Zur Abwechslung mal ein sehr bodenständiges Thema. Wie kocht man ein Ei? Man legt es für eine gewisse Zeit in kochendes Wasser. Je nach dem wie lang die Zeit ist, hat das Ei eine gewisse Konsistenz, nur nicht immer die, die man gerade gerne hätte.

Dabei hat die Zeit an sich mit dem Eierkochen wenig zu tun. Das Ergebnis ist hauptsächlich abhängig von der erreichten Temperatur. Wenn das Ei beim Kochen im inneren nur 55 Grad erreicht, dann sieht es praktisch noch aus wie ein rohes Ei. Bei 60 Grad wird das Eiklar zum Eiweiß, aber immernoch zu einem glibberigen Etwas. Bei 63 Grad ist das Eiweiß schon etwas fester, aber der Dotter noch flüssig. Irgendwo bei 64-65 Grad ist man schließlich dort, wo man beim 5-Minuten Ei gern wäre – der Dotter ist noch nicht fest, aber auch nicht mehr völlig flüssig. Aber das Temperaturfenster ist wirklich eng.

Das Eierkochen nach der Uhr basiert nun darauf, dass das kochende Wasser immerhin immer die gleiche Temperatur hat. Die Probleme beim Eierkochen kommen daher, dass die Eier bei weitem nicht so schön konstant immer die gleichen sind. Sie sind unterschiedlich groß und haben unterschiedliche Temperaturen. Das 5-Minuten Ei klappt zum Beispiel auf keinen Fall, mit Eiern die frisch aus dem Kühlschrank kommen.

Eier aus dem Kühlschrank sind noch zu kalt und man braucht mehr als 5 Minuten um sie in dem 100 Grad warmen Wasser auf 65 Grad zu bringen. Die Regel gilt nämlich nur für Eier auf Zimmertemperatur. Man sollte dafür also die Eier vorher aus dem Kühlschrank holen und in der Raumluft auf 20 Grad “vorkochen” – oder man legt sie in warmes Wasser aus dem Wasserhahn und kontrolliert die Temperatur mit dem Thermometer. Dabei muss das Wasser am Anfang natürlich etwas wärmer als 20 Grad sein, schließlich wird es durch die Eier abgekühlt. Größere Eier brauchen sowieso länger, weil die Wärme durch die dickeren Eischichten schlechter durchgeleitet wird.

Dazu kommt noch, dass die äußeren Schichten des Eis natürlich viel heißer sind als die inneren Teile, auf die es eigentlich ankommt. Das macht es zuerst einmal unmöglich ein gleichmäßig perfektes Ei zu kochen. Aber es bedeutet auch, dass die äußeren Eierschichten das Innere des Eis noch weiter aufheizen, wenn das Ei schon aus dem kochenden Wasser heraus ist. Wenn man nun die Eier mit kaltem Wasser abschreckt, dann wird der Prozess zum Teil unterbunden – aber auch das hängt wieder von der Temperatur und der Zeitdauer des Abschreckens ab.

Wegen der hohen Temperaturdifferenz zwischen dem kochenden Wasser und der Temperatur die man im Ei erreichen will, wird das Eierkochen zum Ritt auf Messers schneide.

Man kann sich nun versuchen mit einem Modell aus der experimentellen Physik und Mathematik aus der Affäre zu ziehen. Man bestimmt die Ausgangstemperatur, die Form und Größe, sowie die Schalendicke des zu kochenden Eis. Dazu kommen noch Luftdruck und Salzgehalt des Wassers um die Wassertemperatur zu kennen und wenn es sein muss noch die Temperatur des Wassers zum Abschrecken. Die passende Formel wird dann vorzugsweise mit einem kleinen Computer ausgerechnet, weil sich wohl die wenigsten Leute zu den Uhrzeiten, an denen man meistens Eier kocht, die unfallfreie Bedienung eines Taschenrechners in Zusammenhang mit einer längeren Formel zutrauen würden (oder sollten).

Es geht aber auch einfacher!

Das Kochen von perfekten Eiern gehört nämlich zu den Anfängerübungen Sous-Vide kochen. Man kann nämlich allen Problemen beim Eierkochen aus dem Weg gehen, wenn man seine Eier nicht in kochendem Wasser kocht. Anstatt 100 Grad heißes Wasser zum Kochen zu benutzen, nimmt man einfach ein Wasserbad, das mit elektrischer Heizung und Thermometer konstant auf der Temperatur gehalten wird, die das Ei am Ende haben soll.

Dann muss man nur noch warten und warten und warten und noch ein wenig warten, bis sich die Temperatur des Eis an die Temperatur des Wassers angeglichen hat. Das dauert aber gerade wegen den niedrigen Temperaturunterschieds fast eine ganze Stunde. Dann hat man aber immerhin das perfekte 5-Minuten Ei. Und wenn man schnell noch einkaufen muss und vergisst die Eier aus dem Wasserbad zu nehmen, ist es auch nicht so schlimm. Mit der Zeit ändert sich die Konsistenz zwar tatsächlich nochmal ein wenig, aber nicht entscheident. Auch wenn das Ei zwei Stunden statt nur einer Stunde bei 65 Grad gehalten wurde, ist es nicht plötzlich hart gekocht.

Im Detail aufgedröselt, mit vielen mehr-oder-weniger glibberigen Ei-Bildern findet man das hier.

Ach ja, wenn man das Wasserbad einfach (zum Beispiel) auf 75 Grad einstellt, geht es natürlich auch schneller als eine Stunde. Dann muss man aber schon wieder auf die Zeit achten und kann beim Eierkochen nicht mehr Joggen oder einkaufen gehen.

Das eigentliche Geheimnis für das perfekte 5-Minuten Ei ist aber ein anderes. Man sollte einfach Perfektion aufgeben und sich über das Ei freuen, das man auf dem Tisch hat. Auch wenn es heute mal wieder ein wenig flüssiger oder fester ist, als man es am allerliebsten hat. Dann braucht es nämlich wirklich nur 5 oder 6 Minuten oder so im kochenden Wasser.

Kommentare (17)

  1. #1 Stefan Wagner
    https://demystifikation.wordpress.com/2014/05/01/ei-am-stil/
    4. Oktober 2015

    Ich habe keine Mikrowelle – kann man Eier vielleicht auch in dieser garen, und das Eigelb gegen die Strahlung abschirmen?

    • #2 wasgeht
      4. Oktober 2015

      Eier (ungeschält) und Mikrowelle gehört zu den Dingen, die man sein lassen sollte. Nicht nur bei rohen Eier übrigens.

      Theoretisch sollte es gehen, wenn man die Leistung der Mikrowellen niedrig genug einstellt. Aber dieses Experiment überlasse ich gerne anderen. Freiwillige Mikrowellenputzer vor. ;)

  2. #3 BreitSide
    Beim Deich
    4. Oktober 2015

    Kennst Du Chantal und Hartmut? Ich weiß nicht, ob sie wirklich so heißen. Sie sind jedenfalls beides Kunststoffeier, die offensichtlich im Innern einen Aufbau haben, der ähnlich einem Hühnerei in Wärmeleitung und -kapazität ist. Ganz innen ist wohl ein Temperaturfühler.

    Bei “Chantal” soll er genau dann ansprechen, wenn ein Hühnerei weich ist, bei “Hartmut”, wenn es hart ist.

    Und in einer schweizer(?) Veröffentlichung hab ich mal eine Anleitung gelesen, wie man am energiesparendsten ein Ei in Wasser kocht.

    Hast Du auch mal die Eierkocher getestet, die über Verdampfung/Kondensation kochen? Sind die genauer? Blöd nur, dass alle, die ich kenne, nicht abschalten, sondern nur brummen. Aber energiesparender werden sie schon sein?

    Bei diesen Eierkochern hatte mich zuerst verwundert, dass man für mehr Eier weniger Wasser braucht. Das macht allerdings Sinn, wenn man an die erhöhte Kondensation durch mehr Eier denkt.

    Für die Mikrowelle soll es so eine Art extra Schale geben (von Tupper?), die anscheinend das Unheil verhindern soll.

  3. #4 wereatheist
    4. Oktober 2015

    Bei der Mikrowelle könnte es ein Problem sein, dass die Leistungs(stufen)angaben nicht allzu genau sind. Schon +/- 5% machen das “perfekte” Ei einigermaßen unmöglich.
    Zum Experimentieren unbedingt Mikrowellengeschirr mit Deckel verwenden! Z.B. das von @BreitSide vorgeschlagene Dings.

    • #5 wasgeht
      4. Oktober 2015

      Ja, man braucht dafür ein Containment in der Mikrowelle. Mir hat es darin mal ein hart gekochtes Ei, das ich nur aufwärmen wollte, zerlupft.

  4. #6 wereatheist
    4. Oktober 2015

    Und nein, man kann das Eigelb nicht gegen die Mikrowellenstrahlung abschirmen.

    • #7 BreitSide
      Beim Deich
      4. Oktober 2015

      wereatheist 4. Oktober 2015 “Und nein, man kann das Eigelb nicht gegen die Mikrowellenstrahlung abschirmen.”

      Wie meinen?

  5. #8 wereatheist
    4. Oktober 2015

    So ein hartgekochtes Ei hat vielleicht so ne Art Lunker aus reinem Wasser, die sich etwas schneller erhitzen als die Umgebung :)
    Aber eigentlich ist es nur eine Frage der Dosis (von Mikrowellen).
    Und genaue Dosierung geht nicht mit handelsüblichen Mikrowellen.

  6. #9 wereatheist
    4. Oktober 2015

    wereatheist 4. Oktober 2015 “Und nein, man kann das Eigelb nicht gegen die Mikrowellenstrahlung abschirmen.”

    Das bezog sich auf #1

  7. #10 dgbrt
    5. Oktober 2015

    Mit Temperaturen knapp über 60 Grad kann man vieles sehr schonend garen. Man muss eben nur etwas länger warten…

    Aber, dass Katzen oder rohe Eier nicht in die Mikrowelle gehören sollte doch wohl jeder wissen.

    Bei den 5-Minuten-Eiern gibt es aber natürlich Hausfrauen die haben das einfach im Gefühl:
    Loriot – Das Frühstücksei

  8. #11 Dr. Klaus Trophobie
    5. Oktober 2015

    Das man auch ge- oder angegarte Eier nicht in die Microwelle tut haben wir im Praxistest erlebt.
    Es kam dem sonntäglichen Spaß natürlich zugute das es Ei nicht schon im Kochutensil sondern erst bei Kontakt mit dem kalten Löffel hochging. :D

    P.S. Es reichte tatsächlich bis an die Decke.

  9. #12 Draalo
    5. Oktober 2015

    Als Single koche ich mir ab und zu ein einzelnes Ei in der Microwelle. Ein in einen Kaffeepot und mit Wasser gerade so auffüllen. Habe Heisswasser über die Heizungsanlage (ca. 60°) und drücke 2x die Schnelltaste, also ca. 1,5 min. bei 700 Watt. Das Ei ist nach 10 min. perfekt, bleibt gut bis zu 20 min. im der Tasse und ist selbst abends noch fein wenn es mal doch nicht sofort gegessen wurde.

    Zeiten und Geräteleistung muss jeder selbst raustüfteln.

  10. #13 Alderamin
    5. Oktober 2015

    Ich hab’ mal irgendwo im Netz ein Diagramm gefunden, da war die Kochzeit für verschiedene Ei-Umfänge grafisch aufgetragen. Dazu habe ich noch ein wenig experimentiert, da ich als ungeduldiger Mensch nicht erst das Wasser zum Kochen bringe und dann die Eier hineinlege, sondern die Eier ins kalte Wasser lege und dann mit dem Wasser aufwärme. Wenn das Wasser zu Kochen beginnt, fangen die Eier zu einem sehr präzisen Moment an, auf den Kesselboden zu klopfen, und ab dann läuft die Uhr 3:30 bis 4:15 Minuten, je nach Umfang des Eis (den ich mit einem Maßband bestimme, wenn die Größe von der abweicht, die wir für gewöhnlich als “XL” erhalten). Es ergab sich für diese Methode (Eier kommen aus dem Kühlschrank) eine leicht versetzte Kurve, an die ich mich halte. Klappt meistens sehr gut (stimmt dann aber wohl nur für unseren Herd).

  11. #14 Lundi
    5. Oktober 2015

    Prof Werner Gruber hat sich auch schon mit dem Eierkochen beschäftigt und ist das Thema mit Formel und Schablone angegangen. Ausprobiert habe ich noch ncihts davon.
    https://schulmodell.eu/wth/1593-das-perfekte-fruehstuecksei.html
    https://images03.kurier.at/ei-messer2-freiWeb.jpg/htmlTaggingImage/46.923.173
    Es gibt sogar im Web eine Seite mit Onlinerechner.
    https://www.eierfans.de/eirechner-wie-lange-eier-kochen/

  12. #15 Hans Gensch
    9. Oktober 2015

    @14 Lundi
    Ich nutze den Rechner auf:
    https://www.tippscout.de/eier-kochen-so-gelingt-ein-perfektes-ei_tipp_2591.html
    Ein bisschen nach unten scrollen, das orangene Kästchen.
    Normalerweise esse ich sehr gerne Eier, aber mit dem Eierkocher war das Ergebnis doch nicht so reproduzierbar wie ich es gerne gehabt hätte. Deshalb bin ich auf den Kochtopf mit siedendem Wasser und einer Stoppuhr umgestiegen. Egal ob 2 oder 10 Eier, das Ergebnis stimmt. Seitdem gibt es fast jeden Tag Eier zum Frühstück. Meine Parameter: Eier Zimmerwarm gelagert, 270m über nn, Eier ins siedende Wasser gegeben, bei Größe M 5:45 Min und bei Größe L 6:10 Min. Ein Schuss Maggi mit dabei und der Tag kann beginnen.

  13. #16 BreitSide
    Beim Deich
    11. Oktober 2015
  14. #17 Michael Kufeld
    Ratzeburg
    12. April 2017

    Ich habe Eier 1 Stunde bei 65°C gekocht. Das Einweiß war noch flüssig bis weich und das Eigelb fest. Und das bei allen 40 Eiern. Wie ist das möglich ???