Heute wird ohne großes Zeremionell des letzte kreisende Protonen- oder Antiprotonenbündel am Tevatron, dem ehemals schnellsten Teilchenbeschleuniger der Welt, in einen großen Metallblock krachen. Nach 28 Jahren erfolgreicher Physik wird die Maschine abgeschaltet, überrundet vom LHC und nicht mehr spezialisiert genug um weiter finanziert zu werden.
Am 18. März 1983 waren die letzten der 774 supraleitenden Magneten installiert worden und am 3. Juli schon die neue Rekordenergie von 512 GeV erreicht worden. Die Genehmigung durch das Department of Energy war fast genau vier Jahren zuvor, am 5. Juli 1979, erfolgt.
Zunächst erfolgten Experimente nur auf feste Ziele und nicht in Kollisionen, dazu musste erst der Antiprotonstrahl auf den Weg gebracht werden. Und die Detektoren fertiggestellt werden. Der erste lange Lauf mit Kollisionen bei 1.8 GeV begann erst 1992! Und die erste gewaltige Entdeckung, des Top-Quark, war 1995 publikationsreif. Es waren also 12 Jahre zwischen erster Inbetriebnahme und der größten Entdeckung – und da husten heute schon Leute rum dass der LHC noch nicht das Universum umgedreht hat.
Zwischen 1996 und 2001 wurde der LHC Tevatron erweitert, es kam der zweite kleinere Ring hinzu, den man oben im Bild sieht, der Main Injector, der die Antiprotonenbeschleunigung übernahm und später mit einem Speicherring für die Antiprotonen, dem Recycler, erweitert wurde. Für den Run II ab 2001 wurden auch die Detektoren erweitert und die Kollisionsenergie bis auf 1.96 TeV gedrückt.
Die bedeutendsten Entdeckungen vervollständigten das Standardmodell: In 1995 konnten beide Experimente, CDF und DZero gemeinsam bekannt geben, jeweils das schwerste Quark, das Top, in Paaren gefunden zu haben. Die Beobachtung als einzeln produziertes Top ist so neu, dass ich noch darüber berichten konnte.
Das Tau-Neutrino wurde 2000 erstmal direkt beobachtet, in einem speziell dafür gebauten Experiment namens DONUT, das aber trotz des Namens und der Lage an einem Ringbeschleuniger ein festes Ziel darstellte und keinen Kollisionsdetektor.
Die Liste der gefundenen Teilchen ist lang, aber ebenso lang ist die Liste der nicht gefundenen Phänomene. Keine Supersymmetrie, keine Axionen, keine aufgerollten Extradimensionen, kein Higgs. Das heißt aber nicht, dass diese Arbeiten weniger wert gewesen wären, sie schließen Phänomene aus oder setzen Obergrenzen wie beim Higgs. Insgesamt hat der Tevatron uns um die 1400 neue Doktoren gegeben und auch jede Menge neue Technologien gebracht.
Schade um die große Kiste. Vor allem, weil zum wahrscheinlich ersten Mal seit ihrer Erfindung keine neuen größeren Teilchenbeschleuniger mehr im Bau sind. Nachdem der US-Kongress den SSC brutal erschlagen hat, scheint der LHC wirklich das vorläufige Ende der Fahnenstange zu sein. Klar, der LHC soll zum Super-LHC erweitert werden, vielleicht kommt der ILC, vielleicht kann Plasmabeschleuniger-Technik die Energien nochmal pushen.
Aber große Mehrzweckbeschleuniger scheinen mehr einer größeren Anzahl spezialisierter Beschleuniger zu weichen. Am Fermilab z.B. plant man Projekt X, einen Protonenbeschleuniger der statt gewaltiger Energie gewaltige Intensitäten liefern würde und damit andere Experimente füttern würde.
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