Das was mir dann irgendwann mal hat ein Lichtlein aufgehen lassen war das Stichwort Automatisierbarkeit. Man könnte mit der Nanoinjection automatisch zwanzig Zellen ansteuern und ein bestimmtes Programm fahren und mit zwanzig anderen Zellen ein anderes, alles auf demselben Objektträger, in derselben Probe. In der Biologischen Forschung muss man für alle Experimente Kontrollen machen, das heißt unbehandelte Zellen derselben Zelllinie und derselben Charge zu jedem Experiment “mitziehen” um eine Probe des “normalen” oder “natürlichen” zu haben, eben etwas mit dem man das Experiment vergleichen kann. Mit der Nanoinjection könnte man die Kontrolle auf in ein und derselben Probe erledigen. Das mag nicht nach viel klingen, aber wenn ihr eine/n Biolog*in fragt – leuchtende Augen.

Nanoinjetion von ATTO655-Phalloidin in das Zytoplasma einer lebenden U2OS Zelle. Diffusion zu Aktinfilamnten kann beobachtet werden. Video CC-BY 4.0 Dr. Simon Hennig
 
 

Aber das ist nicht der einzige potentielle Vorteil. Die meisten Forschungsergebnisse der Biologie oder Medizin, die mit einzelnen Zellen zu tun haben, bilden einen Mittelwert über sehr sehr viele gemessene Zellen um eine Aussage treffen zu können. Statistisch nennt man das auch Ensemble. Mit der Nanoinjection wäre es möglich, dass man vom Ensemble weg kommt und Zellen wirklich einzeln untersucht. Durch die Automatisierbarkeit der Technik und dadurch, dass die Zelle kaum etwas von der Nanoinjection merkt, wird das überhaupt erst möglich. So könnte man Effekte entdecken die in der Individualität der einzelnen Zelle begründet sind. Im Ensemble (bei dem man eben über viele Zellen mittelt) würde man diesen Effekt nicht erkennen. Mit Nanoinjection würde man diese Art von Effekt leicht detektieren können.

Es ist immer schwer vorher zu sagen welche Ergebnisse eine neue Herangehensweise in der Forschung bringen wird, ganz besonders in der biologischen und medizinischen Forschung. Auf jeden Fall spielt in der Welt des ganz kleinen die Größe immer noch eine wesentliche Rolle und ich persönlich finde die Idee Dinge mit einer Nadel zu machen, die man unter dem Mikroskop nicht sehen kann verdammt cool. Das Paper gibt es hier… leider nur closed access. Aber man kann ja den Autor anschreiben, wenn man das Paper unbedingt selbst lesen will – oder andere Tricks und Tools einsetzen die draußen im Netz so herumgeistern. Man sollte auf keinen Fall sci-hub benutzen, so wie es im Moment aussieht ist der dort angebotene Service etwas verbotenes.

 

Fußnoten:
* Es gibt auch noch FLAG oder HALO Tags, die genau wie GFP, mit genetischen Methoden an Proteine gebastelt werden können. Die sind teilw. kleiner als GFP, aber das Problem “funktioniert das genauso wie ohne” bleibt.

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Kommentare (3)

  1. #1 Fliegenschubser
    13. Oktober 2016

    Faszinierend…das eröffnet eine Menge Möglichkeiten. Ich muss mir gleich mal das Paper durchlesen.
    Man muss ja auch nicht zwangläufig Farbstoffe injizieren. Wie wäre es mit Wirkstoffen/Medikamenten? Man könnte live und in Farbe räumlich-zeitlich verfolgen, welche Konzentration des Stoffes was bewirkt. Oder second messenger einbringen. Oder Ca-Ionen. Oder genau definierte Mengen bestimmter Transkriptionsfaktoren. Oder verschieden modifizierte Viruspartikel inklusive Medikamente dagegen. Oder oder oder….

    • #2 André Lampe
      13. Oktober 2016

      Ich freue mich sehr, dass das so viel Enthusiasmus bei dir auslöst. Ging mir nicht anders 😉

  2. […] Blog Die Kleinen Dinge wird erklärt was es mit der Nanoinjection auf sich hat, einer interessanten Methode um ins Innere […]