Was, wenn OLO doch recht hat?
Ich war mir zu dem Zeitpunkt sicher genug, dass es nicht funktionieren kann, um den Artikel freizugeben. Aber die Sache mit der Optik ging mir nicht aus dem Kopf.
Weil die Firma keine technischen Details genannt hatte, blieb mir nichts anderes übrig als Vermutungen anzustellen und mir Mechanismen vorzustellen, wie das Licht der Pixel auf einem Display vielleicht doch noch auf so kleinem Raum gebündelt werden kann. Eine Idee war, dass die Platte unter dem Photopolymer mit vielen kleinen Linsen versehen ist.
Die könnten das Licht in einer bestimmen Ebene bündeln und sher kleine Lichtpunkte erzeugen. Genau was der Drucker braucht. Aber sie würde nicht die ganze Fläche so ausleuchten können und es würde immernoch Streulicht entstehen. Ich dachte an totale Reflexion, die vielleicht das Streulicht das im falschen Winkel auf die Platte gelangt, heraus filtern könnte – aber die funktioniert nur für flache Winkel.
Die nächste Idee waren Blenden, die das Licht einfach abschatten könnten. Aber die müssten Pixelgenau sein und in den kleinen Dimensionen dürfte es ernsthafte Probleme mit der Lichtbeugung geben, die das Licht wohl stark genug streuen würde, um die Genauigkeit unmöglich zu machen. Ganz abgesehen von der Schwierigkeit eine Platte mit so kleinen Strukturen überhaupt herzustellen, geschweige denn zu einem Preis bei dem der Drucker anschließend nur 100 Dollar kostet.
Aber irgendwo zwischen Linsen, Totalreflexion und strukturierte Platten kam mir plötzlich ein ganz anderes Bild in den Kopf – eine Lichtleiterplatte. Da ich wenig mit Optik zu tun habe, gehört das nicht zu meinem üblichen Repertoire an optischen Bauteilen, die mir sofort in den Sinn kommen. Eine Lichtleiterplatte ist eine Platte, die aus Millionen von kurzen Glasfasern oder Plastikfasern bestehen. Wenn deren Durchmesser klein genug ist, kann nur Licht in die Fasern gelangen, das aus ganz bestimmten Winkeln kommt.
Der langen Rede kurzer Sinn: Etwas mehr als eine Stunde nachdem ich den Artikel veröffentlicht hatte, in dem ich geschrieben habe, dass die Behauptungen der Firma nicht glaubhaft sind, hatte ich eine Möglichkeit gefunden, wie es doch geht. Noch dazu eine äußerst elegante Möglichkeit, für die man die Firma nur loben kann – wenn es denn des Rätsels Lösung ist.
Also: Update.
Nachtrag vom 24. März 2016, 17:50 Uhr
Es könnte sein, dass die zum Patent angemeldete Technik eine Lichtleiterplatte benutzt, die selektiv nur Licht von bestimmten Pixeln aus einem bestimmten Winkel in die Leichtleiter der Platte einkoppelt. Bisher existiert aber noch kein Video von OLO, auf der ein hochaufgelöstes Objekt gedruckt oder die Bodenplatte gezeigt wird. Die Firma hat sich zu der verwendeten Technik auch noch nicht geäußert.
Das Update erscheint zum Glück nicht nur im Artikel. Es wird auch auf der Übersichtsseite angezeigt, dass es eine Ergänzung zu dem Artikel gibt. Es bleibt also zu hoffen, dass mögliche Interessenten noch einmal nachgeschaut haben. (Tatsächlich stiegen die Klickzahlen kurz nach dem Update in den Statistken nochmal an.)
Hätte ich einfach nur die Angaben der Firma übernommen, hätte ich von Anfang an einen Artikel gehabt, der “richtig” ist. Noch dazu mit viel weniger Aufwand. “Richtig” zumindest in dem Sinn, dass die Angaben stimmen. Aber ich glaube, in dem Moment, in dem ernsthafte Zweifel an der Glaubwürdgkeit aufkommen, gehört es zu den Aufgaben als Journalist, das in der Nachricht auch zum Ausdruck zu bringen.
Zuletzt gibt es auch noch ein epistemologisches Problem. Dieses Muster der Entwicklung ist nämlich kein Zufall. Ich hatte ernsthafte Zweifel ob die Technik realistisch ist. Also suchte ich nach physikalisch plausiblen Wegen, wie sie doch tun könnte, was die Techniker behaupten. Um so länger ich suche und um so mehr Alternativen ich überprüfe, um so sicherer werde ich sein, dass meine Zweifel berechtigt sind. – Denn wenn es niht funktionieren kann, werde ich niemals eine funktionierende Alternative finden können.
Das Dumme ist nur: Nehmen wir an, es gibt eine Möglichkeit. Ich finde sie nach langem herumprobieren. Aber um so länger ich herumprobiere, um so sicherer werde ich, dass es keine Möglichkeit gibt. Ich werde die Lösung also etwa 5 Sekunden nach dem Punkt finden, an dem ich mir am sichersten überhaupt war, dass es keine Lösung gibt.
Und genau das ist der Grund, weshalb mir diese Art von Fehler wahrscheinlich auch in Zukunft immer wieder passieren wird – es seie denn, ich höre einfach auf mir Gedanken über das zu machen, über was ich schreibe.
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