Die Brennstoffzelle gilt seit wenigstens einem halben Jahrhundert als großer Hoffnungsträger für die Stromversorgung von Elektroautos. Sie sollen aufgetankt werden wie ein normales Auto. Man nehme Strom, erzeuge damit Wasserstoff, tanke damit das Auto und fahre unbeschwert und unbesorgt mit einem umweltfreundlichen Auto von A nach B. Aus dem Auspuff kommt nur Wasserdampf. Brennstoffzellen sind auch viel effizienter als Verbrennungsmotoren. Es klingt nach der optimalen Lösung des Problems.
Dieser Artikel wurde gestern auch auf golem.de veröffentlicht und basiert natürlich auf einem anderen Blogeintrag, an den sich einige erinnern werden. Wie ihr auch sehen könnt, gibt es inzwischen auch den “alles-auf-einer-Seite-Button”.
Trotzdem hält etwas die Brennstoffzellenautos vom Durchbruch ab. Dieses Etwas ist keine Verschwörung der Autoindustrie, sondern ein Problem das gern verschwiegen wird. Wegen dem Umweg über die Elektrolyse, den Tank und die Brennstoffzelle verbraucht so ein Auto über dreimal so viel Strom wie ein Elektroauto mit Akku. Ein Durchbruch ist nicht zu erwarten. Nicht in diesem Jahr, nicht im nächsten und auch nicht in den nächsten Jahrzehnten.
Tatsächlich ist das größte Problem in der Kette die Brennstoffzelle selbst. Der Ruf der Brennstoffzelle als effizientes Stück Technik ist gänzlich unverdient. Ja, sie ist mit einer Effizienz von etwa 50 Prozent besser als ein kleiner Verbrennungsmotor in einem PKW, der kaum 30% erreicht. Aber ein Akku kommt auf 90 Prozent. Dazu kommt noch etwa ein Drittel an Energie, die bei der Erzeugung des Wasserstoffs verloren geht und bei der Betankung des Autos. Die Effizienz eines Akkus liegt dagegen jenseits der 90%.
Bei kaum einer Technik liegen die Darstellung in der Öffentlichkeit und die Realität so weit auseinander.
Brennstoffzellen
Die größten Verluste gibt es in der Brennstoffzelle selbst. In der Theorie kann eine Brennstoffzelle eine Effizienz bis zu 83% erreichen. Die Praxis sieht anders aus, wie beim neuen Honda Clarity. Er ist ausgestattet mit einer PEM-Brennstoffzelle und einem Tank der 5kg Wasserstoff bei 700bar Druck speichert. Honda glaubt damit eine Reichweite von 300 Meilen, also 480km, nach EPA-Norm zu erreichen. Zum Vergleich: Ein Tesla Model S mit 85 kWh Batterie erreicht nach der gleichen Norm 430km. Der Tesla bräuchte also eine 95kWh Batterie um die gleiche Reichweite zu erzielen.
Wieviel Energie braucht der Honda dazu? 1kg Wasserstoff hat einen Energiegehalt von 142MJ. Das entspricht knapp 40kWh (39,44kWh). Der Tankinhalt des Clarity entspricht also einer Energiemenge von 200kWh. Die Brennstoffzelle des 600kg leichteren Clarity verbraucht auf der gleichen Strecke die doppelte Menge Energie eines Tesla S. Die durchschnittliche Effizienz erreicht nicht mehr als 50%. Das braucht auch nicht zu überraschen. Die phänomenalen theoretischen Effizienzwerte erreichen Brennstoffzellen nur bei extrem niedrigen Leistungen. Schon etwas höhere Leistungen bringen große Verluste mit sich. Im praktisch relevanten Bereich liegt die Effizienz solcher Brennstoffzellen nur noch bei etwa 50 Prozent. Bei einem Zehntel der maximalen Leistung ist die Effizienz etwas höher, bei der vollen Leistung noch etwas niedriger.
Der Grund dafür liegt in der Aktivierungsenergie, die für die Reaktion nötig ist. Immerhin müssen Sauerstoff- und Wasserstoffmoleküle gespalten werden und die Elektronen des Wasserstoffs müssen vom Atomkern getrennt werden. Das passiert auch spontan. Dann bekommt die Brennstoffzelle die Aktivierungsenergie geschenkt, aber das passiert nur sehr langsam. Bei höherer Leistung muss deshalb ein Teil der Zellspannung für diesen Zweck aufgewendet werden. Bei höheren Temperaturen verschwindet dieses Problem, aber dafür sinkt die freie Energie des entstehenden Wasserdampfs und damit die maximal mögliche Zellspannung. Um so niedriger die Zellspannung ist, um so niedriger ist die Effizienz. Dazu kommt bei hohen Leistungen noch der elektrische Widerstand in der Zelle. Natürlich kann die Technik auch nach einem halben Jahrhundert noch weiter optimiert werden, aber Revolutionen sind vorerst nicht zu erwarten.
Wasserstofftanks
Anders als beim Benziner geht auch noch Energie beim Tanken verloren. In der Praxis sind etwa 15 Prozent des Energiegehalts des Wasserstoffs nötig, um die kohlefaserverstärkten Tanks mit den nötigen 700bar Druck befüllen zu können. Das sind nochmal rund 30kWh Strom. Beim Laden von Batterien gehen aber auch etwa 5 Prozent des Energiegehalts verloren, also etwa 5kWh. Nur bei Schnellladung ist es etwas mehr.
Diese Energieverluste können praktisch nicht verhindert werden. Es mangelt nicht an Vorschlägen die Lagerung von Wasserstoff zu vereinfachen. Wasserstoff soll mit anderen Stoffen verbunden werden, aber auch dazu ist Energie nötig. Nur ein Beispiel: Vor kurzem wurde im Forschungszentrum Jülich ein Festvortrag gehalten, der die chemische Einlagerung von Wasserstoff in Stoffen wie Dibenzyltoluol propagierte. Zur Freisetzung des Wasserstoffs aus der chemischen Verbindung muss allerdings etwa 25% des Energiegehalts in Form von Wärme zugeführt werden. Die dafür nötigen Temperaturen sind dabei so hoch, dass dafür auch nicht die Abwärme der PEM-Brennstoffzelle in Frage kommt. Die Gesamteffizienz von der Erzeugung des Wasserstoffs zum Elektromotor beträgt dort etwa 28% – im Vergleich zur Batterie mit über 90%.
Solche und ähnliche “Lösungen” des Lagerungsproblems machen das Effizienzproblem also nur noch schlimmer. Etwa genauso schlecht ist die Verflüssigung von Wasserstoff, die rund 30% des Energiegehalts in Anspruch nimmt und ständig Energie für die Kühlung verbraucht. Weniger Verluste sind nur mit weniger Druck und größerem Volumen möglich, was für Autos keine ernsthafte Alternative ist. Auch wenn es im zweiten Weltkrieg durchaus versucht wurde.
Wasserstoff woher?
Zuletzt stellt sich die Frage nach dem Wasserstoff selbst. Wenn Wasserstoff nachhaltig durch Elektrolyse erzeugt werden soll, dann ist die Effizienz begrenzt. Industriell verfügbare Elektrolysezellen erreichen, trotz einer Geschichte von über 100 Jahren, nur eine Effizienz von etwa 70%. Bessere Prozesse sind aus der Forschung und Entwicklung noch nicht herausgekommen. Thermische Prozesse zur Wasserstofferzeugung bewegen sich im Bereich von 30-40%. Im Ergebnis braucht die Erzeugung von 5kg Wasserstoff und die Kompression für den Tank über 300kWh Strom. Davon kommen aber nur etwa 100kWh bei den Elektromotoren an.
Im Betrieb können wegen des hohen Stromverbrauchs keinerlei Kosten eingespart werden. Das Fehlen der Infrastruktur kommt noch hinzu, ist dabei eher ein Randproblem. Es soll vorläufig durch eine “Home Energy Station” zumindest zum Teil gelöst werden. Das ist eine Elektrolysezelle mit Kompressor und Zwischenspeicher. Eine volle 5kg-Tankladung Wasserstoff kann sie aber nur alle 2,5 Tage erzeugen. Der dafür nötige Strom kostet mehr als das Benzin, das der Wasserstoff ersetzt.
Die Bilanz so eines $60000 teuren Brennstoffzellenautos ist damit ernüchternd. Der Kaufpreis ist zu hoch und mit dem Treibstoff lässt sich weder Energie noch Geld sparen. Die Energieeffizienz ist einfach zu schlecht, als dass die Technik “kurz vor dem Durchbruch” stünde, egal wie oft das behauptet wird. Wenn solche Autos eine Zukunft haben, dann wird es eine Zukunft sein, in der auf die Energieeffizienz von Fahrzeugen nicht geachtet wird.
Ganz sinnlos ist Wasserstoff nicht
In PKWs mag Wasserstoff mag keine Zukunft haben, aber als Abfallprodukt von Spitzen in der Stromerzeugung könnte er unvermeidlich sein. Ohne die Beschränkungen eines Fahrzeugs können einige der Probleme etwas besser gelöst werden. Die Speicher können mehr Volumen haben und mit weniger Druck betrieben werden. Das reduziert die Verluste bei der Kompression. Wasserstoff kann in Gas-und-Dampfkraftwerken verbrannt werden. Die Effizienz ist dort mit 50 Prozent etwa genauso gut wie in Brennstoffzellen, aber die Kosten sind kleiner.
Vielleicht sinken irgendwann auch die Kosten für Festoxidbrennstoffzellen (SOFC – solid oxide fuel cell). Deren elektrische Effizienz ist zwar schlechter als die von PEM-Brennstoffzellen, aber sie laufen mit viel höheren Temperaturen. Anstatt von warmen Kühlwasser, könnte damit heißer Dampf wie in einem Kohlekraftwerk erzeugt werden. Wenn genug von diesem Dampf erzeugt wird, können große Dampfturbinen fast die Hälfte der Abwärme in Strom umwandeln. Aber um so kleiner sie werden, um so ineffizienter werden sie.
Die Effizienz eines großen Brennstoffzellen-Dampfturbinen-Kraftwerks könnte vielleicht 70% erreichen, aber das ist keine Technik für ein Auto. Selbst solche Kraftwerke liegen noch weit in der Zukunft. Zur Zeit kostet ein Megawatt solcher Brennstoffzellen 7-8 Millionen Dollar, noch ohne den ganzen Rest des Kraftwerks oder der Elektrolyse oder der Wasserstofflagerung. Noch länger wird es brauchen, bis auch die Festoxidelektrolyse die Labors verlassen hat. Durch die hohen Temperaturen sinkt die nötige elektrische Energie für die Elektrolyse, die Differenz kommt aus der Wärme des Wassers, die praktischerweise durch die Abwärme der Elektrolysezelle ersteht. Aber sie kämpft mit ähnlichen Problemen wie die Feststoffbrennstoffzellen. Theoretisch kann sie eine höhere Effizienz sogar ohne Edelmetalle erreichen. Aber die Konstruktion ist schwierig und kämpft wegen der hohen Temperaturen mit Korrosionsproblemen.
Selbst wenn alles das funktioniert, müssten immernoch zwei Kilowattstunden Strom aufgewendet werden, um später eine Kilowattstunde zur Verfügung zu haben. Durchbrüche und Revolutionen wird es mit dieser Technik niemals geben. Es kann lediglich sein, dass die Verzweiflung irgendwann groß genug ist, die damit verbundenen Energieverluste in Kauf zu nehmen.
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