Fast alle Satelliten die um die Erde kreisen, müssen sich ständig auf die Erde ausrichten. Man könnte nun meinen, das wäre leicht. Man sagt dem Bordcomputer, er soll so lange mit den Steuerdüsen herum spielen, bis der Satellite gerade da stehen bleibt und fertig.

Da gibt es nur ein paar Probleme. Erstens ist “stehen” in Vakuum ohne festen Punkt und ohne Reibung immer ein Euphemismus. Ein wenig wird der Satellit immer rotieren. Und mit dem stehen bleiben ist es auch so eine Sache. Denn “schwerelos” heißt nicht kräftelos. In niedrigen Orbits kann der letzte Hauch Atmosphäre noch ein Drehmoment verursachen, das irgendwann ausgeglichen werden muss. Auch das Licht der Sonne bringt Probleme mit sich. Photonen haben zwar keine Masse, aber sie tragen einen gewissen Impuls mit sich und verursachen einen Lichtdruck. Je nach dem welche Flächen wieviel Licht reflektieren, resultiert auch daraus ein gewisses Drehmoment, das den Satelliten langsam aber sicher von seiner Ausgangslage abweichen lässt.

Dazu kommen noch Korrekturmanöver, die ständig fällig sind. Denn die Erde ist keine perfekte Kugel und der Mond stört auch etwas, so dass keiner der Orbits die man anstrebt wirklich perfekt ist.

Wenn man jetzt alle Drehbewegungen eines Satelliten mit Düsentriebwerken durchführen würde, dann würden die mit der Zeit große Mengen Treibstoff verbrauchen. Man braucht also bessere Ideen, um diese Drehbewegungen zu bewerkstelligen. Dafür gibt es eine Lösung, die man praktisch in jedem Satellit und jeder Raumsonde findet, die irgendwie ihre Lage kontrollieren muss. Man benutzt kleine, sehr stabile Räder, die in Rotation versetzt werden.

Ohne Reibung ist so ein Satellit, trotz aller Problem, ein fast lehrbuchgerechtes Stück Physik. Von dort kennt man den Drehimpulserhaltungssatz. Der besagt, dass man den Satelliten auch ganz ohne Düsen in Rotation versetzen kann. Man muss nur einen Teil des Satelliten in die andere Richtung drehen lassen. Dieses Teil sollte natürlich nicht zu groß ein, sonst nimmt es zu viel wertvolle Masse weg.

Wenn man mit einem kleinen, möglichst leichten, Teil einn großen und schweren Satelliten in Rotation versetzten will, dann muss sich dieses kleine Teil entsprechend viel schneller drehen. Außerdem braucht man für jede Achse in der sich der Satellit drehen können muss wenigstens ein solches Reaktionsrad. Das Material aus dem diese Räder sind muss entsprechend stabil sein, um die Zentrifugalkräfte aushalten zu können.

Gesteuert wird alles über die Geschwindigkeit der Räder. Wenn man den Satelliten ein paar Grad in eine Richtung drehen will, dann beschleunigt man das passende Rad in die entgegengesetzte Richtung. Daraufhin hat der Satellit eine gewisse Rotationsgeschwindigkeit in die andere Richtung. Man muss dann nur warten, bis der Satellit fast seine Endposition erreicht hat und bremst dann das Rad auf die ursprüngliche Geschwindigkeit ab. Daraufhin sinkt die Rotationsgeschwindigkeit des Satelliten wieder auf Null ab. Mit Raketentriebwerken würde man bei beidem jeweils ein wenig Treibstoff verbrauchen. Das Rad ist nicht nur viel präziser, es braucht auch nur Strom. Solange das Rad, das Lager und der Motor halten, sind solche Reaktionräder eine tolle Sache.

Problematisch wird das nur, wenn eine Drehmoment von außen auf den Satelliten einwirkt und ihn ständig mit dieser Kraft in eine bestimmte Richtung dreht. Um diese Drehung auszugleichen muss sich das passende Reaktionsrad immer schneller drehen. Irgendwann kommt es dann an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Abbremsen kann man es nicht. Dann fängt der Satellit an, sich in die entgegengesetzte Richtung zu drehen. Er würde sich dann genauso schnell drehen, als wenn er nie die Korrekturen durchgeführt hätte.

Das ist der Punkt, an dem man dann doch ein Raketentriebwerk braucht. Man bremst das Rad ab und benutzt das Triebwerk um die resultierende Rotationsgeschwindigkeit wieder auszugleichen. Aber dieses Problem hat man nur, wenn man ein äußeres Drehmoment ausgleichen muss. Wenn man einen Satelliten oder eine Raumsonde präzise ausrichten will, sind solche und ähnliche Systeme praktisch unausweichlich.

Kommentare (1)

  1. #1 BreitSide
    Beim Deich
    3. Oktober 2015

    Ha, genau das Experiment hatten wir am Anfang von “Mesch- und Rätsel- Hektik” aka “Mess- und Regel- Technik”! Mesch hieß der Prof…

    Da kommen nostalgische Gefühle auf ;-)