Bloggen auf Fach-Chinesisch geht das?

Gerade habe ich es endlich mal geschafft mich durch die vielen spannenden Kommentare von Monika Armands „Was erwarten Sie von einem “Wissenschaftsblog?” zu lesen und bemerkt, dass dort mein bisweiliges Fachchinesisch auf ziemliches Unverständnis stößt und sogar als arrogant ausgelegt wird.

Das trifft einen interessanten Punkt: Corax sagt da, wir Wissenschaftler hätten so etwas wie ein Verpflichtung unsere Arbeit den anderen Leuten verständlich zu vermitteln, jedenfalls wenn wir bloggen.

Ich stimme Corax vollkommen darin überein, dass Wissenschaft außerhalb der Akademia diskutiert werden muss und die Wissenschaftler ihr, mit öffentlichen Geldern produziertes, Wissen kommunizieren müssen. Trotzdem schreibe ich manchmal Artikel die viele potentielle Leser einfach zum weiterklicken veranlassen. Warum?

Manchmal geht ein Artikel einfach daneben, wenn ich gerne möchte, dass möglichst viele meinen Text verstehen können und ich nicht bemerke, dass ich auf Fach-Chinesisch schreibe. Das ist vielleicht mal entschuldbar sollte mich aber anspornen meine skills zu verbessern.

Manchmal mache mich mir wenig Gedanken darüber an wen ich den Text eigentlich adressiere den ich gerade schreibe und das Resultat ist schwer lesbar und interessiert niemanden. Auch das ist eigentlich ziemlich blöd.

Manchmal schreibe ich einen Text in dem ich Fachtermina benutze, davon ausgehe, dass Viele die nicht verstehen, lasse die aber drin, weil ihr nicht-Verständnis meine gewollte Message kaum beeinflusst, die Lesbarkeit nicht unbedingt stört und den Text gleichzeitig vielschichtiger für Eingeweihte macht.

Manchmal schreibe ich Texte, die nur Eingeweihte verstehen und von denen ich annehme, dass sie nur für Eingeweihte interessant sind.

Manchmal schreibe ich Texte, die hauptsächlich an mich gerichtet sind, wenn ich sie nach einem Jahr oder so wieder finden sollte.

Das ich mir diesen ganzen Luxus leisten kann (Fehler, Verzopftheit, Texte die niemanden interessieren, Introvertiertheit) hat einen Grund: Ich schreibe ein Blog.

Manchmal schreibe ich für Zeitungen, manchmal halte ich öffentliche Vorträge. Dann kann ich mir diesen Luxus nicht leisten (will ich auch nicht). Dann stehe ich in Verantwortung denjenigen gegenüber die sich die Zeit genommen haben zu meinem Vortrag zu kommen, oder welche die Zeitung kaufen, weil sie sich etwas Bestimmtes davon versprechen. Aber in meinem Blog kann jede und jeder einfach wegklicken und es kostet nix, nichtmal Zeit.

Man darf darf natürlich auch anklicken.

Das ist für mich Wissenschaftsbloggen, eben mehr als Wissenschaftsjournalismus.

Kommentare (9)

  1. #1 Monika
    März 5, 2008

    Damit dürftest Du auf überaus sympathische Weise mit einem Missverständnis aufgeräumt haben ;-))

    Irgendwie sind wir alle Pioniere, wenn es um das Wissenschaftsblogging geht und als Leser ist ein Urteil schnell und leicht gefällt. Da der Schriftsprache die paraverbale Note (= der Stimmklang) fehlt, wird manches, was wir schreiben fehlinterpretiert. Ich denke, dass wir ein Stück weit mit diesen kleinen Frustrationen leben müssen und – sofern uns jemand ein solches Missverstehen zurückmeldet – können wir es ja korrigieren. Irgendwo hatte ich mal kommentiert, dass wir vielleicht (ähnlich wie in den Burda Nähmagazinen) etwaige Schwierigkeitsgrade / Anspruchsniveaus unserer Beiträge mit Sternchen oder Stufen kennzeichnen (damit auch unsere Leser ihre Frustrationstoleranz nicht überstrapazieren müssen ;-)). So könnte man leicht und ohne Vorbildung verständliche Texte, Texte mit etwas Vorkenntnissen und Texte auf hohem Niveau in Wissenschaftssprache verfassen und entsprechend kennzeichnen…..
    Allerdings:
    Ich hatte einen Versuch in meinem Neurowissenschaftsblog gestartet und den Forschungsstand zur Pubertät auf dem Niveau 1 oder 2 Punkt geschrieben (zumindest glaube ich das ;-)). Hatte gleich noch eine Befragung darunter gesetzt, was die Leser dazu meinen. Einer hat seine Stimme abgegeben, kein Leser hat kommentiert (obwohl die Beiträge lt. meiner Analyseprogramme eifrig gelesen worden waren). Also hätte ich das Ganze wohl bleiben lassen können.

    Insofern bin ich wieder zu meiner “normalen” Art der Bloggerei zurückgekehrt, denn die beiden Beiträge so zu verfassen war doch ziemlich anstrengend und zeitaufwendig. Insofern ist die von Dir oben beschriebene Mischung doch enorm sympathisch. Ich schätze, dass die meisten Wissenschaftsblogger genauso denken. Und der kleine, nicht repräsentative Ausschnitt in den Kommentaren zum Wissenschaftsblogging geht auch in diese Richtung…..

  2. #2 Don Quijote
    März 5, 2008

    Ich kann dir da nur voll zustimmen.

    P.S.: Ausserdem habe ich jetzt Ordovizium gegoogelt und kann mir jetzt unter dessen Radiation auch etwas vorstellen. So kompliziert war das gar nicht und das obwohl ich kein Chinese vom Fach bin.

  3. #3 corax
    März 5, 2008

    Herr Kröger,

    da ist irgendwie etwas durcheinander geraten.
    Ich forder(t)e von der „Wissenschaft“ als solches, eine sporadische Rückmeldung an „Normalsterbliche“ was sie denn, in groben Zügen umrissen, so treibt. Das kann von mir aus ruhig ein als „Pressesprecher“ abkommandierter Mitarbeiter tun. Ich fordere nicht von einzelnen Wissenschaftlern Rapporte. Über Sie hatte ich mich damals (vor 3 Wochen?) geärgert, weil Sie genau zu diesem Zeitpunkt einen Artikel geschrieben haben in dem Sie sinngemäß äußerten, sich nicht an interessierte Laien wenden zu wollen.
    Davor haben Sie in einem Artikel beschrieben, dass Sie mühsam Daten in eine Datenbank zusammengetragen haben, und erst jetzt mit der eigentlichen Arbeit beginnen können. Dazu hatte ich ausdrücklich erwähnt, dass mir das einleuchtet, und Sie gerne die nächsten Jahre in Ruhe forschen sollen.

    Ich glaube ein Missverständnis ist mir eben erst klar geworden. Sie sagen, Sie schreiben ein Blog, teilweise nur für sich selbst und jeder kann ja einfach wegklicken. Das mag durchaus richtig sein, ich finde Ihre Artikel aber hier im Reader unter der Gemeinschaftsplattform „Scienceblogs“. Und da bin ich natürlich bisher davon ausgegangen, nur Artikel zu finden die sich an eine breite Leserschaft wenden. Da müssten Sie dann in Zukunft vielleicht irgendwie dafür sorgen, dass Artikel von Ihnen, die sich nur an Eingeweihte wenden oder ihnen als Gedankenstütze dienen sollen, nicht auf dieser Plattform gelistet werden. Das war mir nämlich bis vorhin nicht klar, dass hier auch Artikel erscheinen die sich gar nicht an ein breite Öffentlichkeit wenden.

    Generell zum „Fachchinesisch“. Man kann natürlich nicht erwarten, dass jeder Laie jeden Artikel versteht, dann wäre er ja auch kein Laie, zumindest hobbymäßig sollte man sich mit dem Thema schon auskennen. Ich kann Biologie-Themen z.Bsp. ganz gut folgen, verstehe bei Mathematik aber eigentlich immer nur Bahnhof, egal wie ausführlich das erklärt wird, das war schon in der Schule so und wird sich auch nicht ändern. Und anderen Lesern ergeht es dann halt genau umgekehrt.
    Nur auf extremes „Bullshitbingo“ wie besonders in der Werbeindustrie sollte man nach Möglichkeit verzichten (imho).

    MfG corax

  4. #4 Christian
    März 6, 2008

    Meine Güte, immer wieder die gleichen Diskussionen, sowohl auf ScienceBlogs als auch in anderen Blogs und auf anderen Plattformen. Langsam ärgert mich das Thema so sehr, dass es mich fast schon in den Fingern juckt, meinen aktuellen Blogartikel nach hinten zu schieben, nur um mich mal in aller Ruhe über das Thema Wissenschaftsblogging auszulassen… 🙂

    Meine Ansicht nach sollte man als bloggender Wissenschaftler gar nicht erst versuchen sich andauernd zu rechtfertigen. Ein Blog ist das Ergebnis eines persönlichen, kreativen Schreib- und Denkprozesses und kommt weder mit dem Anspruch eines “Peer Reviewed Paper” auf der einen Seite noch dem der perfekten “öffentlichkeitswirksamen” Wissenschafts-PR auf der anderen Seite daher. Meines Wissens nach hat es seit den Anfängen der Blogosphere noch nie ernsthafte Forderungen gegeben, Bloggern bestimmte Themen oder die Verwendung eines bestimmten Schreibstils oder Wortschatzes vorschreiben zu wollen. Weder bei Politik-Blogs noch bei Umwelt-Blogs oder bei Kunst-Blogs wird nach generellen Maßstäben und Richtlinien gerufen, aber bei Wissenschafts-Blogs wird der Ruf nach Regeln langsam scheinbar immer lauter…. Gerade beim Thema “Moderner Kunst” verstehe ich z.B. häufig auch nur Bahnhof – und auch in diesem Bereich werden bekanntermaßen Steuergelder ausgegeben. Es wäre dennoch grober Unfug, wenn ich mich nun an jeden Kunst-Blog-Betreiber mit der Forderung wenden würde, dass gefälligst nur allgemeinverständliche Blogposts unter Auslassung aller Fachtermini zu erfolgen haben, denn diese gehören nun mal dazu. So auch beim Wissenschaftsblogging.

    Im Grunde ist das doch reiner Irrwitz. Ein Wissenschafts-Blog ist meines Erachtens nach nichts weiter als das persönliche Web-Tagebuch eines Wissenschaftlers, in dem sie oder er über die eigene Arbeit berichtet, über interessante Entwicklungen im Fachgebiet oder eben aber über alles andere, was sie oder ihn momentan gerade umtreibt. Wie kommen wir dazu, allen Ernstes eine Diskussion führen zu wollen, welcher Ausdrücke man sich beim Schreiben solcher Blogposts bedienen darf oder aber über welche Themen man zu schreiben hat? Ein Wissenschaftsblog ist weder eine wissenschaftliche noch eine populärwissenschaftliche Veröffentlichung im engeren Sinne – und schon gar kein “Rechenschaftsbericht für Steuerzahler” (?)

    Den letzten beiden Abschnitten zum Stichwort “Luxus eines Blogschreibers” kann ich daher nur zustimmen: Blogs sind eben keine öffentlichen Vorträge oder Bücher und sind daher auch nach anderen Maßstäben zu beurteilen. Die Verwendung von Fachausdrücken durch einen Fachmann als “Bullshitbingo” zu verurteilen, halte ich darüber hinaus für sehr gewagt. In der Werbeindustrie mag man zwar begriffsmäßig öfter mal über die Stränge schlagen, die Gleichsetzung mit der Wissenschaft greift aber meines Erachtens nach nicht, denn hier sind Fachausdrücke manchmal einfach angebracht und auch notwendig….

  5. #5 Fischer
    März 6, 2008

    Man hat bei blogs natürlich auch die Möglichkeit, bei Fachbegriffen, um die man nicht herumkommt, eine Erklärung zu verlinken. Ich bin auch der Meinung, dass man zwar verständlich schreiben sollte, aber eben auch vom Leser verlangen kann, kurz Sachen nachzuschlagen, die er nicht kennt.

    Außerdem nehme ich es mir als Blogautor ganz dezidiert heraus, bestimmte Artikel für einen bestimmten Teil meiner Leserschaft zu schreiben, zum Beispiel so was hier:
    https://fisch-blog.blog.de/2007/11/22/ein_netter_kleiner_rekord_aus_der_chemie~3337973

    Das interessiert natürlich nur Spezialisten, aber solang man das nicht dauernd macht ist sowas vollkommen OK.

  6. #6 L. Carone
    März 6, 2008

    Ich denke auch, die Mischung macht’s. Außerdem erbitte ich ein bisschen Nachsicht. Es ist doch so, dass jeder auf die eine oder andere Weise Fachchinesisch verwendet und dummerweise merkt man das selber oft gar nicht. Man kann auch nicht bei jeder Wissenschaftsgeschichte bei Adam und Eva anfangen, weswegen ich öfter mal auf Wikipedia verlinke und versuche die Sachen möglichst so zusammenhängend zu schreiben, dass sie auch so verstanden werden können.

    Dass Björn neben seiner begrenzten Zeit als Hobby tatsächlich mal in die Öffentlichkeit geht, ist doch schon mal ein großer Schritt und kein selbstverständlicher. Machen wir uns nichts vor. Seinen Fachkollegen wird das in der Mehrheit egal sein oder sie werden gar die Nase rümpfen, aber die bestimmen letztendlich das Weiterkommen. Bloggen ist also nicht gerade karrierefördernd.

    Was ich total vermisse, ist positives Feedback von außerhalb. Hier tummeln sich ja doch eher die Wissenschaftsblogger.

    Ich bin derzeit doch etwas frustriert, weil die ganze Schreiberei – soviel Spaß mir das auch macht – Zeit auffrisst und ich irgendwie langsam das Gefühl bekomme, in den luftleeren Raum zu schreiben. Interessiert irgendjemand da draußen überhaupt, was wir hier schreiben? Ich hab derzeit wirklich den Eindruck gar kein oder eher negatives Feedback von den Laien da draußen zu bekommen, aber gerade die wollen wir doch erreichen und nicht (nur) Kaffeegespräche in einem elitären Zirkel führen, in den sich keiner reintraut.

  7. #7 corax
    März 6, 2008

    @ Christian

    Und ich hab genauso die Schnauze voll, mich für Dinge rechtfertigen zu müssen, die ich nicht gesagt habe. Wo bitte schön werfe ich hier jemandem vor „Bullshitbingo“ zu betreiben? Aus den vorausgegangenen Sätzen sollte wohl hervorgehen, dass ich genau dies hier nicht so sehe. Rede ich vielleicht „fachchinesisch“ oder wieso wird andauernd aus meinen Kommentaren ein Angriff abgeleitet?

    Nochmal: Ein grundlegendes Missverständnis scheint wohl daher zu rühren, dass hier unter der Plattform „Scienceblogs“ sämtliche Artikel der gelisteten „privaten“ Blogschreiber hier auftauchen. Aber Leser wie ich, irrtümlich davon ausgehen mussten, dass hier alle Artikel für eine breite Öffentlichkeit gedacht sind.

    Ich darf mal zitieren was man rechts oben über ScienceBlogs zu lesen findet:

    „Auf ScienceBlogs schreiben Forscher, was sie bewegt. Journalisten veröffentlichen unredigiert. Das ist die Basis für einen neuen Dialogaus erster Hand über die Rolle der Wissenschaft in der Politik, Religion, Philosophie, Kunst und Wirtschaft.

    […]

    ScienceBlogs ist das Portal für diesen weltweiten Dialog – der digitale Salon führender Blogger unterschiedlicher Fachbereiche. Sie präsentieren, kommentieren und diskutieren aktuelle Themen.“

    Hervorhebungen von mir.

    Das einige Artikel hier sich gar nicht an Nichtfachleute wenden, sondern nur an Experten aus dem eigenen Lager kann man doch nicht ahnen, das muss einem dann schon mitgeteilt werden. Dann hätte ich mich auch nicht irrtümlich über die „scheinbare Arroganz“ einiger Autoren hier ausgelassen, wenn mir klar gewesen wäre, dass mancher Artikel hier gar nicht für mich als interessiertem Laien gedacht ist.
    Steht mir dann natürlich nicht zu, muss man aber erst einmal wissen.

    Und das mit dem „Rechenschaftsbericht für Steuerzahler“ ist auch nicht auf meinem Mist gewachsen, damit das schon mal klar ist. Das hat jemand anderes in die Ursprungsdiskussion eingebracht und davon hab ich mich auch schon dreimal distanziert.

    Und nochmal: Ein blog ist vom Ursprung her ein rein privates Tagebuch, das man ursprünglich einer kleinen Leserschar zur Verfügung stellt. Dann kann man das aber auch nicht einfach so unkommentiert unter solch einem Dach veröffentlichen.
    Ich rechne in einer öffentlichen Bibliothek oder einem Zeitungskiosk ja auch nicht damit, dort persönliche Notizen oder Tagebücher vorzufinden.
    Ich hab hier in meinem Feedreader „ScienceBlogs“ stehen und darunter tauchen lauter Artikel auf ohne dass da Anmerkungen dran stehen, an wen sich die wenden.

    Wünsche allen noch einen schönen Tag.

  8. #8 Monika
    März 6, 2008

    @ Christian
    Und anders herum gesehen, steht es ja – wie Björn so schön formuliert hat (weiter klicken bei……) jedem frei, da weiter zu klicken, wo man sich nicht angesprochen, genervt, oder überfordert fühlt…… Eine schlichte und brilliante Idee….und angesichts der Informationsflut im www auch eine notwendige “Schutzmaßnahme” ;-))

    Nachdenklich stimmt mich Vinzenz Schönfelders aktueller Beitrag in Brainlogs und die aktuellen Nachrichten zu Wissenschaftsfälschungen. Müssen sich da nicht auch Wissenschaftsblogger fragen – neben der hier geäußerten Frage der Präsentation – , in welcher Form sie “verantwortlich” mit wissenschaftlichen Annahmen, Fakten oder Pseudowissenschaftlichem umgehen möchten? Denn mancher Leser meint, wenn ein Blog von einem Wissenschaftler betrieben wird, sei auch wissenschaftlich Fundiertes zu erwarten. Was passiert mit Wissenschaftlern und ihren Lesern, wenn Wissenschaftler zwar unter dem “Label” Wissenschaft posten, echte Wissenschaft aber nur zum Teil enthalten ist??

  9. #9 Christian
    März 7, 2008

    @Monika: Ich denke (hoffe) nicht, dass dieses Problem wirklich existiert.

    Erstens fällt es mir immer relativ leicht, persönliche Blogartikel von fachlichen Artikeln zu trennen. Wenn z.B. Ludmilla über die Mondphasen oder die Mars-Erkundung bloggt ist mir klar, dass es sich um die sachlich fundierte Aussage einer Expertin handelt, wenn sie über ihre Gedanken zu den Problemen von Rollstuhlfahrern oder zum Tragen von Fahrradhelmen schreibt ist andererseits doch sofort klar, dass es sich eher um private Gedanken handelt (auch wenn ein wissenschaftlich geschulter Mensch wie Ludmilla auch bei Fragen außerhalb des eigenen Fachgebiets vermutlich methodischer denkt – aber das war ja eigentlich gar nicht das Thema).

    Zweitens glaube ich nicht, dass ScienceBlogs als wesentliche Anlaufstelle für wissenschaftliche Recherchen dient. Mal ehrlich: Wenn jemand sich z.B. über den Stand der Genom-Forschung kundig machen möchte, wird er doch zu anderen Quellen greifen anstatt auf ScienceBlogs zu surfen und dann zu suchen, ob jemand zufällig genau zu diesem Thema in den letzten Wochen einen Blogpost verfasst hat. Andererseits – wenn ich bedenke, wie viele studentische Arbeiten die Wikipedia zitieren kann ich mir da natürlich nicht sicher sein….

    Drittens halte ich es für übertrieben von einem Wissenschaftler zu verlangen, dass er oder sie sich ausschließlich “wissenschaftlich” äußern darf oder sollte. Im Falle von Björn würde das beispielsweise bedeuten, dass er in jedem Blogartikel, auf jeder Webseite, in jedem Leserbrief etc. aus dem auch hervorgeht, dass er wissenschaftlich tätig ist, bestimmte Regeln des wissenschaftlichen Diskurses einhalten müsste, auch wenn das Thema von Blogpost/Webseite/Leserbrief/etc. nichts mit seiner Arbeit zu tun hätte. Mit anderen Worten: Bloss weil ein Wissenschaftler unter dem “Label” des Wissenschaftlers postet, also seinen Beruf nicht verbirgt, muss er doch nicht ausschließlich “wissenschaftlich” posten, gerade wenn es um andere Themen geht….

    Meines Erachtens nach sieht es eher so aus: Wenn Leute wie Ludmilla oder Björn sich neben ihrer Arbeit noch die Zeit nehmen, hobbymäßig einen Blog zu betreiben, dann ist das zunächst mal erfreulich, da auf diese Weise interessierten Nicht-Fachleuten die Möglichkeit gegeben wird, einen kleinen Einblick sowohl in die Arbeit als auch in das Leben eines Wissenschaftlers zu werfen. Das berufliche Risiko ist nicht gerade gering, da man die Artikel auch in 20 Jahren noch auffinden dürfte und ein “Patzer” hier sehr viel länger “erhalten” bleibt als ein Fehler in irgendeinem Aufsatz oder Paper in einer alten Zeitschriftenausgabe oder einem Tagungsband der längst vergriffen ist. Da zudem aus offensichtlichen Gründen nicht jeder Blogpost einen Peer-Review durchlaufen kann, ist damit zu rechnen, dass es eben auch mal zu “Patzern” kommt. Und was manche “karrierewichtige” ältere Professoren von “Blogging” halten, möchte ich ehrlich gesagt lieber gar nicht wissen…. Dass sich dennoch Wissenschaftler finden, die mit diesem Risiko leben und offen über das schreiben, was ihnen so durch den Kopf geht ist doch eine positive Sache – und nun die ganz strengen Regelbücher auspacken zu wollen und jeden Blogpost nach allen Regeln der Kunst auseinanderzunehmen – naja, dass muss doch eigentlich nicht sein…

    @Ludmilla: Wie der Blick auf die Top5 zeigt, hast Du doch mit die meisten Leser und Kommentatoren im Blog – und die Zugriffszahlen von ScienceBlogs insgesamt lassen doch darauf schließen, dass hier mitnichten nur ein kleines Fachpublikum mitliest. Ich würde eher vermuten (befürchten), dass sich der Mangel an Kommentaren darauf zurückführen lässt, dass die Diskussionen hier leider oft einen “gefühlt feindseligen” Ton annehmen und sowohl die Kommentatoren selbst als auch die Autoren in ihren Antworten oft sehr kritisch sind (das zeigt ja auch die ganze Diskussion hier, die ja im Grunde nur aufgrund der vielen Kritik losgetreten wurde). Vielleicht verschreckt dass ja einige, die sich gleich gar nicht erst zu Wort melden weil sie befürchten, ohnehin “niedergemacht” zu werden. Ich würde mich – mit Verlaub gesagt – gerade bei “aufgeladenen” Themen wie der Evolutionslehre auch mit manchem unserer Blogger oder Kommentatoren nicht unterhalten wollen, wenn ich einen anderen Standpunkt zu vertreten hätte…