Wenn man an Ostasien und Ostasiatische Geschichte denkt, dann sind das eigentlich immer nur zwei Länder. China und Japan. Von Korea spricht man im allgemeinen nur wegen der aktuellen politischen Situation, vielleicht noch wegen dem Koreakrieg von 1950, aber ansonsten verschwindet es zwischen den beiden anderen.

Von China aus gesehen ist Korea ein Land am Rand der Welt. Von Japan aus gesehen ist es der erste Nachbar auf dem asiatischen Festland und von Europa aus gesehen ist es ein Land irgendwo in Asien. Und so endet es aus unserer Sicht meistens als Objekt der Geschichte der beiden großen Nachbarn. – Als tributpflichtiger Vassallenstaat Chinas*, als  japanische Kolonie bis zum Ende des zweiten Weltkriegs oder als Streitobjekt zwischen Sowjetunion und den USA.

*Es ist nicht so, als ob die Koreaner eine Wahl gehabt hätten oder die in europäischer Manier Bündnisse mit anderen Mächten hätten schließen können um die eigene Unabhängigkeit zu sichern. Tribut an China zu zahlen war für die Koreanischen Könige seit dem 14. Jahrhundert das kleinere Übel. Insbesondere wenn man bedenkt, dass sie davor noch von den Mongolen beherrscht wurden. Immerhin gründete ihre Kultur und Schrift auch auf der chinesischen/konfuzianischen Tradition, aus der Zeit der Tang Dynastie im 7.-10. Jh. Die damals einen ebenso große Einfluss auf Japan hatte.

Es überrascht deswegen nicht, dass einer der großen Volkshelden der Koreaner ein Admiral des 16. Jh. ist, der sich in einem Krieg gegen die Japaner bewährt hatte. Der Imjin Krieg war der Versuch der Japaner, Korea und anschließend China zu erobern. Es dauerte sechs Jahre, bis die Japaner schließlich besiegt waren und Admiral Yi spielte dabei eine entscheinde Rolle. Er gewann jede einzelne der 23 Seeschlachten, die er führte.

Er bemerkte, dass sich die Japaner praktisch überhaupt nicht Seegefechten auskannten. Ganz im Gegensatz zu Landgefechten. Japan hatte gerade eine epochalen, mehrere Generationen übergreifenden Bürgerkrieg hinter sich, der sich praktisch nur auf den Japanischen Hauptinseln an Land zugetragen hat. Auf dem Land waren die Japaner für die Koreaner kaum zu besiegen. Ihnen fehlte schlicht die Erfahren. Aber die japanische Flotte bestand nur aus einer großen Zahl von Transportschiffen, die Soldaten nach Korea bringen sollten. Seeschlachten spielten im Japanischen Bürgerkrieg praktisch keine Rolle. Die Flotte war der Schwachpunkt und Admiral Yi griff sie immer wieder an und verhinderte so den Nachschub. Er gewann Schlachten gegen große Übermacht mit minimalen Verlusten, trotz missgünstigen Vorgesetzen.

Das lag ganz wesentlich an der Strategie der Japaner. Wenn sie angegriffen werden, war der Plan, die gegnerischen Schiffe zu rammen und zu entern. Eine bewährte Methode, die es auch noch zu dieser Zeit im Mittelmeer gab. Aber inzwischen hatte man in Korea bessere Kanonen mit größerer Reichweite entwickelt, was Admiral Yi meisterhaft ausnutzte. Seine Schiffe versah er außerdem mit einem stachelbewehrten Dach, das Enterversuche von Oben möglichst schwer machen sollte. Mit der richtigen Taktik waren diese Schiffe zwar nicht besiegbar, aber trotzdem den einfachen japanischen Transportschiffen haushoch überlegen.

Der ausbleibende Nachschub aus Japan ermöglichte es den Koreanen immerhin so lange auszuhalten, bis sie sich entschieden hatten, um Hilfe aus China zu bitten. Mit noch mehr japanischen Truppen im Land, wäre jede Hilfe zu spät gekommen und die immer weiter fortgesetzte Zerstörung japanischer Schiffe ermöglichte nach Jahren auch den Sieg.

Zum ersten mal ist mir diese Geschichte bei einer Vorlesung zur Weltgeschichte von Richard Bulliet begegnet. Der sie hauptsächlich deswegen besprochen hat, weil Korea bei den üblichen Erzählungen zur Weltgeschichte eben sehr leicht zwischen die Stühle gerät. (Beginnt mit einer Anekdote ungefähr bei 10:30)

Er macht darin die wichtige Beobachtung, dass das Bild der Geschichte eines Landes oft von eben solchen Geschichten wie die eines Admiral Yi abhängen. Es hat die Nebenwirkung, dass es oftmals das einzige ist, das Menschen von der Geschichte eines solchen Landes wissen. Aber immerhin ist so sichergestellt, dass Menschen klar ist, dass auch ein solches Land wie Korea eine Geschichte hat, die der Geschichte jedes anderen Landes ebenbürtig ist.

In den letzten 6 Wochen wurde die Geschichte von Admiral Yi bei “Extra Credits” verfilmt. Jetzt ist die Serie fertig, inklusive einiger Anmerkungen des Autors im Nachhinein. Grund genug darauf hinzuweisen und sie sich anzuschauen:

Viel Spaß!

Kommentare (4)

  1. #1 BreitSide
    Beim Deich
    7. November 2015

    Ha, den kannte ich noch nicht.

    Fällt in Yis Zeit auch der “Kamikaze”? Oh je, war 300 Jahre früher…

    Ich kenne Korea auch fast nur als Opfer, fast so wie Polen. Aber unbekannter.

    Im Koreakrieg im 20. Jhdt ist m.W. Korea wesentlich gründlicher zerstört als Deutschland oder auch Vietnam.

  2. #2 wereatheist
    8. November 2015

    Seine Schiffe versah er außerdem mit einem stachelbewehrten Dach, das Enterversuche von Oben möglichst schwer machen sollte. Mit der richtigen Taktik waren diese Schiffe zwar nicht besiegbar,

    Ich glaube, da fehlt ein ‘un’ vor ‘besiegbar’.
    Ich erinnere mich dunkel, ein Modell eines koreanischen ‘Panzerschiffs’ (eigentlich nur Stacheldachschiff) mal vor Jahrzehnten im Deutschen Museum in München gesehen zu haben.

  3. #3 teebeutel
    8. November 2015

    Japaner, Chinesen, Koreaner, scheinbar alles ein und dasselbe, aber untereinander geht echt die Post ab.

    https://pbs.twimg.com/media/CS0BJJtWcAALJ-3.png

  4. #4 BreitSide
    Beim Deich
    8. November 2015

    Sehr interessant. Was mir an der Grafik noch auffällt:

    – Die Inder mögen fast Niemanden wirklich (max like bei 66), aber hassen auch Niemanden zu arg (max unlike bei 24).
    – Die Japaner mögen die meisten Anderen (Median 71%), werden aber von den Anderen am wenigsten gemocht (Median 33%). Upps, nee, China wird noch weniger gemocht (Median 28%).

    Da wundert mich auch noch Eins: Es heißt doch immer, dass Japaner und Koreaner sich so “lieben” wie Deutsche und Holländer. So heißt es jedenfalls immer im Sport. Allgemein gesellschaftlich scheint das aber nicht zu sein.

    Sehr interessant, wie gesagt. Was auch immer das zeigt…