Der Weg zum ersten Fusionsreaktor
Tokamaks waren der erste große Durchbruch auf dem Weg zur Kernfusion. 1968 erreichte ein Tokamak in der Sowjetunion schon Temperaturen über 1.000 Elektronenvolt – etwa 12 Millionen Kelvin. Nachdem die erste Ungläubigkeit überwunden war, wurden auch im Rest der Welt Tokamaks gebaut. Im Jahr der ersten Ölkrise, 1973, beschloss die Europäische Gemeinschaft schließlich den Bau eines gemeinsamen, großen Tokamaks.
Der Joint European Torus (Jet) ist bis heute der größte Fusionsreaktor der Welt. Er wurde noch mit der Technik der 1970er Jahre gebaut, lange vor der Entdeckung moderner Supraleiter. Seine Kupferspulen erreichen Magnetfelder mit einer Stärke von 3,5 Tesla.
Eröffnet wurde Jet 1983, er hält bis heute auch den Rekord in der kontrollierten Kernfusion. 1997 gab das Plasma eine Heizleistung von 40 MW ab. Davon stammten 24 MW aus der Heizung des Plasmas und 16 MW aus Kernfusion. Für eine wirtschaftliche Stromerzeugung müsste ein Reaktor aber etwa die zehnfache Menge der Heizleistung durch Fusion dauerhaft erzeugen. Das Plasma war – zumindest kurzzeitig – gezähmt, die nötige Temperatur erreichbar, die nächste Herausforderung war es, die Leistung zu erhöhen. Dafür mussten die Energieverluste in den Reaktoren weiter verringert werden. Einige Möglichkeiten dafür wurden im Laufe der Jahre gefunden und in dem aktuellen Projekt Iter umgesetzt.
Was Iter von Jet gelernt hat
Die einfachste Möglichkeit, Energieverluste zu verringern, ist die Vergrößerung des Reaktors. Je größer der Reaktor gebaut wird, desto kleiner ist die Oberfläche des Plasmas im Verhältnis zum Volumen. Da sich die Verluste hauptsächlich an der Plasmaoberfläche abspielen, ist das ein wichtiger Faktor. Ebenso wichtig ist die Stärke der Magnetfelder, die das Plasma einschließen und das Entweichen von Plasma verhindern.
Beim europäischen Projekt Iter wird diese Erkenntnis mit umgesetzt. Iter wird etwa doppelt so groß wie Jet sein und mit 14 Tesla die vierfache Magnetfeldstärke erreichen. Das Ziel ist, mit 50 MW Heizleistung dauerhaft 500 MW Fusionsleistung zu erreichen, also einen Q-Faktor 10. Zur Vorbereitung des Baus von Iter wurde das Innere des Torus von Jet inzwischen umgebaut und mit der gleichen Wandverkleidung ausgestattet, wie sie Iter haben soll. Denn es hatte sich gezeigt, dass die alten Graphitkacheln an der Wand des Reaktors zu viel Gas und andere Verunreinigungen aufnehmen und wieder an das Plasma abgeben.
Die neuen Wände aus Beryllium und Wolfram haben in Jet bereits jetzt ihre Fähigkeiten gezeigt. Bei Experimenten mit dem verbesserten Reaktor zeigte sich, dass das Plasma bei hoher Heizleistung nicht nur weniger Energie verliert als zuvor. In Versuchen mit den Graphitwänden stiegen die Verluste mit steigender Leistung überproportional an, mit den neuen Wänden ist dieses Verhalten verschwunden. Zusätzlich wird auch ein größerer Reaktor die Verunreinigungen reduzieren, weil sich bei Iter die Wandfläche im Vergleich zum Volumen auf etwa ein Zehntel des Werts von Jet reduziert.
Aber nicht nur die reine Hardware ist für die bessere Leistung verantwortlich.
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