Wie cool ist es bitte, sein Paper in den seriösen Physical Review Letters mit “Finally, we note that cars start due to relativity” abzuschließen? Aber es stimmt, denn die Forscher zeigen, dass die Reaktion, die die Bleiakkus in einer Autobatterie antreibt, nur aufgrund relativistischer Effekte funktionieren. Damit passt das fürstlich zum Thema von gestern.

Erstaunlicherweise hat bis jetzt noch niemand die Spannung eines Bleiakkus aus ersten Prinzipien theoretisch errechnet, also wirklich aus den Elektronenbahnen. Thermodynamische Berechnungen gibt es, und für andere Batteriearten existieren auch die grundlegenderen Berechnungen, aber erst jetzt haben die finnischen Wissenschaftler um Erstautor Rajeev Ahuja einen Weg gefunden den Bleiakku zu berechnen. Hauptzutat: Relativistische Effekte.

Im Bleiakku läuft sind Bleiatome an beiden Reaktionen beteiligt:

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In der Summe passiert bei dem Entladen folgende Reaktion:

Pb(s) + PbO2(s) + 2H2SO4(aq) –> 2PbSO4(s) + 2H2O(l)

Wobei (s) einen Feststoff bezeichnet, (aq) eine wässrige Lösung und (l) eine flüssige Phase.

Die Aufgabe ist, die freiwerdende Energie zu berechnen, und zwar nur aus dem berechneten Verhalten der Elektronen um die Atomkerne. Die drei Feststoffe machen dabei die Kernaufgabe aus, während man für die Flüssigphase eine thermodynamische Rechnung mit gemessenen Energien verwendet hat. Die Feststoffe werden außerdem in einer Näherung bei 0 K berechnet, was einem viel Stress durch Vibrationen spart, aber im Endeffekt einen Fehler kleiner 10 % ausmacht, völlig gut genug.
Die Forscher setzten zwei verschiedene Berechnungswege ein. Beide sind unterschiedlich komplex, basieren aber darauf, die echten Elektronenbahnen im Festkörper aus einzelnen Orbitalen zusammenzusetzen. Der Knackpunkt war aber: Für jede Methode wurden Berechnungen mit und ohne relativistische Korrektur durchgeführt. Die relativistischen Effekte können bei schweren Atomen wie dem Blei wichtig werden, vor allem weil weit außen liegende Elektronen so hohe Geschwindigkeiten erreichen, dass der Einfluss aus den Ergebnissen der Speziellen Relativitätstheorie nicht vernachlässigt werden kann. In den Simulationen löst man entweder die klassische Schrödinger-Gleichung oder die relativistische Dirac-Gleichung.

Und genau das ist das Ergebnis, der Unterschied ist erheblich. Während man klassisch lediglich eine Spannung von etwa 0.5 V ermitteln kann (beide Berechnungsmethoden sind im Großen und Ganzen gleich), kommt mit relativistischen Gleichungen im Mittel 2.13 V heraus – überzeugend nahe am gemessenen Wert von 2.11 V.

Weiter konnten die Autoren auch noch bestätigen, warum der leichtere Verwandte von Blei, Zinn, keine guten Akkus abgibt. Zinn entspricht ungefähr dem Blei ohne relativistische Effekte.

Also, liebe Relativitätstheorieleugner: Kurbelt ihr euer Auto an?


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Kommentare (12)

  1. #1 Sven Vermant
    01/13/2011

    “vor allem weil weit außen liegende Elektronen so hohe Geschwindigkeiten erreichen, dass der Einfluss aus den Ergebnissen der Speziellen Relativitätstheorie nicht vernachlässigt werden kann”

    Im Gegenteil: Die innen liegenden Elektronen bewegen sich schnell! Das ist ganz ähnlich wie im Planetensystem, da ist Merkur auch schneller unterwegs als Pluto.

  2. #2 pippen
    01/13/2011

    Ich bin kein Physiker und an das Paper komme ich nicht ran, also kann ich auch nicht sagen, ob Sven hier richtig verbessert hat. Sind die “äußenen” denn diejenigen Elektronen, die sich außen relativ zu den Atomkernen befinden, also die Elektronen im Leitungsband? Oder sollen es diejenigen relativ zur Mitte der Bleielektrode sein? Ich würde sagen ersteres.
    Und meine Vorstellung zum Bohrschen Atommodell sagt mir, dass die äußeren Elektronen eine höhere Energie haben. Aber jetzt weiß ich nicht, ob die äußeren Elektronen jetzt wegen dieser größerer Energie auch schneller sind.
    Klärt mich doch mal bitte auf.

  3. #3 MartinB
    01/13/2011

    Guckt Ihr alle hier:
    https://www.scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2010/12/spezielle-relativitatstheorie.php
    Es sind die sicherlich die “inneren” Schalen, aber natürlich nicht die ganz innersten – Blei hat ja 4f- und 5d-Orbitale, die für die Bandstruktur wichtig sind. In meinem Artikel hatte ich ja die 5d-Elektronen vom Gold für die Farbe verantwortlich gemacht.

  4. #4 Frank Wappler
    01/13/2011

    Jörg Rings schrieb:
    > [Es] wurden Berechnungen mit und ohne relativistische Korrektur durchgeführt.

    Sollte in einer seriösen Veröffentlichung nicht eher stehen, dass Berechnungen ohne bzw. mit nicht-relativistischen Näherungen durchgeführt wurden?

    Oder gilt die Spezielle Relativitätstheorie als getestet und falsifiziert, wenn irgend ein Auto mal nicht anspringt und sich der Mechaniker auch nicht sicher ist, ob er eine Zinn- oder eine Bleibatterie aus dem Regal gewuchtet hat? …

  5. #5 Bullet
    01/13/2011

    @Frank: willst du jetzt in jedem Artikel ein Faß darüber aufmachen, daß allein du keinen Weg siehst, die SRT falsifizieren zu können?

  6. #6 TheBug
    01/13/2011

    Also ich bin dafür, dass Frank seinen Platz auf dem Markt in Jerusalem von Brian wieder zurück bekommt und uns dafür hier in Ruhe lässt.

  7. #7 peer
    01/13/2011

    @Frank: Nein, denn “ohne nicht-relativistische Korrektur” ist doppelte Verneinung und die wird im Schriftdeutsch vermieden.

    Mal davon ab, dass sich aus dem “nicht-relativistischen” nicht ableiten lässt ob und wie oft die SRT verifiziert respektive falsivisziert wurde.

    🙂

  8. #8 Frank Wappler
    01/14/2011

    Bullet schrieb (13.01.11 · 13:57 Uhr):
    > @Frank: willst du jetzt in jedem Artikel ein Faß darüber aufmachen, daß allein du keinen Weg siehst, die SRT falsifizieren zu können?

    Beim Nachdenken ist jeder für sich allein.

    Und im Übrigen macht nicht jede mit einem Kurbelrad versehene Tresortüre ein Faß auf;
    und nicht jeder Blog-Artikel einen Abgrund.

  9. #9 TheBug
    01/14/2011

    “Beim Nachdenken ist jeder für sich allein.”

    Na bei einigen bin ich mir da nicht so sicher…

  10. #10 threepoints...
    01/14/2011

    TheBug· 14.01.11 · 08:28 Uhr

    “Beim Nachdenken ist jeder für sich allein.”

    Na bei einigen bin ich mir da nicht so sicher…

    —> Eben, …. die Frage ist immer nur, … wer sich dabei dazugesellte…? Offenbar ist hier nämlich nichts von ewiger Dauer. Wo man doch so schön viel von Flexibilität daherredet … hier scheint einer der Grundsätzlichkeiten dieser zu sein – sich auf den wehcselnden geistigen “Beistand” einlassen zu können. … Aber mich muß ja jetzt keiner verstehen!

  11. #11 TheBug
    01/14/2011

    Warum?

  12. #12 threepoints...
    01/14/2011

    Ich habe offenbar ein Problem die richtigen Fragen in Aussagen zu verpacken….

    worauf bezieht sich das “Warum” nun also?