Filterblasen, Hatespeech, postfaktisches Zeitalter: Viele Ansichten und Thesen laufen derzeit durch öffentliche Diskurse. Manche meinen heutzutage gebe es keine Fakten mehr. Andere geißeln sich, sie müssten aus ihren Filterblasen heraustreten. Wieder andere rüpeln durchs Netz und hinterlassen Spuren der virtuellen Verwüstung. Schwarz-Weiß-Malerei und unergiebige Diskussionen ziehen sich durch Facebook, Twitter und Co. Schuld ist das Netz. Niemand hört mehr auf die ‚Intellektuellen‘. Früher war alles besser, ist immer wieder zu lesen, heute ist alles ganz schrecklich.

Heute beim Frühstück waren einige der oben genannten Punkte Thema. Klar, diese Dinge sind derzeit im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Vieles davon ist relativ gesehen neu – zumindest im Verhältnis zur Dauer der restlichen Medienhistorie. Aber ganz neu ist das alles nicht. Hier ein paar Aussagen, die im Diskurs des Öfteren zu hören sind und einige Thesen und Erwiderungen aus sozial- und medienwissenschaftlicher Sicht darauf:

„Wir leben in einem postfaktischen Zeitalter!“

Die Ansicht heute in einer postfaktischen Zeit zu leben, in der gesicherte Erkenntnisse nicht mehr zählen und Unwahrheiten zu vorherrschenden Inhalten werden, ist – nun ja – interessant. Vor allem weil diese impliziert, davor wäre so etwas wie ein faktisches Zeitalter gewesen. Wo und wann soll das gewesen sein? Der Alltag war immer schon nicht-faktisch. Ein entscheidender Faktor für die derzeitigen Debatten ist die Sichtbarkeit. Was wir beobachten können ist, dass die althergebrachten Filter, die Fakten von Gerüchten trennen, nicht mehr im gleichen Maß funktionieren. Ein Beispiel dafür sind Medien wie Zeitungen oder Fernsehen. Diese hatten über lange Zeit die Funktionen inne den Informationsfluss zu filtern, Fakten von Nicht-Fakten zu trennen und zu entscheiden welche Inhalte in die Öffentlichkeit gelangen. Auch da gab es immer schon mediale Formen, die ihren Schwerpunkt im Nicht-Faktischen hatten – Boulevardmedien, die Regenbogenpresse, usw. – nur konnten diese eingeordnet werden und deshalb auch unter dem Filter dieser Wahrnehmung konsumiert werden.

Mediale Filterfunktionen greifen heute nicht mehr in gleicher Weise. Äußerungen, ob faktisch oder nicht, werden via Social Media oder Websites gleichrangig zugänglich. Die NutzerInnen sind damit mehr gefordert selbst zu beurteilen was wahr ist oder eben nicht. Und wie meist bei technologischen Entwicklungen hinken die gesellschaftlichen Entwicklungen hinterher. Medienkompetenzen bzw. media literacy, der englischsprachige Begriff ist da weitaus treffender, konnten mit der Entwicklung von Kommunikationstechniken nicht mithalten. Die meisten Menschen sind schlicht nicht so weit. Und auch die oft vielgepriesenen ‚digital natives‘ sind da nicht weiter als die ‚digital immigrants‘. Eine kürzlich veröffentlichte Studie aus Stanford hat dies klar gezeigt: Die meisten jungen Menschen können Fakten und Fake-News nicht unterscheiden. Die mehrere Jahrzehnte alte Forderung Lehrpläne diesbezüglich aufzuwerten und das Thema in den Schulalltag aufzunehmen sind meist das Papier nicht wert auf dem sie stehen.

Fazit: Wir leben in keinem postfaktischen Zeitalter. Wir waren niemals in einem faktischen. Das nicht-faktische wird inzwischen einfach sichtbarer und die adäquaten Strategien um damit umzugehen, wurden noch nicht entwickelt.

„Wir alle leben in Filterblasen!“

Natürlich, das tun wir. Die Algorithmen von Social Media Plattformen zeigen uns mehr von dem, was wir liken, teilen oder kommentieren. Dadurch werden Informationen gefiltert und wir bekommen zu sehen, was uns entspricht. Allerdings ist das ganz und gar nichts Neues. Die größte Filterbubble von allen ist unser Alltag. Nichts ist mehr gefiltert als unser reales Leben. Wir brauchen Mechanismen um mit der Komplexität des Alltags umzugehen. Deshalb lernen wir von Anfang an auszuwählen. Der Prozess nennt sich Sozialisation und ist so alt wie die Menschheit selbst. Unsere Umfelder und Herkünfte gestalten unsere Wahrnehmungen mit, wir lernen abzuwägen und zu beurteilen.

Unsere direkten Kontakte wählen wir dementsprechend passend aus. Wir umgeben uns mit Menschen mit denen wir uns wohlfühlen. Und mit wem fühlen wir uns wohl? Mit anderen, die uns bzgl. Einstellungen und Verhalten ähnlich sind – soziologisch formuliert: Mit jenen, die uns habituell ähnlich sind. Bourdieu lesen hilft diesbezüglich übrigens ungemein. 😉

Die Medienwissenschaft beschäftigt sich seit ihren Anfängen mit dem Phänomen der selektiven Wahrnehmung. Wir wählen Inhalte so aus, dass sie unsere Meinungen verstärken und bestätigen. Zu lernen von den eigenen Ansichten zu abstrahieren, dies zu einem begleitenden Prozess zu machen und damit Kritikfähigkeit zu entwickeln, ist nichts Selbstverständliches. Gelernt wird dies in jenem Teil des Sozialisationsprozesses, der sich Bildung nennt.

Was klingt durch diese Aussagen durch? Die – imho etwas naive – Erwartungshaltung neue Technologien würden das Leben verbessern, demokratischer gestalten und gleichmäßiger machen. Die – paternalistische – Haltung, dass Menschen erzogen werden müssten und damit zu etwas Besserem gemacht werden als sie aktuell sind, zieht sich wie ein roter Faden durch die Menschheitsgeschichte.

Fazit: Soziale und kommunikative Filterblasen gab es immer schon, im realen noch viel stärker als im virtuellen Leben. Das Phänomen ist nicht neu, es wird nur im Diskurs via Social Media greifbarer. Im Virtuellen wird es möglich, die alltäglichen Filterblasen zu verlassen und sich zu konfrontieren. Viele Menschen tun das aber nicht. Warum sollten sie auch? Bzw. woher sollten sie wissen, dass dies Qualitäten hat? Das tun und wissen sie im ‚real life‘ meist auch nicht.

„So schlimm war es noch nie, die Umgangsformen sind so oarg!“

Beobachtbar sind Radikalisierungen in Kommentaren, Herabwürdigungen von anderen Diskutierenden, virtuelle Rüpeleien oder auch das Phänomen Hatespeech. Im medialen Diskurs wird dies als etwas Neues dargestellt und – oft – mit drohendem Zeigefinger gewarnt. Aber auch hier gilt: Das ist nicht neu. All das gab es immer schon. Nur waren diese Dinge nicht so sichtbar. Die Öffentlichkeiten haben sich geändert. Inzwischen hat jeder und jede ihre eigene Öffentlichkeit und kann sichtbar werden. Facebook, Twitter, Instagram und Co, also alle Plattformen in denen direkte Kommunikation möglich ist, schaffen diese Möglichkeiten. Das was Menschen früher am vielzitierten Stammtisch gepoltert haben, poltern sie heute virtuell. Und im Virtuellen treffen Milieus aufeinander, die sich früher im realen Leben nicht getroffen hätten. Um das in Wiener Vergleichen darzustellen: Die Gäste eines Vorstadtwirtshauses treffen nicht auf die Besucher eines innerstädtischen Kaffeehauses. Die BesucherInnen eines Megaplex kreuzen nicht die Wege jener mit einem Abo für die Oper oder Josefstadt. Im Virtuellen treffen Menschen in noch nicht verhandelten gesellschaftlichen Bereichen aufeinander. Im Alltag wissen Primarärztin und Bauarbeiter, Rechtsanwalt und Putzfrau wie sie miteinander umgehen, ihr gesellschaftlicher Umgang ist durch soziale Konventionen geregelt. Im Virtuellen stehen sich beide Seiten – vermeintlich 😉 – gleichberechtigt gegenüber, der kommunikative Umgang ist nicht geregelt und virtuelle Sammelbecken, wie Gruppen oder Pages, schaffen zudem kollektive Strukturen. Zusätzlich liegen die Tücken von Geschriebenem in der Exaktheit. Getipptes ist leichter misszuverstehen, schriftliche Diskussionen sind anfällig für Polarisierungen und unsere kollektiven Fähigkeiten diesbezüglich noch eher unterentwickelt.

Fazit: Neu sind nicht die Umgangsformen, neu ist die mediale, virtuelle Konfrontation. Gespräche und Gesprächsformen, die sonst im direkten Gespräch am Bier- oder Kaffeehaustisch geblieben wären, sind nun für alle nachlesbar und Menschen, die sich im „richtigen Leben“ nie treffen würden, begegnen sich nun virtuell.

Und nur der Vollständigkeit halber, weil ich das auch schon zu hören bekam:

„Früher wurde mehr auf Intellektuelle gehört!“

Ja. Ganz sicher. Bledsinn. Wo genau soll das gewesen sein? In meiner Kindheit und Jugend – ich stamme aus einem der Wiener Flächenbezirke in Transdanubien – war ‚Intellektuelle‘ ein Schimpfwort. 😉

Bisserl elaborierter: Aus einer bildungsbürgerlichen Perspektive mag das stimmen, aus anderen gesellschaftlichen Perspektiven nicht. Das Phänomen der ‚Lügenpresse‘ lässt sich aus sozialwissenschaftlicher Sicht auch milieuspezifisch erklären. JournalistInnen sind und sehen sich als Gatekeeper, sie treffen Entscheidungen darüber was berichtenswert ist und was nicht. Und sie gehören natürlich zu einem tendenziell bildungsaffinerem Milieu – auch wenn so einige JournalistInnen MilieuwechslerInnen sind, mein Institut, die Publizistik und Kommunikationswissenschaft, war und ist ein Sammelbecken dafür. Ein recht elitärer Gesellschaftsbereich, der Journalismus, entscheidet also darüber was und über wen berichtet wird. Dementsprechend wird und wurde ausgewählt. Und dementsprechende Inhalte landeten auch in den medialen Formaten. Social Media verändert diese Vermittlungsinstanzen, Journalismus funktioniert in vielen Gesellschaftsbereichen nicht mehr wie vor 20 Jahren. Die Wirkmächtigkeit und Funktionen verschieben sich und diesbezügliche Aushandlungsprozesse sind im Laufen. Die Skepsis von Milieus den anderen gegenüber bekommt so einen medialen Kanal, der vor Social Media nicht existent war.

Fazit: Früher wurde über die Kronen Zeitung und ihre dummen LeserInnen lamentiert, heute äußern sich die LeserInnen via Social Media selbst und werden sichtbar. Heute wird über die rüpelnden Kommentare und deren Sichtbarkeit lamentiert. Die Skepsis vieler Milieus gegenüber bildungsaffinen Medien ist geblieben, wird aber jetzt – „Lügenpresse!!!1111einseinself“ – vielerorts greifbar. Neu ist damit die Wirkmächtigkeit des Boulevards in virtuellen Kanälen, ehemals getrennte Diskurse treffen via Social Media aufeinander.

Ist jetzt alles so viel furchtbarer und schlechter als ‚früher‘?

Nein. Die Phänomene sind nicht neu. Die Intensität ist neu und wir haben noch keine Wege des Umgangs und der Verarbeitung gefunden. Derzeit wird die Vernachlässigung des Bildungssystems geballt greifbar. Menschen müssen lernen mit technologischen Errungenschaften umzugehen, das passiert nicht von selbst. Jede neue Welle technologischer Entwicklung braucht eine Phase der gesellschaftlichen Adaption und des Dazulernens – etwas das Zeit und Aufwand braucht. Medienhistorisch betrachtet folgen auf Phasen einer Technologieeuphorie immer Phasen des Kulturpessimismus und der Schwarzmalerei. Wir werden unsere Schulen und Lehrpläne weiterentwickeln und Umgangsformen mit der Digitalisierung und virtueller Kommunikation entwickeln müssen. Unsere hierarchischen Bildungsinstitutionen werden sich über kurz oder lang so verändern müssen, dass die Entwicklung von individueller und kollektiver media literacy möglich wird.

P.S.: Übrigens gründe ich gerade mit anderen gemeinsam eine dementsprechende Schule: Die Innovationsschule LernArena. Seit kurzem gibts auch einen Beitrag von Okto zur Innovationsschule LernArena.

Kommentare (89)

  1. #1 anderer Michael
    Dezember 2, 2016

    Ähm
    wollen Sie das wirklich sagen?. Sie sind bildungsaffin. Deswegen sind Sie schlau und haben den Durchblick. Das gemeine Volk ist nicht bildungsaffin und nicht schlau.
    Bei allem Respekt , das nennt man Standesdünkel.

    • #2 Andrea Schaffar
      Dezember 2, 2016

      Gegen genau die 2 Pole, die Sie in Ihrem Kommentar aufspannen – da das gemeine Volk, dort die Gebildeten – und mir unterstellen, argumentiert der Blogbeitrag an.
      Insofern nein, genau das ist es nicht, was ich schreibe.

      Ich komme aus einer ganz und gar nicht bildungsaffinen Herkunft, insofern schreib ich gern gegen diese paternalistische Sichtweise von Menschen schon seit ein paar Jahren hier an. So einfach und schwarz/weiß sind die Dinge eben nicht.

  2. #3 Earonn
    Dezember 2, 2016

    Den ersten Punkt fand ich sehr interessant: ja, es gab schon immer unwahre Aussagen, auch in der Presse, aber man wusste, was man von den Blättern zu halten hatte. Oder halt eben nicht, und es stand aber doch in der BILD…

    Dem Teil mit dem Umgangston kann ich allerdings nicht zustimmen. Dass sich jetzt einfach nur die Diskussion vom Stammtisch ins Internet verlagert hätte und dadurch den Ton verändert hätte, mag ja vor 10 Jahren gestimmt haben, als auch Stammtischler anfingen, ins Internet zu gehen.
    Der Ton hat sich – meiner unmaßgeblich und arg gefühlten Meinung nach – in den letzten 2-3 Jahren extrem verschärft.
    Und übrigens auch in Bereichen, die von “Stammtischen” nicht abgedeckt werden, z.B. dem Kommentarbereich von Cracked.com, das sich eher an Schüler, Studenten und junge Erwachsene richtet.

    • #4 Andrea Schaffar
      Dezember 2, 2016

      Zum Tonfall: Ist für mich kein Widerspruch. Hat sich verlagert und ist heftiger geworden. Hängt aber imho auch damit zusammen, dass wir noch nicht wirklich fähig sind zur schriftlichen Kommunikation. Die funzt einfach anders als verbale, weil so viele – abschwächende – Faktoren dabei nicht vorhanden sind. Face 2 face würden Menschen nie so pöbeln, wie sie es schriftlich und virtuell tun, weil sie ihr Gegenüber ja sehen.

      Mich erinnert das immer an die Anfänge von Emails: Wir waren (noch) unfähig damit umzugehen. Hat darin geendet, dass sich Menschen bei Besprechungen stapelweise ausgedruckte Emails um die Ohren geworfen haben. War ein Lernprozess, dass das mit der internen Kommunikation so nicht funktioniert. Imho machen wir das im kollektiven Ganzen jetzt im Virtuellen durch. Gemeinsam lernen wie wir das handhaben und davor fliegen noch ordentlich die Fetzen. 😉

  3. #5 tomtoo
    Dezember 2, 2016

    Aber hier ist der Umgangston doch meist ganz zivilisiert oder ?

  4. #7 Ivana
    Wien
    Dezember 2, 2016

    Liebe Andrea,
    danke für deinen ausführlichen Beitrag. Er regt zum Reflektieren und Hinterfragen an – und genau das machen nur noch ganz wenige Menschen mit ihren Meinungen und Standpunkten.

    LG

  5. #8 tomtoo
    Dezember 2, 2016

    Ich finde das ist eine ganz spannende Analyse. In den “Foren” trifft sich halt jeder mit jedem. Und was ein Bildungsaffiner an Vokabular nutzt differiert oft mit der “normalen (ich)” Bevölkerung.

  6. #9 Christian
    Dezember 2, 2016

    Naja,

    den Boulevard-Medien die Faktizität en passent abzusprechen, ist ja nur eins: post-hirn.

    Oder exemplarisch für: post-faktisch

    Womit Sie Teil der ruhigzustellenden Problemgruppe wären.

    • #10 Andrea Schaffar
      Dezember 2, 2016

      “Auch da gab es immer schon mediale Formen, die ihren Schwerpunkt im Nicht-Faktischen hatten – Boulevardmedien, die Regenbogenpresse, usw. – […]” ist kein en passant absprechen.

      Ihre Formulierungen allerdings passen ja tatsächlich gut zum Thema…

  7. #11 Christian
    Dezember 2, 2016

    Hallo Earonn,

    es gibt Studien zur Zusammensetzung des sogenannten Stammtisches. Kurz und knapp: Der Dorfadel. Überdurchschnittlich gut gebildet, die Elite. Lehrer, Pfarrer, Bürgermeister.

    Wenn etablierte Medien das Wort Stammtisch deratig ausdauernd pejorativ verwenden, waren sie schon post-faktisch, Jahre und Jahrzente bevor dieses Wort überhaupt in den Diskurs gerotzt wurde.

    Problematisch am Wort selbst scheint mir seine Unschärfe. Es operiert mit Unterstellungen und Zuschreibungen, die mit Sicherheit der Überprüfung nicht standhalten. Wäre dies so, griffe man sofort zum Wort Lüge zurück. Weil diese jedoch nicht klar erkennbar sind, sondern die betreffenden Äußerungen einen Aspekt der Wahrheit transportieren, der von der Deutungshoheit aus ideologischen Motiven ausgeblendet wird, nutzt man hier wieder schwammige Begriffe, lädt sie pejorativ auf, diffamiert und tabuisiert den vermeintlichen politischen Gegner — der eigentlich Argumentationspartner sein sollte, um das Funktionieren der Demokratie aufrecht zu erhalten.

    Oder als Parole formuliert: Der Gutmensch ist der beste Feind der Demokratie.

    Das Wort post-faktisch in seiner Assoziation scheint mir daher qua Geburt und Elternschaft ebenso post-faktisch.

    Ein interessante Wendung, wie ich finde.

  8. #12 MX
    Dezember 2, 2016

    @ Ivana:

    regt zum Reflektieren und Hinterfragen an – und genau das machen nur noch ganz wenige Menschen mit ihren Meinungen

    Wenn Sie sich zum Reflektieren anregen lassen, fällt Ihnen vielleicht auf, dass Frau Schaffar die Situation ganz anders bewertet als Sie. Sie könnten dann sogar Ihre schlechte Meinung über andere Menschen hinterfragen.

  9. #13 Dr. Webbaer
    Dezember 2, 2016

    Liest sich gut, stellenweise auch recht lustig.
    Vermutlich ist niemand zu Zeiten des Internets schlechter informiert als zuvor.

    MFG
    Dr. Webbaer (der allerdings schon den Eindruck hat, dass insbes. bundesdeutsche Journalisten mittelmäßiger sind als früher)

  10. #14 Dr. Webbaer
    Dezember 2, 2016

    @ Earonn :

    Der Ton [im Internet, Ergänzung: Dr. Webbaer] hat sich – meiner unmaßgeblich und arg gefühlten Meinung nach – in den letzten 2-3 Jahren extrem verschärft.

    Opi Webbaer ist seit mehr als 35 Jahren im Bereich der netzwerkbasierten Kommunikation unterwegs und der ‘Ton’ hat sich natürlich nicht ‘verschärft’, allerdings allerdings halten viele im Web vglw. neu Hinzugekommene es schlicht oft nicht aus, wenn auch mal rauh und grob formuliert wird, Pussies halt.
    >:->

    Wer F2F-Kommunikation gewohnt ist, muss sich im Web, das eine bestimmte Medien- oder Kommunikationskompetenz fördert, die Webkompetenz (das Fachwort), stand ja so ähnlich auch im dankenswerterweise bereit gestellten WebLog-Artikel, neu gewöhnen.

    Dazu kommt die Schriftlichkeit, stand ja so ähnlich auch im dankenswerterweise bereit gestellten WebLog-Artikel, die wesentlich komplexer zu handhaben ist als die F2F-Kommunikation, die durch Gestik und Grimassenbildung (“Mimik”) unterstützt werden kann, wenn’s mal sprachlich, im Ausdruck, hapert.

    Viele Wirtschaftsunternehmen haben vor ca. 25 Jahren beginnend die Erfahrung gemacht, dass schriftliche Kommunikation eher zu Irritationen führt als die F2F-Kommmunikation oder das Telefongespräch.

    Alle müssen besser werden.

    HTH (“Hope this helps”)
    Dr. Webbaer

  11. #15 Dr. Webbaer
    Dezember 2, 2016

    BTW, mit das Beste, das der Schreiber dieser Zeilen hier je gelesen hat, Chapeau!, Applaus, Applaus

  12. #16 Volker Birk
    https://blog.fdik.org
    Dezember 2, 2016

    Nette Analyse – leider so subjektiv und sachlich derart undvollständig, dass das Ergebnis verfälscht wird.

    Ich empfehle, mindestens die folgenden Entwicklungen der letzten 20 Jahre mit zu beachten:

    1) Die wirtschaftliche Konzentration der Medienhäuser, die nun in Deutschland fast alle in der Hand von fünf Konzernen/Familien sind

    2) Die (im Wortsinne) Gleichschaltung (keine Anspielung auf die Nazi-Metapher) der Medien über Produkte wie beispielsweise das Redaktionssystem “Content-X” mit “integriertem Themenplaner” der dpa infocomm

    3) Das Einbinden der “Alpha-Journalisten” in die Machtzirkel, die sie eigentlich kritisch beleuchten sollen (siehe die bekannt gewordene Folge der Satire-Sendung “Die Anstalt”)

    4) Die Prekarisierung des Gros der Journalisten über die Auflösung ganzer Redaktionen sowie die massive Senkung der Zeilenhonorare bei gleichzeitiger vielfältiger Nutzung im Konzern

    Diese Punkte sind einige der wichtigen. Es gibt inzwischen einige Studien zum Thema, die ich der Blogautorin ans Herz legen möchte, beispielsweise

    https://www.halem-verlag.de/meinungsmacht-und-elite-journalismus/

    Untersucht man die Qualität journalistischer Arbeit, so sind die Ergebnisse inzwischen oft entsprechend – und das nicht nur in Deutschland, wie beispielsweise hier:

    https://swisspropaganda.files.wordpress.com/2016/06/nzz-propaganda-studie-2016s.pdf

    Interessant zum Thema ist auch dieses Interview mit (und das darin besprochene Buch von) der investigativen Journalistin Gaby Weber:

    https://www.nachdenkseiten.de/?p=28254

    • #17 Andrea Schaffar
      Dezember 2, 2016

      Ihre Punkte 1-4 sind andere Themen, sind ihnen – ungenommen – wichtig, aber waren nicht mein Fokus.

      Dass ein Blogpost eine subjektive Analyse ist, sei jetzt mal dahingestellt. Das ist mein Blog und nicht eine meiner sozialwissenschaftlichen Forschungsarbeiten. 😉

  13. #18 Dr. Webbaer
    Dezember 2, 2016

    Korrrektura:
    1.) sich geißeln
    2.) immigrants
    3.) Schwarz-Weiß-Malereri

    Stilistisch natürlich alles supi.

    • #19 Andrea Schaffar
      Dezember 5, 2016

      Thx. Ist geändert.
      Merci für die Rückmeldung. 🙂

  14. #20 Christian
    Dezember 2, 2016

    @Frau Schaffar

    [Boulevardmedien, die ihren Schwerpunkt im Nicht-Faktischen hatten]

    Das ist eine typische post-faktische Behauptung. Die Behauptung ist keine Aussage, nicht durch Fakten und wissenschaftlichen Konsens abgesichert.

    * 90-60-90 … Ein Fakt
    * Das Wetter von Morgen: 24 Grad Celcius … Fast ein Fakt, gebe ich zu. Aber darauf zielten Sie ja nicht ab
    * Promiklatsch … Faktenbasiert
    * Wiedergabe des politischen Geschehens … Überall, quer durch alle an dieser Stelle vergleichbaren Publikationen, ähnlichen subjektiven Verzerrungen unterworfen

    * 20% erfundene Geschichten … Bilden noch keinen Schwerpunkt auf dem Nichtfaktischen
    * Absichtliche Manipulation … 0 – % … unbelegbar, es sei denn, Sie finden Zeitzeugen, die “auspacken.”

    Sie müssen sich schon bei Springer durchs Bild-Archiv wühlen und Sätze kategorisieren, auszählen und ins Verhältnis, um Ihre Behauptung zu belegen.

    Ja. Das ist nicht nur ein Denkfehler, Ihr Hirn arbeit subsuperlativ. Zu wenig Schulsport, zu wenig Computerspiele mit Waffen, noch nie Schlagzeug zu spielen versucht, es gibt … Dinge, die Ihr Hirn auf Vordermann bringen und selbst dann ist nicht Schluss.

    Lesen Sie mal Jean Liedloff, Feldenkrais, Joachim Bauer.

    Suchen Sie sich mal einen esoterischen Körpertherapeuten und geben 750 Euro für ein 18h Seminar aus.

    Spinnen Sie den Faden weiter. Und träumen Sie sich eine große Zukunft. Wünschen Sich was, seien Sie dabei mindestens Agnostiker, besser Theist. Fixieren Sie eine bessere Welt. Wünschen Sie sich Weltfrieden zu Ihren Lebzeiten. Überraschen Sie Gott mit einerm originellen Gebet.

  15. #21 DH
    Dezember 2, 2016

    Einer der ganz wenigen Artikel , der sich sachlich (richtig) mit dem Thema beschäftigt.
    Es wäre sehr wünschenswert , wenn sich weniger Journalisten , Wissenschaftler und interessierte Laien fänden , die nicht herdenartig jeden Modebegriff aufnehmen , der von Teilen der Medien neu aufgelegt wird.

    “Filterblasen”

    Zustimmung , noch heute finden sich in manchen Dörfern Verhältnisse vor , wo selbst der Bewohner des Nachbardorfs als Fremder gilt , und wo sie blöd glotzend am Gartenzaun stehen , wenn mal ein Unbekannter durchs Dorf läuft.
    Wenn das keine Filterbubble ist….

    Die Selbstabschottung nimmt immer mehr ab , was es allerdings tatsächlich gibt , sind gewisse Rückschritte innerhalb der Gesamtentwicklung .

    Die Mentalität noch vor 10 Jahren war insgesamt offener , aber sie ist heute nicht so verbohrt wie in den von Manchen verherrlichten 50er-Jahren.
    Zwei Schritte vor , einer zurück.

  16. #22 Laie
    Dezember 3, 2016

    Vermutlich waren früher die Artikel von Medienleuten genauer aufbereitet und inhaltlich tiefer, oder auch besser motiviert weil höher bezahlt. Selbst beim seltenen Lesen in der Qualitätspresse fällt mir starke Oberflächlichkeit und im Vordergrund gerückte persönliche Befindlichkeiten des jeweiligen Leidartikelschreibers auf.

    Wahrscheinlich eine Rückwirkung von Web (x groesser gleich 4).0 auf den Autor (+innen) der (Qualitäts-)Presse ? 🙂

  17. #23 Dr. Webbaer
    Dezember 3, 2016

    @ Laie :

    ‘Leidartikel’, haha, ja diese Gefühligkeit (vs. Anstand) hat gerade bei bundesdeutschen Journalisten zuletzt stark zugenommen, erkennbar u.a. daran, wie schrecklich heutzutage Bericht und Meinungsbeitrag oft vermischt werden.

    Und idT, das Web müsste hier indirekt, auch weil die Zahlkunden, die Abnehmer einer Print-Leistung sukzessive verschwinden, mitursächlich, mitschuldig sein.

    MFG + schönes Wochenende allen,
    Dr. Webbaer (der insofern gerne auch WebLogs konsumiert, “da weiß man, was man hat”)

  18. #24 herbert
    Dezember 3, 2016

    @tomtoo #8 – aber man sieht an deinem Beispiel doch sehr ausdrücklich, dass sich auch “Normale” mit etwas Mühe in perfekte “Bildungsaffine” wandeln können!
    Deine ersten Kommentare auf SB waren (teils auch inhaltlich) ein Graus.
    Und auch wenn sich “jeder mit jedem trifft” kann man offensichtlich mit ein wenig Arbeit auf beiden Seiten sich durchaus in der Mitte treffen – du bist das beste Beispiel, dass es funktioniert!

  19. #25 lindita
    Dezember 3, 2016

    Hätte ich studiert, würde ich humanwissenschaftliche Richtung wählen, deshalb ist dieser Blog eins meiner Favoriten (so nebenbei gesagt).

    In der Tagesschau lese ich oft folgendes: “laut der “Bild” oder “Bild am Sonntag”…”

    Keine Ahnung was ich davon halten soll, denn laut meiner Wahrnemung sieht die öffentliche Meinung die “Bild” als miderwertig an, und “Tagesschau” zählt zu den “ernsteren” Teilen des Journalismus.

    Und noch eins. Ich bin mehrsprachig unterwegs deshalb auch mehrsichtig was Medien angeht. Allein Euronews sagt auf französisch nicht dasselbe wie auf deutsch, ganz zu schweigen die deutsche Wahrnehmung über andere Länder, wo ich dann eine Konsequenz aus deutschintellektuellreflektorischer Sicht erwarte und es passiert etwas ganz anderes sogar richtig Erstaunliches, so dermassen daneben kann eine Elite liegen (und ich meine jetz nicht Trump und Brexit, ich meine scheinbar “unwichtige” Dinge (bei so Aussagen nebenbei eingeworfen blinken bei mir Lichter im Kopf und die vergesse ich nicht mehr), die keiner Nachprüfen wird, weil sie nicht im medialen Fokus stehen, aber darauf basiert die Vorurteilbildung habe ich gemerkt).

    Solange keiner auf sich selbst von aussen guckt, da kann er noch so hohe Bildung haben, er wird sie nicht nutzen können.

    Früher hatte ich so etwas wie Ehrfurcht vor Eliten allgemein, dachte wirklich sie sehen und wüssten alles besser, aber mittlerweile glaube ich, es gibt genauso dumme Menschen mit Bildung. Und es entsteht eine seltsame Konstellation: ich als “ungebildete” bin auf mich selbst zurückgeworfen, auf mein eigenes Urteislvermögen und ich urteile über die Elite.

    Dank Internet bzw Schichtenüberschneidungen, die dort stattfinden, sehe ich, dass auch ein “Professor Doktor” nur ein Mensch ist mit einem Gehirn wie meinem und nicht immer recht haben muss, vor allem wenn er selbst nicht merkt, dass er ein Gehirn hat welches auch zu kognitiven Verzerrungen tendiert und von Memen, Vorurteilen, Filterblasen udg nicht verschont ist.

    Der Umgangston stört mich herzlichst wenig, da können richtig hart die Fetzen fliegen oder Küsschen verteilt werden. .. was mich stört ist, wenn einer dem anderen seine Meinung verbieten will, auch wenn sie offensichtlich “doof” ist oder für andere schwer zu verstehen. Ich habe kein vollständiges Bild von der Welt, wenn ich nicht weiss in welchem Masse, welches Denken vorhanden ist. Ich könnte heute nicht mehr einfach eine Zeitung lesen, Kommentarfunktion ist mir sehr wichtig, nicht, damit ich mein Kommentar abgeben kann, sondern die Meinungen vieler anderer.

    • #26 Andrea Schaffar
      Dezember 5, 2016

      Hätte ich studiert, würde ich humanwissenschaftliche Richtung wählen, deshalb ist dieser Blog eins meiner Favoriten (so nebenbei gesagt).

      Danke 🙂

  20. #27 Volker Birk
    https://blog.fdik.org
    Dezember 3, 2016

    @Andrea Schaffar: so wie ich Ihren Text verstehe (ich zitiere mal exemplarisch: “Ein recht elitärer Gesellschaftsbereich, der Journalismus, entscheidet also darüber was und über wen berichtet wird. Dementsprechend wird und wurde ausgewählt. Und dementsprechende Inhalte landeten auch in den medialen Formaten.”), scheinen sie der Ansicht zu sein, Medien werden nur anders wahrgenommen, hätten sich selbst aber inhaltlich nicht verändert.

    Deshalb habe ich entgegen gehalten, dass der Vertrauensverlust, den die Medien erfahren, sehr wohl mit darin begründet liegt, dass sich die Medien substantiell verändert haben: sie sind qualitativ schlechter geworden.

    Insofern liegt die Unzufriedenheit mit den Medien eben nicht nur an den Konsumenten, sondern vor allem erst einmal an den Medienschaffenden selbst. Die Probleme liegen eben nicht nur daran, dass der Stammtisch durchs Webforum ersetzt wird, und das Gemeckere jetzt sichtbar wird.

    Nein, das Gros der Journalisten hat gar keine privilegierte Position mehr, wie sie sie beschreiben. Sondern nur noch eine kleine Minderheit der Journalisten hat sie, eine – bisher ungekannte – Machtkonzentration im Journalismus. Dieselbe geht einher mit der Konzentration der Medienhäuser selbst.

    Die Folgen davon sind vielfältig. Der Journalismus verliert so nicht nur seine Vielfalt, sondern auch sehr viel von seiner Deutungsmacht. Die Nachrichten werden konzentriert und einseitig, aber viele glauben sie nicht mehr. Wie sie richtig konstatieren, fehlt aber gleichzeitig die Bildung in weiten Teilen der Konsumenten. Das öffnet Verführern Tür und Tor.

    • #28 Andrea Schaffar
      Dezember 4, 2016

      scheinen sie der Ansicht zu sein, Medien werden nur anders wahrgenommen, hätten sich selbst aber inhaltlich nicht verändert

      Nein. Glauben Sie wirklich eine Kommunikationswissenschafterin würde so etwas glauben? 😉
      Dazu hab ich mit einem Kollegen schon vor ein paar Jahren etwas geschrieben: Verschlafener Wandel – Medien und das digitale Jammertal 😉

  21. #29 Dr. Webbaer
    Dezember 3, 2016

    @ lindita :

    +1

    Das mit der behaupteten Postfaktizität müsste eine modische Variante sein, um anderen mitzuteilen, dass sie nicht gut gefunden werden, gar doof.

    Ähnlich müsste es sich mit diesem Populismus-Vorhalt verhalten, das Antonym zu dem Populismus ist der Elitismus.

    MFG
    Dr. Webbaer

  22. #30 Dr. Webbaer
    Dezember 3, 2016

    @ Herr Birk :

    Zustimmung zu Ihrer Analyse, am Rande notiert: Bereits die Nachrichtenagenturen [1] verbreiten heutzutage als Bericht getarnten Kommentar.

    Insofern findet, dank Web, eine Demokratisierung des Journalismus statt, der Journalismus oder das Tagesschreibertum meint ja auch keine geschützte Berufsbezeichnung; der Abnehmer medialer Leistung ist nun gefordert Nachricht und Kommentar besonders einzuordnen – wenn den Leserbriefen in bekannten Medien, in Standardmedien, getraut werden darf (Dr. W kommentiert dort nie, nimmt aber gerne mal nach Leserzustimmung absteigend sortierte Leserbriefe zur Kenntnis), gelingt diese den dortigen Lesern zunehmend besser.

    MFG
    Dr. Webbaer (der stets ein Freund von WebLogs blieb)

    [1]
    kA, welche Besitzverhältnisse und Interessen dort genau vorliegen

  23. #31 Kassandra
    Dezember 3, 2016

    Die meisten jungen Menschen können Fakten und Fake-News nicht unterscheiden.

    Es wäre schon mal ein Anfang, wenn die Medien selbst das noch könnten, aber ich habe den Eindruck, viele Texte werden vorgefertigt von Nachrichtenagenturen oder aus Pressemitteilungen dieser oder jener Institution übernommen und allenfalls nochmal sprachlich überarbeitet, ohne die Fakten auch noch einmal zu prüfen. Ich suche schon seit über zehn Jahren immer, wenn mich ein Medienbericht interessiert, nach der Originalquelle, weil man sich auf die Richtigkeit auch im Spiegel oder in der ZEIT schon damals nicht mehr verlassen konnte. Vielleicht konnte man das auch in Wirklichkeit überhaupt noch nie und hat es einfach nicht gemerkt, weil es in Offline-Zeiten viel zu aufwendig gewesen wäre, es zu überprüfen.

    • #32 Andrea Schaffar
      Dezember 4, 2016

      Journalismus hat sich stark verändert. Für mich war das vor 15 Jahren mit ein Grund in die Wissenschaft zu gehen und nicht den naheliegenden Weg in den Journalismus zu wählen, wie viele meiner StudienkollegInnen. Agenturmeldungen umschreiben, war nicht mein Berufsziel. 😉

  24. #33 Chris
    Dezember 4, 2016

    Früher ausserhalb des Internets wurde auch gepöbelt. Korrekt. Aber heute ist das eine neue Qualität. Es muß also zwischendurch etwas passiert sein, wodurch “noch mehr” Menschen keine Scham haben, freiweg zu pöbeln. Darauf weisst auch die Tatsache hin, das die Pöbellei erst in den jüngst vergangenen Jahren auftrat und vorher soim Internet in dieser Quantität nicht stattfand.
    Mann kann das alles zwar mit einer “Kneipenkultur” vergleichen, aber die Unnachgiebigkeit hat sich verstärkt.

    Ich meine daher, die Leute haben, irgendwann zwischen 2011 und bis das anfing, einen Hirnschaden in ihrer “Kontrollinstanz” erlitten. Ohne diese Instanz, die uns nachhaltig von Schnellschüssen abhält, plautzt das eben alles nur so raus. Anders wäre das beinahe gar nicht zu erklären. Sollte das so sein, müsste man dieses “kollektive” Ereignis wohl mal sehr genau erforschen – vor allem die Ursache dessen. Wie kann es sein, dass eine nicht kleine Gruppe Menschen weltweit eine so drastische und schnelle Veränderung in ihren Gehirnen erlitten?

    • #34 Andrea Schaffar
      Dezember 4, 2016

      Wie ich eh geschrieben hab, die neue Qualität lässt sich auch aus dem Schriftlichen erklären. Geschriebenes polarisiert immer stärker, weil Diskurs in dieser Form viel schwieriger ist als face2face – es fehlt einfach das direkte Gegenüber und damit ist Konfrontation viel niederschwelliger.

  25. #35 Robert
    Dezember 4, 2016

    Lindita, Webbär,Birk u.a.

    Ich teile Ihre Meinung zum Rückgang von Medienkultur. So etwas wie einen Ehrenkodex gibt es nicht mehr. Wir haben hier in Stuttgart, den Fall Stuttgart 21. Da hat die hier maßgebliche Zeitung ganz offen Partei für das Projekt bezogen. Versteckt durch die Auswahl an Leserbriefen oder durch offene Stimmungsmache für das Projekt. Jetzt geben selbst die Fachleute der Bahn zu, dass sie allzu sorglos geplant und die Risiken heruntergespielt haben.
    Jetzt kämpft diese Zeitung um das Überleben, weil die Gegner von Stuttgart 21, und das sind etwa 50 %, ihre Abonnements gekündigt haben.
    Journalismus sollte eigentlich neutral bleiben.
    Bei den Blogs ist das nicht anders. Die sind oft tendenziös und die Blogteilnehmer schwimmen im Mainstream mit, weil es einfacher ist zu applaudieren als zu widersprechen.

  26. #36 Matthias
    Eschwege
    Dezember 4, 2016

    Da sich Filterblasen auch durch Charaktereigenschaften generieren, lassen sich diese sehr gezielt bedienen.

    https://www.dasmagazin.ch/2016/12/03/ich-habe-nur-gezeigt-dass-es-die-bombe-gibt/

  27. #37 Dr. Webbaer
    Dezember 4, 2016

    Journalismus sollte eigentlich neutral bleiben.

    J. sollte unbedingt zwischen Bericht und Kommentar ordentlich trennen, die meisten (Standard-)Medien haben eine pol. Ausrichtung, dies ist kein Problem, wenn sie sich in der Auswahl von Nachricht zeigt.
    Manipuliert, pädagogisiert werden sollte der Leser nicht.
    (Geschieht aber zunehmend und wird noch so manches Standard- oder “Qualitäts”-Medium dahinraffen.)

    Bei WebLogs verhält es sich anders, dort darf alles vermischt werden, dort fällt es, wenn die Autorenschaft bekannt ist, was meist der Fall ist, aber auch für den Leser leicht einzuordnen (und sich bedarfsweise ganz schnell auszuklinken).

    MFG
    Dr. Webbaer

  28. #38 Robert
    Dezember 4, 2016

    Dr. Webbaer,
    die Trennung von Bericht und Kommentar ist ein Problem, die Auswahl an Berichten ein anderes. Ich hatte mir sogar einen Kurzwellenempfänger angeschafft um an Nachrichten und Neuigkeiten in anderen Ländern zu kommen. Und tatsächlich wurden und werden dort andere Themen behandelt, über die die hiesige Presse nichts berichten kann, weil schon eine Vorauswahl vorgenommen wurde.
    Am krassesten ist es in Irland. In der dortigen Presse stehen an erster Stelle die lokalen Ereignisse, dann folgen die Geschehnisse in den USA, und dann noch ein wenig Kontinentaleuropa.

  29. […] SocioKommunikativ (Scienceblogs.de): Postfaktische Filterblasen: Really? […]

  30. #40 Chris
    Dezember 4, 2016

    @ Andrea Schaffar #32
    Dezember 4, 2016

    Wenn ich meine Beobachtung an mir resumiere, habe ich damals kaum affektiv auf Inhalte im Netz reagiert, sondern nur Vernommen.
    Heute bin ich ähnlich schamlos, wie die, worüber man sich jetzt beschwehrt.
    Und parallel dazu hat sich in meinem kopd einiges verändert. Ich nehme an, dass inzwischen bei mir der Frontallappen keinerlei Funktion mehr hat. Jahrelange Kopfschmerzen beglitten die Veränderung.

    Ich kenne die Tatsache, dass man sich in der Gegenüberstellung anders verhält, als beim Fernmündlichen Gespräch. Allerdings ist das bei mir auch nicht mehr so, dass ich besonders rücksichtsvoll zu meinem Gegenüber bin.

    Ich würde die Sache mit der Neurodegeneration nicht einfach so verwerfen, nur weil man eine andere Erklärung hat, die richtig und plausibel klingt, die aber nicht einmal bewiesen ist.
    Was wäre denn, wenn die Leute alle einen Hirnschaden haben? Würden sie sich wenigstens fragen, wie das sein kann? Oder ist ihnen das Thema zu unangenehm, weswegen sie lieber andere Erklärungen fsvorisieren?

  31. #41 DH
    Dezember 4, 2016

    Wir erleben heute an vielen Stellen eine Wiederkehr der Vorgänge der 30er-Jahre , auch in der Polarisierung.
    Gegen die damalige Polarisierung , die in Straßenschlachten und Toten mündete , ist die heutige ein Kaffeekränzchen.

  32. #42 Struppi
    Dezember 5, 2016

    Passend zum Thema gibt es einen längeren Artikel im Schweizer “Das Magazin”
    https://www.dasmagazin.ch/2016/12/03/ich-habe-nur-gezeigt-dass-es-die-bombe-gibt/ (aktuell scheint das Thema viele zu interessieren, die Seite ist kaum aufrufbar)

    Dort wird das, was du schreibst, noch mal verschärft, durch die Methodik, die dort dargelegt wird. Mit Hilfe von “big Data” und den sozialen Medien kann tatsächlich ein viel größerer Einfluss ausgeübt werden, als es bisher möglich war.

    Also nicht die Filterblasen an sich sind das Problem, sondern das diese umgekehrt zur Manipulation eingesetzt werden können, wenn diese in dem Maße auf ihre soziale Strukturen aufgedröselt werden können, wie es dank FB und Co. heute möglich ist. Dadurch sind extrem zielgerichtete Kampagnen möglich.

    Und das Schlimme an dieser Entwicklung ist, dass sich die wenigsten Menschen dieser Manipulation bewußt sind. Stattdessen wird sich ungefiltert, ungeprüft über jede Kleinigkeit maßlos echauffiert und ausgekotzt. Jede Filterblase ist für sich die Wichtigste und jede “Nachricht” die dort hinein passt, wird als die endgültige und vor allem für alle gültige Wahrheit aufgefaßt. Es gibt keinerlei Diskurs im klassichen Sinne mehr.

    Aber kaum jemand, der Online sehr aktiv ist kann oder will sich dem entziehen, denn man fühlt sich ja als Teil eines wichtigen Meinungsgebenden Medium. Plötzlich ist der Stammtisch Teil einer Millionenfach verstärkten Portals geworden.

    Die kleine Hoffnung ist, es gibt nicht wenige Menschen, die nicht Online aktiv sind und die Tatsächlich eine völlig andere Wahrnehmung der “Welt” (i.d.R. von politischen Entwicklungen) haben, als das was Online postuliert wird. Es werden aber immer weniger.

  33. #44 Chris
    Dezember 5, 2016

    @ Andrea Schaffar #32
    Dezember 4, 2016

    Ich erwähne es nochmal:

    Ich kenne ihre Erklärung für die Schamlosigkeit der Kommunikation im Internet. Ich habe sie selbst an mir beobachtet, aber ich habe an mir auch den Krankheitsprozess mit seinen Veränderungen beobachtet, der parallel dazu ablief.

    Wenn sie selbst an ihnen bemerken, wie sie auf das direkte Gegenüberstehen reagieren, dann heisst das ja nicht, dass alle Menschen solcherart “Normalverhalten” an den Tag legen. Ihre Erfahrung an sich selbst und Beobachtung an anderen Menschen in allen Ehren, aber im Zweifel befinden sie sich in einer Blase einer elitären Subjektivität, die ihnen den Zugang zu den pöbelnden Menschen gar nicht ermöglich und falsche Vorstellungen von denen aufzeigt. Meint: Diese Menschen könnten möglicherweise gar nicht vergleichbar sein (Menschen an einer Universität und die Dunkeldeutschen), weil sie durch Veränderungen an ihren Gehirnen vollkommen andere Vorraussetzungen haben, die ihnen eben nicht die Eigenschaften geben, sich in einer echten Gegenüberstellung so zu verhalten, wie sie es an ihnen selbst beobachten.

    • #45 Andrea Schaffar
      Dezember 5, 2016

      ?
      Was genau möchten Sie sagen? Dass Beoabachtungen gesellschaftlicher Entwicklungen nicht möglich sind? Dass Menschen nur sich selbst beobachten können?

  34. #46 Chris
    Dezember 5, 2016

    D.h, diese Menschen würden sie auch frei weg anpöbeln, wenn sie vor ihnen stehen. Weil sie keine funktionsfähige “Kontrollinstanz” mehr besitzen.
    Diesen möglichenUmstand muß man mal hinterfragen. Ausserdem sei zu hinterfragen, was es sonst noch für Folgen hat, dass ihnen ein Teil ihres Gehirnes offenbar flöten ging. Und es wäre zu hinterfragen, wieso man das wahrscheinlich derzeit nicht messen kann – in der standartausgerüsteten Klinik.

    Naja, dann wäre noch zu fragen, wem es nützt, das diese Menschen offenbar von Sinnen sind.

    Und ich glaube nicht, dass “Big-Data” der Faktor war, dass die (Rechts)Populisten solchen Stimmenzuwachs bekamen. Ich würde sagen, es war ein Selbstläufer und der soll nun mit Big-Data erklärt werden, damit dieser seltsame Wandel nicht anders erklärt wird – schon gar nicht mit der Wahrheit – mit der echten Ursache!?

    Das Internet war sicherlich sehr nützlich, um die ganzen verwirrten einzusammeln und zu Kanalisieren. Und da spielt auch Big-Data eine Rolle, um die Sache effektiver zu organisieren. Aber den Ausschlag zum Populismusruck geben? Nein. So einfach sind Menschen dann doch nicht an der Nase herum zu führen. Vorrausgesetzt, sie sind gesund und hinreichend gebildet – also nicht verwirrt – etwa durch einen Hirnschaden.

  35. #47 Chris
    Dezember 5, 2016

    @ Andrea Schaffar #42
    Dezember 5, 2016

    Was ich sagen möchte?

    Sorry, können sie lesen? Warum nicht? Wollen sie nicht? Schreib ich Chinesisch?

    Ich weise darauf hin, dass ihre eigene Beobachtung an ihnen selbst nicht repräsentativ für alle Menschen sein muß. Einverstanden mit dieser Weißheit?
    Das also Menschen vollkommen andere Vorraussetzungen (hier Organische) haben können, die man an gewissen Verhaltensweisen erkennen kann. Falls man hinreichendes Wissen besitzt.

    • #48 Andrea Schaffar
      Dezember 5, 2016

      Warum glauben Sie mir so eine Binsenweisheit erklären zu müssen? Bzw. lesen Sie was ich hier im Blog so schreibe? ich bin Sozialwissenschafterin. Mein Job besteht darin unterschiedliche soziale Perspektiven – individuelle aber auch kollektive – zu rekonstruieren und zu interpretieren. Zu dem Job gehört ebenfalls, wie ich ja schon des öfteren im Blog ausgeführt habe, dies von der eigenen Position abstrahieren zu können. Interpretative Sozialforschung funktioniert noch mit einem hohen Grad an Reflexionsvermögen, da Forschungsgegenstand und -instrument (=Mensch) deckungsgleich sind.

      Deshalb frage ich: Was wollen Sie mir Ihren Aussagen mitteilen?

      • #49 Chris
        Dezember 5, 2016

        @ Andrea Schaffar #47
        Dezember 5, 2016

        Fühlen sie sich bitte nicht von mir an ihrer Berufsehre angegriffen. Oder umgekehrt: versuchen sie bitte nicht ihre eigene Unaufmerksamkeit zu relativieren. Auch Sozialwissenschaftler müssen Interdisziplinär arbeiten und Einflüsse anderer Disziplinen in ihre Auswertungen einbeziehen.

        Ich will ihnen mitteilen, dass die Leute möglicherweise aus irgendwelchen Gründen einen Hirnschaden haben. Die Gründe könnten sein, dass sie vergiftet wurden – mit Nervengift, sodass ihr Gehirn degenerierte. Warum? Ich könnte Szenarien darlegen. Aber dazu haben sie wahrscheinlich plötzlich keine Zeit mehr.
        Jedenfalls gibt es zu jedem/r Ereignis/Begebenheit – wenn sie vorsätzlichem herbeigeführt wurde – den Hinweis auf die Ursaache in der Frage: Qui bono?

        Und derzeit scheint der Nutzen zu sein, das man mit der “Alternativlosstrategie” in der Politik endlich aufhören könnte. Oder anders: Im Volk existierte das totale Chaos und Unregierbarkeit. Und sowas “bekämpft” man mit der Strategie “Teile und Herrsche”.
        Hierbei hat der Tschernobyl-Unfall einen Einfluß durch den Fallout. Schwere Elemente beeinflussen unser Gehirn und seine Funktionen – nur das weiß keiner. Warum bloß?
        Sie mögen jetzt sagen können, das sei nicht ihre Baustelle (Fachgebiet). Aber so einfach ist das nicht. Sie brauchen zu ihren Erklärungen natürlich die Grundlage des Beobachteten, damit ihre Erklärungen dadurch klarer gestellt werden, indem die Erkenntnis mitgeteilt wird, das sie in einer bestimmten Situation und unter bestimmten Bedingungen auftreten. Und die Bedingung heisst nicht einfach nur: “Dunkeldeutsche” oder Pöbler oder Ungebildete.

  36. #50 Dr. Webbaer
    Dezember 5, 2016

    @ DH :

    Wir erleben heute an vielen Stellen eine Wiederkehr der Vorgänge der 30er-Jahre , auch in der Polarisierung.

    Na! – Hier genügt bereits der Blick auf die Wendezeit 1989, in der fleißig ‘polarisiert’ worden ist, ‘Polarisierung’ ist ja auch nicht per se schlecht.
    Am Rande angefragt:
    Warum genau findet heutzutage I.E. wieder ‘Polarisierung’ [1] statt, könnte diese bes. Ursachen haben, halten Sie es für angemessen Ross und Reiter zu nennen?

    MFG
    Dr. Webbaer

    [1]
    Hint:
    In bestimmten aufklärerischen Gesellschaftssystemen findet sie nicht statt.

    • #51 Chris
      Dezember 5, 2016

      Zitat:

      In bestimmten aufklärerischen Gesellschaftssystemen findet sie nicht statt. [Polarisierung]

      -> Interessant. Also weil sie (die Polarisierung) auch hier statfindet, muß angenommen werden, das wir derzeit keine “aufgeklärte” Gesellschaft sind. (oder in keinen solchem “Gesellschaftssystem” leben).

      Soweit ich weiß, ist man hiesig um die Aufgeklärtheit der Gesellschaft überzeugt. Was also ist schief gelaufen?

      Die Frage nach “Ross und Reiter” oder genauer hier: die Angemessenheit der Frage danach…. spricht natürlich Bände über gewisse Voreinstellungen – Herr Webbär. Tendieren sie eher zum Verschweigen? Aus Angst vielleicht… vor der Wahrheit? Ok, gerade sie mögen bestimmt nicht gerne zur “Petze” werden. Versteh ich schon.

      Polarisierung ist nicht per se schlecht?

      Sie alter Ideologe …sie.

  37. #52 Stephanie
    Hamburg
    Dezember 5, 2016

    @Chris
    Interessante Argumentationskette.

    Wie schützen sich die Leute, die von diesen Vorgängen profitieren, vor den Gehirnschäden?
    Weil ich würde mich gerne schon schützen.

    • #53 Chris
      Dezember 7, 2016

      Entweder in dem sie vorzügliche Christen sind. Oder dadurch, dass sie nie (überdosig) vergiftet wurden. Darüber bin ich mir nicht sicher.
      Es kann auch eine deutliche Verhaltensbedingung geben, die verhindert, dass einem das Gehirn durchbrennt. Alles jedenfalls hat deutlichen Einfluß auf das Leben und dabei intedierte Freiheit.

      Die These mit dem Hirnschaden ist übrigens auch in feministischer Szene durchaus bekannt. Und wenn sie gerade anders nicht weiterargumentieren können, schwenken die Feministen auch mal um auf diesen Mangel – was eher niederträchtig wirkt und natürlich auch so gemeint ist.
      Jedoch, warum das Christensein einen Einfluß darauf haben könnte, ergibt sich aus der in der Theologie enthaltenen Tatsache, dass wir als Christen alle Kinder Gottes sind. Und Anthropolisch gesehen ist der Gehirnteil hinter der Stirn von der Natur schlicht ausschliesslich zur Brutpflege gedacht. Also ist des Christenmenschen wichtigstel Ziel eben diese Gehirnstruktur möglichst lange Funktional zu erhalten. Also möglichst lange “Kind” zu bleiben.
      Auch ist unsere Liebesempfindung direkt mit dieser Hirnstruktur verbunden, ohne die wir keine Gefühle empfinden können. Und da Gefühle ein wichtiger Teil nicht nur des Christentums sind, sondern auch des modernen atheistischen Menschen und seiner Kultur, muß man davon ausgehen, dass daran ein wesendlicher Vorteil besteht, den Hirnteil zu erhalten.
      Ein Nachteil sei, dass schon die “Liebe” Unterwerfung erzwingt, sont Liebe gar nicht möglich ist. Liebe also ist gleichbedeutend mit Unterwerfung. Und zwar ganz im Sinne des christlichen Spruches “Liebe deinen Nächsten” Unterwerfung unter nahezu alles, was in der Welt so Sache ist und existiert. Nur so ist auch überhaupt nur ein friedliches Zusammenleben in der modernen Enge möglich (Lebensraumfrage).
      Angesichts der “Liebe” wissen wir aber auch, dass extreme Ausprägungen und Intensitäten pathologisch sind und übers Ziel hinausschiessen und mehr Schaden, als nutzen. Die Frage ist nur, ob man da von Rechtswegen auch eingreifen darf, weil auch nur Medikamentöse Wirkstoffe, geschweige denn Nervengifte, das Gesamtkonstrukt der gewachsenen Persönlichkeit zerstören und das Subjekt ganz sicher lebensunfähig machen.
      Eine andere These ist, dass im Frontallappen unsere von uns selbst erarbeitete und errungene Persönlichkeit gespeichert ist. Ohne diese sind wir “nur” gerade noch Mensch – und diese Informationen im Hirnteil uns in die Lage versetzen, Widerstand gegen äußere Einflüsse leisten zu können, ohne diesen Gehirnteil wir tatsächlich ein Blatt im Wind sind, das uns in alle Richtungen wehen kann – wir dann absolut keine eigenen von uns selbst konstruierte feste Weltsicht mehr haben. Dazu sind Erfahrungen nötig, die im entsprechendem Gehirnteil gespeichert sind, die, wenn sie weggebrannt sind, uns als eine Art Zombie zurück lassen. Als willenloses Wesen, dass mehr Instinkt-, als Verstandesgeleitet durch die Welt wandelt.
      All das kann man ohne große Probleme auf Menschen anwenden, die sozusagen “postfaktisch” auf Populismus und Nonsenswahlversorechen reinfallen. Oder bezüglich der AFD auf Wahlprogramme, die im Hintergrund (hinter den groben populistischen Augenfängern) haufenweise eindeutig neoliberalistische Zielsetzungen bereithalten. Doch das schreckt den “Zombie” nicht ab, weil der gar nicht mehr hinreichend darüber reflektieren kann – wenn er denn überhaupt tiefer in die Wahlprogramm-Angelegenheit eindringt. Der Populismus reicht denen völlig aus zur Rechtfertigung ihrer Entscheidung.

      Diese “Zombies” haben eine lange Geschichte in der Historie der Christlichen Kultur. Wer genau hinsieht, stellt fest, dass es zum Beispiel Berichte/Überlieferungen/Mythen gibt, die von seltsamen menschlichen Wesen spricht, die zwischen den Jahreszeiten (um die Weihnachtszeit) seltsam verwirrt und berauscht durch die dunklen Wälder irren. Dazu muß man wissen, dass, wenn zu Weihnachten die Christen sich “weihnachtlich” seelig in die Feststimmung zurückziehen und an Heilig-Abend zur Messe begeben, sich im heiligen Geist (der da Gott schlechthin darstellt) etwas deutlich verändert, was auf die “Hirnlosen” Menschen eine extreme Wirkung hat. Und diese dann deswegen …heute würde man sagen: “psychotisch” werden. Ich habe es erlebt. Auf Populismus reinfallen ist hier als eine Vorstufe des Psychotischen zu begreifen, die durch eine gewisse Latenz schwehlend in den Menschen Verwirrung stiftet.

      Man kann auch ohne Probleme sagen, dass viele islamsische “Gotteskrieger” am selben Symptom leiden und daher eben nicht ganz falsch liegen, wenn sie meinen, sie seien “Gotteskrieger”. Der Unterschied zwischen Pegidisten und Gotteskrieger ist mindestens die Ideologie, die sie trennt. Pegidisten könnten ebensogut auch Ideologien vertreten, wie es Evangelikale in den USA tun oder eben auch islamische Koranweißheiten.

      Nochmal zur Frage, was wir tun können, um Degeneration zu verhindern:

      Politisch Druck machen, damit man nicht versucht uns Menschen zu vergiften, um dadurch “Schwärme” zu konstruieren, um dadurch Machtstrukturen zu erzeugen und politische Zielsetzngen durchsetzen zu können. Etwa derzeit; was schief gegangen ist; gegen Russland oder gegen den Islam. Aller Krieg wird in diesem Sinne (Schwarmbildung und Steuerung) heute um so mehr und effektiver über unsere Köpfe geführt und keiner braucht mehr als Soldat mit Waffe dorthin gehen, um Machtanspruch durchzusetzen.
      Un djene, die ihre Hirnfunktionen verlieren, haben entweder in diesem “Gotteskrieg” verloren oder sind wegen Zweifel an ihrer “Loyalität” (etwa zum Westen oder Christentum) zwangsdegeneriert worden.

      Das Chaos, das wir heute haben, ist noch ein Erbe aus der Zeit des Kalten Krieges – weil jetzt die Generation, die damals noch Kind war, heute erwachsen ist und wegen dem Chaos in der Schwarmbildung Probleme macht.
      Das weißt auch darauf hin, dass die “Kirche” heute gar nicht mehr Hauptakteur im Gotteskrieg ist, sondern nur noch die Hightech-Industriestaaten mit den Möglichkeiten der neuronalen Manipulation die erfolgreichen Hauptakteure sind. Sprich: deren Geheimdienste organisieren und manipulieren die Schwärme.

      Wenn wir also ein menschenwürdiges Leben wünschen, müssen wir darauf bestehen, dass diese neuronale Manipulation aufhört, weil sie uns in eine Realität zwingt, die wir aus eigener Kraft und Willen nie erreichen würden. Was darauf hinausläuft, dass wir keinerlei echte Entwicklung durchlaufen, die ausschliesslich auf unserer eigenen Fähigkeiten und Eigenschaften und natürlichen Bedingungen beruhen – sondern aufgrund der zwangsweisen Schwarmbildung ständig in unserer natürlichen Entwicklung gestört und manipuliert werden.

      Solchen Menschen kann man nicht mit Argumenten, also mit Fakten, beikommen. Es muß eine Strategie/Methode gefunden werden, wie man es denn anders hinbekommt, dass sie wieder regional kooperativ um ein Zusammenleben streiten, als um wirre Gottesdeutungen, die ihnen irgendwie durch” “Gott” eingehaucht werden, was auch erheblichen Einfluß auf unsere Gesundheit hat. So sind alle üblichen Zivilisationskrankheiten solchen Manipulationen geschuldet. Und die Agenda 2010 mit ihrer Anpassung der Systeme auf die erfordernisse des erwarteten Problems wurde genau deswegen in die Welt gesetzt.

  38. #54 anderer Michael
    Dezember 5, 2016

    Frau Schaffar
    Ich glaub, ich hätt Sie a bisl verärgert. Ich wollte nichts unterstellen und habe zu salopp kommentiert (Kommentar 1). Deswegen,Entschuldigung.

  39. #55 DH
    Dezember 5, 2016

    “Polarisierung ist nicht per se schlecht.”

    Das ist gar nicht so falsch , sie ist vermutlich der Vorhof starker Veränderungsschübe , in die ein oder andere Richtung.
    Oder genauer: In die fortschrittliche Richtung , immer. Es kann aber zu zeitlich begrenzten , aber sehr schlimmen Rückschritten kommen , die in Extremfällen in den Massenmord führen können.

  40. #56 Chris
    Dezember 6, 2016

    @ DH #53
    Dezember 5, 2016

    Ihr Fortschrittskompas kennt wohl nur eine Richtung? Fortschritt – immer!

    Ok, “Testpolarisierung”:
    Währe es fortschrittlich, wenn man im Grundgesetz die Wahlberechtigung ändert? Und zwar so, das nur Familien mit Kindern ein “reguläres” Wahlrecht bekommen (und der Rest darf sich über Interessenvertretungen “Gehör” verschaffen – deren Stimmen anders in Wahlen eingehen – sozusagen eine Art Zweitstimme, weil zweitrangig)?

  41. #57 Kassandra
    Dezember 6, 2016

    @Andrea Schaffar:

    Journalismus hat sich stark verändert. Für mich war das vor 15 Jahren mit ein Grund in die Wissenschaft zu gehen und nicht den naheliegenden Weg in den Journalismus zu wählen, wie viele meiner StudienkollegInnen. Agenturmeldungen umschreiben, war nicht mein Berufsziel.

    Diese Veränderung führte aber natürlich auch dazu, dass der Vergleich Fakten vs. Fake-News fragwürdig wird. Es geht doch in Wirklichkeit um zwei verschiedene Arten von Fake News, auch wenn ich es den meisten Journalisten glaube, dass ihnen das wirklich nicht bewusst ist und dass sie ihre Arbeit nach bestem Wissen so gut machen wie möglich.

    Vor ungefähr 15 Jahren hatte ich auch das erste Mal das vage Gefühl, dass mit unseren Medien etwas nicht mehr stimmt. Auslöser waren tagelang ständig wieder aufgegriffene aufgeregte Berichte, dass Herzkrankheiten zum Killer Nummer 1 geworden seien und wie furchtbar das sei und wie dringend man dagegen etwas unternehmen müsse. Je länger das dauerte, desto mehr wunderte es mich, warum einige aus meiner Sicht naheliegende Fragen dabei hartnäckig ausgespart wurden. Zum Beispiel: Wie entwickelte sich denn die Altersstruktur der an Herzkrankheiten Verstorbenen? Wie hoch müsste man den Anteil derer schätzen, bei denen die Todesursache eine Verlegenheitsdiagnose ist, weil der Arzt nicht einfach “Altersschwäche” schreiben wollte? Ich verstand die Aufregung nicht. Herzkrankheiten sind meiner Meinung nach das, was einen am Ende zur Strecke bringt, nachdem man alle anderen Gesundheitsbedrohungen überlebt hat. Nichts, was mir in diesen Berichten vermittelt wurde, widerlegte das für den damals aktuellen Fall, gleichzeitig wurde der Eindruck erweckt, es ginge darum, dass neuerdings immer mehr Mittvierziger und -fünfziger vom Herzinfarkt dahingestreckt würden. Das habe ich nicht geglaubt, und ich glaube es bis heute nicht, obwohl ich es im Gegensatz zu späteren fragwürdigen Medienhypes nie nachgeprüft habe.

    Das Gefühl der “Lügenpresse”-Schreier, von den sogenannten “Systemmedien” angelogen zu werden, ist aus meiner Sicht oft genug berechtigt; ich jedenfalls könnte eine Reihe von Themen aufzählen, bei denen ich klar von ihnen angelogen wurde. Ich sag das nicht mehr so gerne, seit das mit dem “Lügenpresse”-Schreien losgegangen ist, weil ich damit immer Beifall von der falschen Seite riskiere, aber leider ist es wirklich so.

    • #58 Chris
      Dezember 7, 2016

      Ja, es ist extrem abendteuerlich und absurd zuweilen. Eine meiner notwendigen Schlußfolgerungen ist dann auch, dass ich, wenn ich Statistiken in den Medien sehe, sofort aufmerke oder gleich wegklicke. Ist keine befriedigende Lösung, aber es geht ja auch nicht anders. Mit Statistiken kann man uns jederzeit und immer ein X für ein U vormachen. Ist nur eine Sache wie und welche Zahlen man als Grundlage der Statistik hernimmt.
      So mag es stimmig klingen, wenn man das Fluzeug als sicherstes Verkehrsmittel erklärt, wenn man Flugkilometer mit Passagierzahl zusammenrechnet. Das aber das Flugzeug kaum mit anderen Verkehrsmitteln einfach so vergleichbar ist, kommt nirgends vor. Schon die Tatsache, dass bei einem Zwischenfall während des Fluges meist alle Passagiere getötet werden, muß einem schon Zweifel einhauchen. Und deshalb plädiere ich für eine Statistik, die allein Tote pro Zwischenfall berechnet. Da steht dann aber plötzlich ein ganz anderes Verkehrsmittel ganz oben auf der Liste. Und ich schätze, es ist das Auto. Weil Autos häufiger in Zwischenfällen verwickelt sind, aber daran gemessen weniger Tote dabei herauskommen.
      Man könnte auch Tote pro gefahrene/geflogene Strecken (A nach B) rechnen und immernoch ein anderes Ergebnis bekommen, als bei reiner Streckenlänge berechneter Statistik.

      Die ganze Spielerei mit Statistiken zeigt nur, wie relativ sie letztlich sind. Und wie sehr sie missbraucht werden (können) – die ganzen Zahlen.

    • #59 Chris
      Dezember 7, 2016

      Der obige Kommentar gehört eigentlich zu deinem Kommentar #61 an Stephanie und nicht zum #57. Sorry für meine Verwirrung/Fehler darüber.

  42. #60 Stephanie
    Hamburg
    Dezember 6, 2016

    @Kassandra
    Du meintest du könntest eine Reihe von Themen nennen. Kannst du bitte eins nennen wo du dir am sichersten bist, das die “Systemmedien” wirklich gelogen haben?
    Ich würde gerne prüfen, ob das eventuell mit einen von denen ich das denke übereinstimmt.

  43. #61 struppi
    Dezember 6, 2016

    #43: Mittlerweile habe ich auch einige Kritiken an dem Artikel gelesen.

    Erstaunlich ist, dass es über andere Thesen, die teilweise absurd die Realität negiert haben (z.b. das Trump keine Stimmen gewonnen hat), keine kritischen Artikel gibt. Es gibt also seit Wochen überall verzweifelte Artikel darüber, woher dieses veremintliche Phänomen kommt und ein einziger der eine Manipulation über Online Medien in den Raum stellt, wird als unglaubwürdig dargestellt?

    Wir leben wirklich in einer merkwürdigen Zeit.

    Natürlich kann man die Thesen in Frage stellen, aber was alle Repliken, die ich gelesen habe, nicht Thematisieren ist, dass auch wenn die Methodik nebulös ist und es Ungereimtheiten gibt, die beschriebenen Auswirkungen genau dem beobachtbaren Wahlverhalten entsprach.

    Clintonwähler sind massiv der Wahl fern geblieben, warum? Wer oder was hat sie abgehalten?
    Das Trump auch aus dem Konservativen Lager soviele Stimmen wie sein Vorgänger bekommen hat, hat überrascht, da er beileibe nicht unumstritten war. D.h. die Mobilisierung muss extrem gut gewesen sein.
    Für das zweite könnte man noch die besondere Polemik von Trump, die potentiell diese Wähler beeindruckt hat, verantwortlich machen. Aber für das erste Phänomen nicht.

    Da spricht also einiges dafür, dass die Argumente die gegen Clinton gesprochen haben, tatsächlich bei vielen, die potentiell Demokraten wählen, funktioniert haben. Aber warum?
    In den typischen Medien die diese Menschen lesen wurde Clinton gefeiert wie nur was. Für eine Clintonkritik musste man schon tiefer graben, vor allem wenn man keine Seiten von rechten konsumieren will.

    Die Theorie, das diese Agentur gezielt an solche Wähler entsprechende Informationen verbreitet hat, ist zumindest denkbar und wäre ein Paradigmawechsel in Bezug auf Wahlkampf.

    Das die Papiermedien sich das kaum vorstellen können, kann ich nachvollziehen, aber dort hat sich dieses Jahr schon gezeigt, dass sie ihre Meinungsmacht zu verlieren scheinen.
    Inwieweit das auch auf Marketing zutrifft, kann ich nicht beurteilen, aber ich kann mir gut vorstellen, dass eine gezielte Kampagne, die nicht auf plumpe Phrasen setzt, sondern gezielt ein Interesse nutzt, viel Erfolgreicher ist als alles was wir bisher kannten. Wenn die Leute das Gefühl haben, sie bekommen Informationen, vielleicht sogar exclusive Informationen, wird sicher mehr Einfluss bewirken, als das was bisher eingesetzt wird. Dafür muss man aber die Interessen kennen, da es mehr Aufmerksamkeit des “Opfers” erfordert und genau da setzt diese Arbeit an.

    Ich halte das für plausibel und bin erstaunt über die Oberflächlichen Analysen, die das bestreiten wollen.

  44. #62 Kassandra
    Dezember 6, 2016

    @Stephanie:

    Genaugenommen geht es eher um Falschinformation als um Lügen, ob es sich um wissentliche Falschinformationen und wenn ja, durch wen wissentlich verbreitet (Medien oder eigentlicher Urheber) handelt, kann ich natürlich nicht sagen.

    Es geht in meinem Fall in der Regel um die Wiedergabe von Statistiken, Umfragen, Studien und immer so Zeug, in dem Zahlen enthalten sind. So was interessiert mich nämlich, und deshalb verfolge ich es gerne in den unterschiedlichsten Bereichen bis zur Quelle zurück. Ich führe allerdings nicht darüber Tagebuch. Seien Sie froh, denn andernfalls hätte ich Sie jetzt mit Links überschüttet. 😉

    Zwei relativ neue Beispiele aus ganz unterschiedlichen Bereichen habe ich für Sie ad hoc recherchiert:

    Im dritten Quartal wurden weniger Zigaretten und Drehtabak verkauft als im Vorjahr. Experten führen das auf die Einführung von größeren Warnhinweisen und Fotos zurück.

    https://pdf.zeit.de/wirtschaft/2016-10/tabak-absatz-zigaretten-schockbilder-warnhinweise-rueckgang.pdf

    In Wirklichkeit ging es nicht um den Verkauf im Handel, sondern um die von den Herstellern angemeldeten Steuerzeichen. In den beiden Quartalen davor hatten sie massiv Ware ohne Schockbilder vorproduziert, vor allem im ersten, siehe hier: https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2016/04/PD16_140_799.html

    und deshalb nach dem Stichtag, ab dem die Schockbilder Pflicht waren, die Produktion erst mal zurückgefahren.

    Der Zigarettenabsatz, übers ganze Jahr gemessen, ist wohl ungefähr gleich geblieben, das jedenfalls behaupten die Hersteller, und rechne ich bei Destatis alle drei Quartale zusammen, komme ich zum selben Schluss.

    Destatis hatte die Sache korrekt formuliert, der Fehler wurde bei dpa eingebaut und von der ZEIT ungeprüft übernommen.

    Die deutsche Unternehmerschaft wünscht sich wieder mehr Rückenwind aus Berlin.” Die Sanktionen seien auf lange Sicht kontraproduktiv. Nach einer AHK-Umfrage unter ihren 800 Mitgliedern fordern 60 Prozent der Unternehmen ein Ende der Sanktionen und 21 Prozent deren Lockerung

    https://www.zeit.de/politik/ausland/2016-09/ukraine-minsk-friedensabkommen-truppen-abzug-waffen-front?

    Dass die AHK nicht “die deutsche Unternehmerschaft”, sondern ihre 800 Mitgliedsunternehmen (mit Russlandbezug) gefragt hat, ergibt sich schon aus dem Text, ohne dass aber bei der ZEIT irgendwem dieser innere Widerspruch aufgefallen war. Aber es hatten sich von den 800 Mitgliedern außerdem nur 152 beteiligt. Nachzulesen hier: https://russland.ahk.de/fileadmin/ahk_russland/2016/02/26/2016-01_Auswertung_2016_de_final.pdf

    Von diesen 152 Unternehmen mit Russlandbezug waren also ungefähr 120 für die Aufhebung oder die Lockerung der EU-Sanktionen. Der Sache wurde von dem Urheber der Meldung, der AHK, vor allem mit dem pompösen “Die deutsche Unternehmerschaft will …” ein Gewicht zugemessen, das diese Umfrage in Wirklichkeit gar nicht hatte, und das wurde dann seitens der Medien einfach so an die Öffentlichkeit weitergegeben. Niemand bei der ZEIT scheint die Meldung außerdem auch nur überflogen zu haben, bevor sie online ging, oder warum sonst ist der innere Widerspruch stehengeblieben?

    Es wäre Aufgabe der Medien, die sachliche Richtigkeit von Texten, die von Dritten stammen, vor der Veröffentlichung zu prüfen. Dieser Aufgabe kommen sie aber nicht nach. Mehr noch: Die Meinung dieser Dritten – die damit oft kommerzielle oder andere Eigeninteressen verfolgen -, fließt als die vermeintliche Meinung der ZEIT in die Berichterstattung mit ein.

    Mir fallen solche Unrichtigkeiten regelmäßig auf – aber noch viel häufiger solche, die nur in Form von suggestiven faktenverdrehenden Formulierungen enthalten sind, weshalb ich sie als Beispiel hier nicht verwenden wollte. Aber natürlich haben solche Verdrehungen trotzdem auch einen Anteil daran, wenn die Medien Vertrauen verlieren.

    Ich glaube aber aufgrund persönlicher Erfahrungen außerdem, dass die Kakophonie einander widersprechender Behauptungen, die von dritter Seite auf dem beschriebenen Weg in die Berichterstattung einfließen, fast noch schlimmer ist. In den Jahren 2009 und 2010 haben wirtschaftspolitische Wasserstandsmeldungen bei Spiegel Online meinen Blutdruck regelmäßig hochschnellen lassen, denn da wurde beinahe im Tagesrhythmus am einen Tag der einen Expertenorganisation mit Behauptung x und am nächsten Tag einer anderen mit dem Gegenteil eine Plattform für redaktionell ungefilterte Botschaften geboten, ohne dass einem aber irgendwer erklärte, wie beides unter einen Hut zu bringen sein soll.

  45. #63 DH
    Dezember 6, 2016

    @Chris

    Sehen Sie langfristig eine andere Entwicklung?

    • #64 Chris
      Dezember 7, 2016

      Nein, ich verweigere mir noch eine “Prognose”. Weil sie derzeit nicht gut ausginge. Meine Vision für die Zukunft hinge von der Eerkenntnis der Mitmenschen über den jetzigen Zustand und daraus verstandesgemäß generierte Visionen für die Zukunft ab. Sogesehen stehen wir derzeit an einer Weggabelung zwischen gut und böse und wissen nicht, welcher Weg der richtige ist. Ich schätze, das dauert noch ne Weile, bis sich die Menschen darüber im Klaren sind, wie es weitergehen soll und ihnen auch bewusst wird, wie es weitergehen kann – ganz faktenorientiert – denn auch die ach so Faktenorientierten haben in ihrer Blase allerhand Faktenignoranz und Befreiheit gezeigt. Für mich hängt das unbedingt an der Erkenntnis über ihre eigene Schuld zusammen, um daraus Schlüsse für die Zukunft ziehen zu können. Ein “weiterso” kann es sicher nicht geben. Das führte ganz wahrscheinlich konkret erstmal zu einer Bundeskanzlerin Frauke Petry. Und das, wenn es auch nur das kleinste Übel aller möglicher Folgen sei, kann wirklich gar nicht gewollt sein. Aber was gäbe es, wenn sich nichts verändert, für eine Alternative?

      Gestern “die Anstallt” gesehen? Wahl 2017 – AFD 38 % der Stimmen und damit Wahlsieger. Eine ins Volle gegriffene Prognose. Die AFD ist demnach voll in dieser Welt angekommen, Teil davon und wohl so einfach nicht mehr aus der Welt zu bekommen, wenn die sich auf solche Visionen einlassen.

  46. #65 lindita
    Dezember 7, 2016

    @ Chris

    “D.h, diese Menschen würden sie auch frei weg anpöbeln, wenn sie vor ihnen stehen. Weil sie keine funktionsfähige “Kontrollinstanz” [ im Gehirn] mehr besitzen.”

    “Und es wäre zu hinterfragen, wieso man das wahrscheinlich derzeit nicht messen kann – in der standartausgerüsteten Klinik.”

    Ich würde es erst mit Sozialpsychologie versuchen. Gruppendynamik z B

    https://youtu.be/11_xWZOjlMg

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Konformit%C3%A4t

    • #66 Chris
      Dezember 7, 2016

      Die Sozialpsychologie funktioniert ja nicht, wenn die fehlenden Bedingungen nicht beachtet werden. Da kann der Soziologe noch so sehr mit dem Fuß auf den Boden stampfen, wenn die Wirklichkeit eben nicht so ist, wie seine “Soziologie” es ihm vorgibt.

      Das Anwenden der anerkannten Soziologie führt hier nur zu Diskrimminierung und die übliche Ausgrenzung, weil sie nicht auf die angesprochenen Leute anwendbar ist und diese Leute dafür auch nichts können, sind sie nicht dafür verantwortlich zu machen.

  47. #67 lindita
    Dezember 7, 2016

    @ Chris

    Auch die meisten “Gesunden” können nichts für. Wenn der Mensch allgemein als soziales Wesen bestimmtes psychologisches Verhalten an den Tag legt, wie Konformität kann er ja eigentlich auch nichts für, ist halt in der Natur des Menschen. Menschliche kognitive Fähigkeiten sind eigentlich ziemlich begrenzt.

    Auch wenn man super intelligent bewusst Selbstbeobachtung betreibt und über alle kognitive Fallen Bescheid weiss, kein Fakt dass so ein Mensch ein “guter” Mensch wird. Hängt alles von Motivation ab. So ein Mensch kann in seinem Sinne (auch im “schlechten” Sinne) ein sehr guter Manipulator werden.

    Und passt man sich nicht der Gruppe an, gilt man eh als Psychopath.

    Die Sache ist nie einfach, auch soziologisch nicht.

    Keiner kann etwas dafür, als Mensch geboren zu sein.

    “Sogesehen stehen wir derzeit an einer Weggabelung zwischen gut und böse und wissen nicht, welcher Weg der richtige ist.”

    Auch der falsche Weg kann im Nachhinein richtig sein. Zeigt nur, dass wir als Menschen von uns als Menschen viel zu viel erwarten. Vor allem zu wissen, was Gut und was Böse sein soll. Und nicht zu wissen, was die Zukunft bringt, das ist überhaupt die Basis für menschliche Fähigkeit zu Kreativität. Demnach kann Soziologie höchstens beobachten. Was ein Mensch und in der Gruppe ist, lässt sich nie bis zum Ende sagen, weil der Mensch ständig äussere Bedingungen ändert und sein Verhalten danach ausrichtet.

    Alles meiner Meinung nach.

  48. #68 Chris
    Dezember 7, 2016

    @ indita #67
    Dezember 7, 2016

    Ja, die Menschen müssen sich im Klaren darüber werden, was sie wollen. Dazu ist aber die bisherige Idee des liberalen untauglich, weil sie zu egoistisch wirkt, weil sie von sich auf andere schliesst, was ein Fehler sei, wenn man bedenkt, dass es doch keine “Krankheit” sein könnte, sondern ein natürlicher Prozess, der nur eben von der Mehrheit der Gesellschaft gar nicht ereicht/durchgemacht wird.Nur angenommen, dass der Dunkeldeutsche ein normaler Mensch sei, der in einer anderen Entwicklungsebene steckt, als der Gutmensch? Wie müsste man das “liberal” in die Welt einbauen?
    Bisherige Verhöhnung und Diskrimminierung kann es sicher nicht sein.

    Nein, der falsche Weg ist und bleibt falsch, solange man die primären Argumentationen nicht verwirrft. Wenn sich ein ehemals falscher Weg später als richtiger herausstellt, dann hat sich in der Argumentationsstruktur und darin die Fakten geändert. Meistens passiert das ziemlich unbewusst und unreflektiert, soweit ich das beobachte bei den Menschen.

    Das vom Menschen allgemein zuviel erwartet wird, stimme ich zu. Was auch ein Problem der jetzigen Krise sei. Und die “Versager” dieser Lebensweise/Weltsicht wir heute als Dunkeldeutsche bezeichnen, wo es letztlich kein Versagen geben kann, wenn das System letztlich notwendigerweise “Versagen” erzeugen muß. Die jetzige Haltung ist nur niederträchtiges Nachtreten, weil man selbst noch der Meinung sei, man hätte ja gewonnen im Spiel dieser Verdrängungs- und Konkurenzgesellschaft. Je länger dieses “Spiel” läuft, desto deutlicher werden die notwendig auftretenen “Verlierer” und desto mehr werden diese werden – vor allem angesichts globalisierter Verhältnisse, in denen keiner mehr mit echter Chance auf Erfolg konkurieren kann, weil global gesehen immer irgendwer besser sei, als man selbst. Nur das haben die Menschen landläufig noch nicht verstanden. Diese Globalisierung erzeugt einen noch viel extremer wirkenden Sozialdarwinismus, der von niemandem wirklich erwünscht sein kann.

    Erwünscht ist in diesem Spiel ist die Selektierung echt leistungsfähiger Eliten, die daraufhin dazu verwendet werden, den Rest der Welt auch noch zu “verlierern” zu machen, wie man sie derzeit als Dunkeldeutsche erkennt.
    Aber solcherart “elitärer” Leute haben dafür überhaupt kein Bewusstsein, dass sie als Ursache des “Massenversagens” dastehen. Weil es der derzeit legale Kampf um Macht und Anerkennung und Status sei, der aber kaum im Kontext aller guten Visionen für Gesellschaften seinen Ansprüchen genügt.

    Und ständig werden Statistiken über den Zuwachs an Wohlstand veröffentlicht, die dieser “Kapitalismus” vollbracht haben soll. Aber mit den Statistiken ist das so eine Sache – den einzelnen Menschen bilden die nie ab – fast nie. In solchen Statistiken werden globale Summierungen hergenommen, die nur deswegen einen Wohlstandszuwachs enthalten, weil sie sich kaum an abgrenzbaren Systemkategorien, wie Staaten und sozialen Klassen orientieren. Sie suggerieren große Leistungen und Fortschritte, wo keine sind. Würde man vor allem in den westlichen Staaten den Wohlstandszuwachs zählen, würde man feststellen, dass für diese das bestimmende System und heilsbringende Strategie eigentlich vollkommen versagt hat. Denn in den westlichen Staaten haben nur Reiche diesen Zuwachs bekommen und zwar volle Kanne, während die breite Bevölkerung davon immer weniger abbekommt, und zudem auch Sozialsysteme immer weiter eingeschränkt werden und die ewige “Bildungsfrage” kommt auch nie zu einer wirklich wirksamen Lösung/Reform. Wahrscheinlich, weil man es gar nicht wirklich will und sich auch von zuviel nachrangigen Nebensächlichkeiten davon abhalten lässt. Und letztlich macht es keinen Sinn, im derzeitigen System “alle” Menschen “schlau” genug zu machen, damit sie später dann zu den Elitären gehören können. Eben weil nicht alle gewinnen können. Nie und nimmer.
    Die Frage, weil inzwischen so viele Abitur machen und studieren, ob das nicht ein Anzeichen sei, das die Bildung zur Massenwahre verkäme und daher die Bildung selbst inzwischen Mangelhaft sein könnte, ist deswegen nicht falsch.
    Es sei denn, diese Bildungsbürgerflut wird dazu eingeplant, dass man global mit diesen seine imperialistischen Visionen verwirklichen wollte und alle mit den “gebildeten” Eliten zu bekehren plant.
    Leider ist die derzeitige Ideologie (auch Leitkultur gemäß Neoliberalismus) mit Sicherheit wohl geeignet, aber sicher nicht die beste Strategie. Denn gewinnen tut nur das Großkapital, welches dann immer größer wird. Und mit diesem Kapitalzugewinn tut man dann Politik machen. Was die gefährlichste Eigenschaft und Möglichkeit von Kapital sei. Es ist extrem einer “Gutmenschenvision” widersprechend, wenn monopolistische Verhältnisse in der fortgeschrittenen Wirtschaft sich anschicken, die Welt zu erobern. Von Diversität wird man kaum was zu erwarten haben. Aber man spricht nahezu jeden Tag darüber, wie sehr man Diversität und Multikulti schätzt. Die ganze Compliance-Bewegung ist für den Arsch, wenn man letztlich trotzdem nur den leichtesten erreichbaren Profit ohne Verantwortungsbewusstsein für die Menschheit abzugreifen versucht, der dann zu monopolistischen Verhältnissen führt – und folglich zum “Sieg” des Großkapitals über alle und alles.
    Die Betriebswirtschaft kennt keine Menschen, das ist dort “Humankapital”. Das Großkapital kennt keine Staaten, das sind für sie “Holdings”, an denen man Anteile erwirbt, um deren Organisation im Sinne von höchstmöglichen Profit zu steuern (s. Lobbyismus). Wenn das nicht funktionieren will, dann kauft man fluchs das Tafelsilber einer Region auf und ist dann nicht weniger in der Lage, Organisation zu erzwingen.
    In diesem Sinne ist das “Besitzrecht” eine echte potenzielle Gefahr für Staat und Volk. Und ehrlich: Ich bin kein Kommunist. Ich muß aber eingestehen, dass Staat und Volk inzwischen keinerlei Lobby mehr haben. Und das geht absolut nicht. Man kann Kulturen nicht eine Leitkultur aufoktroyieren, die nur aus Ökonomie besteht und sich nur daran orientiert und alle anderen wesendlichen Bedingungen, aus denen Kulturen bestehen und auf die sie gründen, ignorieren.

  49. #69 Kassandra
    Dezember 7, 2016

    @Kassandra
    Du meintest du könntest eine Reihe von Themen nennen. Kannst du bitte eins nennen wo du dir am sichersten bist, das die “Systemmedien” wirklich gelogen haben?
    Ich würde gerne prüfen, ob das eventuell mit einen von denen ich das denke übereinstimmt.

    Und? Haben Sie es (-> Beitrag #62) geprüft und stimmt es überein? Wovon genau sprachen Sie eigentlich?

    Mir ging es nämlich nicht um ein bestimmtes Thema, sondern um Publikationsgewohnheiten der Medien, die sich bei jedem Thema finden. Ich kann ja irgendwie auch nachvollziehen, warum das so läuft; kostet halt weniger, und das Geld ist natürlich knapp. Aber zusammen mit den durch das Internet veränderten Informationsmöglichkeiten und -gewohnheiten der Leser ergibt das m.E. eine ziemlich toxische Mischung. Jeder weiß doch bei dem einen oder anderen Thema durch eigenes Fachwissen oder persönliche Erfahrung, dass das so, wie es dasteht, gar nicht stimmen KANN. Bei persönlicher Erfahrung (denken wir etwa an Themen wie Niedriglohn, Hartz IV etc.) darf man außerdem davon ausgehen, dass erkannte und vermutete Falschinformationen persönlich und übelgenommen werden.

    @Andrea Schaffar:

    Das steht also nicht im Widerspruch zu dem, was Sie über Filterblasen schreiben, sondern es ist gewissermaßen das “Was vorher geschah …” dazu.

  50. #70 DH
    Dezember 7, 2016

    @Chris

    Da meinen wir wahrscheinlich etwas Ähnliches. Ich stimme Ihnen zu , daß wir in einer gewissen Verwirrung leben . Einen wesentlichen Grund haben Sie richtig benannt: Diejenigen , die immer auf die Anderen zeigen , sind oft selber diejenigen , die Fakten beugen und falsch interpretieren.
    Derjenige Teil , der das mit Absicht tut , will damit bewußt Kritik diskreditieren , indem er nur den dummen Teil der Kritik hervorhebt.
    Das Prinzip kennt man auch aus dem Alltag , wenn Sie den größten heimlichen Säufer im Betrieb suchen , gehen Sie zu dem , der am lautstärksten über saufende Assoziale schwadroniert.

    Ich denke aber , daß genau solche verwirrten Zeiten die Vorstufe zu großen Veränderungsschüben sind.
    Der Aufstieg der Rechten könnte dabei zu diesen Vorzeichen gehören , sowas hatten wir schon , in den 60ern. Da waren es auch erst die Rechten , die stark wurden , mit dem Höhepunkt zum Ende der 60er.

    Nur ein paar Jahre später aber waren sie nicht nur kleiner , sondern völlig bedeutungslos.
    Dafür gibt es nur eine logische Erklärung : Der Knall von 68.

  51. #71 Stephanie
    Hamburg
    Dezember 7, 2016

    @Kassandra

    Danke für die detailreiche Beschreibung.
    Es interessant zu sehen wie sich die kleinen Fehler doch summieren.

    Kann es sein, dass dieser Link nicht zum Zitat passt:
    https://www.zeit.de/politik/ausland/2016-09/ukraine-minsk-friedensabkommen-truppen-abzug-waffen-front?

    Ich hatte bei einigen Artikeln über IT-Verschlüsselung Ungereimtheiten bemerkt. Leider ist das jetzt ein bisschen her und ich weiß dummerweise nicht mehr ob es Spiegel-Online, Zeit oder Faz war. Es hätte ja sein können, dass Sie über ähnliches gestolpert waren.

    Ich gebe Ihnen recht es hinterlässt ein ungutes Gefühl, wenn man sieht welche Widersprüche so durchgehen und diese untergraben das Vertrauen.

  52. #72 lindita
    Dezember 8, 2016

    @ Stephanie

    Vielleicht interessiert Dich auch das hier:

    https://www.medien-doktor.de/

    So ein Konzept gefällt mir

    @ Chris

    “der falsche Weg ist und bleibt falsch”

    Und mit guten Absichten…?

    Noch was, ich bin mit meinem Leben zufrieden. Warum soll ich mit jemanden konkurrieren oder warum soll ich immer mehr haben wollen? Sollen “die da oben” haben was sie wollen.

    “Die da oben” sind in bestimmte Bedingungen reingeboren. Sie haben viele Verlustängste und und empfinden Abscheu auf einer höheren Ebene. Brauche ich eine höhere Ebene der Verlustangst, damit ich Kriege in der Welt anfange?

    Genau, die Frage ist, was rechne ich mir aus, wenn ich die Möglichkeit hätte zu konkurrieren?
    Das Leben wird nicht bessere, vor allem hängen wir erinnerungsmässig kurzen negativen Ereignissen mehr nach als langen positiven Zeitperioden. Egal wieviel Gutes man dir tut, bereite dich darauf vor, dass du es im Rückblick nicht schätzen wirst.

    • #73 Chris
      Dezember 8, 2016

      @ lindita #72
      Dezember 8, 2016

      Diese guten Absichten funktionieren doch nur im Glauben daran – also in theologischer Praxis und System. Wenn man aber, wie derzeit, so auf Faktenorientierung besteht, dann braucht man mehr, als seinen Glauben mit guten Absichten. Und… das “Gute” ist unbemerkt immer einen Tick zu viel subjektiv erkannt. Heisst: Gut und böse kann der Mensch so aus dem Stand gar nicht wirklich gerecht und objektiv auseinanderhalten.
      Zitat:
      Brauche ich eine höhere Ebene der Verlustangst, damit ich Kriege in der Welt anfange?
      -> Wahrscheinlich ist das so. Oder man befindet sich nicht auf einer höheren Ebene, sondern nur auf seiner eigenen, separaten Ebene und überhöht diese mit seinen eigenen Systemvisionen – und der Idee, seine eigenen Visionen seien absolut geeignet, der Welt zum Wohle zu dienen. Fast ein Jesus-Syndrom also. Seine eigene Erleuchtung zum Maßstab für alle zu machen. Weil man meint, man selbst profitiere davon, also auch alle anderen.

      Ich bin nicht mit meinem Leben zufrieden. Ich sag zwar auch, die sollen haben, was sie wollen, aber es ist auch so: ohne mich (und ohne alle anderen) kriegt ihr das nicht. Deswegen will ich mein Leben glücklicher haben. Und ich kann nur glücklicher werden, wenn die anderen um mich herum das auch werden/sind.

      Das “die da oben” irgendwas auf einer höheren Ebene “empfinden”, musst du mir mal erklären, wie das geht. Sind es etwa Götter, oder so?
      Davon abgesehen, dass wir Gefühle nie empirisch vergleichen können, müssen wir aber davon ausgehen, dass das Gefühlsspektrum bei allen Menschen ungefähr gleich ist. Wenn wir also keine neurologischen Bedingungen messen können, dann muß man von ideologischen Einflüssen ausgehen. Wenn ich also denke, ich sei was “besseres”, dann hat das Auswirkungen. In eine Familie reingebohgren? Traditionalismus. Einer äußerst elitären Gruppierung angehören? Elitismus. Schlicht reich zu sein? …. alles ein Grund, sich für was besseres zu halten und abzuheben. Und im Windschatten heben gleich haufenweise mit ab, die sozusagen in deren Dunstkreis glauben, dazu zu gehören. Dabei haben die nix vom aufgeschnittenen Kuchen.

      Ich hab mir nie was “ausgerechnet”. Ich bin mein ganzes leben lang getrieben worden. Und das hat dazu geführt, dass für mich selbst nie was übrig geblieben ist, weil ich keine Zeit und keine Muße und keine Vision für mein Leben entwickeln konnte. Ich habe mich also alle Lebzeit für andere krum gemacht und selbst keinen “Zuwachs” von irgendwas – nicht mal ein eigenes Leben mit Struktur und Inhalt. Mit Beziehungen und Verantwortung für irgendwas. Die viel beschworene “Teilhabe an Gesellschaft” bestand also überwiegend darin, vollbeschäftigt zu arbeiten. Nach Feierabend darf ja jeder machen, was er will.
      Wer sich aber einen Feierabend leisten kann, der ist da fein raus. Wer zu wenig verdient, der hat die Arschkarte und darf keinen Feierabend machen. Also besteht auch sein Privatleben aus Arbeit (Überstunden). Und aus der Regeneration, um am nächsten Tag fit für den Arbeitgeber zu sein.

      Wenn ich mir je was ausgemalt habe, dann das: Diese Perspektive war mir zuwenig für meine Idee vom Leben. Aber es gab ja keine andere Möglichkeit, die mir jedenfalls verfügbar war.
      Und ich will nicht alltäglich konkurieren – in dieser Kultur werden wir dazu gezwungen. Das ist das Problem. Wer nicht alltäglich das Beste gibt, der ist bald raus aus dem Haus. Steht auf der Abschußliste. Immer in Gefahr kritisiert zu werden. Seine Existenz wird daurch übergriffig schlecht gemacht und das sollte man sich in einer “schönen” Welt nicht bieten lassen müssen. Schon gar nicht, wen nman duch seine eigene Aufopferung eben keinen Vorteil hat, außer, dass man als “Spezialist” gilt. Wenn dadurch das Privatleben leidet, welches es geben sollte, lohnt es sich nicht.
      Anyway, das war jetzt viel Papperlapapp….

      Ich habe auch nicht dir persönlich Vorwürfe machen wollen (es sei denn, du fühlst dich angesprochen), sondern den Verhältnissen, die so nicht “weitergehen” können. Du musst dich also nicht verteidigen, wenn du dich nicht schuldig fühlst. Ansonsten: erzähle weiter, was schief läuft, damit es alle erfahren und sich dadurch auch was verändert.

  53. #74 lindita
    Dezember 8, 2016

    @ Chris

    “Das “die da oben” irgendwas auf einer höheren Ebene “empfinden”, musst du mir mal erklären, wie das geht. Sind es etwa Götter, oder so?”

    Nein, die sind eben keine Götter. Wenn mir ein gewisses Niveau keine Angst macht, weil ich schon die bitterste Armut erlebt habe und dass man dort trotzdem leben kann, weil man sich eben an alles anpasst, haben andere höllische Angst davor. Und je mehr man hat, desto mehr Verlustangst hat man. Die Mittelschischt hat Angst davor abzurutschen. Die Elite hat Angst davor eine Mittelschicht zu werden usw..

    Und Du glaubst man müsste ackern, um sich Feierabend leisten zu können, weil wenn nicht, dann was?

    Mein Ex scheucht auch unsere Tochter, sie solle dies und das unbedingt tun, nicht weil es sie persönlich glücklich machen wird, sondern “sonst endest du wie die da”. Ständig eine Angst anereziehend irgendwo wie jemand zu enden. Und es regt ihn auf, wenn ich ruhig bleibe und den Stress nicht mitmache und das unserer Tochter vermittele. Ich zeige ihr, dass es egal wie auch gut leben lässt, und wenn sie etwas will, dann von sich aus und nicht weil sie getrieben wird. Enden wird sie erst mit dem Tod, alles andere ist der Angst nicht Wert.

    “Wer nicht alltäglich das Beste gibt, der ist bald raus aus dem Haus. Steht auf der Abschußliste. Immer in Gefahr kritisiert zu werden. Seine Existenz wird daurch übergriffig schlecht gemacht und das sollte man sich in einer “schönen” Welt nicht bieten lassen müssen. ”

    Dann überhör es einfach. Wenn mir jemand damit kommt, dass mein Leben noch besser werden könnte, als das jetzige, schicke ich ihn dahin, wo er hergekommen ist. Wenn ich keinen inneren Drang habe etwas zu verbessern, wenn ich die Motivation nicht habe, die mir erlaubt mir selbst Möglichkeiten zu schaffen und zu nützen, dann bringt es nichts, wenn andere mir ein “besseres Leben” vorschwärmen. Ich habe im Grunde eine liberale Vorstellung, dass jeder so leben soll wie er mag und kann und wo selbt die Wahl der Obdachlosigkeit noch kein “enden” ist.

  54. #75 Kassandra
    Dezember 8, 2016

    @Stephanie:

    Sie haben recht wegen des Links – so was kommt davon, wenn man ein Dutzend Seiten geöffnet hat, aber nur drei oder vier Links posten will. Hier der richtige Link: https://www.t-online.de/wirtschaft/id_79055976/wirtschaft-wirtschaft-gabriel-besuch-in-russland-ist-positives-signal.html

    Das wurde aber quer durch alle deutschen Medien berichtet, die ZEIT war bestimmt auch dabei. Und nirgends wurde das hinterfragt. Wenn Sie den Satz “Die deutsche Unternehmerschaft wünscht sich wieder mehr Rückenwind aus Berlin” googeln, können Sie sich davon überzeugen.

    Mit IT-Verschlüsselung kenne ich mich nicht aus, deshalb lese ich solche Berichte seltener und mit weniger Detailinteresse. Wenn ich Sie richtig verstehe, ging es aber nicht um Verständnisfehler im Bericht, sondern um eine Wiedergabe, in der ein überraschend parteiischer Blickwinkel enthalten war?

    Das finde ich nämlich ein weiteres Problem der Medien: Journalisten sind sozusagen Universaldilettanten, sie müssen die unterschiedlichsten Sachverhalte verstehen und wiedergeben, aber natürlich können sie das niemals so gut wie jemand vom Fach oder jemand, der gerade am Ort des Geschehens ist und sehen kann, was sich abspielt – ein Blog eines Experten oder ein Handyvideo von einem Anwesenden (je nachdem, worum es gerade geht) haben allemal einen höheren Informationswert. Vollends lächerlich wird es, wenn ZEIT oder Spiegel Online versuchen, schneller als die sozialen Medien zu sein, denn natürlich hinken sie immer hinterher, und wenn dann noch die dpa dazwischengeschaltet ist, sowieso.

    Ich habe schon wiederholt versucht, mit Leuten aus dem Medienbereich über das, was bei ihnen im Online-Zeitalter erkennbar schiefläuft, zu sprechen, aber die klappen dann immer sofort zu wie die Austern: Nein, so wie sie die Sache machen, sei das alles doch gut und richtig und werde von den Lesern auch so gewollt, es gebe gar keinen Grund, darüber nachzudenken, ob man etwas verändern müsste und wenn ja, was das sein könnte. Auch die Reaktionen von Journalisten auf vereinzelte selbstkritische Stimmen aus den Medien nach der Trump-Wahl fielen ja ziemlich heftig aus.

    Dabei pfeifen die doch alle inzwischen nur noch im dunklen Wald. Die Leser brechen ihnen weg, und die Anzeigenkunden ebenfalls – hat wohl beides auch etwas mit Sparen am falschen Ende zu tun, und wenn auf Kosten der Qualität weitergespart wird, kommt so manche Publikation wohl nicht mehr heil aus dem Teufelskreis heraus. Natürlich müssten sie eigentlich darüber nachdenken, wie sie auf längere Sicht trotz all der Bereiche, in denen sie gegenüber anderen Informationsquellen nicht mehr konkurrenzfähig sind, überleben sollen. Und wahrscheinlich tun sie das auch, wenn sie unter sich sind.

    Tschuldigung, dass ich mich von dem Thema so habe hinreißen lassen, dass ich ziemlich off topic geraten bin. 😉 Aber ich sehe wirklich einen Zusammenhang zwischen den von mir beschriebenen fehler- und manipulationsanfälligen, seit über zehn Jahren allgemein gebräuchlich gewordenen Verlegenheitslösungen der Medien und dem Vorwurf “Lügenpresse” seit etwa zwei bis drei Jahren, und es macht mich irre, dass es unmöglich zu sein scheint, das denen zu vermitteln, die etwas daran ändern könnten.

  55. #76 Stephanie
    Hamburg
    Dezember 8, 2016

    @Kassandra
    Der “Lügenpresse” Vorwurf bezieht sich ja auf alle “Systemmedien”. Es gibt also bei denen, die diesen Vorwuf benutzen, ein echtes Vertrauensproblem in die Medien, leider zum Teil auch zu recht, wie einige Beispiele gezeigt haben. Das gesamte Ausmaß kann ich nicht abschätzen. Ich weiß nicht wie klein oder groß das Problem ist.

    Wenn ich genau zuhöre, bei einigen Leuten in meinem Bekanntenkreis, ist das Vertrauen zu jeglichen nicht privaten Insitution oder Strukture gestört. Also zu Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Medizin, staatliche Strukturen, europäsiche Union usw. . Ich habe beobachtet, dass bei diesen Menschen aus meinem Bekanntenkreis letztlich alles auf die Idee zusammenläuft, dass alles zu Grunde geht und das “Abendland” verloren ist. Es wurden mir von Plänen berichtet, wie man sich in andere Länder zurückziehen möchte um dort den Lebensabend zu verbringen, bevor alles “vor die Hunde” geht.

    Jegliches Vertrauen in Handlungsfähigkeit zu den Menschen in Deutschland ist abhanden gekommen. Ich denke nicht, dass das darin liegt das es tätsächlich so kommt, sondern habe ganz stark die Vermutung, dass viele die so etwas befürchten durch die neuen Informationsmöglichkeiten völlig erschlagen sind. Auch einfachste Prinzipien werden hinterfragt und durch blödsinnige online Quellen als falsch identifiziert (Beispiele: Erde ist flach, Erde ist weniger als 10000 Jahre alt, Deutschland ist eine Firma, usw.). Frage ich Menschen, die so etwas glauben, nach Quellen zeigt man mir absolute unglaubwürdgie online Quellen. Ich glaube, dass primäre Problem ist nicht der Vertrauensverlust oder die Skepsis, sondern ganz einfache fehlende Medienkompetenz. Ich denke die Informationsflut ist einfach noch nicht normal. Aktuell kann jeder permanent irgendwas behaupten auf Blogs, Facebook oder Kommentaren. Typischerweise sind diese Behauptungen reißerisch aufgemacht um als Clickbait zu funktionieren. Durch diese schiere Masse an Daten ist die Erwartung einzelne Behauptung zu prüfen einfach zu hoch gegriffen. Also sickern durch permanente Wiederholung diese Behauptung (ob richtig oder falsch) ungeprüft in die Gesellschaft ein. Durch religiöse Glaubenssystem sind viele Menschen auch an absolute Wahrheiten gewöhnt und erwarten diese auch und können die menschliche Unzulänglichkeit des Nicht-Wissen-Könnens nicht akzeptieren.

  56. #77 Chris
    Dezember 8, 2016

    lindita
    @ lindita #74
    Dezember 8, 2016

    @ Chris

    “Das “die da oben” irgendwas auf einer höheren Ebene “empfinden”, musst du mir mal erklären, wie das geht. Sind es etwa Götter, oder so?”

    -> Also ich weiß ja, wie “die da oben” “empfinden”. Ich war ja Teil dieser Elite. Und habe das volle Programm jeglicher Niedertracht und Arglosigkeit erfahren können, das sich dort so befindet.
    Aber vorsicht, die da oben sind nicht nur die, die du jetzt denkst. Diese Herarchie ist so nicht die Realität. Supermanager sind auch nur getriebene Menschen mit Spezialausbildung und Fähigkeiten. Aber sie sind in der realen Herarchie gar nicht zwingend “Oben”. Nur in der systemischen Herarchie sind sie das. Die Menschen wissen letztlich nicht, auf welcher Ebene der Herarchie sie sich befinden und wieviel Einfluß sie von dort haben.

    Fakt ist aber, dass dieser Manager Fachspezifische Scheuklappen hat, die ihn dazu zwingen (oder auch mal seine Aufgabe erleichtern) fokussiert zu betrachten. Das ist dann eben das Geschäftsziel – macht ja Sinn. Aber es ist auch die Ursache, die zu diesen Blasen führt. Nebenher bestehen haufenweise Systeme, die den Glauben daran bestärken, es sei für alle gesorgt. Das ist nun aber nicht der Fall.
    Und es wird der Druck, der oben scheinbar selbstauferlegt wird, ohne Bedenken nach unten durch gereicht. Und Unten ächzt man dann auf dem Zahnfleisch. Und bekommt kaum was dafür, das es fürs Leben reicht, wie man es aufgrund der Leitkultur vorgemacht bekommt. Also in Deutschland: Häusle bauen, Familie haben, Urlaub fahren und so… das übliche hier eben.

    Und mir brauchst du nichts mehr zu erzählen, wie ich damit umgehen sollte – mit dem Druck. Ich bin raus aus der Tretmühle – EU-Rentner.

    Ich will nur erwähnen, dass einst selbst mal Gewerbetreibender war und das Problem um die Effektivität und Produktivität kenne und selbst damit zu hadern hatte. Und auch schon vorher mich getrieben fühlte. Irgendwie musste da im “Geistesäther” eine Grundeinstllung gewesen sein, die mir immer diesen Druck machte. Und ich fürchte, diese unterschwellige Grundeinstellung kennen auch andere. Vor allem, wenn sie die auch jeden Tag von “Oben” runter vorgebetet bekommen. In diesem Sinne waren die späten 90´ger Jahre extrem. Alles war aus dem Häuschen, weil es nun scheinbar echt ans Eingemachte ging. Produktivitätsvisionen aus Topmanager-Etagen fanden sich da in jeder Pizza-Liefer-Filiale wieder. Als ob es um Millionen ging. Aber von nix kommt auch nix. Und ne halbe Stunde Lieferzeit braucht auch eine gewisse Effektivität in den Prozessen.

    Also das die Mittelschicht Angst vorm Abrutschen hat, kann ich verstehen. Aber Superreiche oder Topmanager oder andere Elitäre Gestalten haben keine Angst, dass sie plötzlich Mittelschicht sein könnten. Sowas passiert eher nie.
    Die haben Angst davor, dass sie im Konkurenzkampf versagen und wie Deppen dastehen. Oder sonstige Wehwehchen, die der Normalmensch nicht kennt, weil er sich das gar nicht in seinem Leben vorstellen kann.

    Mein Zitat:
    Und Du glaubst man müsste ackern, um sich Feierabend leisten zu können, weil wenn nicht, dann was?

    -> Also, wenn du im Leben vorhast, irgendwie zum Rest der Vorbildwelt aufzuschliessen, dann gehört dazu, dass man einen gewissen Lebensstandart hält und zusätzlich noch Geld beiseite legen kann.
    Ich müsste Lügen, aber 50% der Menschen können sowas gar nicht zielsetzen. Weil ihnen dafür nichts vom Lohn übrig bleibt. Und dann gibts noch die Niedriglöhner, die solche Flausen nie haben dürften, weils utopisch ist. Aber sie haben die trotzdem. Weils zur Leitkultur gehört. Das man sich dabei notwendigerweise schlecht fühlt, weil alle Bemühungen erfolglos sein werden, ist die notwendige Nebenwirkung. Gibt ja Pillen gegen Depressionen, nicht wahr? (Sarkasmus)

    und wie gesagt: Ich habe heute andere Probleme. Eins davon ist, dass ich wie viele andere, einem gewissen Einfluß unterworfen bin, der unsere Freiheitsidee vollkommen über den Haufen schmeisst. Das hat dann auch was mit dem vermuteten Hirnschaden zu tun, der womöglich “eintritt” (oder verursacht wird), wenn diese Freiheit in einer Weise überschritten wird oder anderweitig zu “autonom” gebraucht wird.
    Daher der Hinweis auf das “vorzügliche Christsein”, der aber eine erhebliche Einschränkung seiner dem Vernehmen nach normalen möglichen Freiheit bedeutet. Wir sind nicht so frei, wie suggeriert. Diese suggerierte Freiheit ist zuweilen auch als Falle deutbar, in die wir tappen können. Anyway, ….

  57. #78 Kassandra
    Dezember 9, 2016

    Wenn ich genau zuhöre, bei einigen Leuten in meinem Bekanntenkreis, ist das Vertrauen zu jeglichen nicht privaten Insitution oder Strukture gestört. Also zu Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Medizin, staatliche Strukturen, europäsiche Union usw. .

    Das kann ich gut verstehen, denn ich vertraue allen diesen Institutionen auch nicht, teils, weil ich weiß, dass mir von ihnen allen immer nur marketingtaugliche Halbwahrheiten erzählt werden, und teils, weil es einfach zu viel verlangt ist, jemandem zu vertrauen, der mich wie eine Versuchsratte behandelt.

    Über diesen zweiten Punkt könnte ich seitenlang schreiben, als Beispiel an dieser Stelle nur dieses eine hier: Jedes Mal, wenn ich eine Zigarette aus der Schachtel nehme, die neuerdings mit sogenannten Schockbildern verunziert ist, wird mir bewusst, dass man mich mit dem Mittel allerprimitivster Konditionierung (unerwünschtes Verhalten wird mit Schocks bestraft) zu etwas zu zwingen versucht, was für mein Bestes gehalten wird.

    Ich bin aber nicht Pawlows Hund, sondern ein Mensch. Wer sich so etwas ausdenkt, der hat so wenig über das Konzept der Menschenwürde nachgedacht, dass er es von vornherein nicht gut mit mir meinen kann, auch dann nicht, wenn er selbst sich einbildet, nur die allerbesten Absichten zu verfolgen. Gute Absichten verfolgte sogar die Heilige Inquisition; sie wollte ja mit dem, was sie tat, auch nur das Seelenheil der Sünder retten.

    Jede Zigarette, die ich rauche, erinnert mich also einen Moment lang daran, dass
    unsere Institutionen edle Absichten mit einem verwerflichen Menschenbild kombinieren, und dass ich deshalb vor der kranken Logik, die sich daraus zwangsläufig ergibt, auf der Hut sein muss.

    Ich habe beobachtet, dass bei diesen Menschen aus meinem Bekanntenkreis letztlich alles auf die Idee zusammenläuft, dass alles zu Grunde geht und das “Abendland” verloren ist. Es wurden mir von Plänen berichtet, wie man sich in andere Länder zurückziehen möchte um dort den Lebensabend zu verbringen, bevor alles “vor die Hunde” geht.

    Der Siegeszug der Populisten ist ein weltweiter, also bräuchte man schon einen anderen Planeten, um durch Wegzug dem zu entkommen, was die Leute weltweit ängstigt. Sagen Sie Ihren Bekannten, dass ihr Vorhaben sinnlos ist. Es gibt keinen Ort, an den man davonlaufen könnte.

    Ich glaube, dass primäre Problem ist nicht der Vertrauensverlust oder die Skepsis, sondern ganz einfache fehlende Medienkompetenz. Ich denke die Informationsflut ist einfach noch nicht normal.

    Es ist aber nicht so, dass heute mehr Leute als früher an Chemtrails oder die gefakte Mondlandung glauben. Verschwörungstheorien dieser Art kenne ich, seit es das Web gibt, aber es war – mit einer Ausnahme – immer nur ein kleines Häuflein Bekloppter, das sich an sie klammerte. Die Ausnahme war 9/11. Erinnern Sie sich noch an die Bestsellererfolge von Verschwörungstheoretikern wie Matthias Bröckers?

    9/11 und die Flüchtlingskrise haben einen Schockeffekt gemeinsam, aber beides ist wohl nicht der Grund, sondern bloß ein Auslöser für die Wut und die Verschwörungstheorien gewesen, die sich um beides ranken. Der eigentlich Grund ist ziemlich klar fehlendes Vertrauen, denn es ging ja auch bei 9/11 darum, dass der offiziellen Version nicht geglaubt wurde.

    Das Internet samt seinen oft zweifelhaften Informationsquellen kann niemand wegzaubern. Wenn die Medien wollen, dass ihnen trotzdem geglaubt wird, kommen sie in ihrem momentanen Zustand bei mehr Medienkompetenz eher noch vom Regen in die Traufe, denn dann müssten ja noch viel mehr von ihren Fehlern bemerkt werden, was zu noch mehr Vertrauensverlust führen würde. Also führt so oder so kein Weg daran vorbei, dass die Medien bei sich selbst anfangen müssen. Nur, wie bringt man sie dazu, das einzusehen?

  58. #79 Robert
    Dezember 10, 2016

    Kassandra,
    Sie legen den Finger auf die Wunde. Die Medien sind kommerzielle Institutionen geworden, die ihre Kosten über Einschaltquoten decken müssen.
    Und da sie im Wettbewerb untereinander stehen, müssen sie sich gegenseitig mit marktschreierischen Überschriften die Kundschaft abjagen.
    Dabei geht nicht nur ihre Glaubwürdigkeit verloren,
    sondern sie zerstören ihren eigenen Berufsethos, nämlich die Öffentlichkeit zu informieren.
    Diese Aufgabe wird in einer Demokratie so hoch eingeschätzt, dass die Pressefreiheit vor den Privatrechten rangiert.
    Der Widerspruch liegt darin, dass sie einerseits eine staatstragende Funktion erfüllen müssen, anderseits sie erbarmungslos den Gesetzen dea Marktes unteliegen.
    Eine Lösung wäre, den Medien vom Staate her eine Existenzsicherung zu geben. Bei den öffentlich rechtlichen Anstalten haben wir diesen Zustand schon. Bei den Zeitungen müsste sie auch erfolgen und im Internet müsste auch eine öffentlich rechtliche Institution geschaffen werden.
    Das wichtigste ist, dass das Vertrauen der Bürger in die Medien wieder hergestellt wird.

  59. #80 Kassandra
    Dezember 10, 2016

    Eine Lösung wäre, den Medien vom Staate her eine Existenzsicherung zu geben. Bei den öffentlich rechtlichen Anstalten haben wir diesen Zustand schon. Bei den Zeitungen müsste sie auch erfolgen und im Internet müsste auch eine öffentlich rechtliche Institution geschaffen werden.

    Der Staat und seine Institutionen werden leider auch nicht für vertrauenswürdig gehalten würden. Wir stecken mittlerweile so tief in der Vertrauenskrise, dass sogar die Wissenschaft Federn lassen musste:
    https://www.wissenschaft-im-dialog.de/fileadmin/user_upload/Projekte/Wissenschaftsbarometer/Dokumente_16/04_Wissenschaftsbarometer2016_Vertrauen-Nutzen.png
    https://www.wissenschaft-im-dialog.de/fileadmin/user_upload/Projekte/Wissenschaftsbarometer/Dokumente_16/05_Wissenschaftsbarometer2016_Vertrauen-Themen.png

    Das will etwas heißen, denn normalerweise gilt die Wissenschaft als ein Bollwerk der Vertrauenswürdigkeit. Das schwindende Vertrauen hat natürlich auch wieder etwas mit der Wiedergabe von wissenschaftlichen Ergebnissen in den Medien zu tun, aber nicht nur. Dass in unserem Wissenschaftsbetrieb gewaltig der Wurm drin ist, kann man sich angesichts der bekannten Bedingungen ja an seinen zehn Fingern ausrechnen. Von Drittmitteln bis Kettenbefristungen.

    Eine Lösung der Vertrauenskrise speziell der Medien sehe ich jedenfalls so lange nicht kommen, wie sie darauf beharren, dass sie ja alles richtig machen und nichts an ihrem Vorgehen verändern müssen.

  60. #81 lindita
    Dezember 17, 2016

    Gestern habe ich das interessantes auf Spektrum.de gelesen

    https://www.spektrum.de/news/irrefuehrung-ist-so-schlimm-wie-luege/1432781

    Irreführen durch reine Wahrheit sagen.

    (Auch wenn hier keiner mehr schrebt)

  61. #82 lindita
    Dezember 17, 2016

    *was Interessantes

  62. #83 Dr. Webbaer
    Dezember 28, 2016

    Nur hierzu kurz:

    Irreführung ist so schlimm wie Lüge

    Irreführung ist nicht so ‘schlimm’ wie Lüge, denn durch die Auswahl von Datenlagen (“Fakten”) bestimmter angestrebter Sicht beizusprechen ist politischer Usus.

    Sozusagen zwingend notwendig im politischen Diskurs.

    Bei der Lüge gilt es zudem zu unterscheiden, ob die Unwahrheit bewusst (was schwer nachzuweisen ist) ausgesprochen worden ist oder in Unkenntnis der Umstände.

    Hanlon’s Razor greift hier:
    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Hanlon%E2%80%99s_Razor

    Sehr lustig vielleicht in diesem Zusammenhang diese Lebensweisheit von Homer Simpson:

    Zum Lügen gehören immer zwei, einer der lügt und einer, der sich belügen lässt.

    HTH (“Hope to help”)
    Dr. Webbaer (der dezent formuliert den Standardmedien nicht mehr umfänglich glaubt)

  63. #84 Laie
    Dezember 31, 2016

    Nur durch Dummheit die verursachte Boswilligkeit zu erklären ist ja ein sehr menschlicher Ansatz und in vielen Fällen richtig.

    Trotzdem kann der Glaube an etwas sehr Dummes Böses hervorrufen. (z.B. Weil irgendein mutmas(s)licher Prophet was Dummes sagte und tat und ein anderer Dummer das aufschrieb, und neue Dumme dies heute noch verbindlich halten, das dort geschilderte Dumme erneut auszuführen?).

    Natürlich sind auch Fragen wie, “War ein mutmas(s)licher Prophet lediglich dumm, oder auch sehr böse?” nicht mehr eindeutig beantwortbar?

  64. #85 Dr. Webbaer
    Dezember 31, 2016

    @ Laie :

    Nun, es gibt zwei übliche Begründungen, warum Unwahres behauptet wird, die eine ist Böswilligkeit (in der Regel nicht nachzuweisen, es kann ja schlecht in den Unwahres Behauptenden hineingeschaut werden – er müsste sich schon selbst bekennen (bspw. über per WikiLeaks in die Öffentlichkeit gelangte private E-Mails >:-> )), und die andere ist Unkenntnis / Dummheit.

    In diesem Sinne ist es oft gut festzustellen, dass etwas Unwahres auf Grund von Unkenntnis / Dummheit gesagt oder geschrieben worden ist, und oft schlecht, dass gelogen worden ist.
    Denn die Lüge zu unterstellen, unterstellt auch Böswilligkeit.


    Heutzutage gibt es noch eine (modische) dritte Variante, und zwar wird manchmal Hass unterstellt, wenn Unwahres geschrieben oder gesagt worden ist.

    Dies ist nicht “so-o” gut, denn es liegt dann Psychologisierung einer Person mit ihrer Emotionalität vor und diese Psychologisierung ist sehr schwierig.
    Fernpsychologisierung dürfte zudem gar nicht gehen. [1]

    MFG
    Dr. Webbaer

    [1]
    Und endet idR darin, dass der Psychologisierende zuvörderst über sich selbst (!) redet und schreibt, über seine Projektionen öffentlich berichtet.
    Und dies oft unbewusst.
    🙁

  65. #86 Dr. Webbaer
    Dezember 31, 2016

    PS @ Laie :

    Ansonsten kann alles Mögliche ‘Böses hervorrufen’, also unschicklich sein, auch wahre Aussage.

  66. #87 lindita
    Januar 1, 2017

    Frohes Neues Jahr!

    @ Dr. Webbaer

    “Irreführung ist nicht so ‘schlimm’ wie Lüge, denn durch die Auswahl von Datenlagen (“Fakten”) bestimmter angestrebter Sicht beizusprechen ist politischer Usus.”

    Die Empfindung ist so schlimm wie bei einer Lüge.

    Ich finde, es ist sogar komplizierter. Bei einer Lüge kannst du mit Fakten kommen, bei ausgewählten Fakten bleibt ein subtiles Gefühl des angelogen werdens. Argumentation und Beweisführung muss hier Umwege gehen und dabei aufpassen nicht in Paranoia oder Verschwörungstheorie abzugleiten.

    Spätestens wenn man auf Grund ausgewählter Fakten Entscheidungen trifft und sie unerwartete Konsequenzen bringen, sieht man den Wert solcher Fakten, der sich vom Wert einer Lüge in seiner Konsequenz nicht unterscheidet.

  67. #88 Dr. Webbaer
    Januar 4, 2017

    @ Lindita :

    Frohes Neues Jahr!

    ‘Irreführung’ meint ja wohl die ‘Auswahl von Datenlagen’ (s.o.), die eine bestimmte Meinung bestätigen und bewerben soll.

    Beispiel:
    Der US-amerikanische Wahlkampf ist in vielen Medien, insbesondere in bundesdeutschen, in weiten Teilen durch die Beibringung tatsächlicher oder vermeintlicher Fehlleistungen aus dem Hause Donald J. Trump begleitet worden.

    Einige dieser Fehlleistungen eines 70-jährigen Lebens sind anzuerkennen, anderen, vermeintlichen, kann gegen-geredet, gegen-argumentiert werden.
    D.h. derartiger Irreführung kann im Streit, in der Argumentationsführung entgegengetreten werden.

    Die Politik, wenn sie parteiisch ist, dies ist sie oft, ist insofern immer irgendwie irreführend, d.h. die kritische Abnehmerleistung bleibt angefordert.


    Problematisch wird es bei der heutzutage zunehmend feststellbaren Emotionalisierung der pol. Debatten, wenn Hass unterstellt wird und so, hier kann schlecht gegen-geredet werden, denn die Püschologisierung ist ein mächtiges Werkzeug die Menge meinend.
    Demagogie in negativer Konnotation ist hier gemeint, vs. Leadership (Demagogie meint eigentlich Leadership).

    Außer eben im Grundsätzlichen hier aufzuklären, wie ansatzweise in Kommentar #84 versucht.

    MFG
    Dr. Webbaer

  68. #89 Andreas Ostheimer
    https://www.ostheimer.at
    Februar 1, 2017

    Danke, sehr interessante Einsichten. Die Nähe der Menschen, die sonst nie miteinander reden würden ist auf FB und Twitter natürlich extrem gering. Auf Twitter gibt es dann noch das drastische Phänomen, dass man sich in Unterhaltungen von hochrangigen Politikern einfach so einmischen kann. Gab es so noch nie!