Auch wenn es schon etwas länger her ist, die Brisanz mancher Themen lässt nicht nach. Und sollte sie das doch tun, ist es manchmal gut, ab und zu daran zu erinnern, damit ein Gesprächsthema nicht durch die nächste Fußball-WM wieder vom Tisch verschwindet. Ich will allerdings hier eigentlich nur mal meine Meinung los werden. Die Diskussion, die sich vor ein paar Wochen um den WWF drehte, ist zu komplex als dass wir ohne Mithilfe des WWF darauf eine klare Antwort finden könnten; doch während sich da zwei Seiten in den Medien zoffen, möchte ich ein paar Punkte einfach mal festhalten.
Am 22. Juni zeigte die ARD eine Dokumentation zum WWF (“Der Pakt mit dem Panda”, hier weiterhin auch online anzuschauen), in der u.a. die Stellung vertreten wurde, der WWF würde Gentechnik unterstützen, mit Monsanto kooperieren, die Rechte indigene Völker Asiens mit den Füßen treten und die Abholzung von Regenwald unterstützen, indem er mit der Palmölindustrie kooperiert. Der WWF hat dazu im Anschluss in einem “Faktencheck” umfangreich Stellung genommen.
Mich interessierte dabei zuerst einmal gar nicht, in wie weit die Anklagen alle stimmten. Denn die Dokumentation selbst bestand aus solch einseitiger Berichterstattung, dass man das Meiste nicht glauben konnte. Fast alle WWF-Mitarbeiter scheinen ganz plötzlich mit einem Mikrofon konfrontiert zu werden; die Interviews wirken beinahe wie Verhöre. Die Art und Weise wie Frau Bieler auf Schritt und Tritt sogar beim Essen gefilmt wurde ist ein Paradebeispiel für schlechten Boulevardjournalismus. Das anschließende Gespräch mit ihr besteht aus Fragen, die mit einzelnen kurzen Sätzen beantwortet werden bevor zur nächsten Frage geschnitten wird. Automatisch fragt man sich was in der Zwischenzeit besprochen wurde. Ähnliche Methoden benutzt Michael Moore in seinen Dokus um zu suggerieren, Gespräche hätten genau so statt gefunden wie wir sie erleben. Doch egal ob wir nun die Aussage einer Doku gut finden oder nicht, wenn das Gespräch so verzerrt und einseitig wieder gegeben wird, ist das Betrug am Zuschauer.
Ähnlich tolle Schnitte finden sich bei der plötzlichen dramatischen Ökotourismus-Jagd nach den Tigern. “155 Jeeps verschiedener Anbieter sind für die Rally zugelassen.” Und der Film vermittelt, dass auch alle gleichzeitig unterwegs sind und den Lebensraum des Tigers mit Autos zerstören. Ohne diese Art von Tourismus schön reden zu wollen, weiß aber jeder, der an so einer Tour schon mal Teil genommen hat, dass 1) man meist gar keinen Tiger zu sehen bekommt, und 2) fast immer die gleichen Wege abgefahren werden. Das Habitat des Tigers ist groß, aber die reichen Touristen stecken trotzdem gerne viel Geld in das Unternehmen – mit der Hoffnung auf eine Begegnung mit der großen Katze. Wenn sie auch einen gewissen Preis mit sich bringen, diese Gelder sind ein wichtiger Bestandteil beim Schutz der Tiere. Dies nicht einmal zu erwähnen macht eine Doku wie diese unglaubwürdig. Außerdem: “[Die Jeeps] durchpflügen die Kernzone des Tigerreservats, jeden Tag, acht Stunden lang.” Tiger sind aber nachtaktiv, und ich würde wetten, dass es dort tatsächlich feste Zeiten für diese “Tiger Rallys” gibt – wahrscheinlich morgens eine und abends.
Ein Teil der Doku zeigt uns die netten Menschen, die zum Schutz des Tigers umgesiedelt werden sollen, denen aber der Tiger heilig ist und die ihm nie etwas antun würden. Diese heile Welt kann im Fernsehen gerne suggeriert werden, aber tatsächlich ist eine der größten Gefahren für Tiger in Indien nicht nur die Zerstörung des Lebensraumes sondern Wilderei. Die Situation ist viel komplexer als sie in der Doku gezeigt wird, und unabhängig davon ob der WWF an einer Umsiedlung beteiligt ist oder nicht, die Dokumentation tut so als wäre es eine simple Moralfrage und als würden alle Menschen dort Opfer einer großangelegten Vertreibungsaktion sein, mit freundlicher Unterstützung vom WWF.
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