Wenn man Strom aus geothermische Energie gewinnen will, dann sollte man versuchen möglichst heiße Gesteinsschichten anzubohren. Heißeres Gestein bringt heißeren Wasser oder sogar Dampf. Ab 220bar und 374 Grad kommt Wasser sogar in überkritischen Bereich. In über einem Kilometer Tiefe sind die Drücke nicht mehr das Problem, die Temperaturen allerdings schon. Man muss tief runter und selbst das findet man solche Schichten vor allem in vulkanisch aktiven Gebieten.

Auf der Suche nach heißem Gestein gab es in Island das “Iceland Deep Drilling Project“. Man wollte 4km tief bohren und und erwartete dort die passenden Temperaturen. Aber schon in etwas mehr als 2 km gab es Probleme. Der Bohrer drang plötzlich viel schneller vor, aber der Bohrkopf drehte sich mit viel größerem Widerstand als zuvor. Man zog das Bohrgestänge zehn Meter zurück. Als man wieder ins Gestein bohren wollte, traf man aber schon neun Meter vor der alten Tiefe auf einen Widerstand. In der Bohrflüssigkeit fanden sich vulkanische Gläser und es wurde klar was passiert ist.

Man hatte flüssige Lava angebohrt. Sie drang in das Bohrloch ein und füllte die unteren 9m des Lochs aus, bevor sie erstarrte. Mehr nicht. Nein, das anbohren eines Vulkans löst keinen Ausbruch aus, auch nicht wenn man auf Lava stößt – auch wenn man in Hollywood vor so einer Story wohl keine Minute zurück schrecken würde.

Wenn Lava in so geringe Tiefe vordringt, dann kommt es meistens auch zu einem Ausbruch, der in dem Fall wohl längere Zeit zurück lag. Das Bohrloch war in der Nähe des Krafla Vulkans und die Lava wurde wohl bei einem früheren Ausbruch um 1980 herum in eine Gesteinskluft hineingepresst, wo sie dann blieb. Das ist normal. Bei einem Ausbruch bleibt im allgemeinen mehr als 90% der Lava im Boden, nur ein kleiner Teil bricht tatsächlich an die Oberfläche durch. Gefreut hat es die Geologen, die damit eine seltene Gelegenheit hatten, die Eigenschaften von Rhyolithlava tief unten im Gestein untersuchen zu können.

Auch potentielle Kraftwerksbetreiber hat es zunächst gefreut. Man hat das Bohrloch bis knapp über die Lava eingefasst und für die Nutzung der Geothermie vorbereitet. Das Bohrloch war mit großem Abstand das produktivste geothermale Bohrloch aller Zeiten. Der Dampf trat mit etwa 380 Grad und 140 bar Druck  an die Oberfläche. Nach zwei Jahren gab es 2012 aber Probleme mit Korrosion an der Einfassung und einem Ventil, weswegen das Bohrloch nicht weiter benutzt werden konnte. Bisher habe ich noch keine Meldungen über eine Neuaufnahme des Betriebs und den Bau eines Kraftwerks gesehen, denn bis dahin ging es nur um einen Testbetrieb, ohne dass man damit eine Turbine angetrieben hätte. Vermutlich muss man erst eine Turbine entwickeln, die nicht selbst auch unter diesen Bedingungen Opfer der Korrosion wird.

Wenn man es tut, kommt man wohl auf eine Leistung von über 30MWe. (Ja, es gibt Kraftwerke mit größerer Leistung, aber diese Geothermiekraftwerke beziehen Dampf oder Wasser aus mehreren Bohrlöchern.) Das liegt nicht daran, dass das Bohrloch viel mehr Energie liefern würde als andere. Es liegt an den hohen Temperaturen und dem Druck des Dampfs, der zumindest theoretisch eine sehr viel höhere Effizienz erlauben würde (etwa 40% statt der üblichen 5%).

Damit fällt aber auch der Trick mit den Hybridkraftwerken weg, den ich schon einmal hier beschrieben habe. Eine schöne Zusammenfassung der Bohrung und Pläne zu weiteren Bohrungen in Island findet man hier und wer eine Aufstellung von geothermiebohrungen in Island sucht, wird auch fündig.

Kommentare (7)

  1. #1 Turi
    23. September 2015

    Der Bohrkopf blieb bei der Aktion heil? Da müsste doch die Kühlflüssigkeit kochen :D

    • #2 wasgeht
      23. September 2015

      Das konnte ich gestern abend nicht mehr eruieren. Aber der Beschreibung nach sah es so aus.

  2. #3 Hans Gensch
    23. September 2015

    Danke für den sehr interessanten Artikel!

  3. #4 Alderamin
    23. September 2015

    Wie tief müsste man denn bei uns bohren? Wir sitzen zwar nicht wie in Island auf dem mittelatlantischen Rücken, aber in der Eifel gibt’s ja auch beispielsweise Vulkane, die teilweise vor einer geologischen Sekunde (hab’ da was von 10000 Menschenjahren im Kopf) noch aktiv waren. Bei Andernach kann man die CO2-Blasen am Rheinufer aufsteigen sehen und es gibt dort den größten Kaltwasser-Geysir der Welt, der 40-60 m hoch sprühen kann (CO2-getrieben und bei einer Bohrung entstanden). Mir wurde bei der Führung erklärt, dass das CO2 aus dem Kalkgestein stammt, das unten im Magma aufgeschmolzen wurde.

    Könnte es sich eventuell lohnen, mal etwas tiefer zu bohren als die rund 350 m des Geysirs?

  4. #5 Dr. Webbaer
    23. September 2015

    Das Schwimmen der Erdkruste, das Fachwort, ist idT beachtenswert und darf nicht nur gelegentlich betont werden, im Politischen und im Fiktionalen, die Cineastik lebt insofern auch hier ein wenig, bestimmte Filme meinend, und auch in Simulationen wie Dwarf Fortress und Minecraft wird der Erdmantel, das Fachwort, gelegentlich ein wenig angebohrt.

    MFG
    Dr. W (der es schon cooler fände, wenn die Welt oder zumindest: die Erde nicht derart heiß wäre – allerdings, allerdings: Was kann schon von einem kugelähnlichen Gegenstand, der im “Leeren” um eine sogenannte Sonne kreist, anderes erwartet werden?!)

  5. #6 BreitSide
    Beim Deich
    23. September 2015

    Hat man die angebohrte Lava wenigstens in Lavalampen nutzen können :-)

    Geothermie hat ja in D sehr viele Gegner. Man fürchtet vor Allem Bodensetzungen und Erdbeben. Ob da noch viel geht in D?

    Inwieweit könnte so eine Abkühlung von Vulkanen bewirkt werden? Wieviele Größenordnungen liegen dazwischen?

  6. #7 dgbrt
    23. September 2015

    @BreitSide:”Inwieweit könnte so eine Abkühlung von Vulkanen bewirkt werden? Wieviele Größenordnungen liegen dazwischen?”

    Da liegen sehr viele Größenordnungen zwischen. Ein mittelprächtiger Vulkanausbruch liegt bei mehreren Tausend Hiroshima-Bomben. Und das meiste kommt da ja noch nicht einmal heraus. Da sind die paar MW, die man da abzweigt quasi wie ein Tropfen auf den heißen Stein.