Man muss aber nicht warten, bis das Cäsium zerfallen ist, bevor die Hintergrundstrahlung absinkt. Die Messungen zeigen(S.7), dass die Hintergrundstrahlung viel schneller absinkt, als man es durch den reinen radioaktiven Zerfall erklären könnte. Das liegt an Erosion. Die ist besonders stark in bewohnten Gegenden, mit hohen Grad an Bodenversiegelung. Auf den glatten Flächen kann der Regen relativ leicht die Aerosole wegspülen. Die werden dann durch die Flüsse ins Meer gespült und verdünnt. Deswegen misst man trotz der Meeresströmungen vor Japan immernoch eine sehr niedrige Konzentration von Cs-137 und Cs-134. In den 18 Monaten der Studie (von Juni 2011 bis Ende 2012) wurde fast die Hälfte des Cäsiums dort so entfernt, zusätzlich zum radioaktiven Zerfall. In Feldern war der Effekt deutlich kleiner.
Wie man in der Quelle weiter oben auf S.14 sieht, konnte man durch aktive Dekontaminierung die Menge an Cäsium (und damit die Dosis der Hintergrundstrahlung) nochmal um etwas mehr als die Hälfte senken. Man kann deswegen davon ausgehen, dass die gelb markierten Gegenden in den nächsten 20-30 Jahren wieder vollständig bewohnbar gemacht werden könnten. Das gilt bis hin zu den Stellen, an denen Ende 2013 das Gelb zu Orange über ging. Dazwischen ist die Strahlung niedriger und der Zeitraum ist entsprechend kürzer. Das entspricht ungefähr der Zeit vom Unglück in Tschernobyl bis heute.
Praktisch wird man das nicht überall tun, weil der größte Teil der gelben Gebiete Waldgebiete sind, die nie bewohnt waren. Das Overlay der unteren Karte entspricht dem Stand von Ende 2012:
Die Dekontaminierung beschränkt sich auf den bewohnten Küstenstreifen. Ohne diese Dekontaminierung verlängert sich der Zeitraum im schlechtesten Fall um 30 Jahre (bis 2050-60), wenn sich kein Cäsium mehr vom Platz bewegt. Die Erosion lässt sich aber nicht ausschalten, weshalb es in der Praxis weniger sein wird.
Die ehemals bewohnten Gebiete (also keine reinen Waldgebiete), die derzeit orange oder rot markiert sind, machen nur einen Bruchteil des gesamten Gebiets aus. Es sind etwa 30 Quadratkilometer oder auch 3% des ursprünglich evakuierten Gebietes. Ohne noch weitergehende oder verbesserte Dekontaminierung würde es auch dort bis 2050-60 dauern, bis die orangen Gebiete wieder bewohnbar sind. (Also wenn nur die Hälfte des Cäsiums durch Dekontaminierung entfernt wird und nicht mehr.)
Der Rest sind einige Flächen von etwa 10 Quadratkilometern, die man in der direkten Umgebung des Kernkraftwerks findet und noch höhere Strahlungswerte haben. Dort wurde auch noch keine Dekontaminierung durchgeführt. Auf S.13 der letzten Quelle sieht man eine Karte dieses Gebiets vom März 2013. Damals betrug der Anteil von Cs-134 an der Strahlung noch 44%.
Von 30µSv/h gehen also nur etwa 16µSv/h auf Cs-137 zurück. Wenn man nur die Hälfte davon durch Dekontaminierung entfernt, bleiben langfristig 8µSv/h übrig. Es braucht 1,8 Halbwertszeiten, bis 8µSv/h auf 2,3µSv/h abfallen, oder bis etwa ins Jahr 2070 Jahre. (Zur Erinnerung: 2,3µSv/h entsprechen den 20mSv/Jahr.)
Auch dort muss man nicht so lange warten. Eine etwas bessere Dekontaminierung kann den Zeitraum um mehrere Jahrzehnte nach vorn verschieben, genauso wie auch in den schwächer kontaminierten Gegenden. Wenn man nicht nur 50% des Cäsiums entfernt, sondern 75%, dann sind es 30 Jahre weniger.
Für die besonders stark kontaminierten Gegenden gibt es noch eine zweite Möglichkeit. Nachdem man die Gegend so gut wie möglich dekontaminiert hat, bringt man eine Schicht nicht kontaminierter Erde auf. Eine 11cm dicke Schicht dichter Erde halbiert die Hintergrundstrahlung und verkürzt so die Zeit ebenso um 30 Jahre, weitere 11cm haben nochmal den gleichen Effekt. (In der Praxis sollte man von 15-20cm ausgehen, wenn die Erde nicht so dicht gepackt ist.)
Das lohnt sich natürlich nur auf besonders stark betroffenen Flächen. Der Aufwand dafür ist durchaus begrenzt. Pro Quadratkilometer braucht man etwa 200.000 Tonnen Erde für eine 20cm Schicht relativ lockerer Erde. In Braunkohletagebauen wie in Profen werden jedes Jahr über 40mio Tonnen Material bewegt. Allein mit der Menge eines Jahres könnte man auf 40 Quadratkilometern mehr als einen halben Meter Erde aufbringen – weit mehr als man braucht.
Fazit
Der größte Teil der evakuierten Gebiete wird innerhalb von einigen Jahren wieder bewohnbar sein, knapp die Hälfte ist es jetzt schon.
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