Auf der Bücherplattform „google books” wurde ein schlecht recherchiertes US-Buch über Serienmörder eingestellt. In der Schrift sind auch vier unaufgeklärte Mordfälle aus der Rhein-Neckar-Region sachlich falsch beschrieben.



Im Juni 2010 habe ich hier im „Zeittaucher” über den sogenannten „Anhaltermörder” berichtet. Diesem unbekannten Phantom-Täter werden bis heute vier Mädchenmorde rund um Heidelberg Ende der 1970er-Jahre zur Last gelegt. Insgesamt gibt es seit den 1950er-Jahren 28 unaufgeklärte Mordfälle der Polizeidirektion Heidelberg, über die ich in einer Serie für die Rhein-Neckar-Zeitung in den vergangenen zwei Jahren berichtete. Einige Leser auch hier im Blog wiesen besonders bei den beschriebenen Mädchen- und Frauenmorden aus den Siebziger Jahren persönlich immer wieder darauf hin, dass diese längst aufgeklärt seien und dem sogenannten „Hammermörder Bernd Bopp” zuzuordnen seien.

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In dem 2004 erschienenen Buch „River of blood” werden vier Mordfälle an jungen Frauen aus den 1970er-Jahren einem falschen Täter zugeordnet. (Repro: CJ)

Dieses Gerücht wurde auch durch die Online-Suchmaschine google und ihre dortige Büchersparte genährt. Denn wer dort Namen bestimmter Mordopfer eingibt, wird über die folgende Trefferliste oft auf das bei google books eingestellte und 2004 veröffentlichte Buch „River of blood. Serial killers & their victims” von Amanda Howard und Martin Smith geführt.

Ohne Quellenbelege wird über unaufgeklärte Morde berichtet

Nach einem Blick auf die Website von Amanda Howard, die sich als „True Crime Author, Fiction Writer, Consultant and Speaker” bezeichnet und in ihrem Buch komplett auf Quellenbelege verzichtet, könnte eingewendet werden, dass man sich mit schlecht recherchierten Büchern einfach nicht beschäftigen sollte. Doch in diesem Fall ist das nicht einfach, weil besonders durch neue Online-Suchmöglichkeiten gerade solche Schriften, die antiquarisch kaum aufzutreiben sind, gelesen und vor allem falsch rezipiert werden können.

Frauenmorde werden fälschlicherweise einem Täter zugeordnet

Auf Seite 47ff. schildern die Autoren den Fall des Serienmörders Bernd Bopp, einem angestellten Lehrer aus Mainz, der in Südwestdeutschland Mitte der 1970er-Jahre sein Unwesen trieb und dem tatsächlich auch zahlreiche Morde zugeordnet werden konnten. Dabei wird ausführlich mit vielen sachlichen Fehlern über die Todesumstände der rund um Heidelberg und den Rhein-Neckar-Kreis damals lebenden und ermordeten jungen Frauen Monika Sorn (+ 1975), Monika Pfeifer (+ 1976), Maria Elsa Scholte (+ 1976) und Marie-Therese Majer (+ 1977) geschrieben und alle Morde dem „Hammermörder” zugeschoben. So wurde eine der Leichen nicht im Rhein bei Mainz, wie im Buch behauptet, sondern in Mannheim gefunden.

Kriminalpolizei prüfte Behauptungen trotzdem

Fest steht, dass die jungen Frauen damals wiederholt als Anhalterinnen unterwegs waren, so dass die Ermittler der Polizei heute noch nicht ausschließen können, dass die Morde in Zusammenhang zueinander stehen. Deshalb spricht man in Polizeikreisen auch immer noch von dem Phantom des „Anhaltermörders”. In dem Buch werden die Morde aber alle einer Person zur Last gelegt. „Wir haben die im Buch aufgestellten Behauptungen natürlich geprüft und können nach unseren Abklärungen sagen, dass an diesen absolut nichts dran ist”, sagt der Heidelberger Polizeisprecher Harald Kurzer. „Die auch im Internet einsehbaren hahnebüchenen ‚Feststellungen’ und ‚Fakten’ entbehren jeglicher Grundlage.” Schon vor 30 Jahren hätten die beteiligten Sonderkommissionen eingehend geprüft, ob die Morde dem Mann zugeordnet werden könnten.

49-Jährige Frau machte auf Buch aufmerksam

Eine heute 49-jährige, die mit einem der Mordopfer befreundet war, machte mich auf das US-Buch aufmerksam, da sie nach drei Jahrzehnten durch eine kurze Internetrecherche zuerst davon ausgegangen war, der Fall sei längst gelöst. „Mir tut es immer noch Leid um die Freundin, sie war ein toller Mensch”, sagt sie und offenbart, dass sie oft darüber nachdenke, was aus ihr geworden wäre. Vor einigen Wochen hat sie einen alten Poesiealbumeintrag der Toten wieder gefunden.

Unbewusster Schutzengel für junge Anhalterinnen

„Ich war später immer vorsichtig, wenn ich nachts nach Hause gefahren bin. Seitdem ich den Führerschein habe, nahm ich immer wieder junge Mädchen mit, die am Straßenrand standen und per Anhalter mitgenommen werden wollten. Ich fuhr sie immer nach Hause und sagte: Lass Dich nie wieder von jemand Unbekanntes mitnehmen!” So sei sie nach ihren schlimmen Erfahrungen vielleicht unbewusst selbst zu einem Schutzengel geworden. In ihrem Inneren kenne sie zwar wie viele Angehörige keine Rachegefühle. „Trotzdem ist es für alle Angehörigen und Freunde wichtig zu wissen, wer der Mörder ist und wie die Tatumstände waren. Die Täter sollen ihr Wissen nicht ins Grab mitnehmen dürfen und Trauernde im ungewissen Diesseits zurücklassen.” In diesem Zusammenhang sei ein überhaupt nicht recherchiertes Buch zu Serienkillern komplett kontraproduktiv.

Kommentare (1)

  1. #1 BreitSide
    Oktober 11, 2011

    xxx