Wegen solcher und ähnlicher Probleme vermutet Kim und auch andere Profis, dass ein Spieler wie Lee Sedol gegen Alpha Go sehr gute Chancen haben wird. Lee spielt praktisch ausschließlich gegen die besten Spieler der Welt und wird sich nicht zu Overplays gegen den Computer hinreißen lassen. Für einen Sieg gegen Alpha Go hat Google einen Preis von einer Million US-Dollar ausgelobt. Derzeit dominiert noch die Ansicht, dass das leicht verdientes Geld sein wird.
Bis zu dem Spiel im März bleibt aber noch genug Zeit, das Programm zu verbessern. Einer der Programmierer, Aja Huang, war auch bei der Liveübertragung des Kommentars dabei. Zu früh sollte sich Lee Sedol also trotzdem nicht auf das Preisgeld freuen, denn er wird mit Sicherheit nicht gegen das gleiche Programm antreten.
Alpha Go gilt als Underdog
Insgesamt hat die professionelle Go-Community die Nachricht mit einiger Überraschung aufgenommen. Mit einem derart starken Programm wurde erst etwa im Jahr 2025 gerechnet. Kim sieht aber trotzdem nicht die Feindseligkeit, mit der Schachspieler einst den ersten Schachcomputern wie Deep Blue gegenübertraten. Das lag sicher auch daran, dass die Spielstärke des Gegners von Alpha Go noch weit entfernt von der Weltspitze liegt. Myungwan Kim selbst hofft auf einen Sieg von Alpha Go, weil das Programm in dem Duell als Underdog gilt.
Über Go hinaus sollte man die Fähigkeiten solcher Programme nicht überschätzen. Solche neuronalen Netzwerke sind der Extremfall einer Inselbegabung, die nur auf vorhandenen Daten beruht und – zumindest bisher – keine Fähigkeit zum kreativem Lernen aus diesen Daten hat. Es verhält sich so ähnlich wie ein Papagei, der Sätze aus einem besonders großen Literaturfundus wiederholen kann. Einmal trainiert kann das Netzwerk über das clevere Legen von Go-Steinen auf den Goban hinaus praktisch keine weitere Funktion übernehmen. Das kann es dafür aber zuverlässig und ausdauernd, wenn auch mit hohem Aufwand. Das Computernetzwerk, auf dem Alpha Go läuft, braucht beim Spielen geschätzte 6,4 Kilowatt Strom.
Ein wegweisender Umgang mit KI
Wegweisend ist aber vielleicht der Umgang einiger Go-Profis mit dieser unerwarteten Situation. Es gibt durchaus positive Kommentare von Profis, die sich von stärkeren Computerprogrammen erhoffen, ihre eigene Spielstärke verbessern zu können. Das passt auch in die aktuelle Kultur des Spiels, in der sich die Spielstärke an der Weltspitze in den vergangenen Jahren deutlich verbessert hat – nicht durch Computerhilfe, sondern durch bessere Kooperation beim Studium von Spielen unter den Spielern, die sich nun immer mehr vom Typ des einzelnen Genies entfernen.
Vielleicht liegt dort auch eine andere Zukunftsvision für die KI: Eine KI kann auch dazu dienen, den Menschen zu helfen, über sich selbst hinauszuwachsen und die eigenen Aufgaben besser zu erledigen, anstatt lästige Aufgaben komplett an den Computer abzuschieben. Es mag zunächst wie eine Befreiung wirken, Aufgaben an einen Computer abzugeben. Aber es schafft auch eine um so größere Abhängigkeit und um so größere Angst. Diese Angst ist berechtigt, denn ohne die KI wäre man hilflos. Es ist wie mit dem Taschenrechner. Er ist entweder ein Werkzeug, um besser zu rechnen, oder es ist jener Kasten, ohne den man nicht rechnen kann.
Eine KI, die dazu benutzt wird, sich selbst zu verbessern, ist sicher keine KI, vor der man Angst haben muss. Wenn eines Tages die KIs die Welt übernehmen, dann nicht, weil sie Macht an sich gerissen haben, sondern weil wir sie aus Faulheit an sie abgegeben haben.
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