In einem Nebengebäude des Kernkraftwerks Tihange kam es gestern zu einem Brand in einem Stromverteiler. Das meldet die Brussels Times. Hinzu kam noch, dass ein Mitarbeiter in einem anderen Teil des Gebäudes ein elektrisches Kribbeln verspürte und deswegen der Betriebsregeln entsprechend ins Krankenhaus kam.

Das allein zeigt einmal mehr die Misere im deutschen Journalisums.

Denn man konnte nichts dergleichen ihn in deutschen Presseorganen finden. In keiner deutschsprachigen Meldung konnte man irgendetwas herausfinden, das über die Abschaltung und “Feuer in nicht-nuklearem Bereich” hinausgegangen wäre. Schon gar nicht, dass es in einem Nebengebäude des Kernkraftwerks war.

Zum Feuer werden ausschließlich Presseagenturen zitiert. Zu den weiteren Kommentaren ausschließlich politische Organisationen. Die Partei der Grünen ist durchweg vertreten. Niemand schafft es irgendjemanden zu interviewen oder zu fragen, der die geringste technische Ahnung von Kernkraftwerken hätte.

Politik geht im deutschen Journalismus über alles

Das ist jetzt keine einfache Behauptung. Erstens entspricht es der Beobachtung und zweitens ist es auch dokumentiert. Das zeigt ein Blick in den Ausbildungstarifvertrag für Tageszeitungen aus dem Jahr 1990. (Es ist der einzige, der sich beim Deutschen Journalisten Verband finden lässt. Ich gehe deswegen davon aus, dass er noch immer gilt. Der Vertrag hat aber mindestes das Jahr 1993 überstanden, weil es schon 5-stellige Postleitzahlen verwendet.)

Da findet sich dann in Paragraph 6, Absatz 2 des Vertrags folgendes:

“Das Volontariat erstreckt sich auf mindestens drei Ressorts. Lokales, Politik (Nachrichten) und ein drittes Ressort (z.B. Wirtschaft, Kultur oder Sport). Bei einer Zeitung ohne Lokalressort tritt ein anderes Ressort an dessen Stelle. In den Ressorts wird der Volontär/die Volontärin jeweils mindestens zwei Monate beschäftigt.”

Spannend ist schon der Ausdruck “Politik (Nachrichten)”, was eigentlich schon ein Widerspruch in sich ist. Denn der Journalismus soll in Nachrichten berichten was passiert ist. Wenn überhaupt ist Politik manchmal Gegenstand von Nachrichten, aber hier wird der Karren vor den Ochsen gespannt und Nachrichten sind plötzlich Teil der Politik.

Das hat natürlich nichts mehr mit dem zu tun, was den Sinn und Zweck des Journalismus ausmacht. Es ist eine Perversion dessen, was er tun soll. Aber es ist auch eine exzellente Beschreibung dessen, was heute in Deutschland als “Journalismus” bezeichnet wird. Nachrichten sind nur noch ein Teil der Politik, anstatt dass in den Nachrichten lediglich über Politik berichtet würde, wenn es etwas in der Politik zu berichten gibt.

Deutscher Pressespiegel zu Tihange

So ist es dann auch verständlich, dass der gesamte deutsche Journalismus absolut unfähig war eine Berichterstattung zu betreiben, die darüber berichtet, was passiert ist. (Das ist die Kernaufgabe des Journalismus. Aber wohl nur in Klammern.)

Die Zeit spricht in “Gesellschaft und Zeitgeschehen” von einem Feuer in einem Nicht-Nuklearen Bereich des Kernkraftwerks und zitiert die Grünen mit dem Wort Bröckelreaktor und sonst niemanden. Die Tagesschau bringt die praktisch identische Meldung. Bei Spiegel-Online werden zwei unterschiedliche Mitglieder der Grünen zitiert, sowie der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU). T-Online beschränkt sich auf die beiden Aussagen der Grünen die auch der Spiegel brachte. RP-Online zitiert wieder den grünen Regierungssprecher von NRW. Bei der FAZ kommt ein SPD-Minister zu Wort, der die Abschaltung fordert – sonst auch nur die üblichen Verdächtigen der Grünen.  Das ZDF bringt eine Meldung, die der von der FAZ zum verwechseln ähnlich sieht. Die Meldung beim Deutschlandfunk ist schwer innovativ und setzt das Zitat des BBU an den Anfang. Die Aachner Zeitung ist ausführlicher und hat nach eigenen Angaben beim Betreiber des Kernkraftwerks nachgefragt – sagt aber nichts davon, dass der Brand in einem Nebengebäude stattfand, stattdessen nur “Nicht-Nuklearer Teil”. Westdeutsche Allgemeine Zeitung? BBU, Grüne, Umweltverbände. N-TV? Grüne, BBU, Grüne. SWR? SPD und Grüne.

Das sind die Meldungen in der Reihenfolge, wie sie auf meine Google-Suchanfrage erschienen.

Berichterstattung findet im Journalismus nicht statt

Was soll man noch dazu sagen? Ein Kollektiv von Journalisten in ganz Deutschland hat sich als gänzlich unfähig erwiesen zu berichten, was in der Realität stattfand.

Meldungen zur Politik waren dagegen überall zu sehen. Und das obwohl sie überhaupt keinen Nachrichtenwert hatte. Hat irgendwer der noch bei Verstand ist ernsthaft irgendeine andere Aussage von den Grünen erwartet? Natürlich nicht.

Trotzdem kommt die Politik wieder weit vor der eigentlichen Nachricht und zwar die Politik von nur einer Seite. Wer braucht schon Fakten, wenn man eine politische Meinung schreiben kann?

Ich sage es nicht zum ersten Mal: Der Journalismus in Deutschland hat ein Problem mit der Glaubwürdigkeit. Und dieses Problem ist vollständig selbstverschuldet. Die Berichterstattung ist in Deutschland durchweg einseitig und vollständig von Politik geprägt.

Die Aufgabe des Journalismus in der Demokratie

Journalismus ist der wichtigste Bestandteil der Demokratie. Denn er informiert die Bevölkerung über das was geschieht, damit sie sich ein politisches Urteil selbst bilden kann. Wenn der Journalismus aber selbst nur noch aus politischen (vor-) Urteilen besteht und unabhängige Berichterstattung über Fakten nicht stattfindet, dann ist der Journalismus nur noch verlängerte Hand politischer Organisationen  und somit von Propaganda- und Parteiblättern nicht zu unterscheiden.

Hätten Zeitungen in der DDR über ein Ereignis dermaßen einseitig berichtet, unter Vernachlässigung der Hauptaufgabe der Berichterstattung – das Berichten dessen was geschah – man hätte selbstverständlich die Propagandaorgane der SED dahinter vermutet. Muss es da verwundern, wenn heute einige Leute wieder denken, dass mediale Berichterstattung von der Politik gelenkt wird?

Wo sind die Ideale der Unabhängigkeit geblieben? Was ist die Freiheit der Presse in der BRD wert, wenn sie in der Praxis zu einem völlig unfreien, überall gleichartigen Ergebnis führt? Von Norden nach Süden, von Osten nach Westen schreiben alle das gleiche und alle mit der gleichen politischen Färbung.

Der Fehler steckt im System. Nein, nicht ein einer “Systempresse”, sondern in einem Journalismus, der längst vergessen hat, was seine Aufgabe ist. Die politische Funktion des Journalismus besteht gerade darin, sich aus der Politik heraus zu halten, über die Welt zu berichten wie sie ist und den Menschen ihr eigenes Urteil zu lassen.

Die Aufgabe besteht nicht darin, die Nachrichten von vornherein politisch so zu schreiben, dass Menschen zu einem bestimmten Urteil gedrängt werden. Nichts anderes ist hier geschehen. Denn die Bevölkerung ist nicht dumm. Menschen bemerken, wenn sie in ihren Entscheidungen nicht frei sind. Wenn sie einseitig informiert werden, dann sind sie in ihren Entscheidungen nicht frei.

Diese Unfreiheit drückt sich dann in einem Unbehagen aus. In dem Wissen, dass etwas verkehrt ist. Wenige werden wissen, woher dieses Unbehagen genau kommt. Die einen merken, dass es von der Presse kommt und glauben, sie wäre zentral gesteuert. Anderen wird von Rattenfängern gesagt: Ich weiß woher dein Unbehagen kommt, ich habe die Lösung!

In allen Fällen schadet es der Demokratie.

Liebe Journalisten die ihr das hier vielleicht lest. Berichtet zuerst über das was passiert. Eure Macht in der Politik besteht darin, unabhängig und überparteilich zu sein. Zwei Attribute mit Sicherheit nicht dadurch zustande kommen, dass sie auf der Titelseite einer Zeitung auftauchen.

Kommentare (108)

  1. #1 Ludger
    20. Dezember 2015

    Alles richtig. Wenn aber große Teile der Bevölkerung keine Printmedien abonnieren, weil es ja alles gratis gibt, und die Werbeeinnahmen in solche Gratisangebote fließen, dann werden die Redaktionen ausgedünnt und es fehlt an Aufwand und Qualität der Recherche. Es geht ja noch weiter: Im Containment seien überall Mikrorisse, trotzdem sei der Reaktor wieder angefahren worden. Niemand aus den Medien macht sich und uns schlau, wie normal oder wie gegebenenfalls gefährlich solche Mikrorisse sind. Es wird Empörung transportiert, nicht Information. Allerdings würde ich den Pressemitteilung eines Kernkraftwerksbetreibers auch nicht einfach glauben. Dazu ist mir die miese Informationspolitik von TEPCO bei der Kernschmelze in Fukushima noch zu gut in Erinnerung. Es geht halt um irrsinnig viel Geld.

  2. #2 BreitSide
    Beim Deich
    20. Dezember 2015

    @Ludger: Genau. Die “offiziellen” Verlautbarungen sind oft das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt wurden. Da hat sich Tepco fast genauso verhalten wie der Kreml bei Tschernoby.

    Was dazu kommt: Gute Nachrichten verkaufen sich schlecht. Eine Nachricht wie “heute/diese Woche/diesen Monat KEIN AKW-Störfall” interessiert Niemanden.

    Es interessiert auch Niemanden, dass “Kampfhunde” praktisch nur durch ihre Herrchen zu den aggresiven Biestern gemacht werden, die sie bisweilen sind. Oft genug werden solche “Kampf”hunde angeboten, weil sie einfach nicht “scharf” zu machen sind.

    So eine Nachricht interessiert aber Niemanden. Wenn aber ein Kind von einem Hund gezwickt wurde (natürlich “angefallen”…), kommt es immer in die Zeitung.

    Eine beängstigende Gleichschaltung hatten wir anlässlich 9/11 erleben dürfen, jedenfalls in den USA. Da war über Wochen oder gar Monate keine einzige beschwichtigende Stimme zu hören/lesen. Alles freiwillig!

  3. #3 Markus
    20. Dezember 2015

    Ich sehe das genauso. Die meisten Journalisten unterscheiden nicht mehr zwischen Nachricht und Meinung. Ob sie sich damit selbst einen Gefallen tun, möchte ich bezweifeln.

    Bei dem Thema kommt noch dazu, dass überdurchschnittlich viele Journalisten dem grünen Lager zuzuprdnen sind.
    https://medienwoche.ch/2012/10/29/mein-schatz-hats-gruen-so-gern/

  4. #4 MartinB
    20. Dezember 2015

    Sorry, ich verstehe nicht, worum es dir geht. Die Faktenlage ist also folgende:
    “In einem Nebengebäude des Kernkraftwerks Tihange kam es gestern zu einem Brand in einem Stromverteiler. Das meldet die Brussels Times. Hinzu kam noch, dass ein Mitarbeiter in einem anderen Teil des Gebäudes ein elektrisches Kribbeln verspürte und deswegen der Betriebsregeln entsprechend ins Krankenhaus kam.”
    Bei der tagesschau z.B. lesen wir
    “Der Reaktorblock 1 des an der deutschen Grenze gelegenen belgischen Kernkraftwerks Tihange hat sich einem Medienbericht zufolge am Freitagabend automatisch abgeschaltet. Grund sei ein kurzzeitiger Brand in einem nicht-nuklearen Bereich des Geländes gewesen, meldete die belgische Nachrichtenagentur Belga unter Berufung auf den Betreiber Electrabel. Der Zwischenfall habe keine Auswirkungen auf die Arbeiter, die Bevölkerung oder die Umwelt”

    Wo ist jetzt das Problem? Dass die tagesschau in einem zweiten Absatz etwas zum Hintergrund schreibt und dort – deutlich getrennt und gekennzeichnet – Meinungen zu lesen sind? Dass man dort das “Kribbeln” bei einem Mitarbeiter nicht erwähnt?

    • #5 wasgeht
      20. Dezember 2015

      Das Problem ist, dass man absolut keine konkreten Angaben dazu bekommt, was genau dort gebrannt hat. Dabei ist das Kern des Geschehens. Selbst was die Brussels Times berichtet hat, ist nicht ausreichend. Sie nachfragen müssen, wozu dieser Verteiler dient und dann, je nach Fall, nach Redundanz etc. fragen müssen.

      Nichts dergleichen ist passiert.

      Nur für politische Berichterstattung war überall Platz. Dabei ist die völlig nebensächlich.

  5. #6 MartinB
    20. Dezember 2015

    @wasgeht
    Wenn das, was die Brussels Ttimes berichtet hat, deiner Ansicht nach ebenso unzureichend war – warum ist das dann ein Beleg für die Misere des Deutschen Journalismus?
    Und wenn sich das ganze in einem nicht sicherheitsrelevanten Bereich ereignet hat, warum ist dann das Detail, was da genau gebrannt hat, Deiner Ansicht nach wichtig? (Und wie viele der Zeitungsleserinnen haben genug Ahnung von Kernkraftwerken, dass man ihnen mit zwei Sätzen erklären könnte, wozu eine Komponente in einen Nebengebäude exakt dient?) Den Vorfall als Indiz dafür zu nehmen, dass diese Anlage fehleranfällig ist (wie es die Meldung der tagesschau anscheinend tut), scheint mir nichtillegitim.

    • #7 wasgeht
      20. Dezember 2015

      Weil die Situation in Deuschland noch schlechter ist. Es geht ja gerade darum, dass man selbst diese einfachen Informationen in keiner deutschen Veröffentlichung findet – während man sie in internationalen Veröffentlichungen selbstverständlich sieht.

      Und ja, Details sind wichtig, damit man selbst eine Meinung bilden kann. “Nicht nuklearer Teil” reicht dafür nicht aus. Denn die Meldungen lauten überall “Brand im Kernkraftwerk” – dabei ist es ein Brand in einem Nebengebäude des Kernkraftwerks. Also noch weiter weg.

      Diese Details sind der Beleg dafür, dass keine Gefahr bestand. Wenn man diese Details nicht nennt, dann steht die Aussage des Betreibers “es hat keine Gefahr bestanden” wie eine bloße Behauptung im Raum und wird unglaubwürdig.

      Das ist ein typisches Muster für solche Berichterstattung.

      Das erinnert mich an einen Fall, als es in einem Französischen Kernkraftwerk gebrannt hat. Ein Dichtungsring einer Pumpe hat versagt, das Öl ist ausgelaufen, gleichzeitig lief die Pumpe heiß. (Das Öl ist schließlich zur Kühlung da.) Das Öl fing Feuer. Berichtet wurde “Es gab mehrere Brandherde”.

      Das Detail, dass diese Brandherde wenige Zentimeter große Ölflecken waren, die man die Flammen auch dem Stiefel hätte austreten können, hat man nicht erzählt. Vom Großaufgebot der Feuerwehr dagegen schon.

      Auf der einen Seite steht das Großaufgebot der Feuerwehr und “mehrere Brandherde” – auf der anderen Seite die Aussage der Betreiber “es hat keine Gefahr bestanden”.

      Es ist auch völlig egal, ob sich die meisten Lesen für so ein Detail interessieren oder nicht. Die Leser, die sich für die Meldung interessieren sollten nach dem Lesen der Meldung in der Lage sein zu beurteilen, was dort passiert ist.

      Es gab aber keine Meldung weit und breit, die mich in dazu in die Lage versetzt hätte.

      Und das ist Teil eines Musters, das man absolut immer wieder sieht. Und natürlich geht es darum, die Glaubwürdigkeit der Aussagen der Betreiber zu unterminieren. Details sind essentieller Bestandteil von Glaubwürdigkeit und kaum lässt man sie weg, wird die Aussage unglaubwürdig.

  6. #8 rolak
    20. Dezember 2015

    Als (für eine PresseNotiz) einzig Störendes an dem Tageschau-Text finde ich das “an der deutschen Grenze gelegen” – Belgien ist zwar nicht gerade ein Flächenstaat, doch beim eher mittig gelegenen Tihange ist das wohl eher stark aufgebauscht zu nennen, klang am Dienstag noch wesentlich passender.

  7. #9 Alisier
    20. Dezember 2015

    Nun, die zivile Nutzung der Kernenenergie wurde halt sehr lange von Vielen über den grünen Klee gelobt, da sollte dann ein bisschen undifferenzierte Berichterstattung auch mal ertragen werden.
    Jetzt dem Ganzen aber gleich einen Dreh in Richtung “Lügenpresse” zu verpassen, halte ich für etwas daneben.

    • #10 wasgeht
      20. Dezember 2015

      Entschuldigung. Ich habe das wovon du sprichst in meinem ganzen Leben nicht erlebt. Ich wurde 1983 geboren.

      Ganz ernsthaft: In meinem ganzen Leben habe ich noch nie erlebt, dass Kernkraft “über den grünen Klee gelobt” worden wäre. Zumindest außerhalb von archivarischen Zeitungen, die in praktisch allen Fällen vor meiner Geburt geschrieben wurde.

      Vielleicht wäre ein wenig Objektivität nach so vielen Jahrzehnten mal wieder ganz gut.

  8. #11 Florian
    20. Dezember 2015

    Von privaten Medien kann man ansich nicht erwarten das sie objektiv sind, denn schlieslich gehört der Laden jemandem und im normal Fall werden dort Meinungen vertreten.
    Manche Zeitungen könnte man auch als Parteiblatt bezeichnen.
    Auch schön, aus den Grundsätzen des Axel-Springer-Verlags Punkt 3: “Die Unterstützung des transatlantischen Bündnisses und die Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika.”
    Wer dort unvoreingenommene Informationen zu allen Bereichen erwartet ist schon sehr naiv.

    Theoretisch gibt es bei uns natürlich die öffentlich-rechtlichen, nur sind die eben noch viel näher an der Politik, so das man kaum einen unterschied zu Staatsfernsehen erkennen kann, vor allem ARD und ZDF.
    Und die vermeintliche Gleichschaltung von der man öfters liest ergibt sich m.M.n. daraus das die Parteien sich oft einfach kaum unterscheiden, deshalb vertreten eben auch die ihnen nahe stehenden Pressestellen die selben Meinungen.

  9. #12 Alisier
    20. Dezember 2015

    @ wasgeht
    Du bist halt nicht als Kind schon durch die “wunderbare, supersichere Stromfabrik” Cattenom geschleust worden. Und ja, du bist in der Tat zu jung, um die Mehrzahl Jubelarien direkt mitgekriegt zu haben…..ich aber auch. Deswegen gibt es sowas wie Archive…..
    Und der Lügepressen-Dreh ist einfach sehr unappetitlich.

    • #13 wasgeht
      20. Dezember 2015

      Das ist keine Rechtfertigung dafür, das gleiche mit umgekehrten Vorzeichen zu machen. Wer sich beklagt, dass man sich von voreingenommener, einseitiger Berichterstattung falsch informiert fühlt, der sollte sich ernsthaft fragen, ob voreingenommene, einseitige Berichterstattung in der anderen Richtung ein anderes Gefühl hervorbringen wird.

  10. #14 Alisier
    20. Dezember 2015

    Richtig: das ist keine Rechtfertigung. Es ist aber verständlich, dass sowas passiert.
    Und was Tihange ganz direkt anbelangt: die Leute dort haben die Nase schon länger voll von diesem Kraftwerk, auch weil man ihnen den Himmel auf Erden versprochen hatte. Die Recherche hättest du vielleicht machen können.
    Es geht beileibe nicht nur um diesen kleinen Unfall, sondern auch um jahrzehntelange Fehlinformationspolitik. Wenn wirklich objektiv und umfassend berichtet würde, was ich mir übrigens immer wünsche, sähe das Bild noch viel schwärzer aus….

  11. #16 Dr. Webbaer
    20. Dezember 2015

    Bitter, wie es für einige ist, auch in der Tschechei ist vor einiger Zeit die friedliche Nutzung der Kernkraft eingezogen, sie deckt einen beträchtlichen Teil der Energieversorgung ab, und die bundesdeutsche diesbezügliche Medienlage erscheint dort einigen als geradezu zwanghaft bis imperial, auch irgendwie: gesteuert.

  12. #17 Dr. Webbaer
    20. Dezember 2015

    @ Florian :

    Bundesdeutsch hat sich die mediale Lage gerade zu jetzigen Zeiten einer GroKo, in der Mme Merkel gelegentlich den stärksten Applaus aus der (verbliebenen kleinen) Opposition (!) erhält, ungünstig entwickelt, dezent formuliert: ungünstig entwickelt.

    Es genügt hier in der Tat einen Blick über den bundesdeutschen Tellerrand, wobei auch gerne medial im sogenannten Westen verblieben werden darf, um ein Trauerspiel feststellen zu können.

    Die sogenannte Vierte Macht ist in der BRD leider dabei abzuwirtschaften, die Öffies werden immer dezidierter in ihren Echos auf von der Regierung angestrebte Ziele, diese verstärkend, und die Print-Medien sind im Umbruch, verlieren zahlende (Kauf-)Leserschaft und vertrauen sich zunehmend Inhaberverhältnissen an, anzunehmenderweise auch: inhaltlich.

    Insofern gewinnen WebLogs, gerade, wenn sie kritisch sind und zumindest unter Verdacht stehen Sacharbeit zu leisten, an Bedeutung.
    Zudem wird auch bei sogenannten WebLogs oft gewusst, wie der oder die Inhaltegeber “so aufgestellt” sind, was den Konsum mit sich anschließender Einordung von Berichterstattung oder Kommentar oft sehr erleichtert.

    MFG
    Dr. W

  13. #18 Roland B.
    20. Dezember 2015

    “Ganz ernsthaft: In meinem ganzen Leben habe ich noch nie erlebt, dass Kernkraft “über den grünen Klee gelobt” worden wäre.” Leute, die nicht die “Gnade der späten Geburt” erlebt haben (wie es ein schwergewichtiger Kernkraftverherrlicher einmal in anderem Zusammenhang formulierte) haben da halt völlig andere Erfahrungen.
    Und Erfahrungen prägen.
    Man wird nach all den Lügen, die man erfahren hat, misstrauisch.
    Ich habe in meinem Leben nie erlebt, daß Synagogen gebrannt haben. Trotzdem werd ich hellhörig bei manchen Äusserungen, bei manchen Schmiereien. Man muß auch aus der Geschichte lernen, nicht nur aus den eigenen Erfahrungen.
    Und Leute, die an Kernkraft als die Lösung von allem glauben, gibt es immer noch. Und noch mehr, die damit gutes Geld verdienen und ein Interesse haben, Probleme zu vertuschen.
    Natürlich zum Teil auch, weil große Teile der Öffentlichkeit auf Informationen über Probleme und Vorfälle übersensibel reagieren. Sei es aus Blindheit, sei es, weil sie eben erfahren haben, wie oft sie belogen wurden.

    Brände in AKW-Nebengebäuden sind ganz sicher nicht gleich ein Grund, den Weltuntergang zu beschreien, aber Brände können übergreifen, sich ausweiten. Und wenn in dem Nebengebäude vielleicht zufällig eine wichtige Steuerung, eine wichtige Maschine sitzt, besteht durchaus die Gefahr, daß daraus etwas wird, was sich nicht mehr als banaler Zimmerbrand verharmlosen lässt.
    Und wenn so ein an sich vermutlich banaler Brand in einer Einrichtung wie einem Atomkraftwerk passiert, wo ja immer behauptet wird, die ganze Technik sei total sicher und nichts könne passieren – sollte man dann nicht auch in einem Nebengebäude alles unter Kontrolle haben?
    Könnte man alles irgendwie thematisieren und darüber recherchieren, dann sorgsam abwägen und schreiben … aber wer macht das heute noch im Copy-&-Paste-Zeitalter, wo nur dicke Schlagzeilen für das Überleben von Zeitungen sorgen?
    Wo auch Interviews von Fachleuten oder Politikern auf ein, maximal zwei Sätze zusammengestrichen werden, und das sind selten die wirklich inhaltsvollen Sätze, sondern die, die der Journalist zu verstehen glaubt und die am schlagkräftigsten wirken.
    Kann man den Journalisten anlasten, kann aber auch sein, daß es das Volk einfach so haben will.

    • #19 wasgeht
      20. Dezember 2015

      Hier ging es auch nicht um Recherche. Es ging nur darum, einen Teil einer Pressemeldung mit in die Berichterstattung zu nehmen oder nicht. In Deutschland hat man sich konsequent, in allen Medien die ich gesehen habe, dagegen entschieden. Außerhalb Deutschlands hat man sich größtenteils dafür entschieden, inklusive in Belgien selbst.

      Und Ja, es ist korrekt. Man wird misstrauisch, wenn man konstant Meldungen ließt, die weit von der Realität entfernt sind. Nur, dass es seit Jahrzehnten in die andere Richtung geht.

      Gleichzeitig werden Windkraft, Photovoltaik und Biomasse weit über alle Maßen und gegen jede Realität propagiert. Gerade bei der Biomasse werden die Schäden durchweg kleingeredet. Wenn 10mio Tonnen Weizen wegen einer Dürre in Russland ausfallen, spricht man von einer weltweiten Katastrophe. Wenn 2010 im gleichen Jahr in den USA 140mio Tonnen Mais zu Ethanol vergoren werden, dann ist das erneuerbare Energie. (Das waren 5% der weltweiten Getreideproduktion dieses Jahres, die allein für die USA drauf gingen!)

      Konstant einseitige Berichterstattung erzeugt Misstrauen, ja.

  14. #20 gedankenknick
    21. Dezember 2015

    “Ganz ernsthaft: In meinem ganzen Leben habe ich noch nie erlebt, dass Kernkraft ´über den grünen Klee gelobt´ worden wäre.”

    Es muss so um 1988 gewesen sein – also 2 Jahre nach Tschernobyl – als ein KKW-Ingenieur (keine Ahnung mehr, wie die genaue Berufsbezeichnung war) uns Schülern in der Schule (Pflichtveranstaltung) das sich gar nicht so weit entfernt gerade im Bau befindliche KKW Stendal “schmackhaft” zu machen versuchte – und die “unendlich sichere und sich letzthin selbst regelnde” Druckwasserreaktor-Technologie dabei vor einem schlicht unwissenden und nicht zu einer sachlichen Diskussion fähigen Teenager-Puplikum (inklusive mir) über eben jenen grünen Klee lobte. Zugegeben habe ich dabei einiges über KKWs gelernt, aber von der “absoluten Sicherheit” eines Druckwasserreaktors war ich nach dem Vortrag trotzdem nicht überzeugt. Hätte ich damals gewußt, dass der Standort hauptsächlich wegen a) der wenigen umzusiedelnden Menschen und b) der Betriebs(un)sicherheit der verplanten russischen 440-MW-Reaktoren, welche einen Bau in unmittelbarer Nähe Magdeburgs verboten, gewusst, hätte ich wahrscheinlich nur noch mehr meinen Kopf geschüttelt. Also doch, in der “passenden Ecke der Welt” und unter “den passenden Randbedingungen” wurde auch nach 1983 in Deutschland die Atomkraft politisch und auch jurnalistisch protegiert.

    Wobei ich mich aber auch immer wieder frage, ob eine Weiterentwicklung von Atomkraft nicht durchaus sinnvoll ist. Und was mit Dingen wie Atommüllbeseitigung mittels Schwerionenbeschuss wohl geht. (Ich meine, darüber vor längerem einen Artikel bei “heise” gelesen zu haben, und über ein Planspiel zu einer größeren Anlage, welche neben der Atommüllverringerung auch noch Energiegewinn als Abfall produzieren würde. Ich kanns nur nicht mehr finden…) Aber vielleicht ist auch das bei mir so ein Unwissens-Mythos wie z.B. die He3-Kernfusion, welcher nur durch fundierte und verständliche Erklärungen in Frage gestellt werden kann.

  15. #21 ulfi
    21. Dezember 2015

    1. “Ein Brand im Kernkraftwerk” ist im normalen Sprachgebrauch identisch mit “Ein Brand auf dem Gelaende des Kernkraftwerks”. Diese sprachliche Ungenauigkeit ist im Deutschen normal und es ist damit korrekt zu sagen “Ein Brand im Kernkraftwerk” wenn man ein Nebengebaeude und nicht das Hauptgebaeude meint (denn mit dem selben Argument muss man dann auch fordern “Ein Brand im Hauptgebaeude des Kernkraftwerks” zu schreiben, ansonsten begeht man die Ungenauigkeit in der anderen Richtung).

    2. Tihange ist jetzt nicht dafuer bekannt, gut gewartet und in einem Topzustand zu sein. Die Forderungen auf Abschaltung so kurz nach dem hochfahren und sofortigem auftreten von Stoerungen ist damit legitim und eng mit der Nachricht der Stoerung verbunden, gehoert damit also in den elben Bericht.

  16. #22 Jürgen Schönstein
    21. Dezember 2015

    Als Journalist, und zwar als jemand, der auch eine nicht unlange Zeit in Redaktionen (und nicht nur als Freier oder fernab schreibt) muss ich mich hier auch zu Wort melden. Und aus dieser Erfahrung heraus bin ich gewiss der letzte, der den Journalismus insgesamt und den deutschen Journalismus im Speziellen nicht kritisieren würde – dazu fiele mir sogar sehr viel ein. Doch der Kritik hier kann ich nicht folgen, weil ich sie nicht verstehen kann. Das Unverständnis geht schon ganz semantisch los:

    Spannend ist schon der Ausdruck “Politik (Nachrichten)”, was eigentlich schon ein Widerspruch in sich ist. Denn der Journalismus soll in Nachrichten berichten was passiert ist. Wenn überhaupt ist Politik manchmal Gegenstand von Nachrichten, aber hier wird der Karren vor den Ochsen gespannt und Nachrichten sind plötzlich Teil der Politik.

    Das verstehe ich, wie gesagt, schon semantisch nicht: Welcher Karren wird vor welchen Ochsen dadurch gespannt, dass es in deutschen (und nicht nur in deutschen) Redaktionen Politikressorts gibt? Die Berichterstattung über das politische Geschehen ist die Kernaufgabe des Journalismus. Und Aufgabe des Ressorts ist genau das: über Politik berichten – darum steht “Nachrichten” in Klammern dahinter. Denn auch das Ressort “Meinung” gehört zur politischen Berichterstattung, aber das ist journalistisch-handwerklich eine Kür, während das Erlernen der politischen Berichterstattung (ohne Meinung!) zur journalistischen Grundausstattung gehört und daher auch in der Journalistenausbildung entsprechend verankert wird. Welches Problem gibt es da? Oder denkst Du, dass im Ressort Politik “Politiker” ausgebildet werden? Genauso wenig wie im Ressort Sport Athleten trainieren oder im Ressort Wirtschaft jemand lernt, Bier zu zapfen… Darum ist die Passage

    Das hat natürlich nichts mehr mit dem zu tun, was den Sinn und Zweck des Journalismus ausmacht. Es ist eine Perversion dessen, was er tun soll. Aber es ist auch eine exzellente Beschreibung dessen, was heute in Deutschland als “Journalismus” bezeichnet wird. Nachrichten sind nur noch ein Teil der Politik, anstatt dass in den Nachrichten lediglich über Politik berichtet würde, wenn es etwas in der Politik zu berichten gibt

    für mich völlig sinnbefreit. Von welcher Perversion redest Du? Es geht, nochmal, um Nachrichten über Politik. Dass die Politik selbst manchmal pervers ist, will ich nicht bestreiten (da gibt es aktuell genug Fälle, vor allem beim Thema Flüchtlinge und im US-Wahlkampf), aber das ist nicht der Presse anzulasten – die macht diese Perversion ja allenfalls transparent. oder stört Dich das? Sollten wir Deiner Meinung nach lieber nicht über Politik schreiben. Wie gesagt, ich versteh’s nicht…

    Aber mir erschließt sich auch nicht, was Dir an der Berichterstattung in den von Dir zitierten deutschen Medien fehlt: da können wir also, auf der Basis von einer Agenturmeldung – die ihrerseits wiederum auf einer Pressemitteilung beruhen dürfte (dazu gleich noch einen Satz) – in diversen Online(!)Medien (auch dazu gleich noch einen Spruch) lesen, dass ein Feuer in einem Nebengebäude eines belgischen Kernkraftwerks gab, das automatisch zu einer Abschaltung geführt hat; allerdings seien dabei keine nuklearen Anlagen betroffen gewesen. Aus den Texten entnehme ich ganz klar, dass diese Nachricht a) auf der Presserklärung des Kraftwerksbetreibers beruht und b) von einer belgischen Nachrichtenagentur verbreitet wurde. Da ist also erst mal eine komplette Transparenz der Quellen. Zum Zeitpunkt des Geschehens waren keine Journalisten anwesend – denn es war nur, wie wir lesen können, ein kurzzeitiger Brand. Hätten Deiner Meinung nach alle deutschen Zeitungen, Rundfunk- und Fernsehsender ihre investigativen Teams losschicken sollen? Um über einen ansonsten stinkordinären Brand – womöglich in der Kantine, wo jemand den Adventskranz abgefackelt hat (***Ironie!***) – in Belgien zu berichten? Das gibt der Anlass doch gar nicht her. Natürlich hat die Sache einen Nachrichtenwert – und darum hat die Betreibergesellschaft ja auch die Presserklärung rausgegeben: Es gab eine automatische Abschaltung (davon sind Menschen immer betroffen, was den Nachrichtenwert schon deutlich macht).

    Zum Thema Online-Medien: Die sind erstens in vielen Fällen redaktionell unabhängig von den Printmedien, und zweitens finanziell meist noch dürftiger ausgestattet als die Print-Ausgaben. Und drittens haben die, bedingt durch das Medium, noch weniger Zeit, Nachrichten hinterher zu recherchieren. Das lohnt sich bei solchen kleinen Meldungen auch aus Sicht der Leserinnen und Leser gar nicht.

    Aber wir erfahren dann auch noch ein bisschen Hintergrund: Ein anderer Teilbereich der Anlage hatte schon vorher Probleme und musste aus technischen Gründen (!) abgeschaltet werden. Darauf Bezog sich das Wort von “Krümelreaktor” – und das ist ja durchaus angemessen. Da der Kraftwerksbetreiber zu Wort kommt, ist es durchaus nicht unangemessen, auch die Positionen der Kritiker zu nennen, die ja offenbar relativ breit aufgestellt sind – und ein Reaktor, der wegen Materialfehlern (!) abgeschaltet werden muss, ist ein Thema, das kritisch zu beleuchten ist. Wo ist also hier das Versagen des deutschen Journalismus zu beklagen? Dass sie den Fall nicht noch größer aufgezogen haben? Hättest Du dann nicht erst Recht bemängelt, dass ein Nichtereignis aufgebauscht wurde, weil der Brand halt nur “zufällig” (?) in einem Nebengebäude eines Kernkraftwerks geschah. Hätte man Deiner Meinung nach gar nicht berichten dürfen, weil ja die Nachricht vom Betreiber selbst gestreut wurde, also nicht das Resultat unabhängig recherchierender Journalistenarbeit war? Oder bist Du der Meinung, dass man die Information nicht hätte verbreiten dürfen, weil es ja kein Reaktorunfall war? Hätte man die Kritiker nicht zu Worte kommen lassen dürfen, obwohl ein anderer Teil der gleichend Anlage ja nachweislich und gegebener Maßen aus technischen Gründen abgeschaltet und überprüft werden musste? Oder ist es die “Wo bleibt das Positive”-Kritik, dass Kraftwerke immer nur ein Thema sind, wenn was schiefgeht? Wie würde Deiner Meinung nach eine Nachricht über ein Kraftwerk aussehen, in dem nichts passiert ist. “Im Kernkraftwerk Grafenrheinfeld kam es heute zu keinem Zwischenfall” ist keine Meldung…

    Wie gesagt, Kritik am Journalismus is notwendig – aber hier ist nicht zu erkennen, was da kritisiert werden soll.

    • #23 wasgeht
      21. Dezember 2015

      1) Die Tatsache, dass zu Kernkraftwerken fast ausschließlich Grüne und Umweltverbände befragt werden, ist eine etablierte Tatsache. Ich kann mich an keinerlei Presseberichterstattung egal ob online oder offline erinnern, für die das nicht zugetroffen hätte. Egal ob es um Tihange oder andere Kernkraftwerke geht. Wenn zu einem Thema nur die Gegner befragt werden, dann geht in der Berichterstattung etwas falsch. Edit: Genauso wie etwas ernsthaftes falsch lief, als bei der Berichterstattung in der Frühzeit der Kernkraft die Kritiker nicht zu Wort kamen. Das eine Extrem ist so schlecht wie das andere.

      Zu einem Naturschutzgebiet werden auch nicht nur Grundstücksspekulanten befragt. Bei der Diskussion der Buchpreisbindung käme niemand auf die Idee, dass eine Berichterstattung in Ordnung wäre, in der Beiträge quer über die gesamte Presselandschaft zu 3/4 von Google und Amazon kommen. Und zwar wirklich nur von Google und Amazon, so wie hier nur Grüne und BBU gefragt wurde. Während die Position von Verlegern und Buchhändlern nur kurz und verstümmelt wiedergegeben wird. Auch wenn ich ausgesprochener Gegner der Buchpreisbindung bin, haben diese Leute das Recht dazu angehört zu werden und das Recht darauf, dass ihre Argumente in aller Deutlichkeit vorgebracht werden. Das gebietet einfach der Anstand. Es gehört auch zur objektiven Berichterstattung und ist die Grundlage dafür, dass man Fehler in der eigenen Position überhaupt finden kann.

      Mit der Einseitigkeit gehen auch ausgeprägte Lücken in der Berichterstattung und schiere sachliche Inkompetenz einher. Jahrzehntelang wurde über Brennstoffzellenautos berichtet, ohne dass man den Energieverbrauch thematisiert hat. Nun habe ich das getan und die Leser des Artikels waren überrascht, dass das all der Zeit noch nie diskutiert wurde:
      https://www.golem.de/news/elektroauto-die-brennstoffzelle-ist-nur-theoretisch-effizient-1512-117792.html

      Auch in Tihange ist es zum Beispiel nicht bedeutungslos, dass man mögliche Probleme am Reaktor bei Routinekontrollen festgestellt hat und dann der Reaktor während der Untersuchung stillgelegt wurde. Es existiert ein routinierter Prozess, in dem der Zustand des Reaktors untersucht wird und die Abweichungen wurden ernst genug genommen, dass der Reaktor nicht weiter betrieben wurde. Dazu kommen Materialproben, die aus dem gleichen Material wie der Reaktorbehälter bestehen und während der gesamten Laufzeit im Reaktor waren. Die kamen dort nur hin, weil man sich der möglichen Probleme schon beim Bau des Reaktors bewusst war.

      Wenn das Ergebnis der Materialuntersuchung ist, dass der Zustand des Materials akzeptabel ist, dann ist das so. Der Umgang mit Stahl ist heute eine Selbstverständlichkeit mit großem Erfahrungsschatz. Aber anstatt von ernsthaften Diskussionen der Ergebnisse, vielleicht von Mängeln bei der Untersuchung, sehe ich aber nur Begriffe wie “Bröckelreaktor”. Hätten diese Kritiker ernsthafte Argumente, die etwa Mängel in der Untersuchung belegen, würden sie diese Argumente vorbringen und ich würde es auch zu schätzen wissen.

      2) In einer funktionierenden Demokratie wird die Bevölkerung durch die Berichterstattung in die Lage versetzt, sich selbst ein Urteil zu bilden. Die Berichterstattung wie sie bei der Kernkraft stattfindet (oder bei Brennstoffzellen oder bei Biomasse oder bei einer ganzen Latte anderer Probleme) ist dazu nicht geeignet. Dort findet eine politisch einseitige Vorauswahl der Berichterstattung statt. Das hier war nur ein Beispiel, das für mich den Anlass gebildet hat darüber zu schreiben. Genauso kann ich auch auf den Vulkan Sakurajima verweisen, bei dem ausführlich über das 50km entfernte Kernkraftwerk berichtet wurde, aber nicht über die 10km entfernte Stadt Kagoshima mit über 600.000 Einwohnern. Oder die Tatsache, dass in knapp 5 Jahren Berichterstattung über Fukushima nicht erwähnt wurde, dass in Deutschland seit 1988 Filter und seit 1993 Wasserstoffrekombinatoren in Kernkraftwerken gesetztlich Vorschrift sind – in Japan aber erst seit 2013 bzw. 2012. Natürlich gehört das zur Berichterstattung dazu. Es führt zu der Einsicht, dass die japanischen Sicherheitsvorkehrungen auf dem Stand der 70er Jahre waren.

      Genauso führt die politsche Vorauswahl dazu, dass z.B. Brennstoffzellenautos immer als sauber und effizient dargestellt werden und bei der Diskussion der Biomasse nie das unglaubliche Ausmaß der Getreidevernichtung in irgendein Verhältnis gesetzt wird.

      Nur so können gleichzeitig zwei Arten von Berichten koexistieren:

      A) Über Dürren (in Russland, Ukraine und Australien) die 0,7% der globalen Getreideproduktion betreffen und angeblich Auswirkungen auf die Getreideversorgung der ganze Welt haben und

      B) darüber, dass es angeblich zweifelhaft ist, ob die energetische Biomasseverwertung überhaupt irgendeine Auswirkung darauf hat, obwohl sie die ungefähr 8% der weltweiten Getreideproduktion betrifft. (Die vorher genannten 5% bezogen sich nur auf die USA)

      Die Aufgabe des Journalismus ist es, zu Berichten wie die Welt ist. Punkt.

      Dazu gehört das Bemühen um eine neutrale Berichterstattung unabhängig von politischen Interessen und Interessenträgern. Das ist hier ganz klar nicht der Fall. Politischen Konsequenzen müssen sich aus dem ergeben, wie die Welt ist. Wenn sich aber politische Konsequenzen aus einer journalistischen Berichterstattung ergeben, die schon von vornherein in eine bestimmte politische Richtung verzerrt wird, dann beschädigt das den gesamten Prozess der politischen Entscheidungsfindung.

      Entschuldigung Jürgen, aber ich finde deinen Standpunkt absolut falsch.

  17. #24 ralph
    21. Dezember 2015

    @gedankenknick
    bei uns in der BRD sah das ganz anders aus. Es gab bereits große Protestbewegungen gegen Kernkraft.
    BTW erinnere mich an eine Doku kurz vor Tschernobyl.
    Finnland hatte sich entschlossen eigene Reaktoren zu bauen, nachdem man ursprünglich mit den Russen ins Geschäft kommen wollte. Die Finnischen Ingenieure kamen aber zum Schluss, Reaktoren vom Tschernobyl Typ seien unverantwortlich riskant. Nach dem (vorhersehbaren) GAU in Tschernobyl war Kernkraft in Deutschland politisch nicht mehr tragbar das Misstrauen war zu gross. Zudem eignete sich das Thema großartig zur politischen Instrumentalisierung.

  18. #25 ralph
    21. Dezember 2015

    Nach Tschernobyl, (damals war ich ein technisch interessierter Teenager) fiel mir auf, dass kein Kernkraftgener mit dem ich sprach, sich für die technischen Unterschiede zwischen dem Tschernobylreaktor und den Deutschland gängigen Reaktortypen auch nur im mindesten interessierte. Atomkraft war einfach prinzipiell unbeherrschbares Teufelszeug. Nicht dass ich Atomkraft mochte, aber ich hätte gerne eine sachliche Diskussion führen können, aber das ging schlicht nicht.
    Ähnliches gilt in Deutschland für Grüne Gentechnik. Auch sie lässt sich hervorragend politisch instrumentalisieren.

  19. #26 ralph
    21. Dezember 2015

    “Nachrichten sind nur noch ein Teil der Politik, anstatt dass in den Nachrichten lediglich über Politik berichtet würde, wenn es etwas in der Politik zu berichten gibt”
    Würde ich unterschreiben. Es ist nicht immer so, aber es ist zu oft so.

  20. #27 Dr. Webbaer
    21. Dezember 2015

    @ Schönstein :

    Wie gesagt, Kritik am Journalismus is[t] notwendig – aber hier ist nicht zu erkennen, was da kritisiert werden soll.

    Da fehlte noch was, nämlich ein ‘für mich (nicht zu erkennen)’.

    Anderen ist nämlich völlig klar, was im WebLog-Artikel kritisiert worden ist.

    MFG
    Dr. W (der Sie ebenfalls zu denjenigen zählt, die Nachricht ganz bevorzugt ideologisch beleuchtet verbreiten, unklar getrennt vom Meinungsbeitrag)

  21. #28 Lercherl
    21. Dezember 2015

    @Ralph #23

    Finnland hat seit den 1970ern zwei Kernkraftwerke in Betrieb, eines davon mit schwedischen Siedewasserreaktoren und das andere mit Druckwasserreaktoren sowjetischer Bauart VVER 440. Letzterer wurde für die Finnen mit zusätzlichen Sicherheits-Features ausgestattet. Der Tschernobyl-Typ RBMK stand meines Wissens nie zur Debatte, es gibt keinen einzigen RBMK außerhalb der Sowjetunion.

    Entweder die Doku oder die Erinnerung stimmen da nicht.

  22. #29 Epikur63
    21. Dezember 2015

    Der Sinn des Journalismus ist ein anderer: Es geht nicht um das hehre Ziel der Information, sondern es ist ein Beruf von Leuten die ein Gehalt wollen in Unternehmen die Gewinn erzielen möchten.

    Zur Illustration ein Zitat der Springer- Anwälte im Adblocker-Prozess: “Das Kerngeschäft der Klägerin ist die Vermarktung von Werbung. Journalistische Inhalte sind das Vehikel, um die Aufmerksamkeit des Publikums für die werblichen Inhalte zu erreichen.”

    https://www.golem.de/news/adblock-plus-axel-springer-sieht-journalismus-nur-als-vehikel-fuer-werbung-1509-116587.html

    • #30 wasgeht
      21. Dezember 2015

      Man kann nun entweder im Zynismus versinken, oder sich überlegen, wie der Karren in den Dreck geraten ist und wie er wieder raus kommt.

  23. #31 Dr. Webbaer
    21. Dezember 2015

    @ Epikur63 :

    Korrekt. – Allerdings verbietet das moderne journalistische Selbstverständnis Nachricht tendenziös zu verzerren, sei es aus eigenem journalistischen Antrieb (aus eigener pol. Meinung), sei es aus wirtschaftlichen Gründen & sei es aus Gründen einer zu berücksichtigenden politischen Macht.

    Ansonsten geht’s um Kohle, ein “+1” hier,
    MFG
    Dr. W

  24. #32 Hobbes
    21. Dezember 2015

    Ich sehe kein Problem darin das Zeitungen eine politische Ausrichtung haben. Viel mehr sehe ich das Problem in dem “Marsch durch die Institutionen” den die 68er Bewegung angestrebt hatte. Ob dies jetzt wirklich der Grund für viele war die Berufe an zu streben oder ob es einfach naheliegend war für solche Leute die entsprechenden Berufe zu ergreifen ist egal.
    Fakt ist ein stark überproportionaler Teil der Journalisten Lehrer etc fühlt sich selbst dem Linksökologischen Lager zugehörig. Das dies zu Verwerfungen führt und zu Selbstständigkeiten die unerwünscht sind ist dabei nicht verwunderlich. Auch das so etwas in Verschwörungen mündet (gelenkte Lügenpresse) ist dabei normal. (Das Patriachart, das Finanzjudentum etc. jedes Feindbild ist beim Extremen Lager für alles übel der Welt verantwortlich).
    Gerade in der Ökofraktion herrscht eine Meinung von Klassenkampf in dem der Zweck die Mittel heiligt. Offensichtlicher als bei der Kernkraft war dies zum Beispiel noch bei der Seralini-Studie.
    Die Lügen die auf der anderen Seite Beweis für das Böse schlecht hin sind werden auf der eigenen Seite als Nichtigkeiten ab getan.

    Des weiteren ist es noch ein Problem welches man auch in Esoterikdiskussionen erlebt. Es wird so getan als wäre eine politische Meinung genau so gewichtig wie eine wissenschaftlich fachliche.
    Wenn man dann diese politischen Meinungen zu einem Thema in den Vordergrund rückt welches lediglich durch die Überschrift eine Gemeinsamkeit besitzt ist das schon sehr bedenklich. Man stelle sich einmal vor bei jeder Kriminellen Handlung von Migranten würde jede Zeitung einzig und allein CSUler oder gar NPDler zu Wort kommen lassen. Selbst die Bildzeitung ist da nicht so extrem undifferenziert.

    Auch die Berichterstattung über den Konflikt in der Ostukraine ist bei weitem nicht so einseitig wie über Kernkraft. Hier wird zwar von vielen ein Blickwinkel geteilt (Wobei die Linke und Journalisten wie Augstein hier auch die Gegenseite lautstark vertreten) aber hier wird trotzdem versucht das ganze differenziert zu betrachten. Sogar bis zur Absurdität.

  25. #33 Hobbes
    21. Dezember 2015

    Des weiteren ist auch ein Problem, dass viele Seiten immer mehr die Deutungshoheit über Wörter und Grammatik beanspruchen wollen und Vorschriften in ihrem Sinne durchsetzen wollen. Während es bei “grüne Gentechnik” durch Agrogentechnik für die Gesellschaft irrelevant ist, ist es bei Wörtern die im Alltagsgebrauch vorhanden sind um einiges schlimmer. Gerade bei der Diskussion um Migranten gab es so viele Namensänderungen das es in der Mitte der Gesellschaft nur noch auf Spott stößt. Wenn die Genderwissenschaften jetzt eine Regelung durchsetzen wollen die man nicht einmal aussprechen kann und man sich zudem noch nicht einmal halbwegs einig ist was denn nun richtig ist, dann fühlt sich der Normalbürger manipuliert.
    Zwar ist es sinnvoll die Sprache nicht statisch zu halten aber eine so gezielte Steuerung von außen kennt man sonst nur aus staatlichen Zensurbehörden und nicht von freien Medien. Weshalb man auf ähnliche Abwehrreflexe trifft.

  26. #34 John Sinclair
    21. Dezember 2015

    Es gehört zur normalen journalistischen Arbeit politische O-Töne zu Nachrichten einzuholen.
    Kernkraft ist aber ein Thema, bei dem die gesellschaftliche Meinungsbildung abgeschlossen ist.
    Daher ist es ungleich schwerer, positive O-Töne zu Tihange einzuholen als negative.

    Das Problem ist daher weniger die einseitige Berichterstattung in den Medien, sondern eine einseitige Meinung in der Politik/Gesellschaft (bei der Kernkraft).

    Bei anderen Themen wird den Journalisten genau das Gegenteil vorgeworfen – Stichwort “False-Balance”:
    Obwohl bei einem Thema wissenschaftlicher Konsens besteht (z.B. Klimawandel), werden Gegner in der Berichterstattung gleichwertig behandelt.

    Journalisten müssen immer zwischen diesen beiden Polen navigieren:
    Wären bei Tihange Befürworter der Kernkraft zu Wort gekommen, hätten einige den Journalisten False-Balance vorgeworfen.

    Stattdessen steht nun der Vorwurf der einseitigen Berichterstattung im Raum.
    Man kann es halt nicht allen recht machen.

    • #35 wasgeht
      21. Dezember 2015

      Die gesellschaftliche Meinungsbildung ist abgeschlossen?

      Hier ist ein tippender Teil der Gesellschaft, der das Gegenteil beweist.

  27. #36 Hobbes
    21. Dezember 2015

    maximal de politische Meinungsbildung ist abgeschlossen. Die Gesellschaftliche kann es hingegen nie seien. Da sich im Gegensatz zur Politik die Gesellschaft zwangsläufig wandelt (die Politik macht dies nur idealer Weise und nicht zwangsläufig.)
    Wenn die Presse über alle Organe hinweg nun eindeutig in einer Sache berichtet redet sie der Politik nach dem Mund und nicht der Gesellschaft. Und das ist es eben was das Misstrauen erzeugt.
    Und mittlerweile gibt es für die meisten Leute mindestens ein Thema bei der man sich fehlinformiert fühlt.

  28. #37 John Sinclair
    21. Dezember 2015

    @wasgeht
    Beim Thema Kernkraft ist für alle praktischen Zwecke die gesellschaftliche Meinungsbildung abgeschlossen (100% erreicht man nie) und die ist deckungsgleich mit der politischen Meinung, entweder aus Opportunität oder weil Politiker nunmal auch nur ein Teil der Gesellschaft sind.

    Dass diese Meinungsbildung nicht unbedingt faktenbasiert stattgefunden hat, ist mir auch klar, aber das Kind ist jetzt in den Brunnen gefallen.

    Deswegen finden sich keine Politiker, die Befürworter der Kernkraft sind, weil sie entweder nicht existieren oder weil sie niemals einen O-Ton geben würden, da das einem politischen Selbstmord gleichkäme.

    Daher sind die jetzigen O-Töne nicht unbedingt ein Versagen der Journalisten, sondern ein Abbild des gesellschaftlichen und politischen Konsens zur Kernkraft.

    Das ist für die politische Bildung aber auch wichtig zu wissen!

    Davon getrennt ist die beschriebene Faktenlage selbst zu bewerten und ob da Mängel vorliegen.
    Beim vorliegenden Fall kann man sich streiten, ob “Brand im nicht-nuklearen Bereich / Notfallabschaltung / keine Gefahr für die Bevölkerung” ausreichend ist oder nicht.
    Mir persönlich reicht es. Ich kann aber verstehen, wenn man gerne mehr Details hätte.

    • #38 wasgeht
      21. Dezember 2015

      Beim Thema Kernkraft ist für alle praktischen Zwecke die gesellschaftliche Meinungsbildung abgeschlossen (100% erreicht man nie) und die ist deckungsgleich mit der politischen Meinung, entweder aus Opportunität oder weil Politiker nunmal auch nur ein Teil der Gesellschaft sind.

      Dass diese Meinungsbildung nicht unbedingt faktenbasiert stattgefunden hat, ist mir auch klar, aber das Kind ist jetzt in den Brunnen gefallen.

      Deswegen finden sich keine Politiker, die Gegner der Kernkraft sind, weil sie entweder nicht existieren oder weil sie niemals einen O-Ton geben würden, da das einem politischen Selbstmord gleichkäme.

      Daher sind die jetzigen O-Töne nicht unbedingt ein Versagen der Journalisten, sondern ein Abbild des gesellschaftlichen und politischen Konsens zur Kernkraft.

      Das ist für die politische Bildung aber auch wichtig zu wissen!

      Ich musste nur ein Wort austauschen und schon ist es ein Text der so 1 zu 1 auch aus den 60er oder 70er Jahren stammen könnte. Die Reaktion darauf war heftig und das sollte sie auch heute sein.

  29. #39 Dr. Webbaer
    21. Dezember 2015

    @ wasgeht – #38

    Ja, sehr lustig.

    Früher standen die bundesdeutschen Parteien wie eine Bank hinter der friedlichen Nutzung der Kernkraft, allerdings ist schon vor Aufkommen der Ökologisten diese Nutzung öffentlich diskutiert worden, seit Aufkommen der Ökologisten sogar breit öffentlich diskutiert worden.

    Hierzu:
    ‘Deswegen finden sich keine Politiker, die Befürworter der Kernkraft sind, weil sie entweder nicht existieren oder weil sie niemals einen O-Ton geben würden, da das einem politischen Selbstmord gleichkäme.’

    Das könnte heute auf die BRD bezogen so sein, denn jetzige Befürwortung der friedlichen Nutzung der Kernkraft würden sich gegen Merkels Diktum stellen und zudem mit einer nicht objektiven, sogar irgendwie verhetzten medialen Lage und Öffentlichkeit zu rechnen haben.

    Ansonsten ist die gesellschaftliche Meinungsbildung natürlich nie ‘abgeschlossen’, denn sie ist ein Prozess, in der BRD soll sie -übrigens nicht nur bei diesem Thema- als medial abgeschlossen durchgesetzt werden.

    MFG
    Dr. W

  30. #40 Dr. Webbaer
    21. Dezember 2015

    @ Hobbes – #32

    Ich sehe kein Problem darin das Zeitungen eine politische Ausrichtung haben.

    Zeitungen hatten immer eine politische Ausrichtung, das ist nicht das Problem, diese politische Ausrichtung tobte sich denn auch in Meinungsbeiträgen aus und in der Zusammensetzung der bereitgestellten Berichterstattung, soll heißen, dass bestimmte Themen verstärkt bearbeitet worden sind und dass bestimmte Aspekte eines Geschehnisses unterschiedlich intensiv berichtet worden sind.

    Heutzutage ist es aber so, dass die Berichterstattungen nicht mehr sachnah angelegt sind, sondern dass die Leserschaft regelrecht belehrt wird – und zudem die Grenzen zwischen Berichterstattung und Meinungsbeitrag schwinden.

    Wenn Sie mal ein wenig recherchieren, ist dies bundesdeutsch von bestimmter politischer Seite wohl auch angestrebt, vgl. auch:
    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Journalist#Selbstverst.C3.A4ndnis_der_Journalisten

    MFG
    Dr. W

  31. #41 Jürgen Schönstein
    21. Dezember 2015

    @wasgeht

    Die Tatsache, dass zu Kernkraftwerken fast ausschließlich Grüne und Umweltverbände befragt werden, ist eine etablierte Tatsache.

    Das ist nicht nur keine etablierte Tatsache, sondern schlichtweg falsch. Schon der Auslöser Deines Postings widerlegt dies, denn dort hatte die Kraftwerksbetreiberfirma sogar das erste Wort. Und im Gegenteil erinnere ich mich – ebenso subjektiv wie Du, zugegebener Maßen, aber das ist ja dann allenfalls Deiner Erinnerung gleichwertig – dass in all den Jahren über den Aufbau der Kernenergie in Deutschland (ich bin in der Nähe eines KKW aufgewachsen) die Grünen und Umweltschützer von den Medien eher abschätzig, als Störer und in nicht selten in einem Atemzug mit “Chaoten” genannt wurden und deren Kritik an der deutschen Energiepolitik (die damals auf Kernkraftwerke setzte) als unangebracht dargestellt wurde.

    Die Aufgabe des Journalismus ist es, zu Berichten wie die Welt ist. Punkt.

    Aha. Daraus folgere ich, das in den von Dir kritisierten Beiträgen etwas berichtet wurde, was NICHT ist, dass also Dinge erfunden wurden. Welche, sagst Du aber nicht. Also bitte mal ganz klar: Was stand in den Meldungen, auf die Du verweist, drin, obwohl es NICHT passiert ist?

    Ich verstehe Deine Position durchaus, aber das macht sie nicht richtiger. Und das Fallbeispiel Tihange eignet sich nicht eben gerade nicht als Beleg für diese Position. Und Fukushima noch weniger, übrigens: Das war ein Versagen der Technik, das nur mit einer gehörigen Portion Glück nicht noch zu einer schlimmeren Katastrophe geführt hat. Und dies in einem Land. das im Umgang mit dieser Technik immer als vorbildlich hingestellt wurde.

    • #42 wasgeht
      21. Dezember 2015

      Die Technik der Kernreaktoren von Fukushima war auf dem Stand der 60er/70er Jahre. Auf diesem Stand war das was passierte kein Versagen der Technik. Genauso wenig wie die Sicherheitstechnik eines PKWs versagt, der mit 150km/h gegen eine Mauer fährt. Natürlich ist das im allgemeinen tödlich, aber die Technik eines PKW ist auch nicht darauf ausgelegt. Würde das gleiche mit einem Formel1 Rennwagen passieren, dann wäre es ein Versagen der Technik, weil diese Autos dazu ausgelegt sind, den Fahrer auch dann noch adequat zu schützen. Niemand würde behaupten, ein Küchentisch hätte vesagt, wenn sich ein Elephant darauf setzt und er zusammenbricht.

      Das ist keine Verteidigung dieser Technik und ich will damit auch nicht sagen, dass so ein Zustand in irgendeiner Weise akzeptabel ist, sondern es ist eine Beschreibung. Die Containments dieser Bauart wurden beim Entwurf in den frühen 60er Jahren nicht darauf ausgelegt, im Fall einer Kernschmelze dicht zu bleiben, bzw. eine ernsthafte Kontaminierung der Umgebung zu verhindern. (In Fukushima standen Siedewasserreaktoren von General Electric, konkret in einem BWR Mark I Containment, ähnliches galt aber auch noch für das Mark II Containment, bei Reaktor #6 verwendet wurde. Der Entwurf des Mark I stammt von 1962, das Mark II von 1965.) Es ging beim Entwurf nur darum, dass die Bevölkerung rechtzeitig evakuiert werden kann, ohne dass es zu Todesopfern kommt. Die Kontaminierung der Umgebung spielte keine Rolle.

      Man nahm damals den Austritt von flüchtigen Bestandteilen wie Cäsium in Kauf. Es gibt keinen Grund damit einverstanden zu sein, aber so war es damals. Diese Tatsache war wenigstens seit dem WASH-1400 (“Rasmussen Report”) öffentlich bekannt – veröffentlicht und breit diskutiert im Jahr 1975. (Wobei ich auch eine Sekundärquelle kenne, die sagt, dass General Electric das auch schon 1966 selbst davon sprach. Habe aber nie die Primärquelle dazu gefunden, was nach einem halben Jahrhundert auch schwierig ist.)

      Zum Glück hat sich diese Einstellung und die Gesetzgebung dazu hierzulande geändert – und zwar nach den Unfällen von Three Mile Island und Tschernobyl. Das war zu spät. Es hätte diese Einstellung besonders im dicht besiedelten Westdeutschland (oder auch Japan) niemals geben dürfen. Aber 1988 – 13 Jahre nach der Fertigstellung von Biblis A – wurden die Gesetze entsprechend geändert, nachdem die notwendigen Filteranlagen schon 1987 installiert wurden. In Schweden fand der gleiche Prozess schon 1980 statt.

      Das ist nun sehr lange her. Zur gleichen Zeit verabschiedeten sich auch die Grünen von der Legalisierung der Pädophilie und fühlten sich im letzten Wahlkampf ungerecht behandelt, als dieses Kapitel ihrer Vergangenheit wieder aufgeworfen wurde. Leider legen diese an sich selbst andere Maßstäbe an als an andere.

      Die Filter und die Wasserstoffrekombinatoren, die in Fukushima hätten versagen können, haben dort nicht versagt. Weil es sie nie gab. Ihr Einbau wurde erst 2012 und 2013 vorgeschrieben.

      Das nicht-Berichten solcher Tatsachen, ist Lüge durch Auslassung. Und man zeige mir einen deutschen Artikel oder eine Sendung eines öffentlichen Mediums in Deutschland, die irgendetwas von dem beschrieben hätten. Ich habe in den letzten 5 Jahre keine einzige gesehen.

  32. #43 Beobachter
    21. Dezember 2015

    @ wasgeht:

    Ich habe mir lange überlegt, ob ich hier überhaupt kommentieren soll.
    Man könnte in der Tat in “Zynismus versinken” – angesichts dieser selbstherrlicher Arroganz, mit der Sie hier Ihre Position vertreten und nebenbei einen ganzen Berufsstand diffamieren.

    Bei “Statements” wie:
    “Die Aufgabe des Journalismus ist es, zu Berichten wie die Welt ist. Punkt.”
    bleibt einem schlicht die Luft weg.
    Ja, wie ist denn die Welt?
    Glauben Sie, dass auch nur ein Mensch/Journalist auf dieser Welt dazu in der Lage ist, diese Frage zu beantworten, darüber umfassend zu berichten?!
    Aus allen nur möglichen Blickwinkeln?
    Bei allem redlichen Bemühen um Objektivität wird in jedem Bericht-Einzelfall immer noch ein Rest persönlicher Sichtweise/Gewichtung dessen, was wichtig und relevant ist, bleiben.
    Und bewusste Unredlichkeit/Käuflichkeit/Betrug gibt es in allen Berufsgruppen.
    Deshalb sollte man sich aus verschiedenen, unterschiedlichen Quellen informieren – was ja heutzutage dank Internet gut möglich ist und wenn man dazu in der Lage ist, zu differenzieren.

    Offensichtlich ist hier größtenteils schon eine Generation am Bloggen, die auch wieder die “Gnade der späten Geburt” für sich in Anspruch nimmt und nicht dazu in der Lage und/oder Willens ist, aus Fehlern und Erfahrungen der (unfernen) Vergangenheit zu lernen.
    Man muss weder die NS-Zeit/den Holocaust noch den Tschernobyl-GAU als erwachsener Mensch selbst miterlebt haben, um gegen Totalitarismus/Rassismus bzw. gegen die Nutzung von Kernenergie zu sein.
    Dazu sollten Verstand und Vernunft ausreichen.

    “Über den grünen Klee gelobt” wird die Nutzung der Kernenergie bis heute – von allen großen Energiekonzernen, und sie wird auch in “skeptischen” Kreisen unkritisch als “saubere Energie” befürwortet und als unerlässlich/zwingend notwendig gesehen zur Erreichung des 2-Grad-Klimaschutz-Ziels.
    Alle bisherigen Reaktorunfälle werden als hinnehmbare “Kollateralschäden” abgetan, das ungelöste Problem des Atommülls wird ignoriert.

    Erschreckend auch das hier herrschende Schubladendenken:
    Kernenergie-Kritiker sind unisono “links”, grüne Ideologen, technikfeindliche Alt-68-er, die auf ihrem “Marsch durch die Institutionen” alle entscheidenden Positionen besetzt haben und den “Karren in den Dreck (angestrebter Ausstieg aus der Kernenergie) gezogen” haben, usw.
    Das wäre witzig, wenn`s nicht ernst gemeint wäre.

    Ich würde Ihnen raten, doch mal in den “verstaubten Archiven” bzgl. den politischen/wirtschaftlichen Entwicklungen vor Ihrer Geburt (1983) – also in der “Frühzeit der Kernkraft” und der Steinzeit vor der globalen Digitalisierung – zu “wühlen”.
    Man kann dabei eine Menge lernen, wenn man will …

    Also, ich freue mich auf objektive, “nicht einseitige” Meldungen wie:
    “Im Kernkraftwerk XY gab es keine Störfälle”
    “Der Papst/Kanzlerin Merkel/Herr Seehofer ist nicht tot.”
    “Es wurde heute keine Flüchtlingsunterkunft angezündet” …

  33. #44 Epikur63
    21. Dezember 2015

    @wasgeht #30 (direkte Replies sind nicht möglich: korrekt?). Das war gar nicht zynisch gemeint sondern realistisch: Medien existieren nicht als Non-Profit-Organisationen. Der Anteil von Idealisten unter Journalisten ist begrenzt. Schaut man sich die Entwicklung der Zahl angestellter Journalisten an, so ist diese stark rückläufig. Sie werden zum einen durch immer mehr freiberufliche Journalisten mit sehr niedrigem Einkommen ersetzt oder durch die unkritische Übernahme von Nachrichtenagenturmeldungen. Zeit für Recherche erhöht die Personalkosten und nicht den Umsatz: Ich arbeite in einem großen Konzern nicht weit unterhalb des Vorstands – solche Diskussionen sind alltäglich und in der Branche, in der ich tätig bin, brechen die Umsätze nicht so gnadenlos ein wie in Printmedien.

    ….und unter den wenigen idealistischen Journalisten wird es auch einige geben, welche den Kampf gegen die Kernkraft prinzipiell als gute Tat ansehen, auch wenn eine Meldung mal nicht so präzise ist.

    Viel kann man dagegen nicht tun: Die wachsende Zahl freier kleiner Medien kann man unterstützen, aber sie wird nie die Breitenwirkung der großen durch Werbung und Staat geförderten erreichen.

    Übrigens gilt dies nicht nur für Journalisten. In dem Konzern, in dem ich arbeite, erscheinen sehr häufig Universitätsprofessoren mit unhaltbaren Versprechungen und sinnlosen Ideen auf der Suche nach Geld für ihre Projekte.

  34. #45 Otto Müller
    Berlin
    21. Dezember 2015

    Du sprichst mir aus der Seele. Das gewählte Beispiel der Berichterstattung ohne die wichtigsten Fakten, dafür mit Meinungen, diese auch noch einseitig von Leuten die eigene Interessen verfolgen, ist nur eines von vielen. Die Liste ließe sich nahezu endlos fortsetzen. Z.B.:

    – Flüchtlingskrise und -politik
    – Der Klimawandel und das IPCC vs. “Leugner” (das ist eine Bezeichnung für Leute die nicht glauben wollen, was andere glauben – dabei soll es doch um Wissen und nicht Glauben gehen und um Meinung und nicht um Bekenntnisse)
    – Griechenland-Krise
    – Die Politik der EZB mit der gesetzwidrigen und so erklärten, gewünschten und verfolgten Inflationierung, d.h. der Endwertung der Währung zum Schaden der Menschen und zum Nutzen der Politiker und Staaten
    – Politik in Ungarn (Premier Orban als der “Gottseibeiuns”)
    – Politik in Frankreich (Front National)
    – Politik in USA (Trump, Clinton, usw.)
    – Neuerdings: Regierungswechsel in Polen
    – Ukraine-Krise
    – Israel und die Palästinenser
    – Islam und Islamismus
    – usw., usw.

    Meistens Berichterstattung ohne die Fakten in den Mittelpunkt zu stellen und ohne, dass der Medienkonsument eine Chance hätte sich selber eine Meinung zu bilden. Häufig wird die Meinung der Journalisten oder des Presseorgans berichtet und mit der Berichterstattung klar gemacht, dass diese Meinung die gerechtfertigte sei.

    Der Medienkonsument teilt diese Meinung nicht? Er muss ein Rechtsradikaler, ein Populist, ein Leugner, ein Verführter, ein schlechter Mensch, ein Denunziant oder was auch immer sein.

    Die Presse hat sich selbst zur vierten Macht erklärt und versagt dabei, diesem Anspruch zu genügen. Die Presseorgane und die Journalisten haben sich selbst gleichgeschaltet und sie haben nicht, wie ihre Kollegen in vergangenen deutschen Staaten oder in anderen unfreien Ländern, die Begründung, dass sie an Leib oder Leben bedroht oder an der Ausübung ihres Berufes gehindert werden oder das ihre Angehörigen bedroht sind oder dass sie sonst unterdrückt werden.

    Warum ist das so? Ich habe die Vermutung, nur die Vermutung, dass dies mit dem Niedergang der öffentlich-rechtlichen Medien zu tun hat. Diese sind mittlerweile so stark dem Einfluss der Parteien unterworfen, dass die dort tätigen Menschen nicht mehr als Journalisten, sondern bestenfalls als Meinungsbeamte oder schlimmstenfalls als Parteipropagandisten bezeichnet werden können. Der Einfluss der Parteien wirkt über den fatalen Einfluss des Geldes. Der ÖR bietet – fast als einziger Arbeitsplatz dieses Berufsstandes – sicheres, ausgesprochen großzügiges Einkommen, sichere Pensionen und ein bequemes Leben ohne große Mühe. Dafür lässt man die Parteien in Ruhe oder unterstützt ihre Positionen und die Versorgung wird dann über regelmäßige Erhöhungen der Rundfunkgebühren zu Lasten aller anderen Menschen in diesem Land sicher gestellt.

    Der ÖR ist so übermächtig (16 Landessender, 2 Bundessender, ungezählte TV- und Radioprogramme, mittlerweile eine sehr starke Präsenz im Internet), dass die kleine, schwache und unterfinanzierte “freie” Presse, dagegen keine Chance mehr hat und keine andere Position, als die der Staatsmedien einnehmen kann.

    Und so geht die Demokratie früher oder später verloren…

    Kann uns etwas retten? Was? Eigentlich nur Vielfalt und dafür wäre das Internet sehr hilfreich. Und genau darum – den Eindruck macht es auf mich – geht die Politik so vehement gegen die Freiheit im Netz vor.

    Was die Zukunft betrifft bin ich leider pessimistisch und versuche nur noch mich vor dem was kommt zu schützen. Den Staat und das Land habe ich aufgegeben.

  35. #46 Dr. Webbaer
    21. Dezember 2015

    @ Otto Müller :

    Solide Extrapolation und Analyse, die der Schreiber dieser Zeilen dem politisch konservativen (“rechten”) Spektrum zuordnen würde; sie ist in einigen Punkten unzureichend.

    Bspw. ist der Pessismismus unangebracht, auch ein vglw. stabil, gar monoton, erscheinendes zurzeit sozusagen konkordiales Parteiensystem, wie es in der BRD und ganz bevorzugt im “Westen” zurzeit nur dort vorliegt, kann wegbrechen [1], auch recht schnell, die Demokratie ist nicht nur die Herrschaft des Volkes, sondern auch eine flexible Herrschaftsform.

    Die Zensurierungs-Bemühungen von Heiko Maas, anscheinend auch von Frau Dr. Angela Dorothea Merkel “genudged”, werden zudem ins Leere gehen, das Web ist hier (für einige zumindest auch: überraschend) resistent.

    Hier wären natürlich aus liberaler Sicht noch viele weitere Ergänzungen zu Ihrer Einschätzung vorzunehmen, der hiesige Feedback-Bereich soll abär nicht überlastet werden.

    MFG + schöne Weihnachtstage schon einmal,
    Dr. W

    [1]
    Nur ganz zynisch hier ein kleines Beispiel:
    Sollte die Aufgabe der Grenzen der BRD, die Nicht-Registration von der Aufnahme von Schutzsuchenden oder der Einwanderung, die zudem mit einem militärischen Engagement der BRD u.a. auch in Syrien einhergeht, beizeiten mit einer Anschlagsserie belohnt werden, täte sich sogar in der BRD die öffentliche Meinung schlagartig ändern; sie wäre dann nicht mehr mit der veröffentlichten Meinung und der der bundesdeutschen Parteien-Nomenklatura zu decken.
    Jeder Politiker mit Selbsterhaltungstrieb hätte dann sozusagen auf einmal eine andere politische Meinung.

  36. #47 Dr. Webbaer
    22. Dezember 2015

    @ Epikur63 :

    Der Anteil von Idealisten unter Journalisten ist begrenzt.

    Journalisten, Tagesarbeiter sozusagen, die als Medium Nachricht wie Kommentar verbreiten, sind nicht als ‘idealistisch’ oder nicht zu begutachten, also in dem Sinne, dass wenn sie ‘idealistisch’ wären, auch gut wären und ansonsten nicht. [1]

    Der Journalismus folgt einem Handwerk, es gibt Journalisten-Schulen und aus diesen Hervorgegangene weisen sich oft als ihr Handwerk verstehend aus, sie kennen bspw. Inhalte (auch: “Instrumente”) wie die Glosse, die Berichterstattung und den Kommentar, sogar die Satire – wenn sie gut aufgepasst haben und wissen wie beschrieben zu trennen.

    Journalisten berichten halt, wenn sie berichten sollen, sie kommentieren, wenn ihnen dies aufgetragen ist, sie sind aber nicht per se parteiisch (‘Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört.’), sie sollten dies nicht sein, ansonsten wären sie direkt politisch wirkende Kräfte, Politiker ohne Mandat sozusagen.

    HTH + schöne Weihnachtstage schon einmal.
    Dr. W

    [1]
    Jürgen Schönstein beispielsweise, der als Geograph und Journalist * i.p. Schilderung von Nachricht durchaus Ideen gefolgt sein könnte, wohl auch gefolgt ist, könnte schon eine Art Idealist oder Ideologe sein oder gewesen sein (er ist zurzeit als Tagesschreiber retiriert).

    *
    U.a. beim Focus war er tätig und zweifelsfrei Tagessschreiber und Journalist.

  37. #48 Beobachter
    22. Dezember 2015

    Mein Kommentar (# 43) wurde erst sehr verspätet freigeschaltet.

    Meiner Meinung nach wird hier ein ganzer Berufsstand (“die Journalisten”/”der Journalismus”) – und insbesondere der “kritische Journalismus” – diffamiert.
    Vielleicht wäre es für den Fortgang der Debatte ganz fruchtbar und hilfreich, wenn sich mehrere professionelle Journalisten zur Sache äußern würden.
    So kurz vor Weihnachten wird verständlicherweise kaum jemand noch Zeit und Lust haben, sich einzumischen – es wäre jedoch m. E. schade, wenn so ein wichtiges Thema wieder in der Versenkung verschwinden würde.

    Bezeichnend hier auch die” Argumentationsreihe” des Autors (# 42):
    “Nicht-Berichten von Tatsachen, Lüge durch Auslassung, Legalisierung der Pädophilie (Grüne)”

    Zur Geschichte/Entwicklung der Parteien in unserer politischen Landschaft gäbe es zu jeder Partei skandalträchtige Positionen, die man in`s Feld führen könnte – und die größere Bevölkerungsgruppen als die der Pädophilen betrifft.

    Das ausgerechnet die Pädophilie-Debatte der Grünen (Grün=Kernkraftgegner) aus der “linken” Schmuddelecke zur Diskreditierung aller (vermeintlicher oder echter) Kernkraft-Kritiker bemüht wird – das ist schon Bildzeitungs-Stil …

    Ich bin entsetzt, dieses Niveau bei ScienceBlogs-Autoren feststellen zu müssen.

    • #49 wasgeht
      22. Dezember 2015

      1) Sorry, ich hatte viel zu tun.

      2) Es geht in der Passage um die Gleichzeitigkeit von zwei Vorgängen, in denen unhaltbare Zustände beseitigt wurden. Der Unterschied ist nur der Umgang damit. Für die eigene Seite reklamiert man, dass das alles Vergangenheit und vollständig bewältigt ist. Das war übrigens auch meine Reaktion auf diese Vorwürfe.

      Das Problem ist nur, dass die selben Menschen einen ganz ähnlichen Prozess bei anderen Leuten nicht akzeptieren. Nämlich die Abkehr von dem Standpunkt, dass es ausreicht, dass eine Kernschmelze unwahrscheinlich ist und man sich deswegen nicht um die Auswirkungen kümmern muss. Das war in den 70er Jahren noch normal und Ende der 80er Jahre hat man den Fehler eingesehen und mehrere Milliarden DM investiert um ihn zu beseitigen. Aber merkwürdigerweise blieb der Vorwurf trotzdem bestehen.

      Wenn jede Gruppierung eine skandalträchtige Positionen vertreten hat, warum sollte man dann irgendwelche Gruppen bevorteilen oder benachteiligen? Warum beurteilt man nicht wirklich alle nach dem, wie sie sich aktuell verhalten?

  38. #50 Peter Paulitsch
    Wien
    22. Dezember 2015

    Ich (Jahrgang ’87, Physikstudent) kann das vollends bestätigen: Schon in der Schule wurde propagiert, dass Kernenergie “böse” wäre. Die Berichterstattung war dementsprechend in den Zeitungen auch seit ich mich erinnern kann darauf ausgelegt. Zumal in Österreich die Debatte ja direkt ein Tabu darstellt: Über Kernkraft hat man nicht zu diskutieren, das wurde ja per Volksabstimmung von den Österreichern so festgelegt (mit 50,47%iger Mehrheit).
    Auch heute gelangen sowohl seitens der öffentlich-rechtlichen Medien als auch der Privaten nahezu ausschließlich (man muss schon auf Blogs gehen, um differenzierte Berichterstattung zu finden) Vertreter der NGOs wie Greenpeace und Global2000 zu Wort, die natürlich über alle Maßen übertreiben.
    Um einen Professor für Kerntechnik zu zitieren: “Ich möchte gar keine Interviews für den ORF mehr geben, die sagen dann eh wieder was komplett Anderes.” Das war ein paar Monate nach dem Unfall von Fukushimi-Daiichi.
    Wenn “wasgeht” das so für Deutschland empfindet, muss ich das als Österreicher also bestätigen. Mit dem Zusatz, dass es in Österreich sogar noch schlimmer ist…

  39. #51 Beobachter
    22. Dezember 2015

    @ wasgeht, P. Paulitsch:

    Also wieder einer der Befürworter der Nutzung der Kernenergie mit der “Gnade der späten Geburt” … –
    geboren 1 Jahr nach Tschernobyl …

    Der Autor geht in keiner Weise auf meinen Vorwurf seines eigenen Bildzeitungs-“Argumentations”-Stils ein.

    Es geht hier im Ausgangsthema nicht um die Diskussion Pro/Contra Nutzung der Kernenergie (zivil/militärisch), auch nicht darum, ob, wann, wo und welche technologische Verbesserungen möglich sind/stattgefunden haben und umgesetzt wurden/werden –
    sondern darum, wie heute von Journalisten über Störfälle in AKWs berichtet wird.

    Anmerkung:
    Das bis heute ungelöste Problem des Atommülls, der Endlagerung wird hier komplett ausgeklammert/ignoriert.
    Kernkraft-Kritiker sind alle “linke Socken”, “die natürlich über alle Maßen übertreiben”.

    Gnade uns Gott vor Akademikern/ insbesondere Physikern “der neuesten Generation” …

    Frohe Weihnachten !

  40. #52 Peter Paulitsch
    Wien
    22. Dezember 2015

    @Beobachter, #51:
    Ja, “die Gnade der späten Geburt”. 1 Jahr nach Tschernobyl und 24 Jahre vor Fukushima. (Und ja, die unterschiedliche Dynamik des Fallouts ist mir bewusst. Es geht ja nicht um technische Details, sondern um die Panikmache, und die war die Gleiche. Ähnliches gab es auch schon bei Three Mile Island, man sehe sich den Erfolg von “The China Syndrome” an. Die Kombination aus dem Unfall und den nur kurz vorher produzierten Film brachte ein gewaltiges Medienecho.)

    Ja, es geht um Journalismus. Und genau diese Art der Berichterstattung ist eben auch in Österreich zu spüren, wenn noch nicht noch schlimmer. In den Zeitungen und im Fernsehen wurden nahezu keine sachlich dargestellten Informationen präsentiert. Und es geht darüber hinaus: In Diskussionssendungen nach Fukushima waren nie Fachleute für Kernenergie zu sehen, ein interessantes Spezifikum. Ich nehme an, dass dies unter anderem daran liegt dass diese meistens Statements wie “es wäre noch zu früh, etwas darüber zu sagen” abgeben, was grundehrlich, aber langweilig ist. ;)
    Stattdessen hörte man Vertreter verschiedenster NGOs, die zwar keine Expertise besitzen, dafür aber umso einschüchternder reden können. Oder Buchautoren, die gerade ihre neuesten Bücher vorstellen wollten…

    Anmerkung: Das Problem des Atommülls ist technisch schon längst gelöst (Beispiel Olkiluoto), nur in manchen Staaten politisch noch nicht. Ein “Physiker der neuesten Generation” weiß das, vor allem wenn er sich intensiv mit Kerntechnik und Strahlenschutz beschäftigt. Wenn man die Zahlen kennt, kann man auch abschätzen was eine Übertreibung ist. Als gutes Beispiel sind die Schätzungen der Todeszahlen durch Tschernobyl zu nennen. Seriöse Schätzungen nach dem LNT-Modell (das angemerkt noch recht pessimistisch angelegt ist) liegen mehrere Zehnerpotenzen neben den kolportierten Zahlen von NGOs wie Greenpeace.

    Zu der Einteilung in “rechts”-“links” möchte ich mich nicht äußern, denn dann sind wir wieder bei der Bildzeitung.

  41. #53 Beobachter
    22. Dezember 2015

    @ P. Paulitsch, # 52:

    Anmerkung:

    ” … Wenn man die Zahlen kennt, kann man auch abschätzen was eine Übertreibung ist. Als gutes Beispiel sind die Schätzungen der Todeszahlen durch Tschernobyl zu nennen. … ”

    Und was ist mit der Zahl der Erkrankungen durch Tschernobyl ?!
    Zählen “nur” (Sofort-) Tote als Opfer von AKW-Unfällen/-GAUs?

    Sie halten sich offenbar als Physik-Student, mit Ihrer “wahren Kenntnis der Zahlen” und Ihren persönlichen Abschätzungen/Schätzungen, für kompetenter als alle Wissenschaftler/Forscher, die sich seit Jahrzehnten damit umfassend beschäftigen:

    https://www.welt.de/wissenschaft/article13152758/Wahre-Zahl-der-Tschernobyl-Opfer-bleibt-im-Dunkeln.html

    und:

    https://www.focus.de/panorama/welt/tid-22040/tschernobyl-50-tote-240-000-oder-eine-million_aid_620238.html

    Bitte beachten:
    Erste obige Quelle ist die “konservative” WELT – nicht die “linke/grüne/ideologisch verseuchte” TAZ …
    Im Übrigen erzielt man bei Google-Eingabe von:
    “Tschernobyl, AKW Unfall, Todeszahlen, Erkrankungen” –
    18400 Ergebnisse.

  42. #54 Peter Paulitsch
    Wien
    22. Dezember 2015

    @Beobachter, #53:
    Es ist vollkommen klar, dass diese Zahlen nicht der Weisheit letzter Schluss sein können (zumal das, entgegen Ihrem Vorwurf, natürlich nicht “meine persönlichen Abschätzungen” sind!). Gerade epidemiologische Daten sind schwierig zu erheben umd mit großer Unsicherheit behaftet. Aber die Berichte der IAEA und UNSCEAR sind momentan das Beste, was zur Verfügung steht. Es lohnt sich wirklich, diese Publikationen zu lesen (zB: “25 years of Chernobyl”, worauf sich die Autoren der Zeitungsartikel
    offensichtlich beziehen). Darin steht auch, wie die Daten erhoben worden (natürlich sind auch zu erwartende stochastische Schäden inkludiert, das ist ja gerade der Sinn der Publikationen). So macht man sich am Besten ein Bild der Lage. Oder man fragt bei den zuständigen Stellen selbst nach, die geben gerne Auskunft darüber.

    Interessant ist, dass sich hiermit der Kreis der Thematik schließt: Als Belege wurden Zeitungsartikel geliefert, in denen die Journalisten in offensichtlicher Unkenntnis wild mit Zahlen um sich werfen. Darin wird einerseits gesagt dass die IAEA ein Stakeholder der Kernenergie ist, was vollkommen richtig ist. Dass der Verband der Liquidatoren aber genauso ein Stakeholder ist, wird verschwiegen. Und genau das ist ein Beispiel der medialen Verzerrung, was Gegenstand dieser Diskussion ist.

    Und ich bitte höflichst, keinerlei Vorwürfe der Parteipolitik mehr zu tätigen. Und der argumentum ad hominem ist auch schon genug.

  43. #55 Dr. Webbaer
    22. Dezember 2015

    Und der argument[a] ad hominem ist auch schon genug.

    Sehr weihnachtlich, erfrischend und nachvollziehbar, vielen Dank!; Sacharbeit kann tatsächlich unabhängig von Personen erfolgen, wobei ansonsten natürlich die Polemik schon gerechtfertigt werden kann. [1]
    Der Schreiber dieser Zeilen hat sich notiert, dass die mangelnde Distanz zur eigenen Person wie zu den Personen anderer bei der Sacharbeit problematisch sein kann.

    MFG + schöne Weihnachtstage schon einmal,
    Dr. W

    [1]
    Für den Systematiker gilt natürlich, dass Aussagen zu einer Sache oder zu einem diesbezüglichen Verhalt zuvörderst als Aussagen einer Person(enmenge) zu einer Sache oder zu einem diesbezüglichen Verhalt verstanden und in der Folge: bearbeitet werden müssen.
    Insofern interessiert -bei bestimmter Sachbeleuchtung teils auch zwingend- untergeordnet ebenfalls die Person, ansonsten wäre das Ad Hominem gänzlich fehl am Platze.

  44. #56 Jürgen Schönstein
    22. Dezember 2015

    @wasgeht
    Ich nehme jetzt mal an, dass das als Antwort auf meine Fragen gedacht war, und sehe, dass es keine Antwort gibt. Auch recht. Die weitere Lektüre dieses Beitrags werde ich mir jetzt ersparen, denn auch ich habe viel zu tun.

  45. #57 JW
    22. Dezember 2015

    Dass die Meldung zu dem Störfall verkürzt waren akzeptiere ich, halte es aber für eine läßliche Sünde, da die Informationen für den informierten Laien doch ausreichend waren. Und wenn ein Kraftwerk über ein Jahr wegen technischer Auffälligleiten stilliegt, ist es doch eine Meldung wert, wenn es nicht ohne Probleme hochfährt.
    Was ich aber vermisse, ist eine kritische Würdigung der verlängerten Btriebsgenehmigung.
    Wenn ich das richtig verstanden habe, war das Krakwerk auf 40 Jahre ausgelegt. Wegen unvorhergesehener Haarrisse im Containment wurde zuerst keine weitere Genehmigung erteilt. Die Risse sollten ja nicht da sein. Dann hat der Betreiber nachweisen müssen, dass diese kein Problem sind. Nirgendwo habe ich allerdings gelesen, wer der Gutachter war und ob es finanzielle oder personelle Verflechtungen gibt. Ich erwarte ja keine Materialwissenschftliche Beurteilung des Gutachtens, aber diese Fragen sollten Journalisten meines Erachtens doch angehen.

  46. #58 Dr. Webbaer
    22. Dezember 2015

    @ JW :

    Die Risse sollten ja nicht da sein. Dann hat der Betreiber nachweisen müssen, dass diese kein Problem sind. Nirgendwo habe ich allerdings gelesen, wer der Gutachter war und ob es finanzielle oder personelle Verflechtungen gibt.

    Gucki hier:
    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Tihange (Hint: ‘die belgische Atomaufsichtsbehörde FANC’)
    Zudem:
    ‘Betreiber’ können dbzgl, nicht ‘nachweisen’, weil parteiisch.

    Ich erwarte ja keine [m]aterialwissenschftliche Beurteilung des Gutachtens, aber diese Fragen sollten Journalisten meines Erachtens doch angehen.

    Tun sie ja in praxi auch, oft im Unguten und oft nicht i.p. Information.

    MFG + frohe Weihnachten schon einmal,
    Dr. W

  47. #59 Dr. Webbaer
    22. Dezember 2015

    @ Jürgen Schönstein :

    Ich nehme jetzt mal an, dass das als Antwort auf meine Fragen gedacht war, und sehe, dass es keine Antwort gibt.

    Sie haben auf Ihr Feedback #22 und #41 umfangreiche Antwort des hiesigen Inhaltegebers erhalten und wären insofern, falls unbefriedigt geblieben, gefordert nachzufragen.

    Einfach nur weiter nachfragen wäre also die Alternative gewesen, statt festzustellen, ‘dass es keine Antwort gibt’,
    MFG + frohe Weihnachten schon einmal,
    Dr. W

  48. #60 JW
    22. Dezember 2015

    @webbaer: Ah, wikipedia wieder besser als die durchschnittliche Zeitung. Hätte ich auch selber drauf kommen können.
    Nebenbei ist die Frage mit möglicher personeller Verquickung auch beantwortet: ” Die FANC erteilte im Mai 2013 die Erlaubnis für den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke. Jan Bens, Leiter der FANC seit Januar 2013, war von 2004 bis 2013 auch Leiter des Kernkraftwerk Doel.”
    Ein Problem bei der Kernkraft und deren Beaufsichtigung ist sicher der Mangel an unverdächtigen Experten. Und das meint explizit beide Seiten.

  49. #61 Dr. Webbaer
    22. Dezember 2015

    @ JW :

    Schwierig, Sie stellen immerhin Fragen, können nicht bereits qua Redekunst (“Rhetorik”) als minderleistend abgefröschelt werden wie bspw. Jürgen Schönstein.

    Klar, ‘verdächtig’ ist jeder sozusagen jeder, Ihr Kommentatorenfreund hat sich weiter oben nur bemüht Ihre Erst-Frage zu beantworten.

    MFG + schöne Weihnachtstage schon einmal,
    Dr. W (der sich nun einstweilen auszuklinken hat, ischt ja u.a. auch Weihnachtsmann)

  50. #62 Liaht
    23. Dezember 2015

    Ich denke, dass Problem bei Artikeln zu diesem Thema (und ähnlich Meinungs-gefärbten) ist, dass Zeitungen nicht für eine höhere Instanz wie die Wahrheit schreiben, sondern in erster Linie für ihre Leserschaft. Und die Leser – das fasst Terry Pratchetts Mediensatiere “Die volle Wahrheit” schön zusammen – wollen nicht Neuigkeiten, sondern Altigkeiten. Niemand hat gerne unrecht, jeder wird gerne in seinen Ansicht bestärkt. Das heißt, wir wollen lesen, was wir uns ohnehin schon gedacht haben.

    Zum Thema Atomkraft ist die allgemein verbreitete Haltung derzeit “Gefährlich”. Würde ein Medium diese Nachricht so detailliert darstellen, wie im Post gewünscht wird, hätte das vermutlich wenig informativen Effekt. Denn wer überzeugt ist, dass AKWs böse sind, der wird nach einer solchen beruhigenden Meldung nur denken “Ha, da hat das AKW gelogen/die Zeitung bestochen/die Politik wieder was unter den Teppich gekehrt”.

    Um Nachrichten vorurteilsfrei aufnehmen zu können, bräuchten wir einen neutralen Geist – und den hat kaum jemand. Zumindest nicht bei Themen, die ihn interessieren. Was der eine für guten Journalismus hält (weil es ihn bestätigt), findet der andere furchtbar (weil es ihn nicht bestätigt). Die Wahrheit ist dabei leider Nebensache, weil man immer ein Argument findet, warum man selbst recht hat. Das ganze erinnert etwas an Verschwörungstheoretiker.

    Die Zeitungen suchen sich am Ende nur aus, welche “Meinungs”-Gruppe sie bedienen wollen und färben die Themen entsprechend ein. (Oder vielleicht werden unterbewusst eh nur die Leute eingestellt, die schon die passende Meinung vertreten. Ich glaube, als TAZ-Redakteur bräuchte man sich bei der Bild nicht bewerben.) Ginge es wirklich nur um Fakten, bräuchten wir nur eine Zeitung, weil es ja nur eine Wahrheit geben kann. Aber die würde dann vermutlich keinem gefallen…