Das Rad ist nicht auch nicht das einzige Beispiel. Man denke nur an mechanische Uhren. Die ersten Uhren waren Turmuhren. Und das war auch notwendig, denn Uhren sind eine Frage der Präzission. Es dabei aber nicht um die absolute Genauigkeit der Mechanik, sondern um die relative Genauigkeit im Vergleich zur Größe des gesamten Uhrwerks. Wenn man Teile mit einer Genauigkeit von 0,1mm herstellen kann, dann sind sie zehn mal so gut in einem 1m großen Uhrwerk, im Vergleich mit einem 10cm großen Uhrwerk.

Gleichzeitig ist so ein kleines Uhrwerk natürlich erstrebenswert. Denn um so kleiner die Teile sind, um so weniger Material wird verbraucht und um so weniger Aufwand wird gebraucht um die Teile anzufertigen. Der Rest ist fast schon sprichwörtlich in die Geschichte eingegangen. Man versuchte die Uhren immer kleiner zu bauen und das gelang auch. Die ersten Taschenuhren entstanden im 16. Jahrenhundert. Vor allem profitierten die Menschen davon nicht nur in Form von kleineren Uhren. Es entstanden auch präzise Messgeräte und Werkzeuge für andere Geräte, die letztlich unentbehrlich waren für die großen Fortschritte in der Wissenschaft, vor allem durch Messungen, die uns spätestens seit dem 17. Jahrhundert begleiten.

Zu diesen Entwicklungen gehört auch das klassische Beispiel schlechthin. Das Ding an dem ich hier sitze. Als Charles Babbage das Konzept der ersten programmierbaren Rechenmaschinen erarbeitete, konnte das nur mit mechanischen Teilen umgesetzt werden. Trotz aller Uhrmacherkunst stellte das ein ernsthaftes Problem dar. Mechanisches Spiel, Reibung und die schlicht notwendige Größe der Teile machten solche Rechenmaschinen nicht nur schwer zu bauen, sondern auch nicht sonderlich hilfreich.

Besser wurde es erst durch die Verwendung von Elektrizität und elektromagnetischen Schaltern. Diese Teile kennen wir als Relais, weil sie in der Nachrichtentechnik als Schalter verwendet wurden. Um dort zuverlässig automatische Verbindungen herstellen zu können, wurden sie immer weiter perfektioniert. Letztlich waren sie so gut, dass Konrad Zuse und einige andere Pioniere der Computertechnik die ersten Computer mit solchen Relais bauen konnten, die munter vor sich her klapperten. (Wenn sich nicht gerade eine Motte in die Relais verirrt hatte und mit ihren Flügeln ein Relais blockierte. Was uns bis heute die Bezeichnung Computerbug eingebracht hat – wobei der Ausdruck wohl auch schon vor diesem Vorfall (Bild) existierte.)

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Mit einem kurzen Umweg über die Vakuumröhre war es schließlich der Transistor, der Computer noch kleiner machen konnte. Hauptsächlich weil man einen Weg fand, Transistoren durch Lithographische Methoden auf der Oberfläche von Siziliziumwafern zu erzeugen.

Genauso könnte man noch mehr Beispiele anführen. Die ersten Dampfmaschinen waren so groß wie Gebäude, erst bessere Mechanik und Metallurgie machen kleinere Motoren möglich. Auch Schießpulverwaffen fingen nicht mit kleinen, handlichen Waffen an. Zuerst kam die Kanone, dann die Handkanone und erst viel später Musketen mit langem, schlanken Lauf und Pistolen. Manchmal ist der Fortschritt eben im kleinen zu suchen. Und keiner hat dieses Argument besser vorgebracht als Richard Feynman, der die entwicklung hin zur Nanotechnik schon 1959 gesehen hat:

Man sollte in all der Euphorie nur nicht vergessen, dass Größer manchmal einfach trotzdem besser ist. Wenn eine Schlucht 300m breit ist, wird niemand sagen, dass 50m lange Brücken doch viel schicker sind.

Ja, “Small is beautiful” – aber nicht dort, wo es der Funktion im Weg steht.

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Kommentare (2)

  1. #1 schnablo
    11. Januar 2016

    Schon interessant, aber doppelt so viele Räder verdoppeln nicht die Reibung. Hätte er mal seine Physiker-Mutter fragen sollen.

  2. #2 blogjoker
    hic et nunc
    11. Januar 2016

    Klasse Artikel, super geschrieben!

    Vor allem das Video von Feynman ist sehenswert.