… tut sie aber nicht
Bei der Fusion von Deuterium und Helium-3 ist immer Deuterium anwesend. Bei den Bedingungen im Reaktor kommt es aber auch zur direkten Fusion von Deuterium mit anderem Deuterium. Das lässt sich nicht vermeiden. Atomkernen kann nicht gesagt werden: Alles Deuterium bitte links aufstellen, alles Helium-3 bitte rechts. Jedes Helium-3 bitte nur einen Deuterium-Kern! Es ist alles wild gemischt und sobald zwei Atomkerne mit ausreichend Energie zusammen stoßen, kommt es zur Fusion. Bei der Fusion von Deuterium mit Deuterium entsteht entweder ein Helium-3 Atom und ein Neutron oder ein Tritium Atom und ein Proton. Das Tritium fusioniert kurz darauf mit Deuterium zu Helium und einem Neutron. Helium-3 kann die Entstehung von Neutronen im Reaktor also nur reduzieren, aber nicht verhindern. Die Probleme der Materialwahl bleiben genauso bestehen wie zuvor.
Nebenbei gesagt: Jeder Reaktor der effektiv Helium-3 mit Deuterium fusionieren kann, kann genauso gut auch Deuterium mit Deuterium fusionieren, ganz ohne Helium-3. Dann ist kein Helium-3 vom Mond notwendig und Deuterium von der Erde wird sowieso gebraucht. In einer Million Tonnen Wasser auf der Erde gibt es etwa 17 Tonnen Deuterium. In den Ozeanen gibt es damit 23 Billionen Tonnen Deuterium.
In den Bodenproben von Apollo 11 fand sich im besten Fall eine Konzentration von 100 ppb. Und zwar nur in Staubkörnern unter 10 Mikrometer Größe. Das sind also bestenfalls 100 Kilogramm Helium-3 in einer Million Tonnen feinstem Mondstaub. Schlimmer noch, Helium-3 entsteht bei der Kollision von Sonnenwind mit der Oberfläche. Nur in den obersten Schichten der Mondoberfläche finden sich überhaupt so hohe Konzentrationen.
Wieviel Energie entsteht bei der Helium-3 Fusion?
Natürlich kann mit Helium-3 Fusion sehr viel Energie frei werden. Aber wieviel genau? Bei der Fusion von einem Helium-3 Atom mit Deuterium werden etwa 18,6 MeV Energie frei. Zum Vergleich: Bei der Spaltung von U-235 sind es 200MeV, davon werden 185MeV unmittelbar im Reaktor nutzbar. Aus einem etwa 80mal so schweren Atom wird die 10fache Menge Energie frei. Das natürlich auch nur, weil das Deuterium hier auf der Erde ist und nicht vom Mond hergebracht werden muss.
Zur groben Abschätzung gilt, dass ein Kernkraftwerk mit einer Leistung von 1GW etwa eine Tonne Uran pro Jahr spaltet. (Bei einer Effizienz von etwa 40%. In der Praxis liegt sie meistens niedriger.) Jedes Fusionskraftwerk mit der gleichen Leistung bräuchte etwa 125kg He-3 pro Jahr. Allein um die etwa 400 GW Leistung der Kernkraftwerke auf der Welt zu ersetzen, müssten jedes Jahr 50 Tonnen Helium-3 vom Mond zur Erde gebracht werden. Um die 5000 GW der gesamten Stromversorgung der Welt sicher zu stellen müssten es 600 Tonnen He-3 pro Jahr sein.
Um 600 Tonnen Helium-3 zu produzieren, müssten jedes Jahr wenigstens 5 Milliarden Tonnen Mondstaub verarbeitet werden. Natürlich nur, wenn der Staub die äußerst hohe Konzentration von 100ppb He-3 hat. Wieviel sind 5 Milliarden Tonnen? Die weltweite Produktion von Kohle auf der Erde beträgt derzeit etwa 8 Milliarden Tonnen.
Und das ist das Ende der Helium-3 Utopie. Sie scheitert am Fehlen jeder Größenvorstellung dessen, was dort vorgeschlagen wird. Mit diesem Problem ist diese Utopie bei der Energieerzeugung allerdings in bester Gesellschaft. Für die Kernfusion als ganzes gilt das hingegen nicht. Mit der ohnehin nötigen Reaktortechnik könnten die 5000GW des weltweiten Stromverbrauchs auch mit 1100 Tonnen reinem Deuterium pro Jahr erzeugt werden, ganze ohne Bergbau auf dem Mond. Die vorhandenen Mengen in den Ozeanen wären dann noch genug für die nächsten 20 Milliarden Jahre.
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