Beatrice von Neurons hat heute meinen Nerv getroffen. Sie fragt sich (und uns), was macht gutes Scienceblogging aus und spricht die Heterogenität an, von dem was Wissenschaftsbloggen sein kann.
Angeregt wurde Beatrice von einem Beitrag von Monika Armand. Natürlich mach ich mir jeden Tag darüber Gedanken, weil ich ja Blogge, und zwar als Wissenschaftler. Es wird also mal Zeit, dass ich dazu nun auch mal was blogge.
Ich habe den Eindruck, dass im deutschsprachigen mehr Wissenschaftjournalisten über Wissenschaft bloggen, als aktive Wissenschaftler. Das macht ja einen großen Unterschied. Ich stelle mir Wissenschaftsjournalismus in etwa so vor: Die Journalisten graben die Wissenschaftsszene danach ab Themen, Artikel, neue Erkenntnisse etc zu finden, die sie dann in ihr Produkt umwandeln können. Die Motivation die dahinter steht ist sicherlich eine bestimmte inhaltliche, ethische, politische etc., Wissenschaftsjournalismus muss aber immer ein breites Publikum erreichen und Wissenschaft ins Populäre übersetzen (nicht das er dabei immer populär sein müsste). Monikas Zitat zielt darauf ab:
Will ich das? Die Antwort darauf ist gar nicht so einfach. Klar fände ich gut, dass viele Leute meine Beiträge spannend finden. Wenn ich es mir aber zum Ziel mache, meine Arbeit dem breiten Publikum zu übersetzen mache ich Wissenschaftsjournalismus. Ich bin aber Wissenschaftler und habe nur ein begrenztes Interesse daran, sagen wir die „Ordovizische Radiation“ jemandem beizubringen dem „Ordovizium“nichts sagt. Meine Leserschaft wird daher immer recht klein bleiben. Für mich stellt sich tatsächlich jedes Mal wenn ich einen Beitrag schreibe die Frage, was ich damit will. Meiner wissenschaftlichen Karriere ist es vermutlich nicht förderlich, die wird nach Anderem bemessen, und davon hält mich mein bloggen eher ab.
Was will ich also? Und um auf Beatrices Frage zu kommen: Wann, meine ich, habe ich einen guten Artikel geschrieben?
Für mich ist das Bloggen in erster Linie ein Mittel Aspekte meiner wissenschaftlichen Arbeit zu kommunizieren, die im wissenschaftlichen Vortrag, im Paper nichts zu suchen haben. Wenn ich einen biologischen Artikel über Tarnung lese, und mir dabei eine Geschichte von Ingo Schulze einfällt einfällt, oder ich über die Muskelansätze primitiver Cephalopoden forsche und ich an Vlussers Buch denken muss, dann gibt es dafür den Raum in meinem Blog. Genauso, wenn es darum geht den Sinn und Unsinn der Citation Indizes zu diskutieren. Einen Artikel finde ich gut, wenn es mir inhaltlich, sprachlich und mit schicken Links gelungen ist selbst beim Schreiben etwas dazu zu lernen. Noch besser fände ich, wenn es Leute antickt und die das mitteilen und es zu einer Diskussion kommt. Ein verlängerter Cafetisch sozusagen.
Einen Blogger der das so ähnlich (und viel professioneller) macht ist zum Beispiel der Evilutionary Biologist. Was Anderes ist zum Beispiel PZ Myer, der kommt mir eher vor wie ein embedded Wissenschaftsjournalist (was auch nicht schlecht ist).
Ich bin nun bei jedem Artikel gezwungen, und umso mehr, als ich ja jetzt auf Scienceblogs bin, was ein kommerzielles Projekt ist, nachzudenken inwieweit ich Wissenschaftsjournalismus betreibe, oder sagen wir einfach mal einen Beitrag über meine Verfassung nach nem Marathon reinstelle. Es geht auch um die Frequenz des Bloggens. Ich habe nicht alle drei Tage etwas was ich unbedingt schreiben müsste.
Ich für meinen Teil bin noch dabei einen guten Mittelweg zwischen Wissenschaftsjournalismus und Cafetisch zu finden. Ich habe den Eindruck Ludmila Carone geht es ganz ähnlich. Ich finde es allerdings immer noch schade, dass es so wenige Kollegen gibt die bloggen. Bloggen ist für mich ein wissenschaftspolitisches Instrument und ich bin jedes Mal begeistert wenn ich sehe wie es da drüben abgeht, wie demokratische Wissenschaftskultur praktiziert wird (bei dieser Diskussion zum Beispiel). Das ist für mich auch ein Qualitätsmerkmal; ein Bloggen, dass zum sich einmischen anregt. Es gibt viel zu viel Wissenschaftsjournalismus und viel zu wenige öffentlich diskutierende Wissenschaftler. Manchmal werde ich das Gefühl nicht los, das ist ein deutsches Phänomen.
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