herbeisehnen der Katastrophe” aufregen. Wer sollte das gewesen sein? Vielleicht die Bildzeitungs-Leser, da sie mal wieder heiß auf ‘ne tolle Schlagzeile sind. Aber sicher nicht ein ernsthafter Kernkraftbefürworter oder -gegner.

    Aber Recht hast du, wie nach der Katastrophe gerade viele der Gegner gezeigt haben, dass sie überhaupt keine Ahnung haben. Das gilt für die Medien genauso wie für Politiker. Bevor die so das Maul aufmachen sollten die erst nochmal wieder zur Schule gehen oder jemanden fragen, der sich damit auskennt.

    Und im Moment rege ich mich hier mehr über Foristen auf, die nicht in der Lage sind die “Shift”-Taste zu finden. ;)
    Man kann das einfach nicht lesen.

  11. #18 dgbrt
    16. September 2015

    @wasgeht #16
    “…die zerstörten Städte und die Toten, die hast du ausgeblendet”
    Soll ich jetzt die Zahl 20.000 Tote noch extra erwähnen. Ich hatte eine Kenntnis darüber eigentlich vorausgesetzt. Und dass der Tsunami sehr schreckliche Auswirkungen hatte habe ich durchaus geschrieben. Wie dann hinterher sehr viel verdreht wurde habe ich dann in meinem nächsten Post nochmals betont.

    Acht Jahre vorher gab es einen Tsunami im Indischen Ozean bei dem mehr als zehn Mal so viele Menschen ums Leben gekommen sind. Da redet heute fast kein Mensch mehr von.

    Naturkatastrophen sind grausam, aber irgendwann geht für alle das Leben weiter. Auch wenn die Verluste niemals wieder revidiert werden können.

    Richtig ist, dass die Japaner bei dem Thema Tsunami acht Jahre später immer noch völlig versagt haben. Und ich vermag mir gar nicht auszumalen, was passiert wäre, wenn das Erbeben in der Bucht vor Tokio stattgefunden hätte.

    Aber leider sind die von Menschen verursachten Katastrophen etwas langhaltiger. Wir werden weitere Tsunamis erleben und wieder vergessen, die Problem-Reaktoren aber bleiben. Das bedeutet auch immense Kosten für die nächsten Generationen.

  12. #19 oliver
    16. September 2015

    @ dgbrt

    “Wir werden weitere Tsunamis erleben und wieder vergessen, die Problem-Reaktoren aber bleiben”

    Das Problem Tsunamis, Erdbeben und Vulkane bleibt in Japan auch und zwar für hunderttausende Jahre.
    Länger als jeder Meiler stehen bleiben wird.

    Und es werden das nächte mal wieder zehntausende Sterben, weil das Thema in Japan nicht behandelt wird.

    Aber schön, wenn man die aufmerksam währenddessen auf ein Kernkraftwerk richten kann. Es ist zwar richtig und wichtig Kernkraftwerke, wenn man sie denn unbedingt benutzen will ( ja, ich bein ein KK-Gegner ), so sicher wie möglich zu bauen und die Probleme mit der Sicherheit auch anzusprechen. Aber man muss Prioritäten setzen und die größte Gefahr für das Leben der Menschen in Japan ist nunmal die Plattentektonik.

  13. #20 DasKleineTeilchen
    16. September 2015

    @dgbrt:

    Sorry. Ich sag doch, ich bin passionierter kleinschreiber, jedenfalls in foren. Vielleicht schaff ichs ja in zukunft, wenigstens die sätze am anfang mal gross zu schreiben; Ich bemüh mich, ok?

  14. #21 schorsch
    17. September 2015

    Dass der GAU von Fukushima ‘herbeigesehnt’ worden sei, halte ich auch für eine völlig verzerrte Darstellung. Einer der bekanntesten Apokalyptiker der Anti-Atomkraftbewegung, Franz Alt, hat damals z. B. in einem offenen Brief an Angela Merkel gleich ‘Millionen durch Fukushima gefährdete Menschenleben’ beschworen.

    Der Mann hat Fukushima nicht herbeigesehnt, der hat damals, und tut’s auch heute noch, eine weitaus schlimmere Katastrophe herbeigesehnt. Der Mann hat den Tod von Millionen Menschen herbeigesehnt, nur um dann sagen zu können : ‘Seht ihr! Ich hab’s euch schon immer gesagt!’.

    Franz Alt hat es den Toten des Tsunamis persönlich übelgenommen, dass sie sich nicht im Meer von Fukushima für die gute Sache haben verstrahlen lassen, sondern ganz egoistisch einfach ertrunken sind.

    Und diese Apokalypse-Sehnsucht teilt Herr Alt leider mit sehr vielen Mitgliedern der Anti-AKW-Bewegung.