Bei der Suche nach effizienteren Wegen, Strom aus Sonnenlicht zu erzeugen, ist das natürliche Sonnenlicht das größte Hindernis. Anstatt bessere Solarzellen zu bauen, versuchen einige Forscher, an besseres Sonnenlicht heranzukommen.

Bei der effizienten Herstellung von Strom aus Sonnenlicht Strom kommen einfache Photovoltaikzellen bald an ihre physikalischen Grenzen. Komplexere Solarzellen sind ein Weg, diese Grenzen zu umgehen. Aber einige Forscher versuchen stattdessen, ein künstliches Sonnenlicht zu erzeugen, das sich effizienter umwandeln lässt. Nach Versuchen mit speziellen Materialien und Kohlenstoffnanoröhren haben Wissenschaftler vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) kürzlich ein neues Paper veröffentlicht, in dem die Untersuchung von Wärmestrahlung über Distanzen im Nanometerbereich vielversprechende Ergebnisse zeigte.

(Dieser Artikel erschien letzte Woche auch auf Golem.de)

Die wichtigste Grenze bei der Erzeugung von Strom aus Sonnenlicht mit Photovoltaik ist das Shockley-Queisser-Limit. Es begrenzt die mögliche Effizienz von Photovoltaikzellen (PV-Zellen). Der Grund dafür ist das breite Sonnenspektrum. PV-Zellen können immer nur auf Photonen mit einer bestimmten Energie optimiert werden. Photonen mit weniger Energie werden nicht absorbiert und die zusätzliche Energie der anderen Photonen wird nicht in Strom umgewandelt, sondern in Wärme.

Damit wird jede PV-Zelle zum Kompromiss: Entweder sie wandelt die energiereichen Photonen im kurzwelligen Bereich des Spektrums effizient in Strom um und verliert die weniger energiereichen Photonen komplett, oder sie wandelt alle Photonen in Strom um, verliert aber gerade bei den energiereichen Photonen den größten Teil der Energie als Wärme.

Künstliches Licht ist besser für Solarzellen

Das theoretische Limit liegt bei einer Effizienz von 33,7 Prozent, wenn eine ideale PV-Zelle mit normalem Sonnenlicht beschienen wird. Aber es gibt Wege, das Limit zu überspringen. Eine aufwendige Möglichkeit ist es, mehrere Schichten von PV-Zellen verschiedener Materialien zu benutzen, die nicht absorbiertes Licht der oberen Schichten doch noch absorbieren und in Strom umwandeln. Es ist ein alter Ansatz, der funktioniert und vor allem in der Raumfahrt eingesetzt wird, wo Geld kaum eine Rolle spielt.

Ein neuer Ansatz ist die Thermophotovoltaik. Man besorgt sich eine andere Sonne – mit Licht in einem engen Spektrum. Wenn alle Photonen ungefähr gleich viel Energie haben, geht durch den Kompromiss bei der Auswahl der PV-Zelle nicht mehr so viel Energie verloren. Die Sonne kann natürlich nicht ersetzt werden, aber eine andere Strahlenquelle ist leicht zu besorgen. Wenn die Strahlenquelle ein schmales Spektrum hat, ließe sich damit das Effizienzlimit für eine einfache PV-Zelle theoretisch in die Region von 80 Prozent verschieben. Die Praxis hängt dieser Theorie aber noch weit hinterher.

Eine künstliche Sonne zu erzeugen, ist dabei kein Problem. Jeder heiße Gegenstand sendet Licht aus, und mit Sonnenlicht können Gegenstände leicht aufgeheizt werden. Die künstliche Sonne strahlt dann zwar hauptsächlich infrarotes Licht aus, aber auch dafür können passende PV-Zellen hergestellt werden. Der Trick besteht darin, das Spektrum dieses infraroten Lichts möglichst schmal zu machen. Dann haben alle Photonen ähnlich viel Energie und können damit in einer PV-Zelle mit weniger Kompromissen viel effizienter in Strom umgewandelt werden.

PV-Zellen ins rechte Licht gerückt

Die Thermophotovoltaik hat im Vergleich zur normalen Photovoltaik mit Sonnenlicht einen weiteren Freiheitsgrad: Sie kann auch nach Materialien suchen, die ein besseres Spektrum für die Umwandlung von Licht liefern, anstatt nur nach Möglichkeiten, das vorgegebene Licht besser in Strom umzuwandeln.

Um ein schmales Spektrum zu erhalten, reicht es nicht aus, einen Gegenstand nur aufzuheizen. Das Resultat wäre ein breites Spektrum so ähnlich wie das Sonnenlicht, nur im infraroten Bereich. Es ist das Spektrum der Schwarzkörperstrahlung aus dem Physikunterricht in der Schule, das für jede Temperatur gleich aussieht, nur nach links oder rechts verschoben.

Die ideale Schwarzkörperstrahlung gibt es aber nur in der Schule. In der Praxis gibt es immer Abweichungen davon, die ausgenutzt werden können. Ein Beispiel dafür ist die alte Glühbirne mit Wolframdraht. Wolfram ist nicht nur sehr temperaturbeständig, es hat auch einen niedrigeren Emissionskoeffizienten im infraroten Teil des Lichts als im sichtbaren Licht.

Bei der gleichen Temperatur emittiert Wolfram deswegen weniger infrarotes Licht und dafür mehr sichtbares Licht, als es ein idealer schwarzer Körper tun würde. Dadurch verbrauchen Glühdrähte aus Wolfram bei gleicher Helligkeit weniger Strom als andere Materialien. Weil ein Teil der infraroten Strahlung unterdrückt wird, hat Wolfram damit aber auch ein schmaleres Emissionsspektrum. Das ist für das bloße Auge kaum sichtbar, sorgt aber für weniger Energieverbrauch bei der Erzeugung von sichtbarem Licht.

Künstliche Materialien sind besser als Wolfram

Die ersten Konstruktionen, mit denen Strom aus Sonnenlicht mit Thermophotovoltaik erzeugt werden sollte, bestanden dann auch aus Wolfram, das mit konzentriertem Sonnenlicht aufgeheizt wurde. Das Resultat war eine Effizienz von einem Prozent. Das war immerhin 40-mal so gut wie bei früheren Experimenten, aber auf keinen Fall befriedigend. Zu viel Energie ging durch Reflexion verloren und auch durch Emission zurück an die Umwelt.

Statt zufällige Materialeigenschaften zu benutzen, mussten also gezielt bessere Absorber und Emitter konstruiert werden. Vor fünf Jahren präsentierte etwa eine Forschergruppe vom MIT einen recht einfachen Ansatz mit mehreren Schichten aus einem Verbundwerkstoff aus Quarz und Wolfram. Durch passende Auswahl der Schichtdicken konnten sie damit auf der einen Seite des Materials die Absorption und auf der anderen Seite die Emission von Licht optimieren. Die theoretische Effizienz des Gesamtsystems könnte dadurch immerhin etwa 10 Prozent erreichen. In der Praxis haben sie aber nach besseren Lösungen gesucht.

Winzige Lücken sind besser als winzige Röhrchen

2014 stellte die Gruppe einen deutlich komplizierteren Ansatz für den Bau eines Absorbers vor. Ein Siliziumwafer wurde mit Nanoröhrchen aus Kohlenstoff beschichtet, um möglichst das gesamte Sonnenlicht zu absorbieren. Zusammen mit dem mehrschichtigen Emitter bauten die Forscher daraus ein praktisches System von der Größe eines Fingernagels (ein Quadratzentimeter), das eine gemessene Effizienz von über 3 Prozent erreichte.

Die Effizienz ist dabei hauptsächlich durch die geringe Größe des Absorbers und Emitters begrenzt, aber auch die PV-Zelle war nicht auf dem aktuellen Stand der Technik. Eine bessere hatten die Forscher nicht zur Verfügung. Das gleiche System würde mit einer größeren Fläche und einer besseren PV-Zelle auch eine praktische Effizienz von etwa 10 Prozent erreichen. Mit weiteren Verbesserungen sehen sie mit der gleichen Technik auch Potenzial für eine Effizienz von etwa 20 Prozent bei einer Arbeitstemperatur von etwa 1.000 Grad Celsius.

In der Solarenergie wäre selbst diese Technik nicht konkurrenzfähig. Eine Effizienz von 20 Prozent entspricht ungefähr dem Niveau aktueller monokristalliner Siliziumzellen. Aber anders als Siliziumzellen für sichtbares Licht sind die PV-Zellen für das infrarote noch nicht in ihrer Entwicklung ausgereift. Zurzeit verwandeln sie im besten Fall nur die Hälfte der Photonen in brauchbare Ladungsträger. Die Technik der Absorber und Emitter ist damit inzwischen so gut geworden, dass nun doch die Entwicklung der passenden PV-Zellen für infrarotes Licht zum Flaschenhals zu werden droht. Denn die Entwicklung der Emitter war 2014 noch nicht am Ende.

Mit kleinen Abständen die klassische Physik überlisten

Anfang März dieses Jahres veröffentlichte die gleiche Gruppe vom MIT ein Paper, in dem sie die Wärmestrahlung zwischen zwei parallelen Strukturen aus Siliziumcarbid im Abstand unterhalb von 200 Nanometern untersuchte. Das ist deutlich kürzer als die Wellenlänge von infrarotem Licht – für die elektromagnetischen Wellen dieses Lichts das sogenannte Nahfeld. Die klassischen physikalischen Gesetzmäßigkeiten über die Emission von Wärmestrahlung gelten aber nur für das Fernfeld, also Abstände, die deutlich größer als die Wellenlänge des Lichts sind.

Die Forscher stellten dabei fest, dass die Energieübertragung sogar deutlich besser ist, als theoretisch vorhergesagt wurde. Bei einem Abstand von 54 Nanometern wurde in einem sehr engen Spektralbereich etwa 82-mal so viel Wärme abgestrahlt, wie im normalen Fernfeld möglich wäre. Auch wenn der Abstand kleiner als die Wellenlänge des Lichts ist, könnte mit den Photonen der Wärmestrahlung im Nahfeld eine PV-Zelle ganz normal betrieben werden.

Trotz des geringen Abstands betrug der Temperaturunterschied zwischen den beiden Seiten 260 Grad Celsius, wobei die heiße Seite eine Temperatur von 450 Grad hatte. Dabei wurden etwa 6 Watt Wärme pro Quadratzentimeter übertragen, auf der Erde kommt das Sonnenlicht nur auf 0,1 Watt.

Mehr als nur Sonnenenergie

Zur möglichen Effizienz eines Systems, das auf diesem Prinzip beruht, haben sich die Forscher nicht geäußert. Zunächst müsse die Messung noch bestätigt werden. Dann gilt es, einen zuverlässigen Weg zu finden, um Geräte mit derart kleinen Abständen herzustellen, die mehr als nur einfache Messexperimente zulassen.

Ob die Technik in der Solarenergie eine Zukunft hat, kann durchaus hinterfragt werden. Vorerst sind mehrschichtige Solarmodule deutlich praktikabler, zumal die hohen Temperaturen für die Thermophotovoltaik nur durch zusätzliche Linsen oder Spiegel zur Konzentration des Sonnenlichts erzeugt werden können. Aber weil die Technik unabhängig von der Art der Wärmequelle funktioniert, sind auch ganz andere Anwendungsgebiete denkbar.

Zum Beispiel hat die Umwandlung von Wärme zu Strom in Radioisotopenbatterien nur eine Effizienz von vier bis fünf Prozent. Sie könnten dadurch mit weniger radioaktivem Material die gleiche Menge Strom liefern – ganz ohne bewegliche Teile, wie etwa bei Stirling-Motoren. Außerdem könnten sie Abwärme mit hohen Temperaturen in Stahl- oder Aluminiumhütten ausnutzen, genauso wie heiße Abgase von Verbrennungsmotoren und Turbinen.

Kommentare (1)

  1. #1 Rita
    4. August 2016

    Hallo!
    Ich habe zwar selber eine PV-Anlage aber darüber diese zusätzlich mit künstlichem Licht zu versorgen um die Effizienz zu erhöhen habe ich bisher noch nicht nachgedacht. Muss glaube ich demnächst mal in den Unterlagen meiner Anlage von STW.at nachschauen auf welche Wellenlänge meine optimiert ist.

    liebe Grüße Rita