Das ideale elektrische Triebwerk hat eine Reihe von Eigenschaften. Es hat eine lange Lebensdauer, bei möglichst wenig Gewicht möglichst viel Schub und eine gute elektrische Effizienz. So ein Triebwerk gibt es nicht. Jede Techologie hat die eine oder andere Schwäche. Aber man kann neue Techologien entwickeln, deren Schwächen in anderen Bereichen liegen. Das Ergebnis ist dann immernoch ein Kompromiss, aber ein anderer. Je nach Aufgabe kann man sich dann den besten Kompromiss aussuchen.
Das VASIMR Triebwerk stellt einen neuen Kompromiss dar. In den letzten Artikeln dieser Reihe habe ich das Helicon Triebwerk beschrieben. Das Konzept verspricht ein robustes Triebwerk, das praktisch keiner Abnutzung unterliegt. Aber es hat noch einige praktische Schwierigkeiten. Der Wirkungsgrad erreicht derzeit noch nicht einmal 2%. Das VASIMR benutzt auch ein Helicon um den Treibstoff zu ionisieren und das erste Plasma zu erzeugen, aber es benutzt noch eine weitere Technik um den Treibstoff vollständig zu ionisieren und weiter aufzuheizen.
Dazu benutzt man den Effekt der Ionencyclotronresonanz ICR. Diese Entwicklung stammt aus der Plasmaforschung für die Kernfusion. Das sollte nicht überraschen. Wenn man irgendwo einen effizienten Weg braucht um Plasma aufzuheizen, dann bei der Kernfusion. Die Idee dahinter ist, dass man Ionen in einem Magnetfeld durch elektromagnetische Wechselfelder in eine wellenförmige Schwingung versetzt. Die Frequenz dieser Schwingung ist abhängig von der Stärke des Magnetfeldes, die auch bestimmt wie dicht das Plasma sein kann. Am liebsten würde man das Plasma direkt mit hochfrequenten elektrischen Feldern aufheizen, während es im Magnetfeld gefangen ist. Aber in einem zu dichten Plasma dämpfen die gleichgeladenen Ionen das elektrische Feld, wodurch dessen Wirkung nicht im inneren des Plasmas ankommt. Deswegen macht man den Umweg über die Anregung von Wellen in dem dichten Plasma so wie es ist.
Um so schwächer das Feld ist, um so kürzer ist die Wellenlänge der Schwingung, die man in dem Feld noch anregen kann. Schwingungen mit längerer Wellenlänge werden gedämpft, weil die Bewegung der Ionen nicht mehr stark genug durch das Magnetfeld eingeschränkt ist. Sie kommen sich gegenseitig ins Gehege, die Schwingung wird gedämpft und die Energie der Schwingung wird zu thermischer Energie der Ionen. Man heizt das Plasma auf. Noch nicht ionisierte Atome, die nicht von dem Magnetfeld betroffen sind, werden in dem Prozess auch ionisiert. Sie kollidieren früher oder später mit den Elektronen, die sich entlang der Magnetfeldlinien zwischen den Ionen bewegen. (Immerhin werden die Elektronen von den Ionen angezogen und gleichen so die Raumladung aus, wodurch man keine effektiven elektrischen Felder in dem Plasma hat.)
Das ist die Idee hinter dem VASIMR Triebwerk. Man lässt ein Gas durch eine Düse in eine Kammer mit einem Helicon, an deren Ende (gegenüber der Einspritzdüse) ein sehr starkes Magnetfeld ist. Das Helicon ionisiert genug von dem Gas um genug Ladungsträger für die weitere Ionisierung zu haben. Wenn man dann in dem starken Feld eine Schwingung der Ionen mit einer langen Wellenlänge anregt, dann wird diese Schwingung in dem Teil mit dem schwächeren Magnetfeld gedämpft und das Plasma weiter aufgeheizt.
Die Probleme mit dem nicht aufgeheizten Plasma gehören damit der Vergangenheit an. Man braucht auch keine elektrostatischen Felder mit Elektroden, die von Kollisionen mit schnellen Ionen immer mehr zerstört werden. Die zusätzilche Beschleunigung der Ionen am Ende des Triebwerks, über die kinetische Energie wegen ihrer Temperatur hinaus, funktioniert wieder so wie beim Helicon Triebwerk. Das abnehmende Magnetfeld trägt zur Bildung einer Doppelschicht bei, die hier viel effektiver ist. Erstes weil das Magnetfeld am Anfang viel stärker ist und zweitens weil das gesamte Gas ionisiert ist.
Die elektrische Effizienz des Triebwerks liegt bei etwa 60-70% und die optimale Ausströmgeschwindigkeit mit einfachem Argongas bei 50km/s (bzw. der spezifische Impuls bei etwa 5000s). Die Ausströmgeschwindigkeit kann dabei variiert werden und mit Wasserstoff erreicht man auch bis zu 200km/s. Die Einsparungen im Treibstoffverbrauch durch so hohe Ausströmgeschwindigkeiten sind bei Flügen im Sonnensystem aber marginal. Man führt zum Beispiel lieber 20% der Startmasse an Treibstoff statt 5% mit, wenn man dafür nur ein Viertel der elektrischen Leistung braucht und auf die Probleme mit der Lagerung von flüssigem Wasserstoff verzichten kann.
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