Heute war wieder so ein Sonnentag. Am Morgen hatte ich noch darum gefürchtet heute den ganzen Tag am Computer zu sitzen, dann ging aber alles ganz schnell.
Seit dem Sommer habe ich OpenOffice Spreadsheets mit Daten gefüttert. Die letzten drei Wochen habe ich bestimmt vier Stunden täglich damit verbracht Daten einzuhacken. Diese Woche waren es sechs Stunden täglich und Donnerstag und Freitag 11 Stunden. Geschafft. Heute Morgen stand die Datenbank, alles stimmte und die Abfragen in phpMySQL liefen wie geschmiert.
Worum ging es? Ich habe alle mir zugänglichen Literaturzitate zusammengetragen in denen dokumentiert ist, wo und in welcher Schicht ein ordovizischer Cephalopode gefunden wurde. Vor mir hat das mein werter Kollege Theo Engeser schon seit ungefähr 15 Jahren getan. Das Problem war nur, diese Daten lagen in per Hand geschriebenen html-sheets vor, die statistisch nicht verwertbar waren (sie sind vielleicht bald hier im Netz zu finden). Ich habe die Daten in eine Datenbank übertragen und auf den aktuellen Stand gebracht. Jetzt habe ich ca. 5000 Datensätze. Das heißt 5000 mal wurden ordovizische Cephalopoden gefunden und mit Art und Genusname versehen und dokumentiert. Das sind jedoch nicht alle Funde, es fehlen die chinesischen. Yunbai Zhang aus Nanjing wird das hoffentlich in den nächsten Wochen schaffen.
Damit kann ich nun zum erstenmal die globale Diversitätsentwicklung der Cephalopoden während dem Ordovizium abschätzen. Das ist ein extrem wichtiger Puzzlestein für das Verständnis der Ordovizischen Radiation, da die Cephalopoden damals an der Spitze der Nahrungskette standen. Sie waren die größten Tiere und viele von ihnen waren Räuber.
Natürlich habe ich heute morgen gleich mal die ersten Daten berechnet. Das geht schnell, dank der wunderbaren Software von Steve Holland mit der ich eine standartisierte Diversitätskurve berechnen kann. Die Methode nennt sich Rarefaction und man kann sich das in etwa so vorstellen, dass aus meinen Daten für jede Zeiteinheit zufällig eine feste Anzahl von Funden gelost wird mit denen dann die Diversität brechnet wird. Schnell ging auch die erste Berechnung anderer Maße zur Diversiätsabschuatzung mit dem Programm EstimateS.
(Wer sich einen Überblick über die biologischen Methoden der Diversitätsberechnung verschaffen möchte, dem sei unbedingt Anne Magurrans Measuring Biological Diversity angeraten.)
Die nächsten Wochen werden also spannend für mich, weil ich jetzt die Daten endlich beginnen kann auszuwerten. Eins zeichnet sich schon ab: Die Diversitätsnentwicklung der ordovizischen Cephalopoden ist sehr speziell. Es gab bereits im untersten Ordovizium eine sehr rasche Radiation der Genera und dann hielt sich ein gewisses Niveau bis zum späten Ordovizium. Es gibt jedoch vermutlich keinen klaren Diversitätsanstieg an der Wende Mittel- Oberordovizium, wie das von anderen Organismen bekannt ist.
Gut, darüber sollte ich ein anderes Mal schreiben. Jedenfalls lag ich den Nachmittag über, wie es sich gehört in Lille im Park in der Sonne und es fühlte sich an, wie nach einem Marathon.
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