In Japan hat man diesen Schritt erst nach dem Unfall in Fukushima Daiichi getan. Davor waren die Kernkraftwerke noch auf dem jeweiligen Stand der Technik der vorherrschte, als sie entworfen wurden, ohne grundlegende Verbesserungen. Im Fall der Siedewasserreaktoren und Containments die in Fukushima Daiichi zu Einsatz kamen, war das der Stand von 1965.
Eine ganz gute Zusammenfassung der Geschichte dieser Sicherheitsregularien in den USA findet man im NUREG/CR-6042. Da man in Japan die amerikanischen Konstruktionen zunächst weitgehend übernommen hat, gelten die gleichen grundlegenden Richtlinien in der Konstruktion der Kernkraftwerke auch für Japan. Das heißt, dass beim größtmöglichen Unfall keine Personen außerhalb des Kraftwerks sterben sollen, wenn entsprechende Maßnahmen getroffen werden. – Auch wenn dazu eine Evakuierung der Umgebung nötig wäre.
Die Kontaminierung der Umgebung spielte in den den 60er Jahren noch keine Rolle. Entsprechend nahm man es damals noch in Kauf, dass im schlimmstmöglichen Unfall einige tausend Quadratkilometer kontaminiert würden. (Der schlimmstmögliche Unfall ist nicht der GAU. Der GAU ist nur der größte anzunehmende Unfall.) Das änderte in Europa spätestens in den 80er Jahren, als in Schweden 1980 Filter vorgeschrieben wurden und Deutschland und Frankreich 1988 nachzogen. In Japan geschah das erst 2013. Denn es war spätestens seit der NUREG-1150 (auch Rasmussen Report) im Jahr 1975 allgemein bekannt, dass insbesondere im Fall der damals in den USA und somit auch in Japan üblichen Kontainments von Siedewasserreaktoren bei einer Kernschmelze große Teile der Umgebung kontaminiert würden. Der Rasmussen Report wurde auch in Deutschland öffentilch diskutiert und ist auch für jeden einsehbar. Was nicht in Japan umgesetzt wurde, war der Schutz vor Überschwemmungen, insbesondere Tsunamis.
Damals bezeichnete man Tsunamis noch als “tidal waves”. Unter diesem Namen wurden sie explizit auch schon 1975 im Nureg-1150 als eine der möglichen Ursachen für eine vollständigen Stromausfall mit anschließender Kernschmelze genannt. Die Frage der Sicherheitstechnik kam ohnehin erst 1992 in Japan auf und wurde bis ins Jahr 2000 praktisch tatenlos diskutiert. Erst 2009 gab es dann einen abschließenden Report über die inzwischen umgesetzten Sicherheitsmaßnahmen, die praktisch durchweg enttäuschend sind.
Exemplarisch sei die erst im Jahr 2000 gemacht Vorgabe genannt, nach der zwei Notstromgeneratoren für jeden Reaktor installiert sein müssen, was nur eine Rückkehr zu den Standards der 60er Jahre bedeutet. (In Deutschland sind mindestens 4 Notstromgeneratoren vorgeschrieben. Man geht davon aus, dass im Notfall ein Generator gerade in Reparatur ist und ein weiterer kaputt ist. Je nach Umständen müssen aber mehr als 4 installiert werden, um die Funktion in bestimmten Situationen wie Hochwassern zu gewährleisten.) Bevor diese Regeln in Kraft traten reichte es aus, für zwei Reaktoren drei Notstromgeneratoren zu haben, wenn die beiden Reaktorgebäude nebeneinander standen.
Ein ernsthaftes Umdenken setzte in Japan erst nach 2011 ein.
Kommentare (9)