Im November haben die USA den Space Act erlassen, der es privaten Firmen erlaubt, Bergbau im Weltraum zu betreiben – und damit eine Art Goldrausch ausgelöst. Nur dass es statt um Gold um Platin, Osmium und Iridium geht. Diese Edelmetalle sind in Meteoriten viel häufiger als auf der Erde, und so manche Firma hofft, damit reich zu werden. Nun plant auch die Weltraumgroßmacht Luxemburg Gesetze zum Bergbau im Weltall. (Ganz so lächerlich ist es nicht. Luxemburg ist immerhin der steuersparende Firmensitz von Intelsat und SES, die zu den größten Betreibern von Nachrichtensatelliten auf der Welt gehören.)
Die ersten gesetzlichen Regelungen zur wirtschaftlichen Nutzung von Asteroiden und anderen Himmelskörpern hat zu einem regelrechten Goldrausch geführt. Dazu gehören nicht nur neue Phantasien zur Energieerzeugung, sondern auch ganz alte. Statt Gold geht es um Platin, Osmium und Iridium. Diese Edelmetalle sind in Meteoriten viel häufiger als auf der Erde und so manche Firma will damit reich werden. Wie stehen die Chancen beim Asteroidenbergbau? Lohnt es sich, schonmal den Raumanzug aus dem Kleiderschrank zu holen?
Eins steht fest, Helium-3 wird es nicht sein.
Edelmetalle sind zu wertlos
Im Vergleich zur kontinentalen Erdkruste, auf der wir leben, haben Asteroiden tatsächlich hohe Konzentrationen von Edelmetallen wie Platin, Osmium oder Iridium. Wobei die genauen Konzentrationen von einigen Organisationen noch höher geschätzt werden.
Allerdings gibt es einen guten Grund, weshalb Asteroiden nicht als glitzernde Edelsteine, sondern als pechschwarze Brocken um die Sonne kreisen. Die Konzentration der Edelmetalle ist auch dort recht niedrig. In Asteroiden, die als Meteorite auf die Erde gefallen sind, liegt sie im Bereich von einigen Gramm pro Tonne Gestein.
Die Platinkonzentration erreicht im allgemeinen etwa 10-20 Gramm pro Tonne. Osmium und Iridium erreichen etwa die Hälfte dieser Werte und erzielen niedrigere Preise. Die enthusiastischeren Quellen zitieren Spitzenwerte von 30 Gramm und sogar 60 Gramm Platin pro Tonne. Aber selbst das hilft ihnen nicht. Edelmetalle sind zwar für ihre hohen Preise bekannt, aber auch diese Preise sind endlich. Aktuell kostet Platin etwa $27 pro Gramm, Iridium auf $17 pro Gramm und Osmium noch auf auf $12.
Was ist ein Asteroid wert?
Selbst mit optimistischen Schätzungen (mit 30g pro Tonne ) hätte alles Platin eines 200 Meter großen und 11mio Tonnen schweren Asteroiden nur einen Wert von knapp $10 Milliarden. Das ist nicht viel Geld, verglichen mit typischen Ausgaben in der Raumfahrt. Allein die beiden CRS Verträge zur Versorgung der ISS mit je 20 Tonnen Versorgungsgütern durch SpaceX und Orbital Sciences haben zusammen $3,5 Milliarden gekostet.
Dabei befindet sich die ISS in einem niedrigen Erdorbit. Die gesamte Aufgabe bestand darin, einige Tonnen Gepäck in den Orbit zu transportieren. Das ist ein Witz verglichen mit dem Aufwand 11 Millionen Tonnen Asteroidendreck im Weltall zu verarbeiten, um daraus etwa mehr als 330 Tonnen Platin zu gewinnen. Diese Menge kommt natürlich nur zusammen, wenn der Asteroid tatsächlich 30 Gramm Platin pro Tonne enthält. Noch eine Zahl: Das Space Shuttle Programm, mit seinen 135 Flügen, hat etwa $200 Milliarden gekostet. Das Platin in einem 500m großen Asteroiden hätte kaum gereicht, die Hälfte dieses Programms zu finanzieren.
Selbst wenn es einen kleinen Asteroiden aus 330 Tonnen purem Platin in der Nähe der Erde gäbe, würde er keinen Gewinn abwerfen. Es wäre derzeit kaum möglich, diese 330 Tonnen für weniger als $10 Milliarden sicher auf die Erdoberfläche zu bringen. Alle Pläne von Bergbau dieser Art, bei dem auch noch Edelmetalle vom Gestein getrennt werden müssen, können getrost als Unsinn bezeichnet werden. Auch das viel zitierte Helium-3 wird dort keine Durchbrüche bringen.
Kühles Nass aus dem All
Viel realistischer als der Abbau von Edelmetallen und Energierohstoffen, ist der Abbau von Wasser. Dahinter steht ein andere Ansatz. Es wird nicht nach etwas wertvollem im Weltall gesucht, das dann zur Erde zurück gebracht wird. Stattdessen wird nach nützlichen Stoffen gesucht, die dann nicht mehr von der Erde ins All gebracht werden müssen. Anstatt um Profit geht es um die Vermeidung von Kosten.
Das ist auch keine schlechte Strategie. Ein Kilogramm in einen Orbit zu bringen kostet selbst mit den billigsten Raketen etwa $4000, in den höheren Orbits sind es $10000 und außerhalb der Gravitationsfelds der Erde noch mehr. Der wichtigste Posten im Massebudget der Raumfahrt ist der Treibstoff. Jedes Kilogramm eingesparte Masse vermeidet damit derzeit Kosten im Gegenwert von etwa 400 Gramm Platin! Bei den weniger billigen Raketen ist das Verhältnis sogar noch günstiger.
Wasser ist auch eine gute Grundlage als Treibstoff für Satelliten, Raumsonden und Raumschiffe. Es kann direkt in einem Plasmatriebwerk verwendet werden. Im einfachsten Fall ist das ein “Arcjet” Lichtbogentriebwerk. Wie bei einem Elektroschweißgerät wird mit Strom ein Lichtbogen erzeugt, der das Wasser stark aufheizt und durch eine Düse ausgestoßen wird. Es gibt natürlich auch ausgefeiltere Techniken, wie das Vasimr-Triebwerk. Das tut das gleiche mit Magnetfeldern und Mikrowellen. Damit erreicht es nicht nur viel höhere Temperaturen, das Plasma kommt auch nicht mit Wänden in Berührung, so dass es keine Verschleißteile gibt. Genauso gut kann das Wasser auch durch Elektrolyse aufgespalten und in einem konventionellen Raketentriebwerk verbrannt werden.
Anders als bei Edelmetallen ist Wasser in Asteroiden auch im normalen Sinn häufig. Der Wassergehalt von Chondriten (die häufigste Asteroidenart) liegt in der Größenordnung von 5 bis 20 Prozent. Anstatt sich über 20 Gramm Rohstoff pro Tonne zu freuen, wären 20 Kilogramm Wasser pro Tonne noch recht wenig.
Der Weg zur Erde braucht viel Energie
Jetzt muss der Treibstoff “nur” noch dahin, wo er gebraucht wird. Hätten wir ein viele Asteroiden in Umlaufbahnen in der Nähe der Erde wäre es kein Problem. Allerdings sind wir in der glücklichen Lage, dass dem nicht so ist. Sonst wären Asteroideneinschläge auch sehr viel häufiger. Das bedeutet, dass Mengen Treibstoff aufgewendet werden müssen um zu den Asteroiden hin und von dort zur Erde zurück zu kommen. Wieviel das ist, wurde untersucht. Auf der Suche nach einer Mission für das “Space Launch System”, neue Schwerlastrakete der NASA, wurde auch vorgegschlagen einen kleinen Asteroiden einzufangen und zurück zur Erde zu bringen. Für das Ergebnis ist es egal, ob ein ganzer Asteroid oder das Wasser von einem Asteroiden zur Erde gebracht werden soll.
Die Manöver um Material von sehr günstig gelegene Asteroiden zur Erde zurück zu bringen, brauchen demnach soviel Aufwand wie eine Geschwindigkeitsänderung (“Delta-V”) von 3-5km/s. Für den Flug zum Asteroiden hin ist das Delta-V noch größer. Denn der Asteroid soll nur in einen weit von der Erde entfernten Orbit gebracht werden. Das Raumschiff startet aber aus einem niedrigen Erdorbit. (Oder von der Oberfläche, je nach Sichtweise.) Allerdings ist das Raumschiff beim Hinflug noch leer und somit hoffentlich recht leicht. Wieviel sind 5km/s im Vergleich? Für den Flug vom niedrigen Erdorbit in einen Mondorbit wird ein Delta-V von etwas weniger als 5km/s gebraucht.
Zum Glück können effiziente Triebwerke wie Plasmatriebwerke solche Geschwindigkeiten mit überschaubarem Treibstoffverbrauch bewerkstelligen. Ein klassisches Wasserstofftriebwerk, mit Ausströmgeschwindigkeiten von knapp 5km/s, hätte dafür noch etwa 2/3 der gesamten Masse des Raumschiffs als Treibstoff verbraucht. Ein Plasmatriebwerk wie das Vasimr erreicht Ausströmgeschwindigkeiten von 20-100km/s und hat damit nur noch einen Bruchteil dieses Treibstoffverbrauchs.
Die Lösung des Problems der Lösung, ist die Lösung des Problems
Und hier ist die Ironie des ganzen Problems. Erst wenn es sehr effiziente Triebwerke gibt, könnte man Treibstoff in nennenswerten Mengen von den Asteroiden zur Erde zu bringen. Aber dann hat man sehr effiziente Triebwerke und braucht nicht mehr die großen Mengen Treibstoff, wegen denen man den ganzen Aufwand ursprünglich betreiben wollte. Der wenige Treibstoff der dann noch gebraucht wird, kann mit sehr wenig Aufwand auch von der Erde kommen. Er macht dann nur noch einen kleinen Teil der Gesamtmasse aus, die ohnehin von der Erde in den Weltraum gebracht werden muss.
Asteroidenbergbau für den Bedarf auf der Erde ist damit unsinnig. Er würde sich nur lohnen, wenn die Satelliten und Raumschiffe selbst aus dem Material der Asteroiden gebaut würden. Trotz aller Experimente mit 3D-Druckern sind wir von diesem Stand der Technik allerdings noch sehr weit entfernt.
(Der Artikel wurde heute auch auf Golem.de veröffentlicht.)
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