Das Space Shuttle gehört wohl zu den bekanntesten Raumschiffen der bisherigen Geschichte. Es konnte wie ein Flugzeug landen und wirkte schon beim ersten Flug 1981 damit viel fortschrittlicher als die einfachen Kapseln, die am Fallschirm zur Erde fielen.

Tatsächlich war die Idee nicht neu. Keine 3 Wochen nach dem ersten Start des Sputniks gab die US Airforce 1957 die Entwicklung des X-20 “Dynasoar” in Auftrag. Es war in mancher Hinsicht genau die Art von Programm, die ich als Vorläufer des Space Shuttles durchgeführt hätte, wenn ich denn damals gelebt und etwas zu sagen gehabt hätte.

Die X-20 war ein kleines Raumschiff für nur einen Astronauten, das beim Start nur etwa 5 Tonnen wiegen sollte. Selbst für ein einfaches Kampfflugzeug wäre das heute ein echtes Leichtgewicht. Um ins Weltall zu kommen, sollte es mit einer einfache Titan II Rakete starten, genauso wie die Gemini Raumkapseln, die aber (sehr wenig) Platz für zwei Piloten bot.

Es wäre das perfekte Testprogramm für das Konzept eines wiederverwendbaren Raumgleiters gewesen und hätte noch dazu verdammt gut ausgesehen! (Bild eines Modells der Airforce. Public Domain)

Dyna-Soar

Nach heutigem Geldwert wurden in den sechs Jahren nach dem Auftrag etwa 5 Milliarden Dollar für die Entwicklung der X-20 ausgegeben. Gerade als man 1963 mit dem eigentlichen Bau der Hardware begann, wurde das Projekt eingestellt. Neben bemannten Flügen in den niedrigen Erdorbit sollte es auch für automatische Flüge mit (Überraschung) Atombomben ausgestattet werden. Für diesen Zweck hatten sich da aber schon Interkontinentalraketen bewährt, was wohl auch ein Grund für die Einstellung des Projekts war. Der andere, sehr gute, Grund  war wohl, dass es keinen ernsthaften Zweck gab, für den man einen Raumgleiter zu dieser Zeit hätte gebrauchen können.

Das Konzept eines kleinen Raumschiffs, das wie ein Flugzeug landen kann war damit aber noch nicht tot. 1966 flog zum ersten mal der HL-10 Prototyp der NASA. Es war ein reines Flugzeug mit Raketenantrieb, für Tests in der Erdatmosphäre. Aber mit seiner kompakten Form, die ohne Flügel auskam – das HL-10 bestand aus einem Auftriebskörper – wäre es eine gute Grundlage für so eine Entwicklung gewesen.

Der Prototyp (leider etwas hässlicher als der Dynasoar – hier auf einem Bild der NASA) wog nur etwas mehr als 2 Tonnen und hatte dutzende Testflüge, einige davon mit mehr als Schallgeschwindigkeit. Natürlich fehlte dem HL-10 etwas entscheidendes: Alles was ein Raumschiff gebraucht hätte. Es war ein reines Proof-of-Concept, wenn auch ein vielversprechendes.

Zur gleichen Zeit gab es ähnliche Entwicklungen in der Sowjetunion, sicher auch, weil sie von den amerikanischen Plänen wussten. Allerdings würde ich die Kreativität der Sowjets in der Raumfahrt nicht unterschätzen. Die Mig-105 oder auch “Spiral” erreichte etwa den gleichen Entwicklungsstand wie die HL-10 und sollte ebenso zu einem Raumgleiter ausgebaut werden. Und sie sah auch gleich deutlich besser aus (Bild von Bernhard Gröhl):

Genauso wie die westlichen Prototypen wurde aber auch die F-105 nicht weiter entwickelt. Stattdessen setzte man auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs auf ein neues, großes Projekt das Space Shuttle der USA bzw. den Buran der Sowjetunion. Beide waren die ersten echten geflügelten Raumschiffe der jeweiligen Länder und beide erwiesen sich als äußerst kostspielig, obwohl sie kostensparend angepriesen wurden.

Erst vor kurzem ist nun endlich ein kleines, geflügeltes Raumschiff geflogen. Die X-37 fliegt inzwischen ihre vierte Mission. Während die genauen Missionen geheim sind, ist doch inzwischen immerhin soviel bekannt geworden, dass ein Teil der Aufgaben im Test von Materialien und Bauteilen unter realen Bedingungen dient. Darunter ein Ionentriebwerk.

Zur Zeit sieht alles danach aus, als würde die X-37 nicht allein bleiben. Die Sierra Nevada Corporation hat den Auftrag erhalten, mit dem Dreamchaser Fracht zur ISS zu liefern. Ein älteres Projekt, das bis in die 1990er Jahre zurück reicht. Allen gemeinsam ist, dass sie mit einer “normalen” Rakete gestartet werden sollen und nicht wie das Space Shuttle als integriertes System, das für nichts anderes benutzt werden konnte.

Ob sich das Konzept als tragfähig erweist, muss sich natürlich erst noch zeigen. Die bisherigen Tests sind jedenfalls vielversprechend gewesen. Allerdings ist der Übergang von Testflügen in der Atmosphäre zu Flügen im Orbit eine große Hürde, deren Überwindung trotz der tatkräftigen und auch finanziellen Unterstützung durch die NASA nicht als gegeben hingenommen werden kann.

Kommentare (5)

  1. #1 wasgeht
    23. Februar 2016

    Tut mir leid, dass es hier doch etwas länger ruhig war. Das Wochenende war dann doch stressiger als ich mir das vorgestellt hatte.

  2. #2 Ludger
    23. Februar 2016

    Ich vermisse in der Aufstellung den “Sänger” ( https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%A4nger_%28Raumtransportsystem%29 ).

  3. #3 Anne
    Köln
    23. Februar 2016

    Hi,

    tatsächlich ist die Idee eines geflügelten Raumgleiters welcher wiederverwendbar sein sollte sogar noch älter. Die Idee stammt ursprünglich von Eugen Sänger und war im zweiten Weltkrieg als “Amerika Bomber” gedacht. Der Name des Entwurfs war Silbervogel. Junkers entwarf in den 60ern einen Raumtransporter auf der Basis des Konzeptes von Sänger.

  4. #4 gedankenknick
    24. Februar 2016

    “Genauso wie die westlichen Prototypen wurde aber auch die F-105 nicht weiter entwickelt.”

    Bestimmt der Fehlerteufel, denn im Zusammenhang ist ja die MIG-105 gemeint. Die “Republic F-105 Thunderchief” als Jagdbomber wurde m.W.n. zur Serienreife gebracht – auch wenn die Entwicklung einige Probleme bereitete – und im Vietnamkrieg eingesetzt.

    • #5 wasgeht
      25. Februar 2016

      Stimmt. Hilft auch nicht, dass der erste Dreamchaser Prototyp mit einem Fahrwerk einer F-5 ausgestattet hatten (das dann bei einer Landung versagte).