Wenn man Wasserstoff speichern will, dann kann man versuchen, ihn zu komprimieren oder zu verflüssigen, um mehr Wasserstoff in einen Tank zu bekommen. Man kann aber auch versuchen durch chemische Reaktionen wasserstoffhaltige Verbindungen zu erzeugen, der man in einem zweiten Schritt den Wasserstoff wieder entreisst.
Eine solche Möglichkeit wurde gestern am Forschungszentrum Jülich präsentiert. (Und gestern wollte ich diesen Artikel auch schreiben, aber mir tat ein Handgelenk weh – und solche Dinge werden nicht davon besser, dass man den Schmerz ignoriert und einfach weiter schreibt. Sorry.)
Wasserstoff speichern
Den Vortrag habe ich leider noch nicht gehört (die Aufzeichnung wurde noch nicht veröffentlicht), sondern nur die Tweets verfolgt, die es dazu gab – und natürlich die Veröffentlichungen dazu, die sich sonst noch finden ließen. Der Plan dahinter besteht darin, Dibenzyltoluol unter Druck (20-50 Bar) zusammen mit Wasserstoff und einem Ruthenium-Katalysator in Perhydrodibenzyltoluol zu verwandeln.
Das erste ist letztlich eine Verbindung aus drei Benzolringen. Um nun Wasserstoff zu speichern wird der Wasserstoff in der chemischen Reaktion an den Benzolringen angelagert. Dabei werden pro Mol eingelagerten Wasserstoff 71kJ Energie frei. Das ist etwa ein Viertel der Energiemenge, die bei der Verbrennung von Wasserstoff frei wird. Im Ergebnis kann man so in einem Molekül Dibenzyltoluol neun Moleküle Wasserstoff unterbringen, wodurch das Molekül ungefähr 6% schwerer wird. Damit ist der Wasserstoff in einer Flüssigkeit gespeichert, die sich ungefähr so ähnlich wie Diesel verhält. Das nennt man Hydrierung.
Stellt sich nur noch die Frage, wie man an den Wasserstoff wieder heran kommt. Das geht natürlich mit der umgekehrten Reaktion, der Dehydrierung. Dafür muss man wieder die gleiche Menge Energie hinzufügen, die bei der Entstehung des wasserstoffhaltigen Stoffs frei wurde. Dazu heizt man den Stoff auf und lässt ihn bei etwa 300 Grad durch einen Platin-Katalysator laufen. Im Ergebnis hat man dann wieder Dibenzyltoluol und Wasserstoff. Den Wasserstoff kann man verbrennen und das Dibenzyltoluol geht wieder zurück.
Also nochmal: Am Anfang kommen Wasserstoff und Flüssigkeit vorne rein, dafür kommt viel Wärme und eine andere Flüssigkeit wieder raus. Später braucht man genausoviel Wärme um den Wasserstoff und die ursprüngliche Flüssigkeit wieder zu bekommen. Den Wasserstoff kann man dann in einem Motor oder einer Brennstoffzelle verbrennen, wo Strom und Abwärme entsteht.
Kein perfekter Speicher
Das klingt toll und natürlich gibt es auch eine Firma, die das umsetzen will. In Verbindung damit findet man dann auch hochtrabende Pläne. Aber man sollte die Probleme nicht unterschätzen. Besonders der zweite Schritt hat es in sich.
Man muss die Energie von einem Viertel des freiwerdenden Wasserstoffs dafür verwenden, dass überhaupt Wasserstoff frei wird. Es ist nun kein Problem, das in Gang zu setzen, aber es ist ein Effizienzproblem. Es geht Energie verloren. Natürlich kann und sollte man versuchen, für diesen Prozess Abwärme zu benutzen. Aber Abwärme mit der nötigen Temperatur von 300 Grad ist selten. Selbst dort wo sie auftritt, würde man normalerweise versuchen, damit eine Turbine anzutreiben und die ganze Anlage effizienter zu machen. Die Effizienzverluste kann man also kaum verstecken, man kann es aber versuchen.
Genau das hat man hier bei der Präsentation auch versucht. (Das Bild wurde auf Twitter veröffentlicht.)
Wie man leicht sieht, grenzt die letzte Zeile zusammen mit der ersten Zeile an Betrug. Wenn schon bei der Elektrolyse 30% der Energie verloren gehen, sollte man darauf verzichten, einen Gesamtwirkungsgrad von über 80% zu versprechen. Natürlich kann man versuchen das zu rechtfertigen. Man muss “nur” einen Weg finden, die gesamte Abwärme an den Orten an der sie entsteht zu allen Zeitpunkten zu denen sie entsteht mit maximaler Effizienz zu nutzen. Das ist ernsthaft schwierig. Denn es geht hier um zwei bis drei getrennte Prozesse, die an getrennten Orten zu getrennten Zeitpunkten stattfinden.
Abwärme der Wasserstoffspeicherung
Die Elektrolyse findet an einem Ort statt, an dem es gerade sehr viel Strom gibt. Das ist meistens kein Ort und kein Zeitpunkt, an dem man Abwärme mit niedriger Energie effizient nutzen kann. Natürlich kann man Abwärme “nutzen” und eine Wohnung von 23 Grad auf 25 Grad aufheizen, weil die Abwärme gerade vorhanden ist und einfach so verschwinden würde. Aber ist das eine Nutzung oder ist das Verschwendung im Überfluss?
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