Keine Rakete kann auf so viel Geschichte zurück blicken, wie die Soyuz. Keine ist so oft geflogen. Schauen wir sie uns mal an.

Die Geschichte der Soyuz geht zurück bis in die Anfänge der Raumfahrt in Deutschland. Sowohl Amerikaner als auch Russen haben von der Technik in Deutschland genommen, was sie kriegen konnten. Nicht nur Technik, auch die Ingenieure selbst. Es sollte also niemanden überraschen, dass die ersten russischen und amerikanischen Raketen Nachbauten der V-2 waren die Soviets nannten diese R-1. Basierend auf dem gleichen Antrieb wie die V-2 baute man in den USA die Redstone, was auch die Rakete war mit der Alan Shepard zum ersten Astronauten wurde (auch wenn er dabei nicht die Erde umkreiste).

Die Technik der V-2 zeugt natürlich von dem Mangel an Erfahrung, den man in den 40er Jahren hatte. Der Gasgenerator der die Turbopumpe antreibt hatte zum Beispiel einen eigenen Treibstoff. Das hat den Nachteil, dass das System schwerer und komplexer wird. Aber es hat den großen Vorteil, dass man sich den Treibstoff für den Zweck aussuchen kann. Wir erinneren uns an die schon beschriebenen Probleme mit Rußbildung, Korrosion und schmelzenden Turbinenschaufeln.

Für die V-2 hat man zum Antrieb der Pumpe Wasserstoffperoxid eingesetzt. Das ist fast normales Wasser, nur mit einem Sauerstoffatom zu viel im Molekül, das dort eigentlich gerne weg will. Es will dort so verdammt gerne weg, dass es eine Unzahl von möglichen Substanzen gibt, die dafür sorgen, dass der Stoff sich selbst zerlegt. Konkret hat man es durch Einspritzung einer Lösung aus Kaliumpermanganat erreicht. Was entsteht ist reiner Sauerstoff und heißer Wasserdampf. Eine sehr angenehme Mischung zum Betrieb einer Turbine.

Beim Treibstoff hat man ebenso eher auf das Material als auf maximale Leistung geachtet, zumal man sich im Krieg nicht den Luxus erlauben konnte, zu spezielle Wünsche zu äußern. Zum Einsatz kam 75%iger Alkohol. (Der selbe Treibstoff wie beim Flug von Alan Shepard. Wenn man bedenkt, dass in so ein das Triebwerk grundsätzlich zu wenig Sauerstoff für eine vollständige Verbrennung eingespritzt wird, führt das zu der Feststellung, dass Shepard bei dem Flug eine ganz schöne Fahne hatte. Aber das nur nebenbei.)

Der Wasseranteil im Alkohol half vor allem, die Verbrennungstemperaturen niedriger zu halten und das Material zu schonen. Die Technik wurde weiter entwickelt und später kam in ganz ähnlichen Triebwerken reines Kerosin zum Einsatz. Nun war die V2 noch eine sehr kleine Kurzstreckenrakete. Mit der Entwicklung der ersten Wasserstoffbomben kam aber nun der Gedanke auf, die Bomben mit Raketen statt mit Flugzeugen zum Ziel zu bringen. Dazu brauchte man viel größere Raketen und stärkere Triebwerke.

In der Sovietunion hatte man dafür eine sehr pragmatische Lösung. Man entwickelte eine Brennkammer für Kerosin, die ähnlich groß wie des V2 Triebwerks war und eine vier mal leistungsfähigere Treibstoffpumpe, die aber noch die alte Technik einsetzte. Eine Treibstoffpumpe wurde mit vier Brennkammern verbunden und das ganze nannte man ein Triebwerk – das RD-107. (Hinzu kommen noch einige Steuerdüsen, die auch zum Triebwerk gehören.) So ein Triebwerk liefert 80 Tonnen Schub.

Mit diesem Triebwerk entwarf man eine Rakete, die zunächst aus einer zentralen Raketenstufe mit einem Triebwerk besteht, an der noch 4 Boosterraketen Raketen mit je einem weiteren Triebwerk montiert sind. Die Booster haben weniger Treibstoff als die zentrale Rakete und werden im Flug getrennt. Oben drauf kam eine Wasserstoffbombe mit rund 3 Megatonnen Sprengkraft. Die Reichweite mit der Bombe betrug 8800km, die Zielgenauigkeit aber nur 5km. (Daher die große Bombe. Wenn die Rakete das Ziel verfehlt, wird es trotzdem noch zerstört.)

Diese Rakete war die R-7 oder auch Semyorka. (Nachdem ich Jahre lang geglaubt habe, das wäre die russische Verniedlichungsform der Zahl “Sieben”, wurde ich endlich eines besseren belehrt. Danke LasurCyan. Ich schätze, diese falsche Erinnung entstand aus einer Verwechslung mit dem Raketenwerfer Katjuscha, der Verniedlichungsform von Katharina. Was geht: Mit vollem Selbstbewusstsein wilde Gerüchte in die Welt setzen.) Sie hatte 1957 der ersten Testflug und hat mit ihren Triebwerken noch immer den eindrucksvollsten Hintern der Raumfahrtgeschichte:

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Kommentare (8)

  1. #1 LasurCyan
    14. Mai 2015

    Semyorka (die russische verniedlichungsform der Zahl “Sieben”)

    Obwohl mein RussischUnterricht nun auch schon Jahrzehnte zurückliegt, kam mir das etwas ‘spanisch’ vor. Die niedlichen Verkleinerungsformen werden anders gebildet, nachgesehen – und siehe da: Septupel.

    Egal, ist jetzt die Möglichkeit mal für das schöne Blog zu danken. Ich habe bislang alles mit Freude und Interesse gelesen. Weiter so!

    • #2 wasgeht
      14. Mai 2015

      Danke. Ich hatte das so im Gedächtnis und war mir absolut sicher. Wenn man nicht wirkiich alles überprüft …

  2. #3 UMa
    15. Mai 2015

    “…zusammen mit dem ersten Raumschiff der Welt, dem Voskhod.”
    Da steht “First flight 16 November 1963.”
    Was ist mit Vostok?
    https://en.wikipedia.org/wiki/Vostok_%28rocket_family%29

    • #4 wasgeht
      15. Mai 2015

      Ok, wie rede ich mich da nun wieder raus? Ich habs:

      Vostok war gar kein Raumschiff. Ein Raumschiff ist es nur, wenn man drin bleiben kann, bis man wieder auf der Erde ist. Und Gagarin musste bekanntlich mit dem Fallschirm aus der Vostok Kapsel heraus springen.

      Uff, das war knapp.

  3. #5 A-P-O
    15. Mai 2015

    Werden eigentlich die Soyuz-Kapseln wiederverwendet?

    • #6 wasgeht
      15. Mai 2015

      Nein. Dafür wurden sie nicht gebaut. Die Kapsel ist ja nur eins von drei Modulen des Raumschiffs, und zwar das mittlere.

      Das hintere Modul (Service Modul) hat die Triebwerke und die Solarzellen. Das vordere ist das “Wohnmodul” das auch als Luftschleuse fungiert. Es ist weder groß noch komfortabel. Aber für den Flug zu einer Raumstation geht es.

  4. #7 dgbrt
    16. Mai 2015

    “wasgeht” fragen sich wohl auch gerade die Russen. Erst vor ein paar Tagen der Fehlschlag der Progress (auf Sojus) und heute eine Proton.

    Das Problem ist aber nicht die veralterte Technologie, da wird ja ständig weiterentwickelt, sondern die schlechte Qualitätskontrolle. Aber unsere Alte Dame erreicht die ISS heute schneller als das Space Shuttle das jemals geschafft hat.

    Achso: DANKE für diese interessanten “wasgeht” Beiträge!

    • #8 wasgeht
      16. Mai 2015

      Ja, es sieht alles in allem recht unschön aus. Allerdings war die Proton schon immer für ihre knapp-über-90%-Zuverlässigkeit berüchtigt. Dafür ist der Startpreis trotz der Versicherungsprämien recht niedrig.