Als ich meine Reihe über elektrische Antriebe gemacht habe, hatte die keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vor ein paar Tagen bin ich nun wieder über etwas interessantes gestolpert. Es ist ein feines, kompaktes Triebwerk, das dem Größenstandards für Cubesats entspricht.

Im Grunde ist es auch gar kein elektrischer Antrieb, sondern ein chemischer und die Idee ist ganz einfach. Der Treibstoff ist schlichtes Wasser, das durch Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff getrennt wird. Die Energie die man so in die elektrolyse gesteckt hat, wird bei der Verbrennung in einem kleinen Düsentriebwerk wieder frei. Eine simple Idee, aber durchaus wirkungsvoll. Das Triebwerk mit Tank ist je nach Bauform etwa eine Cubesat Einheit groß, also ein Würfel mit 10cm Kantenlänge.

Die Schubkraft soll in der endgültigen Variante 1 Newton betragen, allerdings wird es das nicht dauerhaft tun können. Schließlich muss immer erst durch Strom das Wasser gespalten werden. Sobald wieder genug Brennstoff da ist, kann das Triebwerk wieder eingesetzt werden.

Der spezifische Impuls liegt bei 300s. Das ist für ein chemisches Triebwerk mit lagerbarem Treibstoff ganz gut, für ein Triebwerk das derart klein ist, ist es sogar sehr gut. Aber für ein Wasserstofftriebwerk ist es enttäuschend. Man würde eher etwas in der Größenordung von 450s erwarten. Das liegt daran, dass der Treibstoff hier eben nicht Wasserstoff und Sauerstoff getrennt sind.

Im Wasser beträgt das Gewichtsverhältnis von Wasser zu Sauerstoff 1:8, in normalen Wasserstofftriebwerken liegt es aber bei 1:5 bis 1:6. Es ist zusätzlicher Wasserstoff enthalten, der nicht verbrannt wird, sondern einfach nur bei der Verbrennung mit aufgeheizt wird. Leichte Moleküle, wie reiner Wasserstoff, werden dabei aber sehr viel schneller als reines Wasser, das aus 9 mal so schwerer Molekülen besteht. Trotz niedrigerer Verbrennungstemperatur steigt dadurch die Austrittsgeschwindigkeit und damit der spezifische Impuls. Wenn man nun nicht Wasserstoff und Sauerstoff getrennt transportiert, kann man sich das Mischungsverhältnis leider nicht aussuchen. Und so muss man einen Kompromiss eingehen und kommt nur auf 300s.

Das soll immerhin reichen um in der größtes Ausbaustufe eine Geschwindigkeitsänderung von 2km/s erreichen zu können. Das reicht zum Beispiel aus, um mit einem Cubesat vom GTO (dem Übergangsorbit zum Geostationären Orbit) zum Mond zu fliegen. Entweder in einen Orbit, oder einfach nur auf Kollisionskurs zur Oberfläche. Man könnte sogar am Mars vorbei fliegen oder versuchen in seiner der Atmosphäre bremsen und so in einen Orbit zu kommen  – allerspätestens dann wird es aber mit der Kommunikation schwierig.

Rein energetisch gesehen ist der Unterschied zwischen einem Flug zum Mond oder zum Mars nicht sonderlich groß. Das Problem besteht hauptsächlich in der viel größeren Entfernung. Ob ein Cubesat auch nur im Ansatz ernsthafte Chancen hat, einen interplanetaren Flug allein zu überstehen, kann ich nicht beurteilen. Am Mars angekommen müsste er wohl andere Raumsonden im Marsorbit als Kommunikationsrelais benutzen um mit der Erde zu kommunizieren. Das viel größere Problem sind die Monate dazwischen, in denen der Cubesat wohl ohne jede Kommunikation autonom durch den interplanetaren Raum treiben würde -praktisch ohne jede Chance etwas in Erfahrung zu bringen, wenn etwas dabei schief geht.

Man darf jedenfalls gespannt sein, ob Cubesats mit diesen Triebwerken ausgestattet werden und wohin sie wohl fliegen werden.

Kommentare (4)

  1. #1 BreitSide
    Beim Deich
    5. Oktober 2015

    Sehr interessant! Die verlinkte Broschüre klingt ja fast wie eine Baumarktwerbung für einen Bohrschrauber ;-)

  2. #2 elements2energy
    8. Oktober 2015

    Das klingt ja nach einem Perpetuum Mobile.
    Wenn in dem Triebwerk tatsächlich mehr Energie erzeugt werden kann, als für die Elektrolyse zuvor aufgewendet wurde, dann gäbe für so ein Gerät hier auf der Erde ja auch genügend Einsatzmöglichkeiten. Zur großtechnischen Stromerzeugung z.B. in dem anstatt der Schubkrafterzeugung eine Turbine angetrieben wird.

    • #3 wasgeht
      8. Oktober 2015

      Das steht nirgendwo.

      “Die Energie die man so in die Elektrolyse gesteckt hat, wird bei der Verbrennung in einem kleinen Düsentriebwerk wieder frei.”

      Tatsächlich geht bei der Elektrolyse natürlich noch einiges durch Verluste verloren. (Wärme durch elektrischen Widerstand etc. pp.)

  3. #4 elements2energy
    8. Oktober 2015

    D.h. doch, dass das System aufgrund der Verluste bei der Elektrolyse und der folgenden Reaktion (Verbrennung) nicht funktionieren kann. Selbst bei verlustfrem Ablauf bliebe keine Energie für die Schubkraft übrig.