In den Kommentaren des letzten Postings meinte Pawel, man solle doch die Fachsprache ändern, wenn Fachtermini in der Alltagssprache eine falsche Bedeutung erhalten haben.
Wie ich dort auch schon geantwortet habe, halte ich das unnötig. Missverständnisse werden in der Fachcommunity nicht auftreten, weil etwa die Bedeutung des Terminus “Quantensprung” dort recht eindeutig ist. Welches Problem entsteht, wenn “Fachausdrücke” mangels gescheiter Wissenschaftskommunikation im Alltag zweckentfremdet werden, möchte ich mal an dem Beispiel “Genfrei” erläutern.
Inzwischen ist es sicherlich selten, das Wort “genfrei” in der freien Natur zu finden. Ich kann mich aber noch erinnern, als vermeindliche Ökobauern auf dem Markt ihr “genfreies” Gemüse anpriesen. Selbstverständlich haben es aber noch nicht mal die Holländer geschafft, den Tomaten die Gene zu entfernen. Dennoch waren (oder sind?)Gene etwas böses, das keiner essen wollte bzw. will.
Google liefert uns dazu immer noch sehr schöne Beispiele. Etwa auf Platz 1 direkt genfrei-gehen Zumindest in den weiteren Texten der Seite verwendet er ´gentechnikfrei´. (Ohne die Aktion oder seine Absicht jetzt hier zu bewerten oder zu beurteilen).
Aus einer der vielen Übersichten zu genau dem Thema “genfrei”-Unsinn mal ein paar schöne Zitate:
“will seine Lieferanten verpflichten, nur genfreie Produkte zu liefern.”
Wirtschaftsblatt von 1996
Sojamühlen: Genfreie Produkte boomen
auch Wirtschaftblatt, von 1997
“als einziger genfreier Sojaproduzent auf dem Weltmarkt.”
Greenpeace von 2002
Hoffnung schimmert auch in jenem genfreien Projekt, von dem Bauer Sory recht ordentlich leben kann: Dem fairen Handel mit afrikanischer Bio-Baumwolle.
Welt online, 2007
Und auch der Spiegel betitelte Burger ohne Genfrei-Garantie (2004)
Schön auch diese genfreie Nudeln bei ebay
Es ist klar, dass alle “nicht gentechnisch-verändert” damit meinen. (Und selbst dabei bleibt die Frage offen, ob diejenigen überhaupt wissen, was und wie dort gentechnisch verändert wurde.)
Was aber bleibt ist der fade Nachgeschmack, dass Gene (oder Gentechnik) scheinbar etwas Negatives sind, dass man besser nicht ins Essen sollte.
Erwähnte man seinerzeit bei einem Party-Smalltalk, dass man Biologe ist und mit “Genen” arbeitet, wurde der Gegenüber skeptisch und ging auf Abstand. (War nach einer “Aufklärung” aber fasziniert vom (08/15) GFP.
Um zurück aufs Thema zu kommen: ´Gen-frei´war gut (so die landläufige Ansicht), also waren ´Gene´ etwas Schlechtes und synonym natürlich auch alles, was mit Genen zu tun hat(te). Aber sollten die Life Sciences deswegen einen neuen Begriff einführen?
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