Nicht direkt. Die epigenetische Vererbung von Eigenschaften ist zwar schneller als der klassische Evolutionsprozess, dafür nicht von Dauer. Durch die Epigenetik verändert sich nicht die Buchstaben-Abfolge der DNA, sondern deren chemische Anhängsel. Diese sind dynamisch und gehen spätestens nach ein paar Generationen wieder verloren. Die korrektere Sichtweise wäre es also, Epigenetik als eine Ergänzung zu der Theorie Darwins zu sehen.

Nach seinen Mäuseschwanz Experimenten hat Weismann die Lamarck vs. Darwin Debatte zusammengefasst: „Nicht das Rennen hat die Pferde in 200 Jahren zu Rennpferden gemacht, sondern die Auswahl der für das Rennen vorteilhaftesten Variationen unter den Nachkommen ausgezeichneter Schnellläufer“. Theoretisch wäre es nicht undenkbar, dass die Nachkommen von körperlich sehr aktiven Rennpferden zusätzlich einen epigenetischen Vorteil mitbekommen. Aber das ist reine Spekulation. Seit ein paar Jahren ist man in der Lage, epigenetische Modifikationen genomweit zu untersuchen. Nach dem Genom rückt also das Epigenom immer weiter in den Mittelpunkt. Wer weiß was sich da noch alles findet. Spannende Zeiten für Molekularbiologen!

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Kommentare (4)

  1. #1 Böx
    https://boexbooks.wordpress.com/
    25. Mai 2015

    “Die korrektere Sichtweise wäre es also, Epigenetik als eine Ergänzung zu der Theorie Darwins zu sehen.”

    Danke für diesen unaufgeregten Beitrag mit passendem Fazit! Der Epigenetik-Hype ist (anscheinend) wieder etwas zurückgegangen. Als die ersten Bücher wie z. B. “Der zweite Code” rauskamen, hatte man kurz den Eindruck, dass die Epigenetik alles revolutioniert. Evolution, Gesundheitswesen, und überhaupt die ganzen Biowissenschaften. Da war man dann auch schnell mit vielen Gesundheitstipps bei der Hand. Die fielen dann teilweise echt überraschend aus: nicht rauchen, nicht viel trinken, ausgewogene Ernährung, viel Sport. Da wäre ohne Epigenetik ja nie einer drauf gekommen 😀

    Aber auch wenn epigenetische Veränderungen nur über wenige Generationen vererbt werden, bleibt doch die interessante Frage: wie kommen bestimmte epigenetische Modifikationen in die Keimbahn und warum werden sie dort nicht wieder gelöscht – wie die meisten anderen Modifikationen (zumindest hab ich das noch im Studium gelernt)? Dank und Gruß

  2. #2 Bullet
    26. Mai 2015

    Weißmann führte sein Experiment geduldig über mehrere Mäusegenerationen durch. Bis er darauf hingewiesen wurde, dass es religiöse Strömungen gibt, die ein ähnliches Experiment schon viel länger am Menschen durchführen. Und bis jetzt ist noch jeder Mensch mit einer Vorhaut auf die Welt gekommen.

    Krass. Okay, den Pflichtteil zuerst: “jeder standard-männliche Mensch”. Damit die Genderisten sich nicht gleich ins Koma hyperventilieren. Obwohl … *grübel*… 😀
    Nun zum Wesentlichen:
    krass, was beim Lesen de oben zitierten Satzes so alles im Hirn passiert.
    1) Facepalm-Phase: “ich Idiot. Darauf hätte ich auch selbst kommen können. Und zwar neun Zeilen früher.”
    2) Witzversteh-Phase: “Höhö. ein ‘Haut-ab’-Witz. Höhö. Habick verstandn.”
    3) Erkenntnis-Phase: “Moment mal. Das ist kein Witz. Das ist religiös motivierte Verstümmelung. [Kurze Pause] Die ja hierzulande wieder explizit erlaubt ist.”

    Angefügte Sätze, die zum Nachdenken anregen. Bienchen.

  3. #3 RainerM
    www.zooskop.de
    28. Mai 2015

    “bleibt doch die interessante Frage: wie kommen bestimmte epigenetische Modifikationen in die Keimbahn”

    Das ist die Frage aller Fragen! Es reicht ja nicht, das Gen für die Acetophenon-Rezeptoren im Gehirn zu regulieren, es muss auch in den Gameten-Vorläuferzellen oder erst in den Gameten “reguliert” werden, obwohl es dort schon standardmässig nicht aktiv ist. Aber wie?

  4. #4 Dr. Webbaer
    8. Juni 2015

    Zum vorletzten Absatz des WebLog-Artikels kurz angefragt:
    Es könnte bis müsste dann aber schon so sein, dass die Evolution, also die gemeine Entwicklung, im biologischen Sinne die Weitergabe von Eigenschaften in ihren Ausprägungen oder Ausprägungsmerkmalen, partiell generationenübergreifend stattfindet?!

    MFG
    Dr. W