Was zeichnet Anhänger von Verschwörungsmythen aus
Alle Verschwörungsmythen behaupten, ihren Anhängern die Welt zu erklären. Aber was sagt, das über ihre Anhänger aus?
Zahlreiche psychologische Untersuchungen legen nahe, dass Verschwörungsmythen dort ansetzen, wo Personen mit Unsicherheiten und Widersprüchen konfrontiert sind. Sie liefern ihnen scheinbar konsistente Erklärungen, die sich mit ihren Überzeugungen decken. Das funktioniert aber nur, wenn die Fähigkeit zum analytischem Denken herabgesetzt ist, gepaart mit einem Misstrauen gegenüber Institutionen.
Verschwörungsmythen bieten vermeintliche Hilfe für die, die sich bedroht fühlen. Sie werden von ihren Anhängern als eine Form der Betrugsentlarvung gesehen, bei der gefährliche und verbrecherische Personen erkannt und die von ihnen ausgehende Bedrohung verringert oder unschädlich gemacht wird. Sie versprechen, das Leben für Menschen sicherer zu machen.
Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass sich Menschen wahrscheinlich eher Verschwörungstheorien zuwenden, wenn sie ängstlich sind und sich machtlos fühlen. Andere Forschungen weisen darauf hin, dass der Glaube an Verschwörungsmythen stark mit mangelnder soziopolitischer Kontrolle oder geringem Selbstbewusstsein zusammenhängt. In Experimenten zeigte sich, dass die Neigung zu Verschwörungsmythen stärker war, wenn die Teilnehmer das Gefühl hatten, zu wenig Kontrolle über die Vorgänge zu haben. Im Gegensatz dazu nahm die Neigung ab, wenn sie den Eindruck hatten, die Situation besser beherrschen zu können.
Leider deuten die bisher durchgeführten Untersuchungen auch darauf hin, dass der Verschwörungsglaube zu gegenteiligen Reaktionen führt, wenn die Teilnehmer an den Versuchen zu Verschwörungsmythen das Gefühl haben, ihre Autonomie und Kontrolle zu verlieren. Dieselben Studien haben auch gezeigt, dass Menschen dadurch weniger geneigt sind, Maßnahmen zu ergreifen, die auf lange Sicht ihre Eigenständigkeit und Kontrolle stärken könnten. Darüber hinaus kann die Konfrontation mit Verschwörungstheorien die Autonomie der Menschen auf andere Weise subtil untergraben. Es zeigte sich, dass überzeugte Anhänger von Verschwörungsmythen sich nicht bewusst waren, dass sie manipuliert wurden und fälschlicherweise daran glaubten, dass ihre Überzeugungen schon vor der Enthüllung mit ihren neuen identisch waren. Da Verschwörungstheorien nahe legen, dass wichtige Entscheidungen in den Händen böswilliger Kräfte liegen, die Befugnisse jenseits gesetzlicher Grenzen besitzen und ausüben, wäre es nicht verwunderlich, wenn weitere Untersuchungen darauf hindeuten, dass ihre Wirkung oft entmachtend ist.
Kausale Erklärungen, Verschwörungserklärungen eingeschlossen, werden auch von verschiedenen sozialen Motivationen geprägt, darunter dem Wunsch, dazuzugehören und ein positives Selbst- und Gruppenbild aufrechtzuerhalten. Wissenschaftler vermuten, dass Verschwörungsmythen das Selbstwertgefühl und die Gruppe aufwerten, indem sie die Schuld für negative Erlebnisse anderen zuschreiben. So kann das Bild, dass man selbst oder die Gruppe kompetent und moralisch sei, aufrechterhalten werden, während es gleichzeitig von mächtigen und skrupellosen Gruppen und Personen sabotiert wird.
Doch man muss bei der Interpretation der Forschungsergebnisse vorsichtig sein, da sie oft mit Gruppen und Personen durchgeführt wurden, die eigentlich nicht die typischen Anhänger von Verschwörungsmythen repräsentieren, die besonders benachteiligt oder bedroht sind.
Trotz der vielfältigen, wenn auch unvollständigen Erkenntnisse aus der psychologischen und gesellschaftspolitischen Forschung muss man sich fragen, wie man das Problem lösen kann. Wie die Corona-Pandemie zeigt, ist die Wirkung von Verschwörungsmythen ungebrochen und sie haben Hochkonjunktur.
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