Nachdem mich die Redaktion von Golem.de um einen Artikel zur Formel E gebeten hat, möchte ich den hier nicht vorenthalten. (Ich muss dazu nur einen gewissen Zeitabstand zwischen den Veröffentlichungen einhalten.) Der Anlass dazu war natürlich, einen Artikel noch rechtzeitig vor dem ersten Formel E Rennen der neuen Saison zu veröffentlichen.
Inzwischen ist das Rennen gelaufen. Der Kommentar auf Eurosport ist wesentlich angemessener, als der englische FIA Kommentar der letzten Saison. Wobei selbst der englische Kommentar etwas eingebremst wurde und nicht mehr jedes Zucken und jeden Zweig auf der Strecke überdramatisiert, sondern nur noch jeden zweiten. Ansonsten verlief das Rennen fast wie gewohnt. Ein Team hat die Homologation aber nicht überstanden, womit nur 18 von 20 Autos losfuhren. Anstatt von zwei Safety Car Phasen gab es “Full Course Yellow”, bei dem nur 50km/h gefahren werden durfte. Was im zweiten Fall die Fahrer beim Autowechsel in der Box außerordentlich bevorteiltet.
Die Anhebung der Leistungsbegrenzung machte sich natürlich nur am Rande bemerkbar, weil gleichzeitig die Batteriekapazität gleich blieb. Die Autos können mehr Energie pro Sekunde auf die Straße bringen, haben aber nicht mehr Energie zur Verfügung als zuvor auch. Vorteile bringt das nur den Autos, die Strom gespart haben und erst nach Runde 14 statt nach Runde 13 die Autos gewechselt haben. Mehr Flexibilität gibt es nicht. Dafür sind die Rennen zu kurz und Strecken zu lang. Anders als in der letzten Saison kam kein Auto mit 10% und mehr Batterieladung ins Ziel, weil die Fahrer mit der höheren Motorleistung in den letzten Runden den die Restenergie besser nutzen konnten.
Der entlarvenste Moment des Rennens war aber gegen Ende des Rennens. Aus Gründen die auf der Kamera nie gezeigt wurden hat sich Nicolas den Heckflügel beschädigt. Er hing zur Hälfte schräg herunter. Das hielt Nicolas Prost auf Platz 3 aber nicht davon ab, in den nächsten 6 Minuten ohne Geschwindigkeitsverlust in weniger als einer Sekunde Abstand hinter Lucas Di Grassi her zu fahren. Erst danach wurde er mit der berüchtigten Spiegeleiflagge wegen Schäden am Auto aus dem Rennen geholt.
Als man in der Formel 1 noch ähnlich große Heckflügel hatte, wie heute in der Formel E, kam es dagegen eher zu solchen Szenen:
Da passt es ins Bild, dass man im Eurosportkommentar wenigstens 2-3 mal betonte, es handle sich um richtige Rennwagen. Die Worte hör ich wohl, allein, mir fehlt der Glaube. Die Aerodynamik wirkte jedenfalls nicht sonderlich überzeugend. Wie dem auch sei. Es folgt der Artikel, wie ich ihn für Golem geschrieben habe.
Eine bessere Formel E ist möglich
Die Formel E ist vor einem Jahr als neue Rennserie angetreten. Schon der Name sollte ihr einen Hauch des Prestige der Formel 1 verleihen, genauso wie die Form der Dallara Chassis. Dabei ist es kein Problem, dass die Leistung hinter der Formel 1 zurückblieb. Immerhin sollte die Entwicklung und Verbesserung der Technik eines der wichtigsten Ziele sein. Wenn man die Formel E schon nicht an der Formel 1 messen kann, dann zumindest an ihrem selbst gesteckten Ziel.
Dabei konnte man schon am ursprünglichen Konzept der Wagen einige Zweifel üben. Für die Leistung sind die Batterien der mit Abstand wichtigste Teil der Autos. Sie sind aber auch der Teil, der bei der Formel E sträflich vernachlässigt wird. Die knapp 900kg schweren Wagen haben eine 200kg schwere Batterie, mit einer Kapazität von 28kWh. Eine 300kg schwere Batterie hätte das Gewicht nur etwas mehr als 11% erhöht, die Kapazität aber um volle 50%. Man sollte meinen, dass ein reinrassiger Sportwagen solche Möglichkeiten nicht ungenutzt lassen würde.
Genauso viel Potential lässt man mit den Reifen auf der Strecke liegen. Anstatt weicher, profilloser Rennreifen, benutzt man Allwetterreifen. Die sorgen mit schlechter Bodenhaftung aber für noch langsamere Kurvengeschwindigkeiten, was die Autos gerade in den engen Stadtkursen schwerfällig macht.
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