Beim Go kam die Zukunft plötzlich. Bis vor kurzem wurde frühestens für das Jahr 2025 mit einem Programm gerechnet, das sich auf dem regulären 19-x-19-Felder-Brett mit einem professionellen Spieler messen kann. Und dann kam schon in der vergangenen Woche die Nachricht, dass der amtierende Europameister Fan Hui in fünf von fünf Spielen von dem Programm Alpha Go geschlagen wurde – ohne Handicap.

Dieser Artikel ist auch auf Golem.de erschienen. Bevor ich ihn fertig geschrieben hatte, habe ich mich mit dem “Sonntagssoziologen” Rene Lehnard über das Thema unterhalten. Wer mag, kann uns hier zuhören:

Es war eine beeindruckende Demonstration des Teams von Google, welche Fortschritte sie inzwischen bei der Entwicklung von neuronalen Netzwerken in der künstlichen Intelligenz (KI) erreicht haben. Mit einer baldigen Übernahme der Weltherrschaft durch KIs ist zwar noch nicht zu rechnen, aber der Umgang der Go-Welt mit der KI ist durchaus bemerkenswert.

Professionelle Spielauswertungen

Inzwischen gibt es auch professionelle Auswertungen der fünf Spiele, die das Programm Alpha Go gegen Fan Hui (2p) gewonnen hat. Der koreanische Profispieler Myungwan Kim (9p) hat seine Einschätzung zu den Spielen in einem Interview mit Andrew Jackson (5d) für die American Go Association (AGA) gegeben.

Kürzel wie “9p” deuten die Spielstärke an. Im Fall von Kim ist es der höchste professionelle Dan-Rang, auch wenn er sich selbst nicht zu den besten Spielern der Welt rechnet. 5d ist der fünfte Dan der Amateure. Ich selbst spiele in der vierten Bundesliga des Deutschen Go-Bundes als 2. Kyu, also noch unterhalb der Dan-Ränge.

Professionelle Spielauswertung


Myungwan Kim hat nicht nur die Spiele selbst im Detail besprochen, was wohl nur für aktive Go-Spieler interessant ist, sondern auch seinen Eindruck von der KI und den Reaktionen professioneller Go-Spieler auf den überraschenden Erfolg von Alpha Go geschildert. Kim hatte selbst schon die Erfahrung gemacht, von einem Computer geschlagen zu werden.

Er war 2008 der erste professionelle Spieler, der jemals von einem Programm besiegt wurde, das nur neun Handicap-Steine als Vorgabe bekam. Das erfolgreiche Programm MoGo war damals wohl etwas über meinem heutigen Spielniveau.

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Kommentare (7)

  1. #1 Dwon
    3. Februar 2016

    “Das neuronale Netz war nicht in der Lage, das Konzept selbst aus den Spielregeln und den beobachteten Spielen herzuleiten, in denen Treppen praktisch nie ausgespielt wurden. Ganz offensichtlich ist das Lernpotenzial dieser Netze noch begrenzt.”
    Eigenartiger Schluß. Du schreibst doch selbst, dass die Treppen nicht vor kamen. Wie soll man etwas lernen was man nicht kennen kann?! Wie ein Mensch müssen entweder solche Situationen von außen zugeführt werden – lernen Anhand von Spielen in denen diese Situationen vorkommen. Oder man muss beim Nachdenken selber auf diese Situation kommen. D.h. die KI müsste gegen sich selbst spielen und zufälligerweise diese Situation legen um daraus zu lernen.
    Ich sehe hier keine Probleme in der KI. Sondern das Problem, wenn man auf Profiniveau einsteigt, dass man von Amateurtricks besiegt werden kann.

  2. #2 Ulfi
    3. Februar 2016

    Überlass mal das Bashen von Neuronalen Netzen denjenigen, die sich damit auskennen. Was das Netz kann und was es nicht kann, bzw wieviel es über das Spiel weiß, ist momentan nicht bekannt und benötigt die Evaluierung von vielen Profispielen.

    Vergiss niemals, dass Neuronale Netze auf Backgammon so gut funktioniert haben, dass hinterher die Profis von TDGammon gelernt haben.

    • #3 wasgeht
      3. Februar 2016

      Es ging nicht darum, neuronale Netzwerke zu bashen, sondern zu beschreiben was es in dem Zusammenhang kann und was nicht. Und einige Schwächen waren eben recht deutlich. Ok, ich hätte wohl die Tatsache, dass es vieles sehr richtig und sehr gut macht, etwas plakativer schreiben sollen.

      Aber der Punkt ist eben, dass es fünf Spiele gegeben hat, in denen es gewisse Auffälligkeiten gezeigt hat – und dass dem neuronalen Netz durch andere, fest einprogrammierte, Algorithmen deutlich unter die Arme gegriffen wird um die Spielstärke zu erhöhen.

  3. #4 schlappohr
    3. Februar 2016

    Ist jetzt ein bisschen offtopic, aber kennt jemand eine gute Anfänger-GO-Software für Android? Ich würde zwar lieber auf einem traditionellen Hardware-Brett spielen, aber ich kenne niemanden, der stundenlang mit mir GO spielen würde. Außerdem wäre mir das als Anfänger viel zu peinlich :-)

  4. #5 Meta-Diskutierer
    3. Februar 2016

    @Ulfi: Überlass mal das Bashen von Blogposts über Neuronale Netze denjenigen, die sich damit auskennen. Was Frank kann und was er nicht kann, bzw wieviel er über Neuronale Netze weiß, ist momentan nicht bekannt und benötigt die Evaluierung durch viele Profikommentatoren.

  5. #6 Ulfi
    3. Februar 2016

    @wasgeht Ich bezieh mich hier explizit auf den Teil: “Was dem Programm nach menschlichen Maßstäben fehlt, ist Kreativität und Voraussicht in einigen Situationen. Das zeigt womöglich die Schwächen des Programms und wohl auch des gesamten Ansatzes. Es hält sich hauptsächlich an typische Spielmuster und Reaktionen aus den Spielen der Datenbank.”

    Für eine solche Evaluierung ist es auf Basis der Spiele gegen einen einzelnen Gegner einfach zu früh. Wir wissen nicht, wie “kreativ” das Programm ist und wie gut es den Zustandsraum generalisieren kann. Offensichtlich kamen ja die Go-Profis zum Schluss, dass der Gegner nicht stark genug war.

    Dabei darauf raumzuhacken, dass es Fehler bei Taktiken macht, die im Datensatz nicht vorkommen und deswegen weit entfernt vom bekannten Zustandsraum ist, ist unfair gegenüber dem Verfahren, denn offensichtlich muss man es darin bewerten, wie gut es sich im Profispiel schlägt und wenn da niemand Treppen verwendet ist die Performanz in Treppensituationen – und wie man sie erreicht – reichlich irrelevant.

    Ähnliche Situationen kennt man übrigens auch aus dem Spiel gegen Menschen: wenn ein Profi gegen einen Amateur spielt, kann es sein, dass für den Profi die Spielzüge des Gegners nicht klar werden, einfach weil der Gegner so erratisch spielt, dass die Spielsituationen unbekannt sind. Anhand so eines Spiels würde ja auch niemand einschätzen wollen, wie gut der Profi ist, oder?

  6. #7 Sansan
    4. Februar 2016

    @Schlappohr:
    Kennst Du den Go-Server (https://www.gokgs.com/)?
    Dort kannst Du online spielen. Auf dem PC mit einem Java-Client, aber es gibt auch eine Android-App.