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Stefan Leifert hat in einem Band zwei Bücher über die Ethik des Visuellen geschrieben. Er versucht, den ganzen Weg von den philosophischen Bildtheorien bis zum alltäglichen Gebrauch der Bilder im Journalismus zurückzulegen. Zwischen Theorie und Praxis kommt es zu einem Bruch, der zugegebenermaßen schwer zu vermeiden ist. Von der Höhe der Bildtheorien Husserls, Sartres und Heidegger unternimmt Leifert einen waghalsigen Sprung in die Tiefe

der publizistischen Selbstkontrolle im Bereich des Printjournalismus durch den Deutschen Presserat.

Ums vorwegzunehmen: Das Buch übersteht den Sprung nicht schadlos, aber dem Autor gebührt für den Versuch alle Achtung. Auch wenn das Buch in zwei Teile zerfällt, die nicht wirklich miteinander zusammenhängen und sich auch nicht unbedingt an dieselben Leser wenden.

Der erste Teil stellt eine Reihe philosophischer Bildtheorien vor, und zwar knapp, klar, gut kommentiert von Platon bis Sartre. Dabei handelt sich um mehr als eine akademische Fleißarbeit, denn Leifert bringt die Theorien in einen größeren Zusammenhang, schreckt nicht vor Wertungen zurück und beschreibt sie nicht aufs Geratewohl, sondern mit dem Ziel, bei einer Bildethik anzukommen.

Der zweite Teil nähert sich dem Thema von einer ganz anderen Seite. Und zwar so grundverschieden, dass kaum eine der eingangs erwähnten philosophischen Theorien dort eine Anwendung findet. Hier liest sich das Buch eher wie ein Bericht, verfasst für eine Ethik-Komission. Die Aufzählung der verschiedenen Fälle, Verletzung der Sporgfaltspflicht, Persönlichkeitsrechte, Bildmanipulation usw. wirkt etwas uninspiriert, geschrieben im Geist künftiger Gremienarbeit. Einzig wo es die Frage der Augenzeugenschaft und der Authentizität von Bildern berührt, erreicht das zweite Buch die gedankliche Tiefe des ersten Teils.
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Stefan Leifert: Bildethik. Theorie und Moral im Bildjournalismus der Massenmedien. Fink Verlag, München, 39,90€