Passend zum 1. Mai 2010 ein besonderer naturkundlicher Bericht von Detlef Mader, mit dem ich im vergangenen Jahr das Vergnügen hatte, eine Abenddämmerung auf Hirschkäfer-Schwärmflug-Schauen an einem geheimen Ort in der Rhein-Neckar-Region zu gehen. CJ

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Maikäfer. (Foto: © wrv / Pixelio 2009)

Von Detlef Mader (Walldorf)

Maikäfer und Hirschkäfer sind herausragende Vertreter dämmerungsaktiver Insekten mit ausgeprägtem Schwärmflug in dem kurzen Intervall nach dem Sonnenuntergang und vor dem Einbruch der Nacht. Der Höhepunkt des Schwärmfluges von Maikäfer und Hirschkäfer findet an wenigen Abenden statt und wird entscheidend von den Phasen des Vollmondes und des Neumondes des lunaren Zyklus gesteuert, was ich in den vergangenen Jahren mehrfach in markanter Entwicklung erlebt habe.


Weil die selenozyklische Schwärmaktivität von Maikäfer und Hirschkäfer nach den gleichen Prinzipien erfolgt und deshalb einander sehr ähnlich ist, stellt der gerade in vollem Gange befindliche Schwärmflug der Maikäfer die passende Ouvertüre für den etwa einen Mondzyklus später folgenden Schwärmflug der Hirschkäfer dar, welcher durch die gigantische Größe der fliegenden Hirsche eine noch wesentlich imposantere Flugschau veranstaltet als der bereits stattfindende faszinierende Massenflug der Maikäfer, welcher schon viele Naturfreunde in seinen Bann gezogen hat.

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Gruppe von Maikäfer. (Foto: © gogol / Pixelio 2007)

Maikäfer

Der diesjährige große Schwärmflug der Maikäfer in Deutschland und Mitteleuropa ist ein typisches Beispiel für den kontrollierenden und prägenden Einfluss des Vollmondes und des Neumondes auf das Schwärmverhalten dämmerungsaktiver Insekten. Nachdem die ersten Maikäfer bereits um den Neumond am 14. April 2010 erschienen sind, hat dann mit den ersten warmen Abenden und milden mondhellen Nächten nach den letzten Frostnächten in der ersten längeren Schönwetterperiode dieses Jahres wenige Tage vor dem Vollmond am 28. April 2010 der große Schwärmflug der Maikäfer begonnen, welcher je nach Witterung voraussichtlich noch bis etwa zum Neumond am 14. Mai 2010 andauern wird. Der Schwärmflug der Maikäfer ist eine für Augen und Ohren mitreißende Darbietung, bei der eine geballte Menge von Maikäfern gleichzeitig mit nicht zu überhörendem sonorem Brummen von den gegenüberliegenden Wiesen und Feldern auf den Waldrand zuschwirrt und am Waldrand hin und her fliegt, wobei die vielen Maikäfer als kontrastreiche Silhouetten vor dem Hintergrund des abklingenden Abendrotes mit greller Schärfe der Konturen deutlich sichtbar sind.

Fledermäuse jagen Maikäfer

Das eindrucksvolle optische und akustische Schauspiel des Schwärmens der Maikäfer kann am besten an nach Westen gerichteten Waldrändern abends in der Dämmerung nach dem Sonnenuntergang und mit dem Erlöschen des Abendrotes beobachtet werden, bevor der Mond im Osten langsam in den Zenit des Himmels aufsteigt. Der Höhepunkt der Aktivität liegt zwischen 21.00 und 21.20 Uhr mit dem unaufhörlichen Erscheinen von unzähligen Maikäfern in kleineren und größeren Gruppen, welche bevorzugt von den Wiesen und Feldern gegenüber dem Waldrand wie ein gestaffeltes Bombergeschwader auf die Bäume am Waldrand zufliegen und dort um die Äste herumfliegen, wobei am Waldrand unter dem Bäumen ein anhaltendes monotones Brummen wie bei einem Propellerflugzeug zu hören ist. Die besten Beobachtungsmöglichkeiten für das faszinierende Spektakel des Schwärmens der Maikäfer mit einem bombastischen Massenflug lagen in dem Zeitraum von wenigen Tagen vor dem Vollmond am 28. April 2010 bis wenige Tagen nach diesem, aber es bestehen immer noch gute Beobachtungsmöglichkeiten bei günstigem Wetter voraussichtlich bis etwa zum Neumond am 14. Mai 2010. Alle Naturfreunde, welche sich das bezaubernde Erlebnis des Schwärmens der Maikäfer nicht entgehen lassen wollen, sollten in dem genannten Zeitraum an warmen trockenen Abenden in der Dämmerung an Waldrändern Augen und Ohren auf das Fliegen und Brummen der Maikäfer richten. Wer Glück hat, kann dabei auch beobachten, wie Fledermäuse mit einsetzender Dunkelheit kurz vor dem Ende der Dämmerung Jagd auf die fliegenden Maikäfer machen, wobei die Fledermäuse den Waldrand parallel entlang fliegen und dabei einige der senkrecht auf den Waldrand zufliegenden Maikäfer schnappen, und kann auch erleben, wie die anfliegenden Maikäfer in der romantischen Illumination der hereinbrechenden Nacht durch den aufsteigenden Mond um die Köpfe der Beobachter herumsurren und -summen.

Hirschkäfer

Das eindrucksvolle Schwärmen der Maikäfer ist das Vorspiel für das noch wesentlich imposantere Schwärmen der Hirschkäfer, eines erheblich größeren Verwandten des Maikäfers, welches in diesem Jahr zwischen dem Vollmond am 28. Mai 2010 und dem Neumond am 12. Juni 2010 erwartet wird. Das Schwärmen der Hirschkäfer bietet durch das beträchtlich lautere Brummen und die bedeutend markanteren Silhouetten der vor dem Hintergrund des Abendrotes und des Mondlichtes fliegenden Käferriesen ein noch weitaus attraktiveres Schauspiel in Bild und Ton als das Schwärmen der Maikäfer. Deshalb ist der aktuelle große Schwärmflug der Maikäfer die geeignete Einstimmung und Vorbereitung für das in einigen Wochen und damit etwa einen Mondzyklus später folgende Schwärmen der Hirschkäfer, welches aufgrund der überragenden Größe der fliegenden Hirsche die bereits bestechende Darbietung der schwärmenden Maikäfer noch wesentlich übertrifft und ein unvergessliches Ereignis darstellt, welcher jeder Insektenliebhaber einmal selbst erlebt haben sollte.

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Hirschkäfer. (Foto: © Maria Fremlin 2005)

Giganten des Abendrotes

Die Beobachtungsmöglichkeiten für den Schwärmflug der Hirschkäfer sind analog derer für den Schwärmflug der Maikäfer, weil sich beide Arten von dämmerungsaktiven Großkäfern ähnlich verhalten. Alle Naturfreunde, welche die Giganten der mitteleuropäischen Käferfauna in der Kulmination ihrer Aktivität erleben möchten, sollten zwischen 28. Mai 2010 und 12. Juni 2010 an nach Westen gerichteten Waldrändern abends in der Dämmerung nach dem Sonnenuntergang und mit dem Erlöschen des Abendrotes Augen und Ohren auf das Fliegen und Brummen der Hirschkäfer richten. Der Höhepunkt der Aktivität wird zwischen 21.15 Uhr und 21.45 Uhr liegen, wenn zahlreiche Hirschkäfer an den Bäumen am Waldrand entlang fliegen und um die Bäume am Waldrand herumfliegen, wobei dort unter dem Bäumen ein anhaltendes Brummen zu hören sein wird. Wer Glück hat, kann einige tieffliegende Hirschkäfer direkt vor seinen Augen beobachten und kann dabei anhand der geweihartig vergrößerten Mandibeln der fliegenden Hirsche deutlich zwischen großen Männchen, kleinen Männchen und Weibchen unterscheiden.

Vor der Nase tauchte ein Hirschkäfer auf

Mir sind im vergangenen Jahr an mehreren Abenden etliche Hirschkäfer quasi in Zeitlupe in Gesichtshöhe vor meinen Augen hin und her geflogen, so dass ich ihren Hinterleib mit der Nasenspitze hätte berühren können, und bei dieser einmaligen Perspektive habe ich voller Erstaunen die langsam fliegenden Hirschkäfer lediglich beobachtet und war von der Eleganz des Fluges derart gefesselt, dass ich gar nicht daran denken konnte, die sich mir in optimaler Flughöhe und mit optimaler Fluggeschwindigkeit in grazilem Schweben präsentierenden Hirschkäfer zu fotografieren. Die Hirschkäfer stehen beim Flug steil in der Luft mit einem Winkel von 60 – 70 Grad. Kurz vor dem Einbruch der Nacht gesellen sich auch noch Fledermäuse dazu, die lautlos aus dem Wald herausfliegen, den Waldrand auf- und abfliegen und dabei versuchen, einen fliegenden Hirschkäfer zu erbeuten.

Meldungen über besonders ausgeprägte Schwärmabende mit außergewöhnlich zahlreichen fliegenden und brummenden Maikäfern und Hirschkäfern zur wissenschaftlichen Auswertung bitte an: Dr. Detlef Mader, Hebelstraße 12, 69190 Walldorf, Telefon 06227-4252, E-Mail: dr.detlef.mader@web.de. Die Mondsteuerung der Schwärmflüge dämmerungsaktiver Insekten ist eingehend abgehandelt in meinem neuen Buch, in dem Beobachtungen von über 500 Insektenarten (besonders Käfer, Schmetterlinge und Libellen) aus eigener Anschauung und aus der Literatur ausgewertet werden und welches in Kürze erscheinen wird: Mader, Detlef: Moon-related population dynamics and ecology of the Stag Beetle „Luca¬nus cervus”, other beetles, butterflies, dragonflies and other insects, Ubstadt-Weiher 2010.

Kommentare (1)

  1. #1 Sabrina
    April 30, 2012

    Und warum fliegen die nur zu dieser bestimmten zeit, für diese kurze zeit? Ich kenne mich da nicht aus und das würde mich interessieren 😉
    Liebe grüße sabrina